DIE GESCHICHTE DER APOSTEL (Apostelgeschichte)

VOM LUKAS-EVANGELIUM ZUR APOSTELGESCHICHTE (Kapitel 1)

Lukas schreibt die Fortsetzung

1 Verehrter Theophilus, in meiner ersten Schrift habe ich alles berichtet, was Jesus tat und lehrte, von Anfang an 2 bis zu dem Tag, an dem er in den Himmel aufgenommen wurde. Zuvor gab er den Aposteln Anweisungen für die Zukunft. Er hatte sie früher mit dem Beistand des Heiligen Geistes ausgewählt. 3 Nach seinem Leiden und Sterben hatte er sich ihnen wiederholt gezeigt und ihnen die Gewißheit gegeben, daß er lebte. Während vierzig Tagen kam er damals zu ihnen und sprach mit ihnen darüber, wie Gott seine Herrschaft aufrichten und sein Werk vollenden werde.

Jesus nimmt Abschied von seinen Jüngern

4 Als Jesus wieder einmal bei ihnen war und mit ihnen aß, schärfte er ihnen ein: »Bleibt in Jerusalem und wartet auf den Geist , den mein Vater versprochen hat. Ich habe euch sein Kommen angekündigt, als ich euch sagte: 5 'Johannes hat mit Wasser getauft , aber ihr werdet schon bald mit dem Geist Gottes getauft werden.'« 6 Die Versammelten fragten Jesus: »Herr , wirst du dann die Herrschaft Gottes in Israel wieder aufrichten?«
7 Jesus antwortete: »Mein Vater hat festgelegt, welche Zeiten bis dahin noch verstreichen müssen und wann es soweit ist. Ihr braucht das nicht zu wissen. 8 Aber ihr werdet mit dem Heiligen Geist erfüllt werden, und dieser Geist wird euch die Kraft geben, überall als meine Zeugen aufzutreten: in Jerusalem, in ganz Judäa und Samarien und bis ans äußerste Ende der Erde.« 9 Während er das sagte, wurde er vor ihren Augen emporgehoben. Eine Wolke nahm ihn auf, so daß sie ihn nicht mehr sehen konnten. 10 Als sie noch wie gebannt nach oben starrten und hinter ihm hersahen, standen plötzlich zwei weißgekleidete Männer neben ihnen. 11 »Ihr Galiläer «, sagten sie, »warum steht ihr hier und schaut nach oben? Dieser Jesus, der von euch weg in den Himmel aufgenommen wurde, wird auf dieselbe Weise wiederkommen, wie ihr ihn habt weggehen sehen!«

Die Lücke im Apostelkreis wird geschlossen

12 Darauf kehrten sie vom Ölberg nach Jerusalem zurück. Das ist ein Weg von etwa einer halben Stunde. 13 Dort gingen sie in das Obergemach des Hauses, wo sie von nun an beisammenblieben.
Es waren: Petrus, Johannes, Jakobus und Andreas, Philippus und Thomas, Bartholomäus und Matthäus, Jakobus, der Sohn von Alphäus, und Simon, der zur Partei der Zeloten gehört hatte, und schließlich Judas, der Sohn von Jakobus. 14 Auch die Frauen waren dabei und Maria, die Mutter von Jesus, sowie seine Brüder.
Sie alle waren einmütig beieinander und beteten beharrlich um das Kommen des Heiligen Geistes . 15 Einmal während dieser Zeit stand Petrus auf und ergriff das Wort - es waren etwa hundertundzwanzig Menschen versammelt.
16 »Liebe Brüder«, sagte er, »was in den Heiligen Schriften über Judas vorausgesagt worden ist, mußte eintreffen. Dort hat der Geist Gottes durch David von dem Verräter gesprochen, der den Männern den Weg wies, die Jesus verhaften sollten. 17 Der Verräter gehörte zu uns Aposteln und hatte denselben Auftrag empfangen wie wir. 18 Mit dem Geld, das er als Belohnung für seine böse Tat erhielt, kaufte er sich ein Landgut. Dort stürzte er so schlimm, daß sein Leib aufplatzte und die Eingeweide heraustraten. 19 Alle Bewohner von Jerusalem hörten davon, und sie nannten das Grundstück in ihrer Sprache Hakeldamach, das bedeutet 'Blutacker'.
20 Im Buch der Psalmen steht es geschrieben: 'Sein Gehöft soll leer stehen; niemand soll es bewohnen.' Dort wird aber auch gesagt: 'Sein Amt soll ein anderer übernehmen.' 21 Wir brauchen also einen Ersatz für ihn. Es muß einer von den Männern sein, die mit uns Aposteln zusammen waren während der ganzen Zeit, in der Jesus, der Herr , unter uns gelebt und gewirkt hat - 22 angefangen von seiner Taufe durch Johannes bis zu dem Tag, an dem er in den Himmel aufgenommen wurde. Einer von denen, die das alles miterlebt haben, soll mit uns zusammen Zeuge dafür sein, daß Jesus vom Tod auferstanden ist.« 23 Die Versammelten schlugen zwei Männer vor: Josef, der auch Barsabbas genannt wurde und den Beinamen Justus trug, und Matthias. 24 Dann beteten sie: »Herr, du kennst die Menschen durch und durch. Zeige uns, welchen von diesen beiden du ausgewählt hast! 25 Judas hat uns verlassen, um dorthin zu gehen, wohin er gehört. Wer von ihnen soll an seiner Stelle das Apostelamt übernehmen?«
26 Sie ließen das Los zwischen den beiden entscheiden, und es fiel auf Matthias. Darauf wurde er als zwölfter in den Kreis der Apostel aufgenommen.

DIE ANFANGSZEIT DER KIRCHE IN JERUSALEM: URGEMEINDE (Kapitel 2-5)

An Pfingsten kommt der Heilige Geist

1 Als das Pfingstfest kam, waren wieder alle, die zu Jesus hielten, versammelt. 2 Plötzlich gab es ein mächtiges Rauschen, wie wenn ein Sturm vom Himmel herabweht. Das Rauschen erfüllte das ganze Haus, in dem sie waren. 3 Dann sahen sie etwas wie Feuer, das sich zerteilte, und auf jeden ließ sich eine Flammenzunge nieder. 4 Alle wurden vom Geist Gottes erfüllt und begannen in anderen Sprachen zu reden, jeder und jede, wie es ihnen der Geist Gottes eingab. 5 Nun lebten in Jerusalem fromme Juden aus aller Welt, die sich hier niedergelassen hatten. 6 Als sie das mächtige Rauschen hörten, strömten sie alle zusammen. Sie waren ganz verwirrt, denn jeder hörte die Versammelten, die Apostel und die anderen, in seiner eigenen Sprache reden.
7 Außer sich vor Staunen riefen sie: »Die Leute, die da reden, sind doch alle aus Galiläa ! 8 Wie kommt es, daß jeder von uns sie in seiner Muttersprache reden hört? 9 Wir kommen aus Persien, Medien und Elam , aus Mesopotamien, aus Judäa und Kappadozien, aus Pontus und aus der Provinz Asien , 10 aus Phrygien und Pamphylien, aus Ägypten, aus der Gegend von Zyrene in Libyen und sogar aus Rom. 11 Wir sind geborene Juden und Fremde, die sich der jüdischen Gemeinde angeschlossen haben, Insel- und Wüstenbewohner. Und wir alle hören sie in unserer eigenen Sprache die großen Taten Gottes verkünden!« 12 Erstaunt und ratlos fragten sie einander, was das bedeuten solle. 13 Andere machten sich darüber lustig und meinten: »Die Leute sind doch betrunken!«

Die Pfingstpredigt des Apostels Petrus

14 Da stand Petrus auf, und die elf anderen Apostel mit ihm, und er rief laut: »Ihr Juden aus aller Welt und alle Bewohner Jerusalems! Laßt euch erklären, was hier vorgeht; hört mich an! 15 Die Leute hier sind nicht betrunken, wie ihr meint; es ist ja erst neun Uhr früh. 16 Nein, hier geschieht, was Gott durch den Propheten Joël angekündigt hat: 17 'Wenn die letzte Zeit anbricht, sagt Gott, dann gieße ich über alle Menschen meinen Geist aus. Männer und Frauen in Israel werden dann zu Propheten . Junge Leute haben Visionen und die Alten prophetische Träume. 18 Über alle, die mir dienen, Männer und Frauen, gieße ich zu jener Zeit meinen Geist aus, und sie werden als Propheten reden.
19 Danach lasse ich erschreckende Zeichen erscheinen, unten auf der Erde und droben am Himmel: Menschen liegen erschlagen in ihrem Blut, Flammen und Rauchwolken steigen auf; 20 die Sonne verfinstert sich, und der Mond wird blutrot. So kündigt sich der große Tag des Herrn an, dem niemand entrinnen kann. 21 Wer sich dann zum Herrn bekennt und seinen Namen anruft, wird gerettet.' 22 Ihr Männer von Israel, hört, was ich euch zu sagen habe! Jesus von Nazaret wurde von Gott bestätigt durch die machtvollen und staunenswerten Wundertaten, die Gott durch ihn unter euch vollbracht hat; ihr wißt es selbst. 23 Den habt ihr durch Menschen, die das Gesetz Gottes nicht kennen, ans Kreuz schlagen und töten lassen. So hatte Gott es nach seinem Plan im voraus bestimmt. 24 Und genau den hat Gott aus der Gewalt des Todes befreit und zum Leben erweckt; denn der Tod konnte ihn unmöglich gefangenhalten.
25 Schon David hat von ihm gesprochen und ihn sagen lassen: 'Ich hatte den Herrn immer vor Augen. Er stand mir zur Seite, darum fühlte ich mich sicher. 26 Das erfüllte mein Herz mit Freude und ließ mich jubelnd singen. Selbst im Grab ruht mein Leib voll Hoffnung. 27 Ich bin gewiß: Du, Herr, läßt mich nicht bei den Toten; du gibst deinen treuen Diener nicht der Verwesung preis. 28 Du hast mir den Weg zum Leben gezeigt; in deiner Nähe werde ich froh und glücklich sein.' 29 Liebe Brüder, ich darf ganz offen zu euch über unseren großen Vater David sprechen: Er starb und wurde begraben, und sein Grab ist noch heute bei uns zu sehen. 30 Aber er war ein Prophet, und Gott hatte ihm feierlich zugesagt, einer seiner Nachkommen werde auf Gottes Thron sitzen. 31 David sah also voraus, was Gott vorhatte, und seine Worte beziehen sich auf die Auferstehung des versprochenen Retters. Von diesem gilt, daß Gott ihn nicht bei den Toten ließ und sein Körper nicht der Verwesung anheimfiel. 32 Diesen Jesus also hat Gott vom Tod auferweckt; wir alle sind dafür Zeugen. 33 Er wurde zu dem Ehrenplatz an Gottes rechter Seite erhoben und erhielt von seinem Vater die versprochene Gabe, den Heiligen Geist , damit er ihn über uns ausgießt. Was ihr hier seht und hört, sind die Wirkungen dieses Geistes!
34 Nicht David ist ja in den Himmel aufgenommen worden; vielmehr sagt er selbst: 'Gott, der Herr, sagte zu meinem Herrn: 35 Setze dich an meine rechte Seite! Ich will dir deine Feinde unterwerfen, sie als Schemel unter deine Füße legen.' 36 Alle Menschen in Israel sollen also an dem, was sie hier sehen und hören, mit Gewißheit erkennen: Gott hat diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt, zum Herrn und Christus gemacht.«

Die Wirkung der Predigt

37 Dieses Wort traf die Zuhörer mitten ins Herz, und sie fragten Petrus und die anderen Apostel : »Brüder, was sollen wir tun?« 38 Petrus antwortete: »Kehrt jetzt um und laßt euch taufen auf Jesus Christus; laßt seinen Namen über euch ausrufen und bekennt euch zu ihm - jeder und jede im Volk! Dann wird Gott euch eure Schuld vergeben und euch seinen Heiligen Geist schenken. 39 Denn was Gott versprochen hat, ist für euch und eure Kinder bestimmt und für alle, die jetzt noch fern sind und die der Herr, unser Gott, hinzurufen wird.« 40 Noch mit vielen anderen Worten beschwor und ermahnte sie Petrus. Und er sagte zu ihnen: »Laßt euch retten vor dem Strafgericht, das über diese verdorbene Generation hereinbrechen wird!«
41 Viele nahmen seine Botschaft an und ließen sich taufen. Etwa dreitausend Menschen wurden an diesem Tag zur Gemeinde hinzugefügt.

Das Leben der Gemeinde

42 Sie alle widmeten sich eifrig dem, was für sie als Gemeinde wichtig war: Sie ließen sich von den Aposteln unterweisen, sie hielten in gegenseitiger Liebe zusammen, sie feierten das Mahl des Herrn, und sie beteten gemeinsam.
43 Durch die Apostel geschahen viele staunenswerte Wundertaten, und alle in Jerusalem spürten, daß hier wirklich Gott am Werk war.
44 Alle, die zum Glauben gekommen waren, bildeten eine enge Gemeinschaft und taten ihren ganzen Besitz zusammen. 45 Von Fall zu Fall verkauften sie Grundstücke und Wertgegenstände und verteilten den Erlös unter die Bedürftigen in der Gemeinde.
46 Tag für Tag versammelten sie sich einmütig im Tempel , und in ihren Häusern hielten sie das Mahl des Herrn und aßen gemeinsam, mit jubelnder Freude und reinem Herzen. 47 Sie priesen Gott und wurden vom ganzen Volk geachtet.
Der Herr aber führte ihnen jeden Tag weitere Menschen zu, die gerettet werden sollten.

Ein Gelähmter wird geheilt

1 Einmal gingen Petrus und Johannes in den Tempel . Es war drei Uhr, die Zeit für das Nachmittagsgebet. 2 Am Schönen Tor des Tempelvorhofs saß ein Mann, der von Geburt an gelähmt war. Jeden Tag ließ er sich dorthin tragen und bettelte die Leute an, die in den Tempel gingen. 3 Als er Petrus und Johannes sah, wie sie gerade durch das Tor gehen wollten, bat er sie um eine Gabe. 4 Die beiden blickten ihn fest an, und Petrus sagte: »Sieh uns an!«
5 Der Gelähmte tat es und erwartete, daß sie ihm etwas geben würden. 6 Aber Petrus sagte: »Gold und Silber habe ich nicht; doch was ich habe, will ich dir geben. Im Namen von Jesus Christus aus Nazaret: Steh auf und geh umher!« 7 Und er faßte den Gelähmten bei der rechten Hand und half ihm auf.
Im gleichen Augenblick erstarkten seine Füße und Knöchel; 8 mit einem Sprung war er auf den Beinen und ging umher. Er folgte Petrus und Johannes in den Vorhof des Tempels, lief umher, sprang vor Freude und dankte Gott mit lauter Stimme. 9 Das ganze Volk dort sah, wie er umherging und Gott dankte. 10 Sie erkannten in ihm den Bettler, der sonst immer am Schönen Tor gesessen hatte. Und sie staunten und waren ganz außer sich über das, was mit ihm geschehen war.

Petrus spricht im Tempel

11 Das ganze Volk im Tempel beobachtete, wie der Geheilte sich eng an Petrus und Johannes hielt, und alle folgten ihnen voll Staunen in die Salomohalle .
12 Petrus aber sagte zu dem Volk, das dort zusammengeströmt war: »Ihr Männer von Israel, warum staunt ihr? Was starrt ihr uns so an? Denkt nur nicht, wir hätten aus eigener Kraft oder durch unsere Frömmigkeit erreicht, daß der Mann hier gehen kann! 13 Nein, der Gott unserer Vorfahren, der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, hat Jesus, seinen Bevollmächtigten , durch dieses Wunder verherrlicht - denselben Jesus, den ihr an Pilatus ausgeliefert und vor seinem Richterstuhl preisgegeben habt, obwohl Pilatus ihn freilassen wollte. 14 Den Heiligen und Gerechten habt ihr abgelehnt und lieber die Freigabe eines Mörders verlangt. 15 So habt ihr den, der euch das Leben bringen sollte, getötet. Doch Gott hat ihn vom Tod auferweckt; dafür sind wir Zeugen. 16 Das Vertrauen auf diesen Jesus hat dem Mann, der hier steht und den ihr alle kennt, Kraft gegeben. Der Name von Jesus hat in ihm Glauben geweckt und ihm die volle Gesundheit geschenkt, die ihr an ihm seht. 17 Ich weiß wohl, meine Brüder: Ihr habt so gehandelt, ihr und eure Führer, weil ihr es nicht besser gewußt habt. 18 Aber Gott selbst hat gewollt, daß der versprochene Retter leiden sollte. Durch alle Propheten hat er es im voraus angekündigt, und auf diese Weise ließ er es jetzt in Erfüllung gehen. 19 Geht also in euch und kehrt um, damit Gott eure Schuld auslöscht! 20 Auch für euch will er die Heilszeit anbrechen lassen und den Retter senden, den er im voraus für euch bestimmt hat. Jesus ist dieser Retter, 21 doch muß er den Platz im Himmel einnehmen, bis wirklich auch alles eingetroffen ist, was Gott schon vor langer Zeit durch seine heiligen Propheten angekündigt hat. 22 Mose hat nämlich gesagt: 'Einen Propheten wie mich wird der Herr, euer Gott, aus euren Brüdern berufen. Auf ihn sollt ihr hören und alles befolgen, was er euch sagt. 23 Wer nicht auf diesen Propheten hört, wird aus dem Volk Gottes ausgestoßen.' 24 Und auch alle Propheten - angefangen mit Samuel und dann der Reihe nach alle, die ihm folgten - haben von all dem gesprochen, was in unserer Zeit in Erfüllung gehen soll.
25 Euch als den Nachkommen der Propheten gilt, was sie angekündigt haben; euch gilt auch der Bund , den Gott mit euren Vorfahren geschlossen hat, als er zu Abraham sagte: 'Durch deinen Nachkommen werde ich alle Völker der Erde segnen.' 26 Euch zuerst hat Gott nun seinen Bevollmächtigten gesandt, nachdem er ihn vom Tod auferweckt hat. Durch ihn sollt ihr gesegnet werden, wenn ihr euch von euren bösen Taten abkehrt - jeder und jede im Volk!«

Petrus und Johannes vor dem jüdischen Rat

1 Während Petrus und Johannes noch zum Volk sprachen, traten ihnen die Priester mit dem Befehlshaber der Tempelwache und die Sadduzäer entgegen. 2 Sie waren aufgebracht, weil die Apostel sich herausnahmen, das Volk zu lehren und am Beispiel von Jesus die Auferstehung der Toten zu verkünden. 3 Darum nahmen sie die beiden fest und brachten sie bis zum nächsten Tag ins Gefängnis; es war nämlich schon Abend.
4 Aber viele, die die Apostel gehört hatten, kamen zum Glauben, und die Gemeinde wuchs so stark an, daß allein die Zahl der Männer bei fünftausend lag. 5 Am nächsten Tag kamen in Jerusalem die führenden Priester , die Ratsältesten und die Gesetzeslehrer zusammen, 6 dazu der Oberste Priester Hannas mit Kajaphas, Johannes, Alexander und all den anderen, die zur Familie des Obersten Priesters gehörten.
7 Sie ließen die Apostel vorführen und fragten sie: »Woher hattet ihr die Kraft, diesen Mann zu heilen? In wessen Namen habt ihr es getan?« 8 Petrus antwortete ihnen, erfüllt vom Heiligen Geist : »Führer des Volkes und seine Ältesten! 9 Wir werden hier vor Gericht gestellt, weil wir einem Kranken geholfen haben, und wir sollen Rechenschaft geben, wodurch er geheilt worden ist. 10 Nun, ihr und das ganze Volk Israel sollt es wissen: Es geschah im Namen von Jesus Christus aus Nazaret, eben dem, den ihr gekreuzigt habt und den Gott vom Tod auferweckt hat! Durch die Kraft seines Namens steht der Mann hier gesund vor euch. 11 Auf diesen Jesus bezieht sich das Wort in den Heiligen Schriften : 'Der Stein, den die Bauleute weggeworfen haben, weil sie ihn für unbrauchbar hielten, ist zum Eckstein geworden.' 12 Jesus Christus und sonst niemand kann die Rettung bringen. Auf der ganzen Welt hat Gott keinen anderen Namen bekanntgemacht, durch den wir gerettet werden könnten.« 13 Die Mitglieder des jüdischen Rates waren überrascht, mit welcher Sicherheit Petrus und Johannes sich verteidigten, obwohl sie offenkundig keine Gelehrten waren, sondern einfache Leute. Es war ihnen schnell klar, daß die beiden zur Gefolgschaft von Jesus gehörten, 14 und den Mann, der geheilt worden war, sahen sie bei ihnen stehen. So konnten sie nichts gegen ihre Aussagen vorbringen. 15 Sie schickten Petrus und Johannes aus dem Sitzungssaal, berieten sich 16 und sagten zueinander: »Was sollen wir mit ihnen machen? Daß ein eindeutiges Wunder durch sie geschehen ist, können wir nicht leugnen. Ganz Jerusalem hat davon gehört. 17 Aber damit nicht noch mehr Leute im Volk davon erfahren - das war ihr Beschluß -, wollen wir ihnen mit Nachdruck verbieten, zu irgendeinem Menschen unter Berufung auf diesen Namen zu sprechen.«
18 Sie riefen also die beiden wieder herein und verboten ihnen streng, die Botschaft von Jesus noch weiter in der Öffentlichkeit zu verbreiten und unter Berufung auf seinen Namen vor dem Volk als Lehrer aufzutreten. 19 Aber Petrus und Johannes erwiderten ihnen: »Entscheidet selbst, ob es vor Gott recht ist, euch mehr zu gehorchen als ihm! 20 Wir können nicht verschweigen, was wir gesehen und gehört haben!«
21 Da drohten sie ihnen noch einmal und ließen sie dann gehen. Mit Rücksicht auf das Volk wagten sie nicht, sie zu bestrafen; denn alle priesen Gott für das, was geschehen war. 22 Der Mann, der auf so wunderbare Weise geheilt wurde, war nämlich von Geburt an über vierzig Jahre lang gelähmt gewesen.

Die Gemeinde betet um Kraft

23 Nach ihrer Freilassung gingen Petrus und Johannes zu der versammelten Gemeinde und erzählten dort, was die führenden Priester und Ratsältesten zu ihnen gesagt hatten. 24 Darauf beteten alle miteinander einmütig zu Gott: »Herr, du hast Himmel, Erde und Meer geschaffen und alles, was lebt. 25 Durch den Heiligen Geist hast du unseren Vater David, deinen Diener, sagen lassen: 'Was soll das Toben der Völker? Wozu schmieden die Menschen im Land vergebliche Pläne? 26 Die Könige der Erde haben sich aufgelehnt, die Machthaber haben sich verbündet gegen den Herrn und seinen Christus .' 27 Tatsächlich haben sie sich hier in Jerusalem verbündet gegen Jesus, deinen heiligen Bevollmächtigten , den du zum Retter bestimmt hast: Herodes und Pontius Pilatus, Menschen aus den fremden Völkern und Menschen aus dem Volk Israel. 28 Aber sie konnten nur vollziehen, was du in deiner Macht schon längst geplant und vorherbestimmt hattest. 29 Höre nun, Herr, wie sie uns drohen! Gib uns, deinen Dienern und Dienerinnen, die Kraft, deine Botschaft mutig und offen zu verkünden! 30 Hilf uns dabei und zeige deine Macht! Laß Heilungen und andere Wundertaten geschehen durch den Namen deines heiligen Bevollmächtigten Jesus!« 31 Als sie geendet hatten, bebte die Erde an ihrem Versammlungsort. Alle wurden vom Heiligen Geist erfüllt und verkündeten die Botschaft Gottes ohne Furcht.

Brüderliches Teilen in der Gemeinde

32 All die vielen Menschen, die zum Glauben an Jesus gefunden hatten, waren ein Herz und eine Seele. Niemand von ihnen betrachtete etwas von seinem Besitz als persönliches Eigentum; alles, was sie besaßen, gehörte ihnen gemeinsam.
33 Mit großer Kraft und bestätigt durch Wundertaten bezeugten die Apostel Jesus als den auferstandenen Herrn , und für alle sichtbar lag großer Segen auf der ganzen Gemeinde.
34 Es gab unter ihnen niemand, der Not leiden mußte. Denn die in der Gemeinde, die Grundstücke oder Häuser besaßen, verkauften sie, wenn es an etwas fehlte, brachten den Erlös herbei 35 und legten ihn vor den Füßen der Apostel nieder. Das wurde dann unter die Bedürftigen verteilt. 36 So machte es auch Josef, ein Levit aus Zypern, den die Apostel Barnabas nannten, das heißt »der Mann, der anderen Mut macht«. 37 Er verkaufte seinen Acker, brachte das Geld und legte es den Aposteln zu Füßen.

Hananias und Saphira belügen den Heiligen Geist

1 Auch ein Mann namens Hananias und seine Frau Saphira verkauften ein Stück Land. 2 Hananias behielt mit Wissen seiner Frau einen Teil des Geldes zurück; das übrige brachte er und legte es den Aposteln zu Füßen. 3 Doch Petrus sagte zu ihm: »Hananias, warum hast du dein Herz dem Satan geöffnet? Warum belügst du den Heiligen Geist und behältst einen Teil vom Erlös deines Feldes für dich? 4 Du hättest ja das Land behalten können, und nachdem du es verkauft hattest, auch das Geld. Warum hast du dich auf dieses falsche Spiel eingelassen? Du hast nicht Menschen, sondern Gott belogen!« 5 Als Hananias diese Worte hörte, brach er zusammen und starb. Ein gewaltiger Schrecken packte alle, die davon erfuhren. 6 Ein paar junge Leute standen auf, wickelten den Toten in ein Tuch, trugen ihn hinaus und begruben ihn. 7 Etwa drei Stunden später kam seine Frau. Sie wußte noch nicht, was geschehen war. 8 Petrus fragte sie: »Sag mir, habt ihr das Feld zu diesem Preis verkauft?«
»Ja«, antwortete sie, »zu diesem Preis.«
9 Da sagte Petrus: »Warum habt ihr euch verabredet, den Geist des Herrn herauszufordern? Ich sage dir: Vor der Tür stehen schon die Leute, die deinen Mann begraben haben. Sie werden auch dich hinaustragen!«
10 Im selben Augenblick fiel sie vor seinen Füßen zu Boden und starb. Die jungen Leute kamen herein, sahen sie tot daliegen, trugen sie hinaus und begruben sie neben ihrem Mann. 11 Ein gewaltiger Schrecken packte die ganze Gemeinde und alle, die davon hörten.

Das Ansehen der Gemeinde wächst

12 Durch die Apostel geschahen viele staunenswerte Wundertaten unter dem Volk. Die ganze Gemeinde war Tag für Tag einmütig in der Salomohalle beisammen. 13 Das Volk sprach voller Lob von ihnen, doch eine heilige Scheu hielt die Außenstehenden davon ab, sich zu ihnen zu gesellen. 14 Um so mehr führte der Herr selbst ihnen Menschen zu, die zum Glauben gekommen waren, eine große Zahl von Männern und Frauen.
15 Die Leute trugen die Kranken auf die Straße und legten sie dort auf Betten und Matten. Wenn Petrus vorbeiging, sollte wenigstens sein Schatten auf einige von ihnen fallen. 16 Auch aus der Umgebung von Jerusalem brachten die Leute Kranke und solche, die von bösen Geistern besessen waren, und alle wurden gesund.

Die Apostel werden verhaftet und vor den Rat gestellt

17 Der Oberste Priester und sein ganzer Anhang, die Partei der Sadduzäer , wurden neidisch und beschlossen einzugreifen. 18 Sie ließen die Apostel verhaften und ins öffentliche Gefängnis werfen.
19 Doch in der Nacht öffnete der Engel des Herrn die Gefängnistore, führte die Apostel heraus und sagte zu ihnen: 20 »Geht in den Tempel und verkündet dem Volk die Botschaft von dem Leben, das Jesus gebracht hat!«
21 Die Apostel gehorchten, gingen früh am Morgen in den Tempel, stellten sich hin und lehrten das Volk. Der Oberste Priester und sein Anhang hatten inzwischen den jüdischen Rat samt allen Ältesten des Volkes Israel zu einer Sitzung zusammengerufen. Sie schickten in das Gefängnis, um die Apostel vorführen zu lassen. 22 Aber die Diener, die sie hinschickten, konnten die Apostel dort nicht finden. Sie kamen zurück und berichteten: 23 »Wir fanden das Gefängnis ordnungsgemäß verschlossen, und vor allen Türen standen die Wachen. Aber als wir aufschlossen, war niemand darin.« 24 Der Befehlshaber der Tempelwache und die führenden Priester waren ratlos und konnten sich das nicht erklären. 25 Da kam einer und berichtete: »Die Männer, die ihr ins Gefängnis gesperrt habt, stehen im Tempel und lehren das Volk!« 26 Der Befehlshaber ging mit der Tempelwache hin, um sie zu holen. Sie vermieden es aber, Gewalt anzuwenden; denn sie hatten Angst, das Volk würde sie steinigen . 27 Sie brachten die Apostel vor den jüdischen Rat, und der Oberste Priester verhörte sie. 28 Er sagte: »Wir haben euch deutlich genug befohlen, nicht mehr unter Berufung auf diesen Namen vor dem Volk als Lehrer aufzutreten. Und was habt ihr getan? Ganz Jerusalem ist voll von dem, was ihr lehrt! Ihr macht uns für den Tod dieses Menschen verantwortlich und wollt die Strafe Gottes über uns bringen!« 29 Aber Petrus und die anderen Apostel antworteten: »Gott muß man mehr gehorchen als den Menschen. 30 Der Gott unserer Vorfahren hat Jesus vom Tod auferweckt, eben den, den ihr ans Kreuz gebracht und damit zu einem von Gott Verfluchten erklärt habt. 31 Und er hat ihn als Bringer des Lebens und Retter der Menschen auf den Ehrenplatz an seiner rechten Seite erhoben. Damit gibt er dem Volk Israel die Gelegenheit umzukehren , damit ihm seine Schuld vergeben wird. 32 Das alles haben wir zu bezeugen, und durch uns bezeugt es der Heilige Geist , den Gott denen gegeben hat, die ihm gehorchen.«

Der Pharisäer Gamaliël rät zum Zuwarten

33 Als die Ratsmitglieder das hörten, wurden sie zornig und wollten die Apostel töten. 34 Da meldete sich im Rat ein Pharisäer namens Gamaliël zu Wort, ein Gesetzeslehrer , der beim ganzen Volk in hohem Ansehen stand. Er verlangte, daß die Angeklagten vorübergehend aus dem Saal gebracht werden, 35 und sagte dann zu dem versammelten Rat:
»Ihr Männer aus Israel, seid vorsichtig und überlegt euch gut, wie ihr mit diesen Leuten verfahren wollt. 36 Vor einiger Zeit trat Theudas auf und behauptete, eine besondere Sendung zu haben. Etwa vierhundert Männer schlossen sich ihm an; aber dann fand er den Tod, seine Anhänger liefen auseinander, und alles war zu Ende. 37 Danach kam zur Zeit der Volkszählung der Galiläer Judas und rief zum Aufstand auf. Er brachte eine stattliche Schar von Anhängern zusammen; aber auch er kam um, und alle, die ihm gefolgt waren, wurden auseinandergetrieben.
38 Darum rate ich euch: Geht nicht gegen diese Leute vor! Laßt sie laufen! Wenn das, was sie wollen und was sie da angefangen haben, nur von Menschen kommt, löst sich alles von selbst wieder auf. 39 Kommt es aber von Gott, dann könnt ihr nichts gegen sie machen. Wollt ihr am Ende als Leute dastehen, die gegen Gott kämpfen?« Die Ratsmitglieder gaben Gamaliël recht. 40 Sie riefen die Apostel wieder herein, ließen sie auspeitschen und verboten ihnen, weiterhin von Jesus zu sprechen und unter Berufung auf seinen Namen öffentlich aufzutreten. Dann ließen sie sie frei.
41 Die Apostel gingen aus dem Rat weg und waren voller Freude, weil Gott sie für wert gehalten hatte, für den Namen von Jesus zu leiden. 42 Unbeirrt lehrten sie Tag für Tag im Tempel und in den Häusern und verkündeten die Gute Nachricht von Jesus, dem versprochenen Retter.

AUSBREITUNG DER GUTEN NACHRICHT IN JUDÄA UND SAMARIEN (6,1-9,31)

Sieben Helfer für die Apostel

1 Die Gemeinde wuchs, und die Zahl der Jünger und Jüngerinnen wurde immer größer. Da kam es - um eben diese Zeit - zu einem Streit zwischen den griechischsprechenden Juden in der Gemeinde und denen mit hebräischer Muttersprache. Die griechische Gruppe beschwerte sich darüber, daß ihre Witwen bei der täglichen Verteilung von Lebensmitteln benachteiligt würden. 2 Da riefen die Zwölf die ganze Gemeinde zusammen und sagten: »Es geht nicht an, daß wir die Verkündigung der Botschaft Gottes vernachlässigen und uns um die Verteilung der Lebensmittel kümmern. 3 Darum, liebe Brüder, wählt aus eurer Mitte sieben Männer aus, die einen guten Ruf haben und vom Geist Gottes und von Weisheit erfüllt sind. Ihnen wollen wir diese Aufgabe übertragen. 4 Wir selbst werden uns auch weiterhin mit ganzer Kraft dem Gebet und der Verkündigung der Botschaft Gottes widmen.« 5 Alle waren mit dem Vorschlag einverstanden. Sie wählten Stephanus, einen Mann voll lebendigen Glaubens und erfüllt vom Heiligen Geist; außerdem Philippus, Prochorus, Nikanor, Timon, Parmenas und Nikolaus, einen Nichtjuden aus der Stadt Antiochia, der zum Judentum übergetreten war. 6 Diese sieben brachten sie zu den Aposteln. Die beteten für sie und legten ihnen die Hände auf. 7 Die Botschaft Gottes aber breitete sich weiter aus. Die Zahl der Glaubenden in Jerusalem stieg von Tag zu Tag. Auch viele Priester folgten dem Aufruf zum Glauben.

Stephanus wird verhaftet

8 In der Kraft, die Gott ihm schenkte, vollbrachte Stephanus große und staunenswerte Wundertaten. 9 Da traten Leute aus verschiedenen jüdischen Gemeinden gegen ihn auf und verwickelten ihn in ein Streitgespräch. Es waren Männer aus der Synagoge der Freigelassenen und den Synagogen der Juden aus Zyrene und Alexandria sowie derer aus Zilizien und der Provinz Asien . 10 Aber sie waren der Weisheit und dem Geist nicht gewachsen, die aus Stephanus sprachen. 11 Darauf stifteten sie eine Anzahl Männer dazu an, daß sie überall verbreiten sollten: »Wir haben ihn Dinge sagen hören! Er hat Mose und Gott gelästert!« 12 Damit brachten sie das Volk, die Ratsältesten und die Gesetzeslehrer gegen ihn auf. Dann ergriffen sie Stephanus und schleppten ihn vor den jüdischen Rat .
13 In der Ratsversammlung ließen sie falsche Zeugen auftreten, die behaupteten: »Dieser Mann hält ununterbrochen Reden gegen diese heilige Stätte und gegen das Gesetz . 14 Wir haben selbst gehört, wie er sagte: 'Jesus von Nazaret wird diesen Tempel niederreißen und die Ordnungen ändern, die Mose uns im Auftrag Gottes übergeben hat.'« 15 Alle im Rat blickten gespannt auf Stephanus. Sie sahen, daß sein Gesicht leuchtete wie das eines Engels . Die Rede von Stephanus vor dem jüdischen Rat (7,1-53) 1 Der Oberste Priester fragte: »Stimmt das, was diese Männer gegen dich vorbringen?« 7,2a Stephanus antwortete:

Erinnerung an den Bund Gottes mit Abraham

»Brüder und Väter, hört mich an! Gott im Glanz seiner Herrlichkeit erschien unserem Ahnherrn Abraham , als er noch in Mesopotamien lebte und noch nicht nach Haran gezogen war. 3 Er sagte zu ihm: 'Verlaß deine Heimat und deine Sippe und zieh in das Land, das ich dir zeigen werde!' 4 Da verließ Abraham das Land der Chaldäer und zog nach Haran. Nachdem dann sein Vater gestorben war, brachte Gott ihn hierher in dieses Land, in dem ihr heute lebt. 5 Doch gab er ihm darin keinen Grundbesitz, nicht einen Fußbreit. Er versprach ihm nur, ihm das Land zum Besitz zu geben, ihm und seinen Nachkommen. Dabei war Abraham damals noch kinderlos! 6 Über Abrahams Nachkommen aber sagte Gott: 'Sie werden als Fremde in einem Land leben, das ihnen nicht gehört; vierhundert Jahre lang wird man sie hart behandeln und zu Sklavendiensten zwingen. 7 Aber ich - sagte Gott - werde das Volk, das sie unterdrückt, bestrafen, und dann werden sie von dort wegziehen und mir hier an diesem Ort Opfer darbringen und mich anbeten.' 8 Gott schloß mit Abraham einen Bund , dessen Zeichen die Beschneidung ist. Auf der Grundlage dieses Bundes zeugte Abraham seinen Sohn Isaak und beschnitt ihn am achten Tag nach der Geburt; und so zeugte und beschnitt auch Isaak seinen Sohn Jakob und Jakob seine zwölf Söhne, unsere Stammväter.«

Josef und die Übersiedlung nach Ägypten

9 »Jakobs Söhne, unsere Stammväter, waren jedoch eifersüchtig auf ihren Bruder Josef und verkauften ihn als Sklaven nach Ägypten. Aber Gott war mit Josef 10 und half ihm aus allen Schwierigkeiten. Er schenkte ihm Weisheit und verschaffte ihm Ansehen beim Pharao, dem König von Ägypten. So vertraute der Pharao ihm die Verwaltung ganz Ägyptens und die Aufsicht über die königlichen Güter an. 11 Da kam eine Hungersnot und brachte große Bedrängnis über ganz Ägypten und über das Land Kanaan , und unsere Vorfahren hatten nichts mehr zu essen. 12 Als Jakob hörte, daß es in Ägypten noch Getreide gab, schickte er seine Söhne, unsere Stammväter, dorthin. 13 Als sie noch ein zweites Mal dorthin kamen, gab sich Josef seinen Brüdern zu erkennen, und der Pharao erfuhr, aus welcher Familie Josef stammte. 14 Josef lud dann seinen Vater Jakob ein, mit der gesamten Familie, insgesamt 75 Personen, nach Ägypten überzusiedeln. 15 So kam Jakob nach Ägypten. Dort starb er auch, er und seine Söhne, unsere Stammväter. 16 Nach ihrem Tod wurden sie nach Sichem überführt und dort in dem Familiengrab bestattet, das Abraham von der Sippe Hamors durch Kauf erworben hatte.«

Moses Rettung und sein Einsatz für das unterdrückte Volk

17 »Dann kam die Zeit, daß Gott das Versprechen einlösen wollte, das er einst Abraham gegeben hatte. Die Nachkommen Jakobs waren inzwischen in Ägypten zu einem großen Volk geworden. 18 Da kam ein neuer König an die Macht, der von Josef nichts mehr wußte. 19 Nach einem heimtückischen Plan wollte er unser Volk ausrotten. Er zwang unsere Vorfahren, ihre neugeborenen Kinder auszusetzen; keines sollte am Leben bleiben. 20 In dieser Zeit wurde Mose geboren, ein Kind, an dem Gott Gefallen hatte. Drei Monate lang konnte er in seinem Elternhaus verborgen gehalten werden. 21 Als er dann ausgesetzt werden mußte, rettete ihn die Tochter des Pharaos und ließ ihn als ihren eigenen Sohn aufziehen. 22 Er studierte alle Wissenschaften der Ägypter und wurde ein wortmächtiger und tatkräftiger Mann. 23 » Als Mose vierzig Jahre alt war, faßte er den Entschluß, sich um seine Brüder, die Israeliten, zu kümmern. 24 Er wurde Zeuge, wie ein Israelit von einem Ägypter geschlagen wurde. Da griff er ein, zahlte es dem Ägypter heim und schlug ihn tot. 25 Er dachte, seine Brüder, die Israeliten, würden begreifen, daß Gott sie durch ihn befreien wollte; aber sie begriffen es nicht. 26 Am nächsten Tag nämlich kam er gerade dazu, als zwei Israeliten miteinander stritten. Er wollte sie versöhnen und sagte: 'Hört her, ihr seid doch Brüder! Warum schlagt ihr einander?' 27 Aber der eine, der angefangen hatte, stieß Mose beiseite und fragte: 'Wer hat dich zum Aufseher und Richter über uns eingesetzt? 28 Willst du mich auch umbringen wie gestern den Ägypter?' 29 Als Mose das hörte, floh er aus Ägypten und lebte als Fremder im Land Midian . Dort wurden ihm zwei Söhne geboren.«

Moses Berufung und Auszug Israels aus Ägypten. Hinweis auf Christus und Offenbarung des Gesetzes

30 »Wieder waren vierzig Jahre vergangen, und Mose war eines Tages in der Wüste am Berg Sinai . Da erschien ihm ein Engel in einem brennenden Dornbusch. 31 Mose wunderte sich über den brennenden Busch; er wollte hingehen und ihn genauer ansehen. Doch da hörte er die Stimme des Herrn: 32 'Ich bin der Gott deiner Vorfahren, der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs.' Mose zitterte vor Angst und wagte nicht hinzuschauen. 33 Der Herr aber sagte: 'Zieh deine Schuhe aus, denn du stehst auf heiligem Boden! 34 Ich habe genau gesehen, wie mein Volk in Ägypten mißhandelt wird, und habe sein Stöhnen gehört; ich bin gekommen, um es zu retten. Deshalb geh jetzt, ich schicke dich nach Ägypten!' 35 Eben den Mose, den die Israeliten abgelehnt und zu dem sie gesagt hatten: 'Wer hat dich zum Aufseher und Richter eingesetzt?', eben den schickte Gott ihnen als Anführer und Befreier - durch den Engel, der ihm im Dornbusch erschienen war. 36 Genau dieser Mose führte sie in die Freiheit. Er vollbrachte staunenswerte Wundertaten, zuerst in Ägypten, dann am Roten Meer und dann vierzig Jahre lang in der Wüste. 37 Genau dieser Mose ist es auch, der zu den Israeliten sagte: 'Einen Propheten wie mich wird Gott aus euren Brüdern berufen.' 38 Er war es auch, der in der Wüste, als das Volk am Berg Sinai versammelt war, als Vermittler auftrat zwischen dem Engel, der auf dem Berg zu ihm sprach, und zwischen unseren Vorfahren. Er empfing Weisungen, die zum Leben führen, damit er sie an uns weitergebe.«

Ungehorsam des Volkes in der Wüste

39 »Aber unsere Vorfahren wollten Mose nicht gehorchen, sondern lehnten sich gegen ihn auf. Sie waren mit ihrem Herzen schon wieder auf dem Weg zurück nach Ägypten, 40 als sie zu Aaron sagten: 'Mach uns Götter, die uns voranziehen! Denn was aus diesem Mose geworden ist, der uns aus Ägypten herausgeführt hat - niemand weiß es.' 41 So machten sie sich damals ein Stierbild , brachten ihm Opfer und feierten ein Fest zu Ehren ihres selbstgemachten Götzen. 42 Da wandte sich Gott von ihnen ab und lieferte sie noch anderen Götzen aus. Er ließ es zu, daß sie die Sterne am Himmel anbeteten, wie das im Buch der zwölf Propheten nachzulesen ist. Dort sagt Gott: 'Habt ihr Israeliten etwa mir zu Ehren Opfertiere geschlachtet und andere Opfer dargebracht die vierzig Jahre in der Wüste? 43 Nein, das Zelt des Götzen Moloch habt ihr mitgeführt und den Stern eures Götzen Räfan - Bilder, die ihr euch gemacht hattet, um sie anzubeten. Deshalb werde ich euch in die Verbannung führen, noch über Babylon hinaus!'«

Der Irrtum des Tempelbaus

44 »Unsere Vorfahren hatten in der Wüste das Heilige Zelt ; es war angefertigt aufgrund der Weisung Gottes an Mose und nach dem Modell, das Mose von Gott gezeigt worden war. 45 Die folgende Generation brachte dieses Zelt mit, als sie unter der Führung von Josua das Land in Besitz nahm, aus dem Gott die früheren Bewohner vor ihnen vertrieb. Jede neue Generation übernahm das Zelt von der vorhergehenden, bis zur Zeit Davids. 46 David gewann Gottes Gunst und bat Gott darum, ihn für das Zeltheiligtum der Nachkommen Jakobs einen festen Platz finden zu lassen. 47 Salomo aber maßte sich an, Gott ein Haus zu bauen. 48 Der höchste Gott wohnt jedoch nicht in Häusern, die von Menschen gemacht sind! Durch den Propheten Jesaja hat er gesagt: 49 'Der Himmel ist mein Thron, die Erde mein Fußschemel. Was für ein Haus wollt ihr da für mich bauen? Wo ist die Wohnung, in der ich Raum finden könnte? 50 Habe ich nicht mit eigener Hand Himmel und Erde geschaffen?'«

Anklage gegen die Ankläger

51 »Ihr widerspenstiges Volk, am Körper seid ihr beschnitten , aber euer Herz ist unbeschnitten, und eure Ohren sind verschlossen für Gottes Botschaft!
Ständig widersetzt ihr euch dem Geist Gottes, ihr genauso wie damals eure Vorfahren! 52 Gibt es einen einzigen Propheten , den sie nicht verfolgt haben? Sie haben die Boten Gottes umgebracht, die das Kommen des einzig Gerechten angekündigt hatten. Den habt ihr nun verraten und ermordet!
53 Gott hat euch durch Vermittlung von Engeln sein Gesetz gegeben; aber ihr habt es nicht befolgt!«

Stephanus wird gesteinigt

54 Bei diesen Worten gerieten die Mitglieder des jüdischen Rates über Stephanus in solche Wut, daß sie mit den Zähnen knirschten. 55 Stephanus aber blickte zum Himmel empor, vom Heiligen Geist erfüllt; er sah Gott im Glanz seiner Herrlichkeit und Jesus an seiner rechten Seite 56 und rief: »Ich sehe den Himmel offen und den Menschensohn an der rechten Seite Gottes stehen!« 57 Als sie das hörten, schrien sie laut auf und hielten sich die Ohren zu. Alle miteinander stürzten sich auf Stephanus 58 und schleppten ihn vor die Stadt, um ihn zu steinigen . Die Zeugen legten ihre Oberkleider vor einem jungen Mann namens Saulus ab, damit er sie bewachte. 59 Während sie ihn steinigten, bekannte sich Stephanus zu Jesus, dem Herrn , und rief: »Herr Jesus, nimm meinen Geist auf!« 60 Dann fiel er auf die Knie und rief laut: »Herr, strafe sie nicht für diese Schuld!«
Mit diesen Worten starb er. 8,1a Saulus aber war völlig einverstanden mit dieser Hinrichtung.

Die Gemeinde wird verfolgt

An diesem Tag begann für die Gemeinde in Jerusalem eine harte Verfolgung. Alle, die zu ihr gehörten, zerstreuten sich über Judäa und Samarien ; nur die Apostel blieben in Jerusalem zurück. 2 Ein paar fromme Männer begruben Stephanus und hielten eine große Totenklage für ihn. 3 Saulus aber wollte die Gemeinde vernichten. Er durchsuchte die Häuser und ließ Männer und Frauen ins Gefängnis werfen.

Die Botschaft kommt nach Samarien

4 Die über das Land zerstreuten Christen zogen umher und verkündeten die Botschaft Gottes. 5 Unter ihnen war auch Philippus. Er kam nach Samaria, der Hauptstadt von Samarien, und verkündete, daß in Jesus der versprochene Retter gekommen sei .
6 Die Menge schenkte dem, was Philippus sagte, durchweg die größte Aufmerksamkeit; denn alle hörten von den Wundern, die er vollbrachte, und wurden auch selbst Augenzeugen davon. 7 Mit lautem Geschrei fuhren aus vielen Besessenen böse Geister aus, und viele Gelähmte und Verkrüppelte wurden geheilt. 8 In der ganzen Stadt herrschte große Freude. 9 Nun lebte dort in der Stadt seit einiger Zeit ein Mann namens Simon, der sich mit Magie befaßte und mit dem Anspruch auftrat, ein ganz Großer zu sein. Das ganze Volk von Samaria war von ihm hellauf begeistert. 10 Bis jetzt war er es gewesen, der alle Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte, und alle Leute, von den einfachsten bis zu den gebildetsten, sagten von ihm: »Er ist die Kraft Gottes, die die Große genannt wird!« 11 Daß er so im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand, hatte seinen Grund; denn durch seine Zauberkünste hatte er die Menschen im Lauf der Zeit regelrecht um den Verstand gebracht. 12 Als nun Philippus die Botschaft von der anbrechenden Herrschaft Gottes verkündete und von Jesus Christus und der Macht seines Namens , glaubten die Leute ihm und ließen sich taufen , Männer wie Frauen. 13 Auch Simon kam zum Glauben. Nach seiner Taufe schloß er sich eng an Philippus an und konnte nicht genug staunen über die großen, machtvollen Wunder, die durch ihn geschahen.

Die Getauften empfangen den Heiligen Geist

14 Die Apostel in Jerusalem hörten, daß die Leute in Samarien die Botschaft Gottes angenommen hatten. Deshalb schickten sie Petrus und Johannes dorthin.
15 Die beiden kamen in die Stadt Samaria und beteten zu Gott, daß er den Getauften seinen Geist schenke. 16 Denn die Menschen waren zwar im Namen von Jesus, dem Herrn, getauft worden, aber der Heilige Geist war noch auf keinen von ihnen herabgekommen.
17 Nach dem Gebet legten Petrus und Johannes den Getauften die Hände auf, und sie wurden vom Heiligen Geist erfüllt.

Der Magier Simon wird zurechtgewiesen

18 Als Simon sah, daß die Menschen den Heiligen Geist empfingen, wenn die Apostel ihnen die Hände auflegten, bot er Petrus und Johannes Geld an 19 und sagte: »Verleiht doch auch mir diese Fähigkeit! Ich möchte, daß jeder, dem ich die Hände auflege, den Heiligen Geist empfängt!«
20 Aber Petrus sagte zu ihm: »Zur Hölle mit dir und deinem Geld! Meinst du vielleicht, du könntest kaufen, was Gott schenkt? 21 Du gehörst nicht mehr zu uns, für dich ist kein Platz in der Gemeinde, weil du dich Gott nicht aufrichtig zuwendest. 22 Kehr um und gib deine Falschheit auf! Bete zum Herrn, daß er dir vielleicht deine bösen Absichten verzeiht! 23 Ich sehe, du bist voller Verkehrtheit und ganz ins Böse verstrickt!«
24 Da bat Simon die Apostel: »Betet ihr für mich zum Herrn, daß die Strafen nicht über mich kommen, die ihr mir angedroht habt!« 25 Petrus und Johannes blieben noch in Samaria, bezeugten Jesus als den Herrn und sagten den Menschen die Botschaft Gottes; dann kehrten sie nach Jerusalem zurück. Unterwegs verkündeten sie in vielen Dörfern Samariens die Gute Nachricht .

Philippus und der Eunuch aus Äthiopien

26 Der Engel des Herrn aber sagte zu Philippus: »Mach dich auf den Weg und geh nach Süden, zu der Straße, die von Jerusalem nach Gaza hinabführt!« Diese Straße wird kaum von jemand benutzt. 27 Philippus machte sich auf den Weg und ging dorthin.
Da kam in seinem Reisewagen ein Äthiopier gefahren. Es war ein hochgestellter Mann, der Finanzverwalter der äthiopischen Königin, die den Titel Kandake führt, ein Eunuch. Er war in Jerusalem gewesen, um den Gott Israels anzubeten. 28 Jetzt befand er sich auf der Rückreise. Er saß in seinem Wagen und las im Buch des Propheten Jesaja . 29 Der Geist Gottes sagte zu Philippus: »Lauf hin und folge diesem Wagen!« 30 Philippus lief hin und hörte, wie der Mann laut aus dem Buch des Propheten Jesaja las. Er fragte ihn: »Verstehst du denn, was du da liest?«
31 Der Äthiopier sagte: »Wie kann ich es verstehen, wenn mir niemand hilft!« Und er forderte Philippus auf, zu ihm in den Wagen zu steigen.
32 Die Stelle, die er gerade gelesen hatte, lautete: »Wie ein Lamm, wenn es zum Schlachten geführt wird, wie ein Schaf, wenn es geschoren wird, so duldete er alles schweigend, ohne zu klagen. 33 Er wurde aufs tiefste erniedrigt; aber mitten in seiner Erniedrigung wurde das Urteil gegen ihn aufgehoben. Wer wird je seine Nachkommen zählen können? Denn von der Erde weg wurde sein Leben emporgehoben.« 34 Der Mann aus Äthiopien fragte: »Bitte, sag mir doch: Um wen geht es hier eigentlich? Meint der Prophet sich selbst oder einen anderen?«
35 Da ergriff Philippus die Gelegenheit und verkündete ihm, von dem Prophetenwort ausgehend, die Gute Nachricht von Jesus. 36 Unterwegs kamen sie an einer Wasserstelle vorbei, und der Äthiopier sagte: »Hier gibt es Wasser! Spricht etwas dagegen, daß ich getauft werde?« 37 Philippus sagte: »Du kannst getauft werden, wenn du von ganzem Herzen glaubst.« »Ja«, antwortete er, »ich glaube, daß Jesus Christus der Sohn Gottes ist.« 38 Er ließ den Wagen anhalten. Die beiden stiegen ins Wasser hinab, Philippus und der Äthiopier, und Philippus taufte ihn.
39 Als sie aus dem Wasser herausstiegen, wurde Philippus vom Geist des Herrn gepackt und weggeführt, und der Äthiopier sah ihn nicht mehr. Von Freude erfüllt setzte er seine Reise fort. 40 Philippus tauchte danach in Aschdod auf. Von dort zog er nach Cäsarea und verkündete unterwegs in allen Städten, durch die er kam, die Gute Nachricht.

Die Bekehrung von Saulus

1 Saulus verfolgte die Jünger und Jüngerinnen des Herrn weiterhin voller Wut und mit schweren Drohungen. Er ging zum Obersten Priester 2 und ließ sich Briefe an die jüdischen Gemeinden in Damaskus geben. Darin wurde ihm die Vollmacht erteilt, auch dort nach Anhängern der neuen Lehre zu suchen und sie gegebenenfalls - Männer wie Frauen - festzunehmen und nach Jerusalem zu schaffen. 3 Auf dem Weg nach Damaskus, kurz vor der Stadt, umstrahlte ihn plötzlich ein Licht vom Himmel. 4 Er stürzte zu Boden und hörte eine Stimme: »Saul, Saul, warum verfolgst du mich?«
5 »Wer bist du, Herr?« fragte Saulus. Die Stimme sagte: »Ich bin Jesus, den du verfolgst! 6 Aber steh auf und geh in die Stadt! Dort wirst du erfahren, was du tun sollst.« 7 Den Männern, die Saulus begleiteten, verschlug es die Sprache. Sie hörten zwar die Stimme, aber sie sahen niemand. 8 Saulus stand von der Erde auf und öffnete die Augen - aber er konnte nichts mehr sehen. Da nahmen sie ihn an der Hand und führten ihn nach Damaskus. 9 Drei Tage lang war er blind und aß nichts und trank nichts. 10 In Damaskus lebte ein Jünger namens Hananias. Dem erschien der Herr und sagte: »Hananias!«
»Ja, Herr«, antwortete er.
11 Der Herr sagte: »Steh auf, geh in die Gerade Straße in das Haus von Judas und frag nach Saulus aus Tarsus. Er ist dort und betet. 12 In einer Vision hat er gesehen, wie ein Mann namens Hananias zu ihm kommt und ihm die Hände auflegt, damit er wieder sehen kann.« 13 Hananias antwortete: »Herr, ich habe von vielen Seiten gehört, wieviel Böses dieser Mann in Jerusalem deiner Gemeinde angetan hat. 14 Und jetzt ist er hier und hat von den führenden Priestern die Vollmacht, alle zu verhaften, die sich zu deinem Namen bekennen.«
15 Aber der Herr sagte: »Geh nur hin! Gerade ihn habe ich als mein Werkzeug ausgesucht. Er wird meinen Namen den nichtjüdischen Völkern und ihren Herrschern bekanntmachen, und auch dem Volk Israel. 16 Und ich will ihm zeigen, wieviel nun er für das Bekenntnis zu meinem Namen leiden muß.« 17 Da ging Hananias in jenes Haus. Er legte Saulus die Hände auf und sagte: »Bruder Saul, der Herr hat mich geschickt - Jesus, der dir unterwegs erschienen ist. Du sollst wieder sehen können und mit dem Heiligen Geist erfüllt werden.«
18 Im selben Augenblick fiel es Saulus wie Schuppen von den Augen, und er konnte wieder sehen. Er stand auf und ließ sich taufen . 9,19a Dann aß er etwas und kam wieder zu Kräften.

Saulus verkündet Jesus in Damaskus

Saulus war erst ein paar Tage bei den Jüngern und Jüngerinnen in Damaskus, 20 da ging er auch schon in die Synagogen und verkündete dort Jesus als den Sohn Gottes. 21 Alle, die ihn hörten, waren außer sich und sagten: »Ist das nicht der, der in Jerusalem alle verfolgt hat, die sich zu Jesus bekannt haben? Er ist doch eigens hergekommen, um auch hier die Anhänger dieses Menschen festzunehmen und den führenden Priestern auszuliefern!«
22 Aber Saulus trat nur um so entschiedener auf und brachte die Juden in Damaskus völlig aus der Fassung, indem er aus den Heiligen Schriften nachwies, daß Jesus der versprochene Retter ist. 23 Nach einiger Zeit beschlossen die Juden, Saulus zu töten; 24 aber er erfuhr davon. Um ihn in die Hand zu bekommen und beseitigen zu können, stellten sie sogar bei Tag und Nacht Wachen an die Stadttore. 25 Da ließen ihn seine Jünger eines Nachts in einem Korb die Stadtmauer hinunter und verhalfen ihm so zur Flucht.

Saulus in Jerusalem. Seine Abreise nach Tarsus

26 Saulus kam nach Jerusalem und wollte sich dort den Jüngern und Jüngerinnen anschließen. Aber sie hatten noch immer Angst vor ihm; sie konnten es nicht glauben, daß er wirklich einer der Ihren geworden war.
27 Da nahm Barnabas die Sache in die Hand und brachte ihn zu den Aposteln . Er erzählte ihnen, wie Saulus auf dem Weg nach Damaskus den Herrn gesehen und der Herr zu ihm gesprochen hatte. Er schilderte ihnen auch, wie mutig Saulus dann in Damaskus im Namen von Jesus aufgetreten und für diesen Namen eingetreten war. 28 Von da an ging Saulus bei den Aposteln in Jerusalem aus und ein. Mit ihnen zusammen trat er offen und mutig für Jesus und seinen Namen ein.
29 Vor allem sprach und diskutierte Saulus mit den griechischsprechenden Juden. Die aber wollten ihn umbringen. 30 Als seine Glaubensbrüder das erfuhren, brachten sie ihn in die Hafenstadt Cäsarea hinab, damit er von dort nach Tarsus fahren konnte.

Petrus besucht die Gemeinden und kommt nach Lydda und Joppe

31 Die Gemeinde in ganz Judäa , Galiläa und Samarien erlebte nun eine friedliche Zeit. Sie festigte sich und machte Fortschritte in einem gottgefälligen Leben. Der Heilige Geist stand ihr bei und ließ die Zahl der Glaubenden ständig zunehmen. 32 Petrus durchzog das ganze Land und besuchte die einzelnen Gemeinden. Dabei kam er auch zu den Christen in Lydda.
33 Dort sah er einen Menschen - er hieß Äneas -, der seit acht Jahren das Bett nicht mehr verlassen konnte; er war gelähmt. 34 »Äneas«, sagte Petrus zu ihm, »Jesus Christus hat dich geheilt. Steh auf und mach dein Bett!«
Im selben Augenblick konnte Äneas aufstehen. 35 Alle Bewohner von Lydda und der ganzen Scharon-Ebene sahen ihn gesund umhergehen und nahmen Jesus als den Herrn an. 36 In Joppe wohnte eine Jüngerin mit Namen Tabita. Ihr griechischer Name war Dorkas; beides bedeutet »Gazelle«. Sie hatte viel Gutes getan und den Armen geholfen. 37 Nun aber war sie krank geworden und gestorben. Sie wurde gewaschen und im Obergemach aufgebahrt.
38 Von Joppe war es nicht weit nach Lydda, und als sie in Joppe erfuhren, daß Petrus gerade dort war, schickten sie zwei Männer zu ihm und ließen ihn bitten, so schnell wie möglich zu kommen. 39 Petrus ging sofort mit, und als er in Joppe ankam, führten sie ihn in das Obergemach. Die Witwen der Gemeinde drängten sich um ihn und zeigten ihm unter Tränen die vielen Kleider und Mäntel, die Dorkas für sie gemacht hatte, als sie noch unter ihnen lebte.
40 Petrus aber schickte sie alle aus dem Zimmer, kniete nieder und betete. Dann wandte er sich der Toten zu und sagte: »Tabita, steh auf!« Sie öffnete die Augen, und als sie Petrus erblickte, setzte sie sich auf. 41 Er reichte ihr die Hand und half ihr auf die Füße. Dann rief er die Witwen und die ganze Gemeinde herein und gab ihnen Dorkas lebendig zurück. 42 Die Nachricht verbreitete sich im ganzen Ort, und viele kamen zum Glauben an Jesus als den Herrn.
43 Petrus blieb längere Zeit in Joppe; er wohnte bei einem Gerber namens Simon.

DIE GUTE NACHRICHT KOMMT ZU DEN NICHTJUDEN (10,1-15,35)

Kornelius in Cäsarea hat eine Vision

10  1 In Cäsarea lebte Kornelius, ein Hauptmann , der zum sogenannten Italischen Regiment gehörte. 2 Er glaubte an Gott und hielt sich mit seiner ganzen Hausgemeinschaft zur jüdischen Gemeinde. Er tat viel für notleidende Juden und betete regelmäßig.
3 An einem Nachmittag gegen drei Uhr hatte er eine Vision. Er sah deutlich, wie ein Engel Gottes bei ihm eintrat, und hörte, wie er zu ihm sagte: »Kornelius!«
4 Erschrocken blickte er den Engel an und fragte: »Warum kommst du, Herr?«
Der Engel antwortete: »Gott hat genau bemerkt, wie treu du betest und wieviel Gutes du den Armen tust, und er will dich dafür belohnen. 5 Darum schicke jetzt Boten nach Joppe und laß einen gewissen Simon zu dir bitten, der den Beinamen Petrus trägt. 6 Er ist zu Gast bei einem Gerber Simon, der sein Haus unten am Meer hat.« 7 Als der Engel wieder fortgegangen war, rief Kornelius zwei Diener und einen frommen Soldaten aus seinem persönlichen Gefolge. 8 Er erzählte ihnen, was er erlebt hatte, und schickte sie nach Joppe.

Petrus in Joppe hat eine Vision

9 Am nächsten Tag, als die Boten von Kornelius Joppe schon fast erreicht hatten, begab sich Petrus um die Mittagszeit auf das flache Dach des Hauses, um zu beten. 10 Da bekam er Hunger und wollte essen. Während das Essen zubereitet wurde, hatte er eine Vision.
11 Er sah den Himmel geöffnet, und es kam daraus etwas auf die Erde herab, das sah aus wie ein großes Tuch, das an vier Ecken gehalten wird. 12 Darin befanden sich alle Arten von vierfüßigen Tieren, Kriechtieren und Vögeln. 13 Eine Stimme rief: »Auf, Petrus, schlachte und iß!«
14 Aber Petrus antwortete: »Auf keinen Fall, Herr! Noch nie habe ich etwas Verbotenes oder Unreines gegessen.«
15 Doch die Stimme forderte ihn ein zweites Mal auf und sagte: »Was Gott für rein erklärt hat, das erkläre du nicht für unrein!« 16 Und noch ein drittes Mal erging an Petrus dieselbe Aufforderung. Gleich danach wurde das Tuch samt Inhalt wieder in den Himmel hinaufgehoben.

Die Boten von Kornelius bei Petrus in Joppe

17 Während Petrus noch ratlos darüber nachdachte, was die Vision bedeuten sollte, hatten sich schon die Boten aus Cäsarea zu Simons Haus durchgefragt und standen unten vor dem Tor. 18 »Ist hier ein Simon mit dem Beinamen Petrus zu Gast?« riefen sie. 19 Petrus grübelte noch über den Sinn seiner Vision, da sagte ihm der Geist Gottes: »Drei Männer wollen zu dir! 20 Geh hinunter und folge ihnen ohne Bedenken; ich habe sie geschickt.«
21 Da ging er hinunter und sagte zu ihnen: »Ich bin der, den ihr sucht. Was führt euch zu mir?« 22 »Wir kommen vom Hauptmann Kornelius«, sagten sie. »Er führt ein vorbildliches Leben und hält sich zur jüdischen Gemeinde; alle Juden bei uns reden nur das Beste über ihn. Ein heiliger Engel hat ihm aufgetragen, dich in sein Haus einzuladen und zu hören, was du zu sagen hast.«
10,23a Darauf ließ Petrus die Männer herein, bewirtete sie und gab ihnen ein Nachtquartier.

Petrus bei Kornelius in Cäsarea

Am anderen Morgen machte sich Petrus mit ihnen auf den Weg; einige Brüder aus Joppe begleiteten ihn. 24 Am Tag darauf kamen sie in Cäsarea an. Kornelius hatte seine Verwandten und die engsten Freunde zusammengerufen und erwartete sie.
25 Als Petrus durchs Hoftor trat, kam ihm Kornelius entgegen und warf sich vor ihm nieder. 26 Doch Petrus zog ihn hoch und sagte: »Steh auf, ich bin auch nur ein Mensch!« 27 Er sprach noch weiter mit ihm und betrat dabei das Haus. Als er die vielen Leute sah, 28 sagte er zu ihnen: »Ihr wißt, daß ein Jude nicht mit einem Nichtjuden verkehren und vollends nicht sein Haus betreten darf. Aber mir hat Gott gezeigt, daß ich keinen Menschen als unrein oder unberührbar betrachten soll. 29 Deshalb bin ich eurer Einladung ohne Widerrede gefolgt. Aber jetzt möchte ich doch gern erfahren, warum ihr mich gerufen habt!« 30 Kornelius antwortete: »Es war vor drei Tagen, ungefähr zur selben Zeit wie jetzt. Ich betete hier im Haus zur Gebetszeit um drei Uhr nachmittags, als plötzlich ein Mann in leuchtendem Gewand vor mir stand 31 und sagte: 'Kornelius, Gott hat deine Gebete erhört, und er will dir das Gute vergelten, das du den Armen getan hast. 32 Schicke darum Boten nach Joppe und laß Simon mit dem Beinamen Petrus zu dir bitten! Er ist zu Gast beim Gerber Simon unten am Meer!' 33 Da habe ich sofort zu dir geschickt, und ich freue mich, daß du gekommen bist. Nun sind wir alle hier vor Gott versammelt und bereit zu hören, was der Herr dir aufgetragen hat.«

Petrus predigt vor den Nichtjuden im Haus von Kornelius

34 Petrus begann zu sprechen:
»Wahrhaftig, jetzt begreife ich, daß Gott keine Unterschiede macht! 35 Er liebt alle Menschen, ganz gleich, zu welchem Volk sie gehören, wenn sie ihn nur ernst nehmen und tun, was vor ihm recht ist. 36 Seinem Volk Israel hat er die Botschaft verkünden lassen, daß er Frieden gestiftet hat durch Jesus Christus - aber dieser Jesus Christus ist ja der Herr über alle! 37 Ihr habt sicherlich erfahren, was sich im jüdischen Land zugetragen hat, beginnend in Galiläa , nachdem Johannes zur Taufe aufgerufen hatte. 38 Ihr wißt von Jesus aus Nazaret, den Gott zum Retter bestimmt und mit seinem Geist und seiner Kraft erfüllt hat. Wo er hin kam, tat er Gutes und heilte alle, die der Teufel in seiner Gewalt hatte; denn Gott stand ihm bei. 39 Wir können alles bezeugen, was er im jüdischen Land und in Jerusalem getan hat. Die Juden töteten ihn, sie hängten ihn ans Kreuz , an das Fluchholz. 40 Aber Gott hat ihn am dritten Tag vom Tod auferweckt und ihn sichtbar erscheinen lassen - 41 nicht vor dem ganzen Volk, sondern vor den Zeugen, die er im voraus dazu bestimmt hatte. Wir, die Apostel , sind diese Zeugen; wir haben mit Jesus gegessen und getrunken, nachdem er von den Toten auferstanden war. 42 Und uns gab Jesus den Auftrag, dem Volk Israel zu verkünden und zu bezeugen, daß er von Gott zum Richter über die Lebenden und die Toten eingesetzt ist. 43 Alle Propheten haben von ihm gesprochen; sie bezeugen, daß durch die Macht seines Namens alle Menschen die Vergebung ihrer Schuld empfangen sollen, alle, die auf ihn vertrauen.«

Der Heilige Geist kommt noch vor der Taufe auf die Nichtjuden herab

44 Petrus hatte noch nicht zu Ende gesprochen, da kam der Heilige Geist auf alle herab, die bei Kornelius versammelt waren und die Botschaft hörten.
45 Die Christen jüdischer Herkunft, die mit Petrus aus Joppe gekommen waren, gerieten außer sich vor Staunen, daß Gott nun auch über die Nichtjuden seinen Geist ausgegossen hatte. 46 Sie hörten nämlich, wie die Versammelten in unbekannten Sprachen redeten und Gott priesen.
Darauf sagte Petrus zu seinen Begleitern: 47 »Diese Leute haben genau wie wir den Heiligen Geist empfangen. Wer kann ihnen da noch die Taufe verweigern?« 48 Und er befahl, sie im Namen von Jesus Christus zu taufen.
Danach baten sie ihn, noch ein paar Tage bei ihnen zu bleiben.

Petrus rechtfertigt sich vor der Gemeinde in Jerusalem

11  1 Die Apostel und die Brüder in Judäa hörten, daß auch die Nichtjuden die Botschaft Gottes angenommen hatten. 2 Als nun Petrus nach Jerusalem zurückkehrte, machten sie ihm Vorwürfe: 3 »Du bist zu Leuten gegangen, die nicht zu unserem Volk gehören! Du hast sogar mit ihnen gegessen!« 4 Da erzählte ihnen Petrus ausführlich, was geschehen war:
5 »Als ich eines Tages in Joppe betete, hatte ich eine Vision. Ich sah etwas vom Himmel herabkommen, das sah aus wie ein großes Tuch, das an den vier Ecken gehalten wird. Es kam bis zu mir herunter. 6 Als ich genau hinschaute, sah ich darin alle Arten von vierfüßigen und wilden Tieren, von Kriechtieren und Vögeln. 7 Dann hörte ich auch eine Stimme, die sagte: 'Auf, Petrus, schlachte und iß!' 8 Aber ich sagte: 'Auf gar keinen Fall, Herr! Ich habe noch nie in meinem Leben etwas Verbotenes oder Unreines gegessen.' 9 Doch die Stimme von oben forderte mich ein zweites Mal auf und sagte: 'Was Gott für rein erklärt, das erkläre du nicht für unrein!' 10 Und noch ein drittes Mal erging an mich dieselbe Aufforderung. Danach wurde alles wieder in den Himmel hinaufgezogen. 11 In diesem Augenblick kamen drei Männer vor dem Haus an, in dem wir waren, Boten, die man aus Cäsarea zu mir geschickt hatte. 12 Der Geist Gottes befahl mir, ihnen ohne Widerrede zu folgen. So ging ich mit. Die sechs Brüder, die ich hierher mitgebracht habe, begleiteten mich. Wir kamen nach Cäsarea und betraten das Haus des Mannes, der nach mir geschickt hatte.
13 Er erzählte uns, er habe den Engel in seinem Haus stehen gesehen, der ihm sagte: 'Schick jemand nach Joppe und laß Simon zu dir bitten, den mit dem Beinamen Petrus ! 14 Was er dir zu sagen hat, wird dir die Rettung bringen, dir und deiner ganzen Hausgemeinschaft .' 15 Ich hatte aber noch kaum begonnen, zu ihnen zu sprechen, da kam der Heilige Geist auf sie herab, genauso wie damals am Anfang auf uns. 16 Mir fiel sofort das Wort ein, das der Herr gesagt hatte: 'Johannes hat mit Wasser getauft, aber ihr werdet mit dem Geist Gottes getauft werden.'
17 Da war mir klar: Gott hatte ihnen das gleiche Geschenk gegeben wie damals uns, als wir zum Glauben an Jesus Christus, den Herrn, gekommen waren. Wie hätte ich mich da Gott in den Weg stellen können?« 18 Als die Apostel und die anderen das hörten, gaben sie ihren Widerstand auf. Sie priesen Gott und sagten: »Also hat Gott auch den Nichtjuden den Weg eröffnet, zu ihm umzukehren und das wahre Leben zu gewinnen.«

Die Gemeinde in Antiochia

19 Die von der Gemeinde, die in der Verfolgungszeit nach der Ermordung von Stephanus aus Jerusalem geflohen waren, kamen zum Teil bis nach Phönizien , Zypern und Antiochia. Sie verkündeten die Botschaft Gottes zunächst nur unter den Juden. 20 Aber einige von ihnen, die aus Zypern und Zyrene stammten, kamen nach Antiochia und verkündeten dort auch den Nichtjuden die Gute Nachricht von Jesus, dem Herrn . 21 Gott stand ihnen zur Seite, so daß viele Menschen zum Glauben kamen und Jesus als den Herrn annahmen. 22 Die Gemeinde in Jerusalem hörte davon, und die Apostel schickten Barnabas nach Antiochia. 23 Als er hinkam und sah, was Gott dort gewirkt hatte, freute er sich. Er machte allen Mut und bestärkte sie in ihrem Vorsatz, dem Herrn treu zu bleiben. 24 Denn Barnabas war ein tüchtiger Mann, erfüllt mit dem Heiligen Geist und mit lebendigem Glauben. Gott führte der Gemeinde immer mehr Menschen zu. 25 Barnabas aber ging nach Tarsus, um Saulus zu suchen; 26 und als er ihn gefunden hatte, nahm er ihn mit nach Antiochia. Ein ganzes Jahr lang wirkten beide gemeinsam in der Gemeinde und unterwiesen viele Menschen im Glauben. Hier in Antiochia kam für die Jünger und Jüngerinnen zum ersten Mal die Bezeichnung »Christen« auf.

Ihre Fürsorge für die Gemeinde in Jerusalem

27 Während dieser Zeit kamen Propheten von Jerusalem nach Antiochia. 28 Einer von ihnen, Agabus, trat vor die versammelte Gemeinde und sagte auf Eingebung des Heiligen Geistes voraus, daß eine große Hungersnot über die ganze Erde kommen werde - wie sie dann auch tatsächlich unter der Regierung des Kaisers Klaudius eintraf.
29 Da beschloß die Gemeinde in Antiochia, den Brüdern und Schwestern in Judäa nach Kräften zu helfen - entsprechend dem, was die einzelnen in der Gemeinde erübrigen konnten. 30 Sie schickten ihre Spende durch Barnabas und Saulus an die Gemeindeältesten in Jerusalem.

Jakobus wird hingerichtet, Petrus gefangengenommen

12  1 Um diese Zeit ließ König Herodes verschiedene Mitglieder der Gemeinde von Jerusalem festnehmen und schwer mißhandeln. 2 Jakobus, den Bruder von Johannes, ließ er enthaupten. 3 Als er merkte, daß dies den Juden gefiel, ging er noch einen Schritt weiter und ließ auch Petrus gefangennehmen - gerade in den Tagen des Passafestes . 4 Petrus wurde ins Gefängnis gebracht; zu seiner Bewachung wurden vier Gruppen zu je vier Soldaten abgestellt, die einander ablösen sollten. Herodes wollte ihm nach dem Fest vor allem Volk den Prozeß machen. 5 So saß Petrus also streng bewacht im Gefängnis. Die Gemeinde aber betete Tag und Nacht inständig für ihn zu Gott.

Petrus wird aus dem Gefängnis befreit

6 In der Nacht, bevor Herodes ihn vor Gericht stellen wollte, schlief Petrus zwischen zwei der Wachsoldaten, mit Ketten an sie gefesselt. Vor der Tür der Zelle waren die zwei anderen als Wachtposten aufgestellt.
7 Plötzlich stand da der Engel des Herrn, und die ganze Zelle war von strahlendem Licht erfüllt. Der Engel weckte Petrus durch einen Stoß in die Seite und sagte: »Schnell, steh auf!« Da fielen Petrus die Ketten von den Händen. 8 Der Engel sagte: »Leg den Gürtel um und zieh die Sandalen an!« Petrus tat es, und der Engel sagte: »Wirf dir den Mantel um und komm mit!« 9 Petrus folgte ihm nach draußen. Er wußte nicht, daß es Wirklichkeit war, was er da mit dem Engel erlebte; er meinte, er hätte eine Vision. 10 Sie kamen ungehindert am ersten der Wachtposten vorbei, ebenso am zweiten, und standen schließlich vor dem eisernen Tor, das in die Stadt führte. Das Tor öffnete sich von selbst. Sie traten hinaus und gingen die Straße entlang, doch als Petrus in die nächste einbog, war der Engel plötzlich verschwunden.
11 Als Petrus zu sich kam, sagte er: »Es ist also wirklich wahr! Der Herr hat seinen Engel geschickt, um mich vor Herodes zu retten und vor dem zu bewahren, was das jüdische Volk sich erhofft hat!« 12 Als ihm das klargeworden war, ging er zu dem Haus, das Maria gehörte, der Mutter von Johannes mit dem Beinamen Markus. Dort waren viele Christen versammelt und beteten immer noch für seine Freilassung. 13 Petrus klopfte an das Hoftor, und die Dienerin Rhode kam, um zu hören, wer draußen sei. 14 Als sie Petrus an der Stimme erkannte, vergaß sie vor Freude, das Tor zu öffnen; sie rannte ins Haus und meldete, Petrus stehe draußen. 15 »Du bist nicht ganz bei Verstand!« sagten die im Haus. Und als Rhode darauf bestand, meinten sie: »Das ist sein Schutzengel !« 16 Petrus aber klopfte und klopfte, bis sie schließlich aufmachten. Als sie ihn sahen, gerieten sie außer sich. 17 Er bat mit einer Handbewegung um Ruhe und erklärte ihnen, wie ihn Gott aus dem Gefängnis befreit hatte. »Berichtet das Jakobus und allen anderen Brüdern und Schwestern!« sagte er. Dann verließ er Jerusalem. 18 Als es Tag wurde, gab es bei der Wachmannschaft eine große Aufregung, weil Petrus verschwunden war. 19 Herodes ließ überall nach ihm suchen, aber vergeblich. Darauf verhörte er die Soldaten. Er befand sie für schuldig und ließ sie hinrichten.
Danach begab sich Herodes von Jerusalem hinab nach Cäsarea in seine Hauptresidenz.

Der Tod von Herodes Agrippa I.

20 König Herodes lag im Streit mit den Bürgern von Tyrus und Sidon, und sein Zorn über sie war groß. Nun hatten sie eine Abordnung geschickt und um eine friedliche Beilegung des Konflikts gebeten. Den königlichen Palastverwalter Blastus hatten sie dafür gewonnen, beim König ein Wort für sie einzulegen. Die Bürger von Tyrus und Sidon waren nämlich für ihre Lebensmittelversorgung auf Lieferungen aus dem Gebiet des Königs angewiesen. 21 An dem Tag, an dem die Beilegung des Streits feierlich verkündet werden sollte, nahm Herodes in der Pracht seiner königlichen Gewänder auf der Tribüne Platz und hielt in öffentlicher Volksversammlung eine Rede an die Abordnung aus Tyrus und Sidon. 22 Das Volk von Cäsarea aber rief laut: »So redet ein Gott, nicht ein Mensch!«
23 Im selben Augenblick schlug ihn der Engel des Herrn - weil er sich als einen Gott feiern ließ, anstatt dem wahren Gott die Ehre zu geben. Der König wurde von Würmern zerfressen und starb. 24 Die Botschaft Gottes aber breitete sich aus, und die Zahl der Glaubenden nahm immer mehr zu. Die erste Missionsreise von Paulus (12,25-14,28)

Barnabas und Saulus von der Gemeinde in Antiochia ausgesandt

25 Nachdem Barnabas und Saulus die Geldspende in Jerusalem übergeben hatten, kehrten sie nach Antiochia zurück. Sie brachten Johannes mit dem Beinamen Markus aus Jerusalem mit. 13  1 In der Gemeinde von Antiochia gab es eine Reihe von Propheten und Lehrern ; es waren Barnabas, Simeon, genannt »der Schwarze«, Luzius von Zyrene, Manaën, der zusammen mit dem Fürsten Herodes erzogen worden war, und Saulus.
2 Als sie einmal für einige Zeit fasteten und sich ganz dem Gebet widmeten, sagte ihnen der Heilige Geist : »Gebt mir Barnabas und Saulus für die besondere Aufgabe frei, zu der ich sie berufen habe!«
3 Nach einer weiteren Zeit des Fastens und Betens legten sie den beiden die Hände auf und ließen sie ziehen.

Barnabas und Saulus auf Zypern

4 So wurden Barnabas und Saulus vom Heiligen Geist ausgesandt und auf den Weg geschickt. Sie gingen hinab nach Seleuzia und reisten von dort mit dem Schiff zur Insel Zypern. 5 Als sie in die Stadt Salamis kamen, verkündeten sie die Botschaft Gottes in den jüdischen Synagogen . Als Helfer hatten sie noch Johannes Markus bei sich. 6 Dann durchzogen sie die ganze Insel und kamen nach Paphos. Dort trafen sie einen Juden namens Barjesus, der war ein Magier und falscher Prophet. 7 Er gehörte zum Gefolge des römischen Statthalters der Insel, Sergius Paulus, einem gebildeten Mann. Der Statthalter hatte Barnabas und Saulus rufen lassen und wollte die Botschaft Gottes hören. 8 Aber Elymas, wie Barjesus sich auch nannte - das bedeutet »Magier« -, trat ihnen entgegen und suchte mit allen Mitteln zu verhindern, daß der Statthalter der Botschaft glaubte. 9 Saulus - mit seinem römischen Namen heißt er übrigens Paulus - sah den Magier scharf an; erfüllt vom Heiligen Geist, 10 sagte er zu ihm: »Du Sohn des Teufels, du bist voll List und Tücke und kämpfst gegen alles Gute. Willst du nicht endlich aufhören, die klaren Absichten Gottes zu durchkreuzen? 11 Der Herr wird dich dafür bestrafen: Du sollst blind sein und für einige Zeit das Sonnenlicht nicht mehr sehen!«
Im selben Augenblick fand sich der Magier in die tiefste Dunkelheit getaucht. Er tappte umher und suchte einen, der ihn an der Hand führte. 12 Als der Statthalter sah, was geschehen war, kam er zum Glauben; denn er war tief beeindruckt davon, wie mächtig sich die Lehre von Jesus, dem Herrn , erwiesen hatte.

Die Predigt in der Synagoge von Antiochia in Pisidien

13 Paulus und seine Begleiter bestiegen in Paphos ein Schiff und fuhren nach Perge in Pamphylien. Dort trennte sich Johannes Markus von ihnen und kehrte nach Jerusalem zurück. 14 Die beiden anderen zogen von Perge weiter nach Antiochia in Pisidien.
Am Sabbat gingen sie dort in die Synagoge und setzten sich unter die Zuhörer. 15 Nach der Lesung aus dem Gesetz und den Schriften der Propheten ließen die Synagogenvorsteher den Gästen sagen: »Brüder, wenn ihr dem Volk ein ermutigendes Wort zu sagen habt, dann sprecht!«
16 Da stand Paulus auf, bat mit einer Handbewegung um Ruhe und begann: »Ihr Männer aus dem Volk Israel und ihr anderen, die ihr den Glauben Israels teilt, hört mich an! 17 Der Gott unseres Volkes, der Gott Israels, hat unsere Vorfahren erwählt und hat sie zu einem großen Volk gemacht, während sie als Fremde in Ägypten lebten. Mit hoch erhobenem Arm führte er sie aus Ägypten heraus, 18 und vierzig Jahre lang ertrug er sie in der Wüste. 19 Er vernichtete vor ihnen sieben Völker im Land Kanaan und gab ihnen ihr Land zum Besitz. 20 Das war etwa 450 Jahre, nachdem unsere Vorfahren nach Ägypten gekommen waren. Dann gab er ihnen Richter bis zur Zeit des Propheten Samuel. 21 Von da an wollten sie einen König haben, und Gott gab ihnen Saul, den Sohn von Kisch aus dem Stamm Benjamin. Nach vierzigjähriger Herrschaft aber 22 verstieß er Saul und erhob David zu ihrem König. Ihm stellte er das Zeugnis aus: 'David, den Sohn von Isai, habe ich erwählt, einen Mann, der mir gefällt. Er wird alles ausführen, was ich will.' 23 Und einen der Nachkommen von eben diesem David hat Gott nun seinem Volk Israel als Retter gesandt, wie er es versprochen hatte, nämlich Jesus. 24 Vor ihm her hatte Johannes alle im Volk Israel dazu aufgerufen, sie sollten umkehren und sich taufen lassen. 25 Als Johannes am Ende seines Wirkens stand, sagte er zu den Leuten: 'Ich bin nicht der, für den ihr mich haltet. Aber nach mir kommt der Erwartete; ich bin nicht einmal gut genug, ihm die Schuhe aufzubinden.' 26 Liebe Brüder, ihr Nachkommen Abrahams , und ihr anderen hier, die ihr den Glauben Israels teilt: Jetzt hat Gott uns, die wir hier versammelt sind, die Botschaft von dieser Rettung gesandt! 27 Denn die Bewohner Jerusalems und ihre führenden Männer haben Jesus nicht erkannt. Sie haben ihn verurteilt, aber mit diesem Urteil haben sie nur die Ankündigungen der Propheten in Erfüllung gehen lassen, die jeden Sabbat vorgelesen werden. 28 Sie forderten nämlich von Pilatus seine Hinrichtung, obwohl sie kein todeswürdiges Verbrechen an ihm gefunden hatten. 29 Und nachdem sie alles getan hatten, was in den Heiligen Schriften über Jesus vorhergesagt ist, nahmen sie ihn vom Kreuz und legten ihn ins Grab. 30 Aber Gott hat ihn vom Tod auferweckt, 31 und als Auferstandener zeigte er sich während vielen Tagen den Männern, die mit ihm von Galiläa nach Jerusalem gekommen waren. Diese sind heute seine Zeugen vor dem Volk Israel. 32 Und wir verkünden euch nun also die gute Nachricht, daß Gott seine Zusagen eingelöst hat! Was er unseren Vorfahren versprochen hatte, 33 das hat er für uns, die Nachkommen, in Erfüllung gehen lassen. Er hat Jesus vom Tod auferweckt, und damit ist eingetreten, was beispielsweise im zweiten Psalm geschrieben steht, wo Gott sagt: 'Du bist mein Sohn, heute habe ich dich dazu gemacht!' 34 Daß er ihn mit der Auferweckung aber für immer dem Tod und der Verwesung entrissen hat - und mit ihm auch uns -, das stellt er klar mit den Worten: 'Ich gebe euch die heiligen und unvergänglichen Gaben, die ich David versprochen habe.' 35 Darum sagt auch David in einem anderen Psalm: 'Du gibst deinen Heiligen nicht der Verwesung preis.' 36 David selbst hatte nur eine Aufgabe an seiner eigenen Generation zu erfüllen. Dann ist er nach Gottes Willen gestorben, wurde neben seinen Vorfahren beigesetzt und fiel der Verwesung anheim. 37 Doch der, den Gott vom Tod auferweckt hat, der fiel nicht der Verwesung anheim. 38 Und durch diesen Jesus - das sollt ihr wissen, Brüder - wird euch die Vergebung eurer Schuld angeboten! Das Gesetz Moses hatte nicht die Kraft, eure Schuld wegzunehmen; 39 aber wer von euch Jesus vertraut, wird vor Gott als gerecht bestehen können. 40 Gebt also acht, daß nicht eintrifft, was im Buch der zwölf Propheten gesagt wird: 41 'Schaut her, ihr Verächter, wundert euch und geht zugrunde! Denn in euren Tagen werde ich etwas tun - wenn es euch jemand erzählte, ihr würdet es ihm nicht glauben!'« 42 Als Paulus und Barnabas aus der Synagoge gingen, wurden sie gebeten, am folgenden Sabbat weiter über diese Sache zu sprechen. 43 Doch schon gleich nach dem Gottesdienst kamen viele mit Paulus und Barnabas mit, Juden und Leute, die zum Judentum übergetreten waren. Die beiden sprachen zu ihnen und redeten ihnen zu, die angebotene Gnade Gottes zu ergreifen und an ihr festzuhalten.

Konflikt mit den Juden, Hinwendung zu den Nichtjuden

44 Am nächsten Sabbat war fast die ganze Stadt in der Synagoge versammelt, um die Botschaft Gottes zu hören. 45 Als die Juden den großen Andrang sahen, wurden sie eifersüchtig. Ständig widersprachen sie dem, was Paulus sagte, und stießen Lästerungen gegen Jesus aus.
46 Schließlich erklärten Paulus und Barnabas frei und offen: »Euch mußte als ersten die Botschaft Gottes verkündet werden. Aber weil ihr nichts davon wissen wollt und euch damit als unwürdig erweist, das ewige Leben zu empfangen, wenden wir uns jetzt an die Nichtjuden. 47 Dazu haben wir vom Herrn den Auftrag erhalten; denn er hat gesagt: 'Ich mache dich zum Licht für die anderen Völker, damit alle bis ans Ende der Erde durch dich meine rettende Hilfe erfahren.'« 48 Als die Nichtjuden das hörten, brachen sie in Jubel aus. Sie wollten gar nicht mehr aufhören, Gott für seine rettende Botschaft zu preisen. Und alle, die für das ewige Leben bestimmt waren, kamen zum Glauben.
49 Die Botschaft Gottes verbreitete sich in der ganzen Gegend. 50 Aber die Juden hetzten vornehme Frauen, die sich zur jüdischen Gemeinde hielten, und die führenden Männer der Stadt gegen Paulus und Barnabas auf. Die beiden wurden festgenommen, aus der Stadt ausgewiesen und mußten die Gegend verlassen.
51 Vor der Stadt schüttelten sie den Staub von ihren Füßen, ihnen zur Warnung, und gingen nach Ikonion. 52 Die neugewonnenen Jünger und Jüngerinnen in Antiochia aber wurden von Freude und vom Heiligen Geist erfüllt.

Paulus und Barnabas in Ikonion

14  1 In Ikonion gingen Paulus und Barnabas wieder genauso in die Synagoge , und sie sprachen dort auch so, wie sie es schon in Antiochia getan hatten. Eine große Zahl von Menschen kam daraufhin zum Glauben, Juden wie Griechen.
2 Aber die übrigen Juden, die sich nicht überzeugen lassen wollten, fingen an, die nichtjüdische Bevölkerung der Stadt gegen die Christen aufzuhetzen. 3 Trotzdem konnten Paulus und Barnabas noch längere Zeit in der Stadt bleiben. Im Vertrauen auf den Herrn verkündeten sie die Botschaft von der rettenden Gnade frei und offen, und der Herr bestätigte die Botschaft durch die wunderbaren Taten, die er durch Paulus und Barnabas geschehen ließ. 4 So kam es, daß die Stadt schließlich in zwei Lager gespalten war: die einen hielten zu den Juden, die andern zu den Aposteln . 5 Die feindlich gesinnte Gruppe - Nichtjuden ebenso wie Juden samt den beiderseitigen führenden Männern - bereitete einen Anschlag gegen Paulus und Barnabas vor. Sie wollten an den beiden ihre Wut auslassen und sie steinigen .
6 Aber Paulus und Barnabas merkten, was sie vorhatten. Sie flohen nach Lystra und dann weiter nach Derbe, zwei Städten in Lykaonien. 7 Dort und in der weiteren Umgebung verkündeten sie die Gute Nachricht .

Paulus und Barnabas in Lystra

8 In Lystra sahen Paulus und Barnabas einen Mann sitzen, der seit seiner Geburt gelähmt war. Seine Füße waren kraftlos; er hatte in seinem ganzen Leben noch keinen Schritt getan. 9 Er hörte zu, wie Paulus die Gute Nachricht verkündete.
Paulus blickte ihn an, und als er merkte, daß der Gelähmte das feste Vertrauen hatte, geheilt zu werden, 10 sagte er laut: »Steh auf, stell dich aufrecht auf deine Beine!« Da sprang der Mann auf und ging umher. 11 Als die Volksmenge sah, was Paulus getan hatte, riefen alle in ihrer lykaonischen Sprache: »Die Götter haben Menschengestalt angenommen und sind zu uns herabgestiegen!« 12 Sie nannten Barnabas Zeus , und Paulus nannten sie Hermes - weil er das Wort geführt hatte. 13 Der Priester aus dem Zeus-Tempel vor der Stadt brachte Stiere und Blumenkränze ans Stadttor und wollte zusammen mit der Menge den beiden Opfer darbringen. 14 Als die Apostel merkten, was da vor sich ging, zerrissen sie ihre Kleider, stürzten sich in die Menge und riefen: 15 »Ihr Männer, was macht ihr da? Wir sind doch Menschen genauso wie ihr! Mit unserer Botschaft wollen wir euch ja gerade dazu aufrufen, daß ihr euch abwendet von all diesen Göttern, die gar keine sind, und euch dem lebendigen Gott zuwendet - dem Gott, der Himmel, Erde, Meer und alles, was lebt, geschaffen hat! 16 Bis jetzt hat er alle Völker außer den Juden ihre eigenen Wege gehen lassen. 17 Und doch hat er sich auch ihnen schon immer zu erkennen gegeben: Er ist es doch, der euch Wohltaten erweist! Er gibt euch den Regen und läßt die Ernte reifen! Er gibt euch zu essen und macht euch froh und glücklich!«
18 Doch auch damit konnten sie die Leute kaum davon abbringen, ihnen zu opfern. 19 Aber dann kamen Juden aus Antiochia in Pisidien und aus Ikonion. Sie brachten die Menge auf ihre Seite und bewarfen Paulus mit Steinen. Darauf schleiften sie ihn aus der Stadt hinaus; denn sie hielten ihn für tot. 20 Doch als die Christen sich um ihn drängten, kam er wieder zu sich, stand auf und ging ganz offen in die Stadt zurück.
Am nächsten Tag machte er sich mit Barnabas auf den Weg nach Derbe.

Besuch der Gemeinden auf der Rückreise von Derbe aus

21 In Derbe verkündeten Paulus und Barnabas die Gute Nachricht und konnten viele Menschen als Jünger und Jüngerinnen für Jesus gewinnen. Dann traten sie die Rückreise an. Sie kamen wieder nach Lystra und dann nach Ikonion und schließlich nach dem pisidischen Antiochia. 22 Überall machten sie den Christen Mut und ermahnten sie, unbeirrt am Glauben festzuhalten. »Der Weg in Gottes neue Welt«, sagten sie zu ihnen, »führt uns durch viel Not und Verfolgung. So ist es der Wille Gottes.«
23 In jeder Gemeinde setzten sie Gemeindeälteste ein und stellten sie und alle, die zum Glauben an den Herrn gekommen waren, mit Gebet und Fasten unter dessen Schutz. 24 Sie zogen dann weiter durch Pisidien nach Pamphylien. 25 Sie verkündeten die Botschaft Gottes in Perge und gingen hinunter ans Meer nach Attalia. 26 Von dort kehrten sie mit dem Schiff zum Ausgangspunkt ihrer Reise, nach Antiochia in Syrien, zurück. Hier waren sie der Gnade Gottes anbefohlen worden für das Werk, das sie nun vollendet hatten.
27 Nach ihrer Ankunft riefen sie die ganze Gemeinde zusammen und berichteten, was Gott alles durch sie getan hatte und daß er den Nichtjuden die Tür zum Glauben geöffnet habe. 28 Paulus und Barnabas blieben nun für längere Zeit bei den Brüdern und Schwestern in Antiochia. Das »Apostelkonzil« und seine Beschlüsse (15,1-35)

Müssen die Nichtjuden auf das Gesetz verpflichtet werden?

15  1 Damals kamen einige Christen aus Judäa nach Antiochia und erklärten den Brüdern: »Ihr könnt nicht gerettet werden, wenn ihr euch nicht beschneiden laßt, wie es das Gesetz Moses vorschreibt!«
2 Paulus und Barnabas bestritten das und hatten eine heftige Auseinandersetzung mit ihnen. Die Brüder beschlossen deshalb, Paulus und Barnabas und einige andere aus der Gemeinde nach Jerusalem zu senden. Sie sollten den Aposteln und Gemeindeältesten dort die Streitfrage vorlegen. 3 Paulus und Barnabas wurden von der Gemeinde feierlich verabschiedet. Sie zogen durch Phönizien und Samarien und erzählten überall in den Gemeinden, wie die Nichtjuden Jesus als den Herrn angenommen hatten. Bei allen Brüdern und Schwestern lösten sie damit große Freude aus.
4 Als sie nach Jerusalem kamen, wurden sie von der ganzen Gemeinde und den Aposteln und Gemeindeältesten freundlich aufgenommen. Sie berichteten ihnen, was Gott alles durch sie unter den Nichtjuden getan hatte.
5 Aber einige von der Richtung der Pharisäer , die Christen geworden waren, standen auf und erklärten: »Man muß sie beschneiden und von ihnen fordern, daß sie das Gesetz Moses befolgen!«

Petrus: Gott hat schon entschieden!

6 Daraufhin fand eine weitere Versammlung statt: Die Apostel und die Gemeindeältesten traten zusammen, um vor der gesamten Gemeinde die Frage zu erörtern. 7 Als die Diskussion heftig wurde, stand Petrus auf und sagte: »Liebe Brüder, ihr wißt doch: Gott hat schon seit langem unter euch seinen Willen kundgegeben. Er hat entschieden, daß die Menschen der anderen Völker durch mich die Gute Nachricht hören und zum Glauben kommen sollten. 8 Und er, der ins Herz sieht, hat diesen Menschen ein gutes Zeugnis ausgestellt: Er hat ihnen genauso wie uns den Heiligen Geist geschenkt. 9 In keinem Punkt hat er einen Unterschied gemacht zwischen ihnen und uns. Sie sind rein , weil er sie durch den Glauben im Herzen rein gemacht hat.
10 Warum also fordert ihr Gott heraus und wollt diesen Menschen eine Last auferlegen, die weder unsere Vorfahren noch wir selbst tragen konnten? 11 Es ist doch allein die Gnade Gottes, auf die wir unser Vertrauen setzen und von der wir unsere Rettung erwarten - wir genauso wie sie!« 12 Aus der ganzen Versammlung kam kein Wort des Widerspruchs, und alle hörten aufmerksam zu, als nun Paulus und Barnabas noch eingehender berichteten, was für wunderbare Taten Gott durch sie unter den Nichtjuden vollbracht hatte.

Jakobus macht sich zum Anwalt der nichtjüdischen Christen

13 Als die beiden geendet hatten, stand Jakobus auf und sagte: »Hört mir zu, liebe Brüder! 14 Simon hat uns gezeigt, wie Gott selbst von Anfang an darauf bedacht war, aus den Nichtjuden Menschen zu sammeln, die sein Volk sind und ihn ehren. 15 Das stimmt mit den Worten der Propheten überein, denn bei ihnen heißt es:
16 'Danach werde ich mich euch zuwenden, sagt der Herr, und die verfallene Hütte Davids wieder aufbauen. Aus den Trümmern werde ich sie von neuem errichten. 17 Das werde ich tun, damit auch die übrigen Menschen nach mir fragen, alle Völker, die doch von jeher mein Eigentum sind. Ich, der Herr, werde tun, 18 was ich seit Urzeiten beschlossen habe.' 19 Darum bin ich der Ansicht, wir sollten den Menschen aus den anderen Völkern, die sich Gott zuwenden, nicht eine unnötige Last auferlegen. Wir sollten sie nicht dazu verpflichten, das ganze jüdische Gesetz zu befolgen, 20 sondern sie nur in einem Schreiben auffordern, daß sie kein Fleisch von Tieren essen, die als Opfer für die Götzen geschlachtet worden sind, denn es ist unrein ; weiter sollen sie sich vor Blutschande hüten, kein Fleisch von Tieren essen, deren Blut nicht vollständig ausgeflossen ist, und kein Tierblut genießen. 21 Denn diese Vorschriften Moses sind seit alten Zeiten in jeder Stadt bekannt; jeden Sabbat wird ja überall in den Synagogen aus dem Gesetz vorgelesen.«

Beschluß und Brief an die nichtjüdischen Christen

22 Darauf beschlossen die Apostel und die Gemeindeältesten zusammen mit der ganzen Gemeinde, Männer aus ihrer Mitte auszuwählen und mit Paulus und Barnabas nach Antiochia zu schicken. Sie bestimmten dafür Judas mit dem Beinamen Barsabbas und Silas, zwei führende Leute der Gemeinde, 23 und gaben ihnen folgendes Schreiben mit: »Die Apostel und die Gemeindeältesten, eure Brüder, grüßen ihre Brüder und Schwestern nichtjüdischer Abstammung in Antiochia, Syrien und Zilizien. 24 Wir haben erfahren, daß einige aus unserer Gemeinde mit ihren Äußerungen Verwirrung und Niedergeschlagenheit unter euch verbreitet haben. Sie hatten aber keinerlei Auftrag von uns. 25 Nachdem wir nun in dieser Frage zu einer einhelligen Auffassung gekommen sind, haben wir beschlossen, ausgewählte Männer unserer Gemeinde zu euch zu schicken. Sie kommen zusammen mit unseren geliebten Brüdern Barnabas und Paulus, 26 die im Dienst für Jesus Christus, unseren Herrn , ihr Leben aufs Spiel gesetzt haben. 27 Unsere Abgesandten Judas und Silas werden euch alles auch noch mündlich mitteilen und erläutern. 28 Vom Heiligen Geist geleitet, haben wir nämlich beschlossen, euch keine weitere Last aufzuladen außer den folgenden Einschränkungen, die unbedingt von euch zu beachten sind: 29 Eßt kein Fleisch von Tieren, die als Opfer für die Götzen geschlachtet wurden; genießt kein Blut; eßt kein Fleisch von Tieren, deren Blut nicht vollständig ausgeflossen ist; und hütet euch vor Blutschande. Wenn ihr euch vor diesen Dingen in acht nehmt, tut ihr recht. Lebt wohl!« 30 Die beiden Abgesandten gingen mit Paulus und Barnabas nach Antiochia. Vor der versammelten Gemeinde übergaben sie den Brief. 31 Als er vorgelesen wurde, freuten sich alle über den ermutigenden Bescheid. 32 Judas und Silas, die selbst Propheten waren, sprachen lange mit den Brüdern und Schwestern, machten ihnen weiter Mut und stärkten sie. 33 Sie blieben noch einige Zeit dort; dann wurden sie von der Gemeinde herzlich verabschiedet, um nach Jerusalem zurückzukehren. 34 Silas beschloß dazubleiben, und Judas kehrte allein zurück. 35 Paulus und Barnabas blieben in Antiochia. Zusammen mit vielen anderen unterwiesen sie die Gemeinde und verkündeten den Menschen in der Stadt die Botschaft Gottes.

PAULUS MISSIONIERT IN KLEINASIEN UND GRIECHENLAND (15,36-19,20)

Die zweite Missionsreise von Paulus (15,36-18,22)

Aufbruch und Trennung von Barnabas

36 Nach einiger Zeit sagte Paulus zu Barnabas: »Laß uns noch einmal alle die Orte besuchen, in denen wir die Botschaft Gottes verkündet haben! Wir wollen sehen, wie es den Brüdern und Schwestern geht!«
37 Barnabas wollte Johannes Markus mitnehmen, 38 aber Paulus lehnte es ab, noch einmal mit ihm zusammenzuarbeiten; denn er hatte sie auf der vorhergehenden Reise in Pamphylien im Stich gelassen und die Zusammenarbeit abgebrochen.
39 Es kam zu einer heftigen Auseinandersetzung, und Paulus und Barnabas trennten sich. Barnabas fuhr mit Markus nach Zypern, 40 Paulus aber wählte sich Silas als Begleiter. Die Brüder und Schwestern beteten für Paulus, daß Gottes Gnade ihn begleite, und er machte sich auf den Weg. 41 Er zog durch Syrien und Zilizien und stärkte die Gemeinden im Glauben.

Paulus gewinnt Timotheus. Bekanntgabe des Beschlusses von Jerusalem

16  1 Paulus kam auch wieder nach Derbe und nach Lystra. In Lystra lebte ein Jünger mit Namen Timotheus. Seine Mutter, selbst Christin, war jüdischer Herkunft, der Vater dagegen Grieche.
2 Timotheus stand bei den Brüdern und Schwesternin Lystra und Ikonion in gutem Ruf. 3 Paulus wollte ihn gern als seinen Begleiter auf die Reise mitnehmen. Mit Rücksicht auf die Juden in der Gegend beschnitt er ihn; denn sie wußten alle, daß sein Vater ein Grieche war. 4 In allen Städten, durch die sie kamen, übergaben sie den Gemeinden die Vorschriften, die die Apostel und Gemeindeältesten in Jerusalem erlassen hatten, und sie ermahnten sie, danach zu leben. 5 So wurden die Gemeinden in ihrem Glauben gefestigt, und täglich schlossen sich ihnen weitere Menschen an.

Paulus in Troas: Der Ruf nach Europa

6 Danach zogen sie weiter durch Phrygien und die Landschaft Galatien ; denn der Heilige Geist erlaubte ihnen nicht, in der Provinz Asien die Botschaft Gottes zu verkünden.
7 Als sie, westwärts ziehend, an die Grenze von Mysien kamen, wollten sie von dort in das nördlich gelegene Bithynien weiterziehen. Aber auch das ließ der Geist, durch den Jesus sie leitete, nicht zu. 8 So zogen sie an Mysien vorbei und gingen ans Meer hinunter nach Troas. 9 Dort in Troas hatte Paulus in der Nacht eine Vision: Er sah einen Mann aus Mazedonien vor sich stehen, der bat ihn: »Komm zu uns herüber nach Mazedonien und hilf uns!«
10 Darauf suchten wir sofort nach einem Schiff, das uns nach Mazedonien mitnehmen konnte. Denn wir waren sicher, daß Gott uns gerufen hatte, den Menschen dort die Gute Nachricht zu bringen.

Paulus in Philippi: Die Bekehrung von Lydia

11 Wir fuhren von Troas auf dem kürzesten Weg zur Insel Samothrake, und am zweiten Tag erreichten wir Neapolis. 12 Von dort gingen wir landeinwärts nach Philippi, einer Stadt im ersten Bezirk Mazedoniens, einer Ansiedlung von römischen Bürgern. Wir hielten uns einige Tage dort auf 13 und warteten auf den Sabbat .
Am Sabbat gingen wir vor das Tor an den Fluß. Wir vermuteten dort eine jüdische Gebetsstätte und fanden sie auch. Wir setzten uns und sprachen zu den Frauen, die zusammengekommen waren. 14 Auch eine Frau namens Lydia war darunter; sie stammte aus Thyatira und handelte mit Purpurstoffen. Sie hielt sich zur jüdischen Gemeinde. Der Herr öffnete ihr das Herz, so daß sie begierig aufnahm, was Paulus sagte. 15 Sie ließ sich mit ihrer ganzen Hausgemeinschaft , ihren Angehörigen und Dienstleuten, taufen .
Darauf lud sie uns ein und sagte: »Wenn ihr überzeugt seid, daß ich treu zum Herrn stehe, dann kommt in mein Haus und nehmt dort Quartier!« Sie drängte uns, die Einladung anzunehmen.

Paulus treibt einen Wahrsagegeist aus ...

16 Auf dem Weg zur Gebetsstätte der Juden trafen wir eines Tages eine Sklavin , aus der redete ein Geist, der die Zukunft wußte. Mit ihren Prophezeiungen brachte sie ihren Besitzern viel Geld ein. 17 Die Frau lief hinter Paulus und uns anderen her und rief: »Diese Leute sind Diener des höchsten Gottes! Sie zeigen euch den Weg zur Rettung.«
18 Das ging viele Tage so, bis Paulus es nicht länger anhören konnte. Er drehte sich um und sagte zu dem Geist: »Ich befehle dir im Namen von Jesus Christus: Fahre von ihr aus!«
Im gleichen Augenblick fuhr der Wahrsagegeist von ihr aus.

... und muß mit Silas ins Gefängnis

19 Die Besitzer der Sklavin sahen sofort, daß mit dem Geist auch ihre Hoffnung auf Gewinn ausgefahren war. Sie packten Paulus und Silas und schleppten sie zum Marktplatz vor das städtische Gericht. 20 Sie stellten sie vor die beiden Stadtobersten und erklärten: »Diese Menschen hier stiften Unruhe in unserer Stadt. Juden sind sie; 21 sie wollen Sitten einführen, die gegen unsere Ordnung sind und die wir als römische Bürger nicht annehmen dürfen.« 22 Auch die Volksmenge war aufgebracht und verlangte ihre Bestrafung.
Die Stadtobersten ließen Paulus und Silas die Kleider vom Leib reißen und gaben Befehl, sie mit Stöcken zu prügeln. 23 Nachdem man ihnen viele Schläge verabreicht hatte, brachte man sie ins Gefängnis. Dem Gefängniswärter wurde eingeschärft, sie sicher zu verwahren. 24 Er sperrte sie darauf in die hinterste Zelle und schloß ihre Füße in den Block .

Befreiung der Gefangenen und Bekehrung des Gefängniswärters

25 Um Mitternacht beteten Paulus und Silas und priesen Gott in Lobgesängen. Die anderen Gefangenen hörten zu. 26 Da gab es plötzlich ein gewaltiges Erdbeben. Die Mauern des Gefängnisses schwankten, alle Türen sprangen auf, und die Ketten fielen von den Gefangenen ab. 27 Der Gefängniswärter fuhr aus dem Schlaf. Als er die Türen offenstehen sah, zog er sein Schwert und wollte sich töten; denn er dachte, die Gefangenen seien geflohen.
28 Aber Paulus rief, so laut er konnte: »Tu dir nichts an! Wir sind alle noch hier.«
29 Der Wärter rief nach Licht, stürzte in die Zelle und warf sich zitternd vor Paulus und Silas nieder. 30 Dann führte er sie hinaus und fragte: »Ihr Herren, Götter oder Boten der Götter! Was muß ich tun, um gerettet zu werden?«
31 Sie antworteten: » Jesus ist der Herr ! Erkenne ihn als Herrn an und setze dein Vertrauen auf ihn, dann wirst du gerettet und die Deinen mit dir!« 32 Und sie verkündeten ihm und allen in seinem Haus die Botschaft Gottes. 33 Der Gefängniswärter nahm Paulus und Silas noch in derselben Nachtstunde mit sich und wusch ihre Wunden. Dann ließ er sich mit seiner ganzen Hausgemeinschaft , seiner Familie und seinen Dienstleuten, taufen . 34 Anschließend führte er die beiden hinauf ins Haus und lud sie zu Tisch. Er und alle die Seinen waren überglücklich, daß sie zum Glauben an Gott gefunden hatten.

Entschuldigung der Richter und Abschied von Philippi

35 Als es Tag geworden war, schickten die Stadtobersten die Amtsdiener zum Gefängniswärter mit der Weisung: »Laß die beiden Männer frei und sorge dafür, daß sie das Stadtgebiet verlassen!«
36 Der Gefängniswärter berichtete es Paulus und sagte: »Die Stadtobersten haben mir befohlen, euch freizulassen und wegzuschicken. Verlaßt also das Gefängnis und die Stadt; geht im Frieden Gottes!« 37 Aber Paulus wandte sich an die Amtsdiener und sagte: »Die Stadtobersten haben uns öffentlich prügeln lassen, ohne Prozeß und richterliches Urteil. Dabei besitzen wir das römische Bürgerrecht ! Auch noch ins Gefängnis haben sie uns gesteckt. Und jetzt wollen sie uns heimlich abschieben? Das kommt nicht in Frage! Sie sollen persönlich herkommen und uns freilassen.«
38 Die Amtsboten meldeten das den Stadtobersten. Als diese hörten, daß Paulus und Silas römische Bürger seien, erschraken sie. 39 Sie kamen selbst und entschuldigten sich. Dann führten sie die beiden aus dem Gefängnis und baten sie, die Stadt zu verlassen. 40 Vom Gefängnis aus gingen Paulus und Silas zu Lydia. Dort trafen sie die Brüder und Schwestern und machten ihnen Mut. Danach verließen sie die Stadt.

Der Konflikt in Thessalonich

17  1 Über Amphipolis und Appollonia kamen Paulus und Silas nach Thessalonich. Dort gab es eine jüdische Gemeinde, 2 und nach seiner Gewohnheit ging Paulus in ihre Synagoge . An drei aufeinanderfolgenden Sabbaten sprach er zu den Versammelten. Er ging von den Heiligen Schriften aus, 3 half ihnen, sie zu verstehen, und wies ihnen daraus nach, daß der versprochene Retter leiden und sterben und danach vom Tod auferstehen mußte. »Und dieser versprochene Retter«, sagte Paulus, »ist Jesus. Den verkündige ich euch.« 4 Von den Juden ließen sich nur wenige überzeugen; aber von den Griechen, die sich zur jüdischen Gemeinde hielten, schloß sich eine große Anzahl Paulus und Silas an, darunter auch viele einflußreiche Frauen.
5 Da wurden die Juden von Eifersucht gepackt. Sie holten sich ein paar Männer, die auf dem Markt herumlungerten und zu allem fähig waren, brachten mit ihrer Hilfe einen Volksauflauf zustande und versetzten die ganze Stadt in Aufregung. Mit der Volksmenge zogen sie vor das Haus Jasons und wollten Paulus und Silas herausholen, um sie vor die Volksversammlung zu stellen.
6 Als sie die beiden dort nicht fanden, schleppten sie Jason und einige andere Brüder vor die Stadtobersten und riefen: »Die Leute, die in der ganzen Welt Unruhe stiften, sind in unsere Stadt gekommen! 7 Jason hat sie in sein Haus aufgenommen. Allesamt verletzen sie die Gesetze des Kaisers und behaupten, ein anderer sei König, nämlich Jesus.«
8 Mit diesen Worten versetzten sie die Volksmenge und die Stadtobersten in große Aufregung. 9 Jason und die anderen Christen mußten eine Kaution stellen, bevor man sie wieder freiließ.

Kurzer Aufenthalt in Beröa

10 Noch in der Nacht brachten die Brüder Paulus und Silas auf den Weg nach Beröa. Auch dort gingen die beiden bei der ersten Gelegenheit in die Synagoge .
11 Die Juden in Beröa waren aufgeschlossener als die in Thessalonich. Sie nahmen die Botschaft mit großer Bereitwilligkeit auf und studierten täglich die Heiligen Schriften , um zu sehen, ob das, was Paulus sagte, auch zutraf. 12 Viele von ihnen kamen zum Glauben, auch viele einflußreiche Griechen, Frauen wie Männer.
13 Als die Juden von Thessalonich erfuhren, daß Paulus auch in Beröa die Botschaft Gottes verkündete, kamen sie und brachten mit ihren Hetzreden auch hier die Volksmenge gegen ihn auf. 14 Deshalb schickten die Brüder Paulus schnell weiter, hinunter zur Küste. Silas und Timotheus blieben in Beröa. 15 Die Brüder, die Paulus das Geleit gaben, brachten ihn bis nach Athen, dann kehrten sie zurück. Für Silas und Timotheus gab Paulus ihnen die Anweisung mit, sie sollten so bald wie möglich nachkommen.

Paulus in Athen

16 Während Paulus in Athen auf die beiden wartete, war er im Innersten empört, weil die Stadt voll von Götzenbildern war. 17 Er redete in der Synagoge zu den Juden und zu denen, die sich zur jüdischen Gemeinde hielten, und er sprach jeden Tag mit den Leuten, die er auf dem Marktplatz antraf.
18 Darunter waren auch Philosophen der epikureischen und stoischen Richtung, die mit ihm diskutierten. Einige von ihnen meinten: »Was will dieser Schwätzer eigentlich?« Andere sagten: »Er scheint irgendwelche fremden Götter zu verkünden.« Paulus hatte ihnen nämlich die Gute Nachricht von Jesus und der Auferstehung verkündet.
19 Sie nahmen ihn mit sich zum Areopag und wollten Näheres erfahren. »Uns interessiert deine Lehre«, sagten sie. 20 »Manches klingt sehr fremdartig, und wir würden gerne genauer wissen, was es damit auf sich hat.« 21 Denn die Athener und die Fremden in Athen kennen keinen besseren Zeitvertreib, als stets das Allerneueste in Erfahrung zu bringen und es weiterzuerzählen.

Paulus spricht auf dem Areopag

22 Paulus trat in die Mitte des Areopags und sagte:
»Ihr Männer von Athen! Ich sehe, daß es euch mit der Religion sehr ernst ist. 23 Ich bin durch eure Stadt gegangen und habe mir eure heiligen Stätten angesehen. Dabei habe ich auch einen Altar entdeckt mit der Inschrift: 'Für einen unbekannten Gott'. Was ihr da verehrt, ohne es zu kennen, das mache ich euch bekannt.
24 Es ist der Gott, der die Welt geschaffen hat und alles, was darin lebt. Als Herr über Himmel und Erde wohnt er nicht in Tempeln, die ihm die Menschen gebaut haben. 25 Er ist auch nicht darauf angewiesen, von den Menschen versorgt zu werden; denn er selbst gibt ihnen das Leben und alles, was sie zum Leben brauchen. 26 Er hat aus einem einzigen Menschen die ganze Menschheit hervorgehen lassen, damit sie die Erde bewohnt. Für jedes Volk hat er im voraus bestimmt, wie lange es bestehen und in welchen Grenzen es leben soll.
27 Und er hat gewollt, daß die Menschen ihn suchen, damit sie ihn vielleicht ertasten und finden könnten. Denn er ist ja jedem von uns ganz nahe. 28 Durch ihn leben wir doch, regen wir uns, sind wir! Oder wie es einige eurer Dichter ausgedrückt haben: 'Wir sind sogar von seiner Art.'
29 Wenn wir Menschen aber von Gottes Art sind, dann dürfen wir nicht meinen, die Gottheit gleiche den Bildern aus Gold, Silber und Stein, die von Menschen mit ihrer Erfindungskraft und Kunstfertigkeit geschaffen wurden! 30 Nun, Gott ist bereit, mit Nachsicht über das hinwegzusehen, was ihr bisher aus reiner Unwissenheit getan habt. Jetzt aber fordert er alle Menschen überall auf, umzudenken und einen neuen Anfang zu machen. 31 Denn er hat einen Tag festgesetzt, an dem er über die ganze Menschheit ein gerechtes Gericht halten will, und zwar durch den Mann, den er dazu bestimmt hat. Ihn hat er vor aller Welt dadurch ausgewiesen, daß er ihn vom Tod auferweckt hat.«

Geteiltes Echo auf die Rede

32 Als sie Paulus von der Auferstehung reden hörten, lachten ihn einige aus; andere sagten: »Darüber mußt du uns ein andermal mehr erzählen.«
33 Als Paulus darauf die Versammlung verließ, 34 schlossen sich ihm ein paar Männer an und kamen zum Glauben, darunter Dionysius, der dem Areopag angehörte, außerdem eine Frau namens Damaris.

Paulus in Korinth

18  1 Danach verließ Paulus Athen und ging nach Korinth. 2 Dort traf er einen Christen jüdischer Abkunft aus Pontus. Er hieß Aquila und war mit seiner Frau Priszilla vor kurzem aus Italien angekommen; denn Kaiser Klaudius hatte alle Juden aus Rom ausweisen lassen.
Paulus fand Aufnahme bei den beiden, 3 und weil er dasselbe Handwerk ausübte wie sie, blieb er bei ihnen und arbeitete dort. Sie waren nämlich Zeltmacher . 4 An jedem Sabbat sprach Paulus in der Synagoge und versuchte, Juden und Griechen zu überzeugen. 5 Als Silas und Timotheus aus Mazedonien nachkamen, konnte Paulus sich ganz seiner eigentlichen Aufgabe widmen. Er bezeugte den Juden, daß Jesus der versprochene Retter ist.
6 Als sie ihm aber widersprachen und Lästerungen gegen Jesus ausstießen, schüttelte er den Staub aus seinen Kleidern und sagte: »Ihr habt es euch selbst zuzuschreiben, wenn ihr verlorengeht. Mich trifft keine Schuld. Von jetzt ab werde ich mich an die Nichtjuden wenden.« 7 Er verließ die Synagoge und sprach von nun an im Haus von Titius Justus, einem Griechen, der sich zur jüdischen Gemeinde hielt; das Haus lag direkt neben der Synagoge.
8 Der Synagogenvorsteher Krispus kam zum Glauben an Jesus als den Herrn und mit ihm seine ganze Hausgemeinschaft . Viele in Korinth, die davon erfuhren, kamen ebenfalls zum Glauben und ließen sich taufen . 9 Der Herr sagte in einer nächtlichen Vision zu Paulus: »Hab keine Angst, sondern verkünde unbeirrt die Gute Nachricht ! 10 Ich bin bei dir! Niemand kann dir etwas anhaben; denn mir gehört ein großes Volk in dieser Stadt.«
11 So blieb Paulus eineinhalb Jahre in Korinth, verkündete die Botschaft Gottes und sagte den Menschen, wie sie dieser Botschaft gemäß leben sollten.

Paulus vor dem Statthalter Gallio

12 Damals war Gallio Statthalter der römischen Provinz Achaia . Die Juden rotteten sich zusammen und schleppten Paulus vor seinen Richterstuhl. 13 »Dieser Mann«, sagten sie, »überredet die Leute, Gott auf eine Weise zu verehren, die gegen das Gesetz verstößt.« 14 Paulus wollte gerade mit seiner Verteidigung beginnen, da erklärte Gallio: »Wenn es sich um ein Verbrechen oder einen heimtückischen Anschlag handeln würde, wäre es meine Pflicht, euch Juden anzuhören. 15 Aber weil es hier um Streitfragen über religiöse Lehren und Autoritäten und um euer eigenes Gesetz geht, müßt ihr die Angelegenheit schon unter euch abmachen. Ich mag in solchen Fragen nicht den Richter spielen.« 16 Und er trieb sie von seinem Richterstuhl weg.
17 Das Volk aus Korinth aber, das dabeistand, packte den Synagogenvorsteher Sosthenes und verprügelte ihn unter Gallios Augen; doch der kümmerte sich überhaupt nicht darum. Die dritte Missionsreise von Paulus (18,23-21,16)

Reise nach Jerusalem, Antiochia und wieder nach Kleinasien

18 Paulus blieb noch eine Zeitlang bei den Brüdern und Schwestern in Korinth, dann verabschiedete er sich, um nach Syrien zu fahren. Priszilla und Aquila fuhren mit. Bevor sie in Kenchreä an Bord gingen, ließ sich Paulus wegen eines Gelübdes das Haar abschneiden. 19 Sie kamen nach Ephesus; dort ließ Paulus Priszilla und Aquila zurück. Er selbst ging in die Synagoge und sprach zu den Juden. 20 Sie baten ihn, doch länger zu bleiben, aber er ging nicht darauf ein. 21 »Wenn Gott es will, werde ich zu euch zurückkommen«, sagte er und nahm Abschied.
22 Er fuhr mit dem Schiff bis Cäsarea und ging von dort zu Fuß nach Jerusalem hinauf. Nach einem kurzen Besuch bei der Gemeinde reiste er weiter nach Antiochia.
23 Auch hier blieb er nicht lange. Er zog durch Galatien und Phrygien und stärkte alle Jünger und Jüngerinnen in ihrem Glauben.

Apollos in Ephesus und Korinth

24 Inzwischen kam nach Ephesus ein Jude, der Apollos hieß und aus Alexandria stammte. Er war ein gebildeter, wortgewandter Mann und kannte sich bestens in den Heiligen Schriften aus. 25 Er war auch in der christlichen Lehre unterrichtet worden, sprach von Jesus mit großer innerer Begeisterung und unterrichtete zuverlässig über sein Leben und seine Lehre; er kannte jedoch nur die Taufe, wie sie Johannes geübt hatte.
26 Dieser Apollos nun trat in der Synagoge von Ephesus auf und sprach dort frei und offen von Jesus. Priszilla und Aquila hörten ihn, luden ihn zu sich ein und erklärten ihm die christliche Lehre noch genauer. 27 Als Apollos dann nach Achaia gehen wollte, bestärkten ihn die Christen in Ephesus in diesem Vorsatz und gaben ihm einen Empfehlungsbrief mit. Darin baten sie die Brüder und Schwestern in Korinth, sie möchten ihn freundlich aufnehmen.
Tatsächlich konnte er den Glaubenden dort mit seiner besonderen Gabe viel helfen. 28 In öffentlichen Streitgesprächen widerlegte er die Juden mit schlagenden Argumenten und bewies ihnen aus den Heiligen Schriften , daß Jesus der versprochene Retter ist.

Paulus in Ephesus. Begegnung mit Johannesjüngern

19  1 Während Apollos in Korinth war, kam Paulus auf dem Weg über das kleinasiatische Hochland nach Ephesus. Er traf dort einige Jünger 2 und fragte sie: »Habt ihr den Heiligen Geist empfangen, als ihr zum Glauben gekommen seid?«
Sie antworteten: »Nein. Wir haben noch nicht einmal gehört, daß es so etwas wie einen Heiligen Geist gibt.«
3 »Was für eine Taufe habt ihr denn empfangen?«
»Die Taufe, die auf Johannes zurückgeht«, sagten sie.
4 Daraufhin erklärte ihnen Paulus: »Johannes hat das Volk zur Umkehr aufgefordert; seine Taufe war das Siegel auf die Bereitschaft, ein neues Leben anzufangen. Doch sagte er allen, sie müßten, um gerettet zu werden, ihr Vertrauen auf den setzen, der nach ihm komme: auf Jesus.« 5 Als sie das hörten, ließen sie sich im Namen von Jesus, dem Herrn, taufen , zur Übereignung an ihn. 6 Dann legte Paulus ihnen die Hände auf, und der Heilige Geist kam auf sie herab. Sie redeten in unbekannten Sprachen und mit prophetischen Worten.
7 Es waren etwa zwölf Männer.

Paulus wirkt über zwei Jahre lang in Ephesus

8 In den nächsten drei Monaten ging Paulus regelmäßig in die Synagoge . Dort verkündete er frei und offen, daß Gott schon angefangen hat, durch Jesus seine Herrschaft aufzurichten. Er setzte sich mit Einwänden auseinander und suchte die Zuhörenden zu überzeugen.
9 Aber einige verschlossen sich der Botschaft und wollten nichts von ihr wissen. Als sie die neue Lehre vor der ganzen Versammlung verspotteten, kehrte Paulus ihnen den Rücken und löste die Jünger und Jüngerinnen aus der Synagogengemeinde.
Von nun an sprach er täglich im Lehrsaal eines Griechen namens Tyrannus. 10 Er tat dies zwei Jahre lang, so daß alle in der Provinz Asien , Juden und Griechen, die Botschaft Gottes hörten.

Überwindung von religiösen Scharlatanen, Befreiung aus magischen Bindungen

11 Gott ließ durch Paulus ganz ungewöhnliche Dinge geschehen. 12 Die Leute nahmen sogar seine noch schweißfeuchten Kopf- und Taschentücher und legten sie den Kranken auf. Dann verschwanden die Krankheiten, und die bösen Geister fuhren von den Besessenen aus. 13 Auch manche Juden, die als Dämonenbeschwörer durchs Land zogen, gebrauchten bei ihren Beschwörungen den Namen von Jesus, dem Herrn . Sie sagten zu den bösen Geistern: »Ich beschwöre euch bei dem Jesus, den Paulus verkündet!« 14 Das versuchten einmal auch die sieben Söhne eines gewissen Skevas, eines führenden jüdischen Priesters. 15 Aber der böse Geist in dem Kranken erwiderte: »Ich kenne Jesus und ich kenne auch Paulus. Aber wer seid ihr?« 16 Der Besessene fiel über sie her und schlug sie allesamt zu Boden. Blutend und halbnackt mußten sie aus dem Haus fliehen. 17 Die Geschichte wurde in ganz Ephesus bekannt. Juden wie Nichtjuden erschraken, und sie ehrten und priesen den Namen von Jesus, dem Herrn. 18 Viele von denen, die zum Glauben gekommen waren, kamen jetzt und gaben offen zu, daß auch sie früher Zauberkünste getrieben hatten. 19 Eine beträchtliche Anzahl von ihnen brachte ihre Zauberbücher und verbrannte sie öffentlich. Man schätzte, daß die verbrannten Bücher 50000 Silberstücke wert waren.
20 So erwies die Botschaft Gottes ihre Macht und breitete sich immer weiter aus.

PAULUS BEZEUGT DIE GUTE NACHRICHT IN JERUSALEM UND ROM (19,21-28,31)

Der Entschluß zur Reise

21 Nach all diesen Ereignissen entschloß sich Paulus, über Mazedonien und Griechenland nach Jerusalem zu reisen. »Danach«, sagte er, »muß ich auch Rom besuchen.«
22 Zwei seiner Helfer, Timotheus und Erastus, schickte er nach Mazedonien voraus. Er selbst blieb noch eine Weile in der Provinz Asien .

Gefährliche Unruhen in Ephesus

23 In dieser Zeit kam es wegen der neuen Lehre zu schweren Unruhen in Ephesus. 24 Es gab dort nämlich einen Silberschmied namens Demetrius, der silberne Nachbildungen vom Tempel der Göttin Artemis verkaufte; das brachte ihm und den Handwerkern, die er beschäftigte, einen schönen Gewinn.
25 Dieser Demetrius rief alle, die in diesem Gewerbe tätig waren, zusammen und sagte: »Männer, ihr wißt: Unser ganzer Wohlstand hängt davon ab, daß wir diese Nachbildungen herstellen. 26 Und ihr werdet erfahren haben, daß dieser Paulus den Leuten einredet: 'Götter, die man mit Händen macht, sind gar keine Götter.' Er hat mit seinen Reden nicht nur hier in Ephesus Erfolg, sondern fast überall in der Provinz Asien .
27 Es besteht aber nicht nur die Gefahr, daß er unseren Geschäftszweig in Verruf bringt, nein, auch die Achtung vor dem Tempel der großen Göttin Artemis wird schwinden! Es wird noch dahin kommen, daß die Göttin ihr Ansehen vollständig einbüßt - sie, die heute in der ganzen Provinz Asien und überall in der Welt verehrt wird!« 28 Als die Männer das hörten, wurden sie wütend und riefen: »Groß ist die Artemis von Ephesus!«
29 Die ganze Stadt geriet in Aufruhr, und die Leute stürmten ins Theater. Gaius und Aristarch, Reisegefährten von Paulus aus Mazedonien, wurden von der Menge gepackt und mit dorthin geschleppt. 30 Paulus selbst wollte sich der Menge stellen, aber die Jünger ließen ihn nicht aus dem Haus. 31 Auch einige hohe Beamte der Provinz, die ihm freundlich gesinnt waren, warnten ihn durch Boten davor, sich im Theater sehen zu lassen.
32 Unter den dort Zusammengeströmten herrschte die größte Verwirrung. Alle schrien durcheinander, und die meisten wußten nicht einmal, worum es ging. 33 Die Juden schickten Alexander nach vorn, und einige aus der Menge erklärten ihm den Anlaß. Alexander winkte mit der Hand und wollte vor dem Volk eine Verteidigungsrede für die Juden halten. 34 Aber als die Leute merkten, daß er Jude war, schrien sie ihn nieder und riefen zwei Stunden lang im Chor: »Groß ist die Artemis von Ephesus!« 35 Schließlich gelang es dem Verwaltungsdirektor der Stadt, die Menge zu beruhigen. »Männer von Ephesus«, rief er, »in der ganzen Welt weiß man doch, daß unsere Stadt den Tempel und das vom Himmel gefallene Standbild der großen Artemis hütet. 36 Das wird kein Mensch bestreiten! Beruhigt euch also und laßt euch zu nichts hinreißen! 37 Ihr habt diese Männer hergeschleppt, obwohl sie weder den Tempel beraubt noch unsere Göttin beleidigt haben. 38 Wenn Demetrius und seine Handwerker Anklage wegen Geschäftsschädigung gegen jemand erheben wollen, dann gibt es dafür Gerichte und Behörden. Dort können sie ihre Sache vorbringen. 39 Wenn ihr aber irgendwelche anderen Forderungen habt, muß das auf einer ordentlich einberufenen Volksversammlung geklärt werden. 40 Was heute geschehen ist, kann uns leicht als Rebellion ausgelegt werden. Es gibt keinen Grund für diesen Aufruhr; wir können ihn durch nichts rechtfertigen.« Mit diesen Worten löste er die Versammlung auf.

Reise durch Mazedonien und Griechenland und Rückkehr nach Troas

20  1 Als der Tumult sich gelegt hatte, rief Paulus die Gemeinde zusammen. Er machte den Jüngern und Jüngerinnen noch einmal Mut und verabschiedete sich von ihnen, um nach Mazedonien zu reisen. 2 Dort besuchte er überall die Gemeinden und stärkte sie durch seine Worte.
Schließlich kam er nach Griechenland 3 und blieb drei Monate dort. Dann wollte er mit einem Schiff nach Syrien fahren. Weil aber die Juden während der Schiffsreise einen Anschlag auf ihn machen wollten, entschloß er sich, wieder den Landweg über Mazedonien zu nehmen. 4 Auf dieser Reise begleiteten ihn sieben Vertreter der Gemeinden: Sopater, der Sohn von Pyrrhus, aus Beröa, Aristarch und Sekundus aus Thessalonich, Gaius aus Derbe sowie Timotheus, und schließlich aus der Provinz Asien Tychikus und Trophimus.
5 Diese beiden fuhren nach Troas voraus und erwarteten uns dort. 6 Wir anderen bestiegen nach dem Passafest in Philippi ein Schiff und stießen nach fünftägiger Fahrt in Troas zu ihnen. Wir blieben dort eine Woche.

Sonntagsfeier in Troas

7 Am Sonntagabend kamen wir zum Mahl des Herrn zusammen. Paulus sprach zu den Versammelten, und weil er zum letztenmal mit ihnen zusammen war - denn er wollte am nächsten Tag weiterreisen -, dehnte er seine Rede bis Mitternacht aus.
8 In unserem Versammlungsraum im obersten Stock brannten zahlreiche Lampen. 9 Auf der Fensterbank saß ein junger Mann mit Namen Eutychus. Als Paulus so lange sprach, schlief er ein und fiel drei Stockwerke tief aus dem Fenster. Als sie ihn aufhoben, war er tot.
10 Paulus aber ging hinunter, legte sich auf ihn, umfaßte ihn und sagte: »Macht euch keine Sorgen, er lebt!« 11 Dann ging er wieder hinauf. Er brach das Brot, teilte es aus und aß es mit ihnen. Danach sprach er noch lange mit ihnen und verabschiedete sich erst, als die Sonne aufging.
12 Den jungen Mann aber brachten sie gesund nach Hause, und alle waren von großer Freude erfüllt.

Von Troas nach Milet

13 Wir alle außer Paulus bestiegen ein Schiff und fuhren nach Assos. Dort sollten wir Paulus an Bord nehmen. Er hatte es so angeordnet, weil er die Strecke zu Fuß gehen wollte. 14 Als er in Assos zu uns stieß, fuhren wir gemeinsam nach Mitylene. 15 Von da aus ging es am nächsten Tag weiter bis in die Nähe von Chios. Am Tag darauf legten wir in Samos an, und noch einen Tag später erreichten wir Milet.

Abschiedsrede an die Ältesten der Gemeinde von Ephesus

16 Paulus hatte beschlossen, an Ephesus vorbeizufahren, um nicht zuviel Zeit zu verlieren. Er wollte so schnell wie möglich weiterkommen, um bis Pfingsten in Jerusalem zu sein.
17 Von Milet aus schickte er jedoch den Ältesten der Gemeinde in Ephesus eine Nachricht und ließ sie bitten, zu ihm zu kommen. 18 Als sie eingetroffen waren, sagte Paulus zu ihnen: »Ihr wißt, wie ich von dem Tag an, als ich die Provinz Asien betrat, bei euch gelebt habe. 19 Mit selbstloser Hingabe habe ich mich für den Herrn eingesetzt und ihm gedient, manchmal unter Tränen und unter schweren Prüfungen, die ich zu bestehen hatte, wenn die Juden mich verfolgten. 20 Ich habe euch nichts verschwiegen, was für euch wichtig ist, wenn ich in der Öffentlichkeit oder in euren Hausgemeinden sprach. 21 Juden wie Nichtjuden habe ich beschworen, zu Gott umzukehren und ihr Vertrauen auf Jesus, unseren Herrn, zu setzen. 22 Seht, ich gehe jetzt nach Jerusalem - gefesselt vom Heiligen Geist und als sein Gefangener. Ich weiß nicht, wie es mir dort ergehen wird; 23 aber das weiß ich: In jeder Stadt, in die ich komme, kündigt der Heilige Geist mir an, daß in Jerusalem Verfolgung und Fesselung auf mich warten. 24 Doch was liegt schon an meinem Leben! Wichtig ist nur, daß ich bis zum Schluß den Auftrag erfülle, den mir Jesus, der Herr, übertragen hat: die Gute Nachricht zu verkünden, daß Gott sich über die Menschen erbarmt hat. 25 Seht, ich weiß, daß ich jetzt zum letztenmal unter euch bin. Ihr und alle, denen ich die Botschaft von der anbrechenden Herrschaft Gottes gebracht habe, ihr werdet mich nicht wiedersehen. 26 Deshalb erkläre ich heute feierlich vor euch: Mich trifft keine Schuld, wenn einer von euch verloren geht. 27 Ich habe euch nichts vorenthalten, sondern euch die Heilsabsicht Gottes unverkürzt verkündet. 28 Gebt acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, die der Heilige Geist eurer Aufsicht und Leitung anvertraut hat! Seid treue Hirten der Gemeinde, die Gott durch das Blut seines eigenen Sohnes für sich erworben hat! 29 Denn ich weiß, wenn ich nicht mehr unter euch bin, werden gefährliche Wölfe bei euch eindringen und unter der Herde wüten. 30 Aus euren eigenen Reihen werden Männer auftreten und mit ihren verkehrten Lehren die Jünger und Jüngerinnen zu verführen suchen, so daß sie nicht mehr dem Herrn, sondern ihnen folgen. 31 Darum gebt acht und denkt daran, daß ich mich drei Jahre lang bei Tag und Nacht, oft unter Tränen, um jeden und jede in der Gemeinde bemüht habe. 32 Nun stelle ich euch unter den Schutz Gottes und unter die Botschaft seiner rettenden Gnade. Durch sie wird er eure Gemeinde im Glauben reifen lassen und ihr das ewige Erbe schenken, gemeinsam mit allen anderen, die er zu seinem heiligen Volk gemacht hat. 33-34 Noch etwas: Ihr wißt, daß ich nie Unterstützung angenommen habe. Weder Geld noch Kleider habe ich je von jemand erbeten. Mit diesen meinen Händen habe ich erarbeitet, was ich und meine Begleiter zum Leben brauchten. 35 Überhaupt habe ich euch mit meiner Lebensführung gezeigt, daß wir hart arbeiten müssen, um auch den Bedürftigen etwas abgeben zu können. Wir sollen uns immer an das erinnern, was Jesus, der Herr, darüber gesagt hat. Von ihm stammt das Wort: 'Auf dem Geben liegt mehr Segen als auf dem Nehmen.'« 36 Nachdem Paulus geendet hatte, kniete er zusammen mit allen nieder und betete. 37 Als es an den Abschied ging, brachen alle in lautes Weinen aus, umarmten und küßten ihn. 38 Am meisten bedrückten sie seine Worte: »Ihr werdet mich nicht wiedersehen.« Dann begleiteten sie ihn zum Schiff.

Von Milet nach Tyrus. Paulus wird gewarnt

21  1 Nachdem wir uns von ihnen losgerissen hatten, fuhren wir ab, kamen auf direktem Weg nach Kos, erreichten am nächsten Tag Rhodos und dann Patara. 2 Dort fanden wir ein Schiff, das nach Phönizien fuhr, und gingen an Bord. 3 Als Zypern in Sicht kam, steuerten wir südlich an der Insel vorbei mit Kurs auf Syrien. In Tyrus mußte das Schiff die Ladung löschen, und wir gingen an Land. 4 Wir suchten die Jünger am Ort auf und blieben eine Woche bei ihnen. Vom Heiligen Geist getrieben, warnten sie Paulus vor der Reise nach Jerusalem. 5 Als unser vorgesehener Aufenthalt zu Ende ging, begleiteten sie uns mit ihren Frauen und Kindern bis vor die Stadt. Am Strand knieten wir mit ihnen nieder und beteten. 6 Dann verabschiedeten wir uns und bestiegen das Schiff, während sie nach Hause zurückkehrten.

Von Tyrus nach Cäsarea. Warnung durch den Propheten Agabus

7 Von Tyrus fuhren wir nach Ptolemaïs; dort war unsere Schiffsreise zu Ende. Wir besuchten die Brüder und Schwestern am Ort und blieben einen Tag bei ihnen.
8 Am anderen Morgen gingen wir zu Fuß weiter und erreichten Cäsarea. Dort kehrten wir im Haus des Evangelisten Philippus ein. Er war einer aus dem Kreis der Sieben 9 und hatte vier Töchter, die ehelos geblieben waren und die Gabe hatten, prophetische Weisungen zu verkünden. 10 Nach einigen Tagen kam aus Judäa ein Prophet namens Agabus. 11 Er trat in unsere Mitte, nahm Paulus den Gürtel ab, fesselte sich damit die Hände und die Füße und sagte: »So spricht der Heilige Geist : 'Den Mann, dem dieser Gürtel gehört, werden die Juden in Jerusalem genauso fesseln und ihn den Fremden ausliefern, die Gott nicht kennen.'«
12 Als wir das hörten, flehten wir und ebenso die Brüder und Schwestern am Ort Paulus an, nicht nach Jerusalem zu gehen. 13 Er aber sagte: »Warum weint ihr und macht mir das Herz schwer? Ich bin bereit, mich in Jerusalem nicht nur fesseln zu lassen, sondern auch für Jesus, den Herrn , zu sterben.«
14 Da Paulus sich nicht umstimmen ließ, gaben wir nach und sagten: »Wie der Herr es will, so soll es geschehen!«

Empfang in Jerusalem. Rücksicht auf das Mißtrauen der gesetzestreuen Christen

15 Nach diesen Tagen in Cäsarea machten wir uns wieder reisefertig und zogen hinauf nach Jerusalem. 16 Einige Jünger aus Cäsarea begleiteten uns. Sie brachten uns zu einem Mann namens Mnason aus Zypern, bei dem wir unterwegs ein Nachtquartier fanden; er war ein Jünger aus der Anfangszeit. 17 Bei der Ankunft in Jerusalem wurden wir von den Brüdern und Schwestern herzlich aufgenommen. 18 Am nächsten Tag ging Paulus mit uns zu Jakobus. Auch alle Ältesten der Gemeinde waren versammelt. 19 Paulus begrüßte sie und gab einen ausführlichen Bericht über das, was Gott durch seinen Dienst als Verkünder der Guten Nachricht bei den Nichtjuden vollbracht hatte.
20 Als sie das hörten, priesen sie Gott. Doch dann sagten sie zu Paulus: »Du siehst, lieber Bruder, wie es hier steht. Wir haben Tausende von Juden, die Jesus als den Herrn angenommen haben, und sie alle halten sich weiterhin streng an das Gesetz Moses. 21 Man hat ihnen erzählt, du würdest allen Juden, die unter den fremden Völkern leben, den Abfall von Mose predigen. Du würdest sie auffordern, ihre Kinder nicht mehr zu beschneiden und nicht länger nach den Vorschriften des Gesetzes zu leben. 22 Was sollen wir machen? Sie werden sicher erfahren, daß du hier bist. 23 Deshalb solltest du unserem Rat folgen. Wir haben hier vier Männer, die das Gelübde auf sich genommen haben, eine Zeitlang keinen Wein zu trinken und sich das Haar nicht schneiden zu lassen. 24 Die Zeit ihres Gelübdes läuft in diesen Tagen aus. Kümmere dich um diese Männer, bereite dich mit ihnen zusammen auf die abschließende gottesdienstliche Feier im Tempel vor, und übernimm die anfallenden Kosten. Dann werden alle erkennen, daß die Berichte über dich falsch sind und daß auch du sehr wohl nach dem Gesetz Moses lebst. 25 Was die Nichtjuden angeht, die Christen geworden sind, so haben wir ja schon eine Entscheidung getroffen. Wir haben ihnen geschrieben, sie sollen weder Fleisch vom Götzenopfer essen noch Blut genießen, kein Fleisch von Tieren essen, deren Blut nicht vollständig ausgeflossen ist, und sich vor Blutschande hüten.« 26 Paulus folgte dem Rat, den Jakobus und die Ältesten ihm gegeben hatten. Er kümmerte sich um die vier Männer, begann gleich am nächsten Tag mit den Vorbereitungen und ging zu den Priestern und meldete ihnen, daß die Zeit ihres Gelübdes abgelaufen sei. Nach der üblichen Frist von sieben Tagen sollte dann für jeden von ihnen das vorgeschriebene Opfer dargebracht werden.

Paulus wird im Tempel verhaftet

27 Die sieben Tage waren fast vorüber, da sahen Juden aus der Provinz Asien Paulus im Tempel . Sie hetzten das Volk auf, packten Paulus 28 und schrien: »Männer von Israel, zu Hilfe! Das ist der Verräter, der überall unter allen Menschen Lehren verbreitet, die gegen unser Volk und gegen das Gesetz und gegen diesen Tempel gerichtet sind! Jetzt hat er sogar Griechen in den Tempel mitgebracht und diesen heiligen Ort entweiht!«
29 Sie hatten nämlich Paulus vorher in der Stadt mit Trophimus aus Ephesus zusammen gesehen und dachten, er hätte ihn auch in den Tempel mitgenommen.
30 In Windeseile sprach es sich in der Stadt herum, und das Volk lief zusammen. Sie packten Paulus, zerrten ihn aus dem Heiligtum, aus dem inneren Vorhof, hinaus, und sofort wurden die Tore hinter ihm geschlossen. 31 Die Menge stürzte sich auf Paulus und wollte ihn schon umbringen, da wurde dem Kommandanten der römischen Garnison gemeldet: »Ganz Jerusalem ist in Aufruhr!« 32 Sofort nahm er seine Soldaten samt ihren Hauptleuten und eilte zu der Volksmenge. Als die Leute den Kommandanten und die Soldaten kommen sahen, ließen sie davon ab, auf Paulus einzuschlagen.
33 Der Kommandant ging auf Paulus zu, nahm ihn fest und ließ in mit zwei Ketten fesseln. Dann wollte er von den Umstehenden wissen, wer der Mann sei und was er getan habe. 34 Aber in der Menge schrien die einen dies, die andern jenes. Weil der Kommandant bei dem Tumult nichts Sicheres herausbekommen konnte, befahl er, Paulus in die Kaserne zu bringen.
35 Am Aufgang zur Kaserne kam die Menge Paulus gefährlich nahe, so daß die Soldaten ihn tragen mußten. 36 Denn das ganze Volk lief hinterher und schrie: »Weg mit ihm!«

Paulus darf zum Volk sprechen

37 Bevor Paulus in die Kaserne geführt wurde, sagte er zu dem Kommandanten: »Darf ich ein Wort mit dir reden?«
»Du sprichst griechisch?« erwiderte der Kommandant. 38 »Dann bist du also nicht der Ägypter, der vor einiger Zeit den Aufstand angezettelt und die viertausend bewaffneten Terroristen in die Wüste hinausgeführt hat?« 39 Paulus antwortete: »Ich bin ein Jude aus Zilizien, ein Bürger der bekannten Stadt Tarsus. Ich habe eine Bitte an dich: Erlaube mir, zum Volk zu sprechen.«
40 Der Kommandant war einverstanden. Paulus stand auf der Freitreppe und bat die Menge mit einer Handbewegung um Ruhe. Es wurde sehr still, und er begann auf hebräisch zu reden.

Paulus schildert seine Vergangenheit als Christenverfolger

22  1 »Liebe Brüder und Väter, hört, was ich euch zu meiner Verteidigung zu sagen habe!«
2 Als sie hörten, daß er auf hebräisch zu ihnen sprach, wurden sie noch stiller, und Paulus konnte weiterreden: 3 »Ich bin ein Jude aus Tarsus in Zilizien, aber aufgewachsen bin ich hier in Jerusalem. Mein Lehrer war Gamaliël . Bei ihm erhielt ich eine sorgfältige Ausbildung im Gesetz unserer Vorfahren, und ich trat ebenso leidenschaftlich für den Gott Israels ein, wie ihr alle es heute tut.
4 Ich bekämpfte die Lehre der Christen bis aufs Blut. Männer und Frauen nahm ich fest und ließ sie ins Gefängnis werfen. 5 Der Oberste Priester und der ganze jüdische Rat können das bestätigen.
Ich ließ mir von ihnen sogar Briefe an die jüdischen Brüder in den Synagogen von Damaskus geben. Darin wurde mir die Vollmacht erteilt, auch dort die Menschen, die zu Jesus hielten, festzunehmen und sie in Ketten nach Jerusalem zu bringen, damit sie dort bestraft würden.«

Paulus schildert seine Berufung durch Christus und seine Sendung zu den nichtjüdischen Völkern

6 »Doch dann geschah es: Auf dem Weg nach Damaskus, kurz vor der Stadt, umstrahlte mich plötzlich gegen Mittag ein blendend helles Licht vom Himmel. 7 Ich stürzte zu Boden und hörte eine Stimme zu mir sagen: 'Saul, Saul, warum verfolgst du mich?'
8 'Wer bist du, Herr?' fragte ich, und die Stimme sagte: 'Ich bin Jesus von Nazaret, den du verfolgst!' 9 Meine Begleiter sahen wohl das Licht, hörten aber nicht die Stimme, die mit mir redete.
10 Ich fragte: 'Herr, was soll ich tun?'
Der Herr sagte: 'Steh auf und geh nach Damaskus! Dort wirst du alles erfahren, was Gott dir zu tun bestimmt hat.' 11 Von dem hellen Lichtstrahl war ich blind geworden und mußte mich von meinen Begleitern nach Damaskus führen lassen.
12 Dort lebte ein frommer Mann, Hananias, der sich streng an das Gesetz hielt und bei allen Juden in der Stadt in gutem Ruf stand. 13 Er suchte mich auf, trat zu mir und sagte: 'Bruder Saul, du sollst wieder sehen!' Im gleichen Augenblick wurden meine Augen geöffnet, und ich sah ihn vor mir stehen.
14 Er sagte: 'Der Gott unserer Vorfahren hat dich dazu erwählt, seinen Heilsplan kennenzulernen und den einzig Gerechten zu sehen und aus seinem Mund das Wort zu hören, das dich auf den Weg weist. 15 Denn du sollst vor allen Menschen für ihn eintreten und allen bezeugen, was du gesehen und gehört hast. 16 Was zögerst du noch? Steh auf und laß dich taufen ! Bekenne dich zum Namen von Jesus, und laß dir deine Sünden abwaschen!' 17 Als ich dann wieder nach Jerusalem zurückgekehrt war und hier im Tempel betete, hatte ich eine Vision. 18 Ich sah den Herrn, der sagte zu mir: 'Verlaß Jerusalem auf dem schnellsten Weg, denn die Leute hier werden dir nicht glauben, wenn du für mich eintrittst.'
19 'Herr', sagte ich, 'aber gerade sie müßten mir doch glauben; denn sie wissen ja, wie ich früher in den Synagogen deine Anhänger festnehmen und auspeitschen ließ. 20 Auch als dein Zeuge Stephanus gesteinigt wurde, war ich dabei; ich war mit allem einverstanden und bewachte die Kleider seiner Mörder.'
21 Doch der Herr sagte: 'Geh, ich will dich weit hinaus zu fremden Völkern senden!'«

Paulus löst einen Tumult aus und stellt sich unter den Schutz des römischen Bürgerrechts

22 Bis dahin hatte die Menge Paulus ruhig zugehört. Aber jetzt, bei diesem letzten Satz, fingen sie alle an zu schreien: »Weg mit ihm! So einer muß von der Erde verschwinden! Es gehört sich nicht, daß er lebt!« 23 Sie tobten, rissen sich die Kleider vom Leib und warfen Staub in die Luft. 24 Der Kommandant befahl, Paulus in die Kaserne zu bringen. Er wollte ihn unter Peitschenhieben verhören lassen, um herauszubringen, warum die Juden so wütend auf ihn waren. 25 Als die Soldaten ihn schon festbinden wollten, sagte Paulus zu dem Hauptmann , der die Ausführung überwachte: »Dürft ihr denn einen römischen Bürger auspeitschen , noch dazu ohne ein ordentliches Gerichtsverfahren?«
26 Der Hauptmann lief zum Kommandanten und sagte: »Weißt du, was du da tust? Der Mann hat das römische Bürgerrecht !« 27 Der Kommandant ging selbst zu Paulus und fragte ihn: »Bist du wirklich römischer Bürger?«
Paulus bestätigte es, 28 und der Kommandant sagte zu ihm: »Ich mußte für mein Bürgerrecht viel Geld bezahlen.«
Paulus erwiderte: »Ich besitze es von Geburt an!«
29 Die Männer, die ihn verhören sollten, ließen sofort von ihm ab, und der Kommandant bekam es mit der Angst zu tun, weil er einen römischen Bürger hatte fesseln lassen.

Paulus vor dem jüdischen Rat

30 Am folgenden Tag machte der Kommandant einen weiteren Versuch herauszubringen, was die Juden so gegen Paulus aufgebracht hatte. Er ließ ihm die Ketten abnehmen, gab Befehl, die führenden Priester und den ganzen jüdischen Rat zusammenzurufen und stellte Paulus vor die Versammlung. 23  1 Paulusrichtete den Blick fest auf die Versammelten und erklärte: »Brüder, ich habe immer so gehandelt, daß ich mir vor Gott nicht das mindeste vorzuwerfen habe, und das bis zum heutigen Tag!« 2 Der Oberste Priester Hananias befahl den dabeistehenden Dienern, Paulus auf den Mund zu schlagen. 3 Da sagte Paulus zu ihm: »Dich wird Gott schlagen, du übertünchte Wand! Du willst nach dem Gesetz über mich richten und läßt mich gegen alles Gesetz schlagen?«
4 Die Diener sagten: »Wie, du wagst den Obersten Priester Gottes zu beleidigen?«
5 Paulus entschuldigte sich und sagte: »Ich habe nicht gewußt, Brüder, daß er der Oberste Priester ist. Ich weiß wohl, daß in den Heiligen Schriften steht: 'Ihr sollt ein Oberhaupt eures Volkes nicht verfluchen.'« 6 Da Paulus wußte, daß die Anwesenden teils Sadduzäer , teils Pharisäer waren, rief er in die Versammlung hinein: »Brüder, ich bin ein Pharisäer und komme aus einer Pharisäerfamilie. Ich stehe hier vor Gericht, nur weil ich daran glaube, daß die Toten auferstehen!«
7 Damit spaltete er den Rat in zwei Lager, denn Sadduzäer und Pharisäer fingen sofort an, miteinander zu streiten. 8 Die Sadduzäer leugnen nämlich die Auferstehung der Toten, und sie bestreiten auch, daß es Engel und andere unsichtbare Wesen gibt. Die Pharisäer dagegen bekennen sich zum Glauben an beides. 9 So kam es zu einer lautstarken Auseinandersetzung.
Schließlich traten einige Gesetzeslehrer aus der Gruppe der Pharisäer vor und erklärten: »Wir können dem Mann nichts vorwerfen. Vielleicht hat ja tatsächlich ein Geist zu ihm gesprochen oder ein Engel!«
10 Der Tumult wurde am Ende so heftig, daß der Kommandant fürchtete, sie könnten Paulus in Stücke reißen. So ließ er aus der Kaserne eine Abteilung Soldaten kommen, die ihn herausholten und wieder dorthin zurückbrachten. 11 In der folgenden Nacht aber trat der Herr zu Paulus und sagte zu ihm: »Nur Mut! Wie du hier in Jerusalem für mich eingetreten bist, so mußt du es auch in Rom tun.«

Eine Verschwörung gegen Paulus

12 Am nächsten Morgen taten sich eine Anzahl Juden zu einen Anschlag gegen Paulus zusammen. Sie schworen, nichts zu essen und zu trinken, bis sie ihn umgebracht hätten. 13 Mehr als vierzig Männer beteiligten sich an dieser Verschwörung.
14 Sie gingen zu den führenden Priestern und den Ratsältesten und weihten sie ein: »Wir haben feierlich geschworen, nichts zu essen und zu trinken, bis wir Paulus getötet haben. 15 Geht also jetzt im Namen des ganzen jüdischen Rates zum Kommandanten und fordert ihn auf, euch Paulus noch einmal vorzuführen; ihr wolltet seinen Fall noch genauer untersuchen. Wir halten uns dann bereit und bringen ihn um, noch bevor er hier eintrifft.« 16 Aber ein Neffe von Paulus, der Sohn seiner Schwester, hörte von dem geplanten Anschlag. Er ging in die Kaserne und erzählte Paulus davon. 17 Der rief einen von den Hauptleuten und sagte zu ihm: »Bring diesen jungen Mann zum Kommandanten! Er hat eine wichtige Nachricht für ihn.«
18 Der Hauptmann brachte ihn zum Kommandanten und sagte: »Der Gefangene Paulus hat mich rufen lassen und mich gebeten, diesen jungen Mann zu dir zu führen. Er soll eine wichtige Nachricht für dich haben.« 19 Der Kommandant nahm den jungen Mann beiseite und fragte ihn: »Was hast du mir zu berichten?«
20 Da erzählte er: »Die Juden wollen dich bitten, Paulus morgen noch einmal vor ihren Rat zu bringen, damit sie ihn noch genauer verhören können. 21 Aber du darfst ihnen nicht glauben, denn mehr als vierzig Männer planen einen Anschlag. Sie alle haben geschworen, erst wieder zu essen und zu trinken, wenn sie Paulus getötet haben. Sie halten sich bereit und warten nur darauf, daß du ihn herausführen läßt.«
22 Der Kommandant sagte: »Verrate keinem, daß du mir davon erzählt hast!« Dann ließ er den jungen Mann gehen.

Paulus wird zum Statthalter nach Cäsarea gebracht

23 Der Kommandant rief zwei Hauptleute und befahl ihnen: »Sorgt dafür, daß zweihundert Soldaten sich für heute abend um neun Uhr zum Abmarsch nach Cäsarea bereit machen, dazu siebzig Reiter und noch zweihundert Leichtbewaffnete. 24 Besorgt ein paar Reittiere für Paulus und bringt ihn sicher zum Statthalter Felix!«
25 Dann schrieb er folgenden Brief: 26 »Klaudius Lysias grüßt den hochverehrten Statthalter Felix. 27 Den Mann, den ich dir sende, hatten die Juden ergriffen und wollten ihn töten. Als ich erfuhr, daß er römischer Bürger ist, ließ ich ihn durch meine Soldaten in Sicherheit bringen. 28 Weil ich herausbekommen wollte, weshalb sie ihn verfolgen, brachte ich ihn vor ihren Rat . 29 Aber es stellte sich heraus, daß er nichts getan hat, worauf Todesstrafe oder Gefängnis steht. Ihre Vorwürfe beziehen sich nur auf strittige Fragen des jüdischen Gesetzes . 30 Nun wurde mir gemeldet, daß ein Anschlag gegen ihn geplant ist, deshalb schicke ich ihn umgehend zu dir. Ich habe auch die Kläger angewiesen, ihre Sache gegen ihn bei dir vorzutragen.« 31 Die Soldaten übernahmen Paulus und brachten ihn befehlsgemäß noch in der Nacht bis nach Antipatris. 32 Am nächsten Tag kehrten die Fußtruppen nach Jerusalem in die Kaserne zurück, während die Reiter Paulus weitergeleiteten. 33 Sie brachten ihn nach Cäsarea und übergaben den Brief und den Gefangenen dem Statthalter Felix.
34 Der Statthalter las den Brief und fragte Paulus, aus welcher Provinz er stamme. »Aus Zilizien«, sagte Paulus.
35 Felix erklärte: »Ich werde dich verhören, sobald deine Ankläger auch hier sind.« Dann befahl er, Paulus an seinem Amtssitz, in dem von Herodes erbauten Palast, gefangenzuhalten.

Die führenden Juden klagen Paulus an

24  1 Nach fünf Tagen kam der Oberste Priester Hananias mit einigen Ratsältesten und dem Anwalt Tertullus nach Cäsarea. Sie erhoben beim Statthalter Felix Anklage gegen Paulus. 2-3 Als man Paulus gerufen hatte, begann Tertullus seine Anklagerede: »Hochverehrter Felix! Dein Verdienst ist es, daß wir schon so lange in Frieden leben. Deiner Umsicht verdanken wir auch eine ganze Reihe von wichtigen Reformen in unserem Land. Das erkennen wir in tiefer Dankbarkeit an, wo und wann immer sich die Gelegenheit bietet. 4 Ich will aber jetzt deine kostbare Zeit nicht unnötig in Anspruch nehmen und bitte dich, uns für einen Augenblick freundlich anzuhören.
5 Wir haben festgestellt, daß dieser Paulus so gefährlich ist wie die Pest. Als Haupträdelsführer der Nazarener-Sekte stiftet er die Juden in der ganzen Welt zum Aufruhr an. 24,6a Er hat auch versucht, den Tempel zu entweihen. Dabei haben wir ihn festgenommen. 6b Wir wollten ihn nach unserem eigenen Gesetz aburteilen, 7 aber der Kommandant Lysias hat ihn uns mit Gewalt entrissen 8a und hat befohlen, wer eine Anklage gegen den Mann vorzubringen habe, solle damit zu dir gehen. Wenn du ihn verhörst, wird er dir gegenüber alles zugeben müssen, was wir ihm vorwerfen.« 9 Die anderen Juden schlossen sich der Anklage an und bestätigten alles.

Paulus verteidigt sich vor dem Statthalter

10 Mit einem Zeichen forderte der Statthalter Paulus zum Reden auf, und der begann:
»Weil ich weiß, daß du seit vielen Jahren in diesem Land der oberste Richter bist, gehe ich voll Zuversicht daran, mich zu verteidigen. 11 Wie du leicht nachprüfen kannst, bin ich erst vor zwölf Tagen nach Jerusalem gekommen, um dort im Tempel anzubeten. 12 Niemand hat gesehen, daß ich diskutiert oder die Leute aufgehetzt hätte, weder im Tempel noch in den Synagogen , noch sonstwo in der Stadt. 13 Für das, was mir hier vorgeworfen wird, gibt es keinerlei Beweise. 14 Das allerdings bekenne ich offen vor dir: Ich diene dem Gott unserer Vorfahren in der Weise, wie es jener neuen Richtung entspricht, die sie als Sekte bezeichnen. Doch genau auf diese Weise diene ich ihm wirklich! Ich erkenne alles an, was im Gesetz Moses und in den Prophetenbüchern steht. 15 Ich habe die gleiche feste Hoffnung auf Gott wie sie, nämlich daß er die Toten auferwecken wird, die Guten wie die Bösen. 16 Und aus diesem Grund bemühe auch ich mich, immer ein reines Gewissen zu haben vor Gott und den Menschen. 17 Nach vielen Jahren im Ausland war ich nun nach Jerusalem zurückgekommen. Ich wollte Geldspenden für mein Volk übergeben und Gott Opfer darbringen. 18-19 Da sahen mich einige Juden aus der Provinz Asien im Tempel, als ich mich gerade auf ein Opfer vorbereitete; ich hatte keine Anhänger um mich gesammelt, es gab auch keinen Aufruhr. Diese Leute sollten jetzt eigentlich hier sein und ihre Klage vorbringen, wenn sie mir etwas vorzuwerfen haben!
20 Du kannst aber auch diese Männer hier fragen, was für ein Vergehen sie mir im Verhör vor dem Rat der Juden denn nachweisen konnten. 21 Es könnte höchstens der eine Satz sein, den ich dem versammelten Rat zurief: 'Ich stehe heute vor eurem Gericht, weil ich glaube, daß die Toten auferstehen.'« 22 Felix, der über die christliche Lehre ziemlich genau Bescheid wußte, ließ die Verhandlung abbrechen und sagte: »Der Fall wird entschieden, sobald der Kommandant Lysias aus Jerusalem eintrifft.«
23 Er ließ Paulus wieder abführen, befahl aber dem Hauptmann , dem Gefangenen einige Erleichterungen zu gewähren. Seine Freunde sollten die Erlaubnis haben, ihn zu versorgen. Paulus wird vor einem geplanten Mordanschlag nach Caesarea in Sicherheit gebracht. Dort wird er dem Statthalter Felix vorgeführt. Der Oberste Priester Hananias klagt Paulus des Aufruhrs und der versuchten Entweihung des Tempels an. Nach einer Verteidigungsrede von Paulus vertagt Felix die Verhandlung, gewährt Paulus aber einige Hafterleichterungen.

Felix und Drusilla bei Paulus. Verschleppung des Prozesses

24 Einige Tage später erschien Felix zusammen mit seiner Frau Drusilla, einer Jüdin, in seinem Amtssitz und ließ Paulus aus dem Gefängnis zu sich bringen; denn er wollte noch mehr über den Glauben an Jesus Christus erfahren. 25 Als aber Paulus zuletzt von einem Leben nach Gottes Geboten, von der Zügelung der Leidenschaften und vom kommenden Gericht Gottes sprach, wurde es Felix unbehaglich, und er sagte: »Für diesmal ist es genug, du kannst jetzt gehen! Wenn ich wieder Zeit habe, lasse ich dich holen.«
26 Er hoffte auch im stillen, von Paulus Bestechungsgelder zu bekommen. Darum ließ er ihn von Zeit zu Zeit rufen und unterhielt sich mit ihm.
27 Als Felix zwei Jahre später durch Porzius Festus abgelöst wurde, wollte er den Juden noch einen Gefallen tun und ließ Paulus im Gefängnis.

Wiederaufnahme des Verfahrens unter Festus. Paulus appelliert an den Kaiser in Rom

25  1 Drei Tage nach seinem Amtsantritt zog Festus von Cäsarea nach Jerusalem hinauf. 2 Die führenden Priester und die angesehensten Männer des jüdischen Volkes erneuerten bei ihm ihre Anklage gegen Paulus, und sie erbaten sich von ihm 3 als besonderes Zeichen seiner Gunst, daß er den Gefangenen wieder nach Jerusalem verlegen lasse. Sie planten nämlich einen Anschlag und wollten ihn unterwegs töten.
4 Doch Festus erklärte, Paulus werde in Cäsarea bleiben. Er selbst kehre bald wieder dorthin zurück. 5 »Eure Bevollmächtigten«, sagte er, »können ja mitkommen und ihre Anklage vorbringen, wenn der Mann wirklich das Recht verletzt hat.« 6 Festus blieb noch eine gute Woche in Jerusalem und reiste dann nach Cäsarea zurück. Gleich am nächsten Tag eröffnete er die Gerichtsverhandlung und ließ Paulus vorführen. 7 Als er erschien, umstellten ihn die Juden aus Jerusalem und brachten viele schwere Anklagen gegen ihn vor, konnten sie aber nicht belegen.
8 Paulus verteidigte sich: »Ich habe mich weder gegen das Gesetz der Juden noch gegen den Tempel , noch gegen den Kaiser vergangen.« 9 Festus wollte den Juden nun doch den Gefallen tun und fragte Paulus: »Willst du nicht nach Jerusalem gehen, damit dort in meinem Beisein über diese Punkte verhandelt und entschieden werden kann?«
10 Aber Paulus erwiderte: »Ich stehe hier vor dem kaiserlichen Gericht, und vor ihm muß mein Fall entschieden werden. Ich habe mich gegen die Juden in keiner Weise vergangen, wie du selbst genau weißt. 11 Wäre ich im Unrecht und hätte etwas getan, worauf die Todesstrafe steht, so wäre ich sofort bereit zu sterben. Da aber feststeht, daß ihre Anklagen falsch sind, kann mich niemand bloß aus Gefälligkeit an sie ausliefern. Ich verlange, daß mein Fall vor den Kaiser kommt!« 12 Festus besprach sich mit seinen Beratern und entschied dann: »Du hast an den Kaiser appelliert, darum sollst du vor den Kaiser gebracht werden.«

Festus informiert König Agrippa über den Fall Paulus

13 Einige Zeit später kamen König Agrippa und seine Schwester Berenike nach Cäsarea, um Festus zu besuchen. 14 Nach einigen Tagen brachte Festus den Fall Paulus zur Sprache:
»Mein Vorgänger Felix hat mir hier einen Gefangenen hinterlassen. 15 Als ich nach Jerusalem kam, erhoben die führenden Priester und die jüdischen Ratsältesten Anklage gegen ihn und drängten mich, ihn zu verurteilen. 16 Aber ich machte ihnen klar, daß es bei uns Römern nicht üblich ist, einen Angeklagten - nur um jemand einen Gefallen zu tun - abzuurteilen, bevor er sich nicht persönlich gegenüber seinen Anklägern verteidigen konnte.
17 Als sie dann hierher kamen, habe ich sofort eine Verhandlung angesetzt und den Mann vorführen lassen. 18 Aber die Anklagen, die seine Gegner vorbrachten, gingen gar nicht auf irgendeinen Rechtsbruch, wie ich bis dahin vermuten mußte. 19 Alles drehte sich vielmehr um religiöse Streitfragen und um einen Toten namens Jesus, von dem Paulus behauptet, er lebe.
20 Da ich mich auf solche Fragen nicht genügend verstehe, fragte ich ihn, ob er nicht lieber nach Jerusalem gehen wolle, damit dort über diese Punkte verhandelt und entschieden wird. 21 Aber Paulus legte dagegen Beschwerde ein: Er wolle vor den Kaiser gebracht werden und bis dahin in Haft bleiben. Also gab ich Befehl, ihn weiter in Haft zu halten, bis ich ihn zum Kaiser schicken kann.« 22 Agrippa sagte zu Festus: »Ich würde den Mann gern einmal kennenlernen.«
»Morgen sollst du dazu Gelegenheit haben«, sagte Festus.

Paulus wird König Agrippa vorgeführt

23 Agrippa und Berenike erschienen also am nächsten Tag in ihrer ganzen fürstlichen Pracht und betraten, begleitet von hohen römischen Offizieren und den maßgebenden Persönlichkeiten der Stadt, den Audienzsaal. Festus gab den Befehl, und Paulus wurde hereingeführt. 24 Darauf sagte Festus:
»König Agrippa! Meine verehrten Gäste! Hier seht ihr den Mann, dessentwegen mich alle Juden sowohl in Jerusalem als auch hier in dieser Stadt bestürmt haben. Sie schrien, er dürfe nicht länger am Leben bleiben. 25 Ich mußte jedoch feststellen, daß er nichts getan hat, worauf die Todesstrafe steht. Da er selbst an den Kaiser appelliert hat, habe ich beschlossen, ihn nach Rom zu schicken.
26 Ich habe allerdings kaum etwas Stichhaltiges, was ich meinem Herrn, dem Kaiser, schreiben könnte. Deshalb stelle ich euch den Mann vor, besonders dir, König Agrippa, damit ich durch ein neues Verhör einige Anhaltspunkte für meinen Brief bekomme. 27 Denn es erscheint mir unsinnig, einen Gefangenen nach Rom zu schicken, ohne eine Aufstellung der Anklagepunkte mitzugeben.«

Die Rede von Paulus vor König Agrippa

26  1 Agrippa sagte zu Paulus: »Du hast die Gelegenheit, in eigener Sache zu sprechen.«
Paulus machte eine Handbewegung und begann seine Verteidigungsrede: 2 »König Agrippa! Ich freue mich, daß ich mich heute vor dir gegen die Angriffe der Juden verteidigen kann, 3 vor allem, weil du dich in ihren Gebräuchen und religiösen Streitfragen auskennst. Bitte, hör mich geduldig an!
4 Mein Leben, wie ich es seit meiner Jugend unter meinem Volk und in Jerusalem geführt habe, ist allen Juden von Anfang an bekannt. 5 Sie kennen mich von früher her und können, wenn sie wollen, bezeugen, daß ich nach der strengsten Richtung unserer Religion gelebt habe. Ich war nämlich Pharisäer . 6 Und wenn ich jetzt vor Gericht stehe, dann nur deshalb, weil ich fest auf die Zusage vertraue, die Gott unseren Vorfahren gegeben hat.
7 Unser Zwölfstämmevolk Israel dient Gott unablässig bei Tag und Nacht in der Hoffnung, endlich die Erfüllung dieser Zusage zu erleben. Und ich, König Agrippa, werde um derselben Hoffnung willen ausgerechnet von Juden angeklagt! 8 Warum wollt ihr Juden es denn nicht glauben, daß Gott tatsächlich einen Toten auferweckt hat? 9 Anfangs allerdings hatte auch ich gemeint, ich müßte dem Bekenntnis zu Jesus von Nazaret mit allen Mitteln entgegentreten. 10 Das habe ich in Jerusalem auch getan. Ausgestattet mit einer Vollmacht der führenden Priester brachte ich viele Christen ins Gefängnis und gab meine Stimme gegen sie ab, wenn sie zum Tod verurteilt wurden. 11 In allen Synagogen habe ich immer wieder versucht, sie durch Auspeitschen dahin zu bringen, daß sie ihrem Glauben abschwören. Mein Haß war so groß, daß ich sie sogar noch über die Grenzen des Landes hinaus verfolgen wollte. 12 In dieser Absicht reiste ich im Auftrag der führenden Priester und mit ihrer Vollmacht nach Damaskus. 13 Auf dem Weg dorthin, mein König, umstrahlte mich und meine Begleiter mitten am Tag ein Licht vom Himmel, heller als die Sonne. 14 Wir stürzten alle zu Boden, und ich hörte eine Stimme auf hebräisch rufen: 'Saul, Saul, warum verfolgst du mich? Es ist sinnlos, daß du gegen mich ankämpfst!'
15 'Wer bist du, Herr?' fragte ich, und der Herr sagte: 'Ich bin Jesus, den du verfolgst. 16 Doch steh auf, denn ich bin dir erschienen, um dich in meinen Dienst zu stellen. Du sollst bezeugen, was du heute gesehen hast und was ich dir noch zeigen werde. 17 Ich werde dich beschützen vor den Juden und auch vor den Nichtjuden, zu denen ich dich sende. 18 Gerade ihnen sollst du die Augen öffnen, damit sie aus der Finsternis ins Licht kommen, aus der Gewalt des Satans zu Gott. Denn wenn sie auf mich vertrauen, wird ihnen ihre Schuld vergeben, und sie erhalten ihren Platz unter denen, die Gott zu seinem heiligen Volk gemacht hat.' 19 Ich habe mich, König Agrippa, dem nicht widersetzt, was diese Erscheinung vom Himmel mir befohlen hatte. 20 Zuerst in Damaskus und Jerusalem und später in ganz Judäa und bei den nichtjüdischen Völkern rief ich die Menschen dazu auf, umzukehren , sich Gott zuzuwenden und durch ihre Lebensführung zu zeigen, daß es ihnen mit der Umkehr ernst ist. 21 Einzig deswegen haben mich die Juden im Tempel ergriffen und zu töten versucht.
22 Aber bis heute hat Gott mir geholfen, und so stehe ich als sein Zeuge vor den Menschen, den hochgestellten wie den ganz einfachen. Ich verkünde nichts anderes, als was die Propheten und Mose angekündigt haben: 23 Der versprochene Retter, sagten sie, muß leiden und sterben und wird als der erste unter allen Toten auferstehen, um dem jüdischen Volk und allen Völkern der Welt das rettende Licht zu bringen.«

Die Reaktion von Festus und Agrippa auf die Rede

24 Als Paulus sich auf diese Weise verteidigte, rief Festus ihm zu: »Du bist verrückt geworden, Paulus! Das viele Studieren hat dich um den Verstand gebracht!«
25 Paulus aber antwortete: »Hochverehrter Festus, ich bin nicht verrückt. Was ich sage, ist wahr und vernünftig. 26 Der König weiß, wovon ich rede, und mit ihm kann ich frei und offen darüber sprechen. Ich bin überzeugt, daß ich ihm auch gar nichts Neues sage; denn die Sache hat sich ja nicht irgendwo im Winkel abgespielt. 27 König Agrippa, glaubst du den Ankündigungen der Propheten ? Ich weiß, du glaubst ihnen!« 28 Agrippa erwiderte: »Es dauert nicht mehr lange, und du überredest mich noch dazu, daß ich selber Christ werde!«
29 »Ob es nun kurz oder lang dauert«, sagte Paulus, »ich bete zu Gott, daß nicht nur du, sondern alle, die mich hier hören, mir gleich werden - die Fesseln natürlich ausgenommen.«
30 Darauf standen der König, der Statthalter , Berenike und die anderen auf 31 und gingen hinaus. »Der Mann verdient weder den Tod noch das Gefängnis«, war das einmütige Urteil.
32 Und Agrippa sagte zu Festus: »Der Mann könnte freigelassen werden, wenn er nicht an den Kaiser appelliert hätte.«

Paulus als Gefangener auf dem Weg nach Rom

27  1 Als unsere Abreise nach Italien beschlossen war, übergab man Paulus und einige andere Gefangene einem Hauptmann namens Julius aus einem syrischen Regiment, das den Ehrennamen 'Kaiserliches Regiment' trug.
2 Wir gingen an Bord eines Schiffes aus Adramyttion, das die Häfen an der Küste der Provinz Asien anlaufen sollte, und fuhren ab. Der Mazedonier Aristarch aus Thessalonich begleitete uns. 3 Am nächsten Tag erreichten wir Sidon. Julius war Paulus gegenüber sehr entgegenkommend und erlaubte ihm, seine Glaubensgenossen dort zu besuchen und sich bei ihnen zu erholen.
4 Als wir von dort weiterfuhren, hatten wir Gegenwind; darum segelten wir auf der Ostseite um Zypern herum. 5 Zilizien und Pamphylien ließen wir rechts liegen und erreichten schließlich Myra in Lyzien.
6 Dort fand der Hauptmann ein Schiff aus Alexandria, das nach Italien fuhr, und brachte uns an Bord. 7 Viele Tage lang machten wir nur wenig Fahrt und kamen mit Mühe bis auf die Höhe von Knidos. Dann zwang uns der Wind, den Kurs zu ändern. Wir hielten auf die Insel Kreta zu, umsegelten Kap Salmone 8 und erreichten mit knapper Not einen Ort, der Kaloi Limenes (Guthäfen) heißt, nicht weit von der Stadt Lasäa.

Paulus im Seesturm

9 Wir hatten inzwischen viel Zeit verloren. Das Herbstfasten war vorbei, und die Schiffahrt wurde gefährlich. Deshalb warnte Paulus seine Bewacher. 10 »Ich sehe voraus«, sagte er, »daß eine Weiterfahrt zu großen Schwierigkeiten führen wird. Sie bringt nicht nur Ladung und Schiff in Gefahr, sondern auch das Leben der Menschen an Bord.«
11 Aber der Hauptmann hörte mehr auf den Steuermann und den Kapitän als auf das, was Paulus sagte. 12 Außerdem war der Hafen zum Überwintern nicht sehr geeignet. So waren die meisten dafür, wieder in See zu stechen und zu versuchen, noch bis nach Phönix zu kommen. Dieser ebenfalls auf Kreta gelegene Hafen ist nach Westen hin offen, und man konnte dort den Winter zubringen. 13 Als ein leichter Südwind einsetzte, nahmen die Seeleute es für ein günstiges Zeichen. Die Anker wurden gelichtet, und das Schiff segelte so dicht wie möglich an der Küste Kretas entlang. 14 Aber bald brach aus der Richtung der Insel ein Sturm los, der gefürchtete Nordost, 15 und riß das Schiff mit. Da es unmöglich war, Kurs zu halten, ließen wir uns einfach treiben.
16 Im Schutz der kleinen Insel Kauda war der Sturm etwas weniger heftig, und wir konnten mit einiger Mühe das Beiboot einholen. 17 Danach legten die Seeleute zur Sicherung ein paar Taue fest um das ganze Schiff. Um nicht in die Große Syrte verschlagen zu werden, brachten sie den Treibanker aus und ließen das Schiff dahintreiben. 18 Der Sturm setzte dem Schiff stark zu, deshalb warf man am nächsten Tag einen Teil der Ladung ins Meer. 19 Am Tag darauf warfen die Seeleute eigenhändig die Schiffsausrüstung über Bord.
20 Tagelang zeigten sich weder Sonne noch Sterne am Himmel. Der Sturm ließ nicht nach, und so verloren wir am Ende jede Hoffnung auf Rettung. 21 Niemand wollte mehr etwas essen. Da erhob sich Paulus und sagte: »Ihr hättet auf meine Warnung hören und im Hafen bleiben sollen. Dann wäre uns dies erspart geblieben. 22 Doch jetzt bitte ich euch: Laßt den Mut nicht sinken! Alle werden am Leben bleiben, nur das Schiff geht verloren. 23 In der vergangenen Nacht erschien mir nämlich ein Engel des Gottes, dem ich gehöre und dem ich diene, 24 und sagte zu mir: 'Hab keine Angst, Paulus! Du mußt vor den Kaiser treten, und auch alle anderen, die mit dir auf dem Schiff sind, wird Gott deinetwegen retten.' 25 Also seid mutig, Männer! Ich vertraue Gott, daß alles so kommen wird, wie er es zu mir gesagt hat. 26 Wir werden an einer Insel stranden.« 27 Wir trieben nun schon die vierzehnte Nacht im Sturm auf dem Mittelmeer. Gegen Mitternacht vermuteten die Seeleute Land in der Nähe. 28 Sie warfen ein Lot aus und kamen auf 37 Meter Wassertiefe. Etwas später waren es nur noch 28 Meter. 29 Sie fürchteten, auf ein Küstenriff aufzulaufen, darum warfen sie vom Heck vier Anker aus und wünschten sehnlichst den Tag herbei.
30 Aber noch in der Dunkelheit versuchten die Seeleute, das Schiff zu verlassen. Unter dem Vorwand, auch vom Bug aus Anker auswerfen zu wollen, brachten sie das Beiboot zu Wasser. 31 Doch Paulus warnte den Hauptmann und die Soldaten: »Wenn die Seeleute das Schiff verlassen, habt ihr keine Aussicht auf Rettung mehr.« 32 Da hieben die Soldaten die Taue durch und ließen das Beiboot davontreiben. 33 Noch bevor der Tag anbrach, forderte Paulus alle auf, doch etwas zu essen. »Ihr wartet nun schon vierzehn Tage auf Rettung«, sagte er, »und habt die ganze Zeit über nichts gegessen. 34 Ich bitte euch deshalb, eßt etwas; das habt ihr nötig, wenn ihr überleben wollt. Niemand von euch wird auch nur ein Haar von seinem Kopf verlieren.«
35 Dann nahm Paulus ein Brot, sprach darüber vor allen ein Dankgebet, brach das Brot in Stücke und fing an zu essen. 36 Da bekamen sie alle wieder Mut und aßen ebenfalls. 37 Wir waren insgesamt 276 Leute auf dem Schiff.
38 Als alle satt waren, warfen sie die Getreideladung über Bord, um das Schiff zu erleichtern.

Schiffbruch

39 Bei Tagesanbruch sahen die Seeleute eine Küste, die ihnen unbekannt war. Doch entdeckten sie eine Bucht mit einem flachen Strand und wollten versuchen, das Schiff dort auf Grund zu setzen. 40 Sie kappten die Ankertaue, ließen die Anker im Meer zurück und machten zugleich die Steuerruder klar. Dann hißten sie das Vordersegel, und als das Schiff im Wind wieder Fahrt machte, hielten sie auf die Küste zu.
41 Sie liefen jedoch auf eine Sandbank auf. Der Bug rammte sich so fest ein, daß das Schiff nicht wieder flottzumachen war, und das Hinterdeck zerbrach unter der Wucht der Wellen. 42 Da beschlossen die Soldaten, alle Gefangenen zu töten, damit keiner durch Schwimmen entkommen könne. 43 Aber der Hauptmann wollte Paulus retten und verhinderte es. Er befahl den Schwimmern, sie sollten als erste über Bord springen und das Land zu erreichen suchen; 44 die übrigen sollten sich Planken und anderen Wrackteilen anvertrauen. So kamen alle unversehrt an Land.

Auf der Insel Malta

28  1 Nach unserer Rettung erfuhren wir, daß die Insel Malta hieß. 2 Die Eingeborenen - keine Griechen - waren überaus freundlich zu uns. Sie machten ein offenes Feuer und holten uns alle dorthin; denn es hatte angefangen zu regnen, und es war kalt.
3 Paulus raffte ein Bündel Reisig zusammen und warf es in die Flammen. Da schoß eine Schlange heraus und biß sich an seiner Hand fest; die Hitze hatte sie aufgescheucht.
4 Die Eingeborenen sahen die Schlange an seiner Hand und sagten: »Der Mann muß ein Mörder sein: Aus dem Meer hat er sich gerettet, aber jetzt fordert die Rachegöttin sein Leben.« 5 Doch Paulus schüttelte die Schlange ins Feuer, und es geschah ihm nichts.
6 Die Leute warteten darauf, daß er langsam anschwellen oder plötzlich tot umfallen würde. Nachdem sie ihn aber eine Zeitlang beobachtet hatten und nichts dergleichen geschah, änderten sie ihre Meinung und sagten, er sei ein Gott. 7 In der Nähe der Stelle, an der wir uns befanden, hatte der Angesehenste unter den Leuten der Insel, Publius, seine Besitzungen. Er nahm uns freundlich auf, und wir waren für drei Tage seine Gäste.
8 Sein Vater hatte die Ruhr und lag mit Fieber im Bett. Paulus ging zu ihm ins Zimmer, betete über ihm, legte ihm die Hände auf und machte ihn gesund. 9 Darauf kamen auch alle anderen Kranken der Insel und ließen sich heilen. 10 Sie überschütteten uns mit ehrenvollen Geschenken, und bei der Abfahrt brachten sie uns alles, was wir für die Reise brauchten.

Von Malta nach Rom

11 Nach drei Monaten fuhren wir mit einem Schiff weiter, das in einem Hafen von Malta überwintert hatte. Es kam aus Alexandria und trug an seinem Bug als Schiffszeichen das Bild der Dioskuren.
12 Wir kamen nach Syrakus, wo wir drei Tage blieben. 13 Von dort ging es weiter nach Rhegion. Am Tag darauf kam Südwind auf, und wir brauchten nur zwei Tage bis Puteoli. 14 In der Stadt fanden wir Christen, die uns einluden, eine Woche bei ihnen zu bleiben. Und dann kamen wir nach Rom. 15 Die Christen dort hatten von unserer Ankunft in Puteoli gehört und kamen uns bis Tres-Tabernae (Drei Tavernen) entgegen, einige sogar bis Forum Appii (Appiusmarkt). Als Paulus sie sah, dankte er Gott und wurde voller Zuversicht.

Paulus in Rom. Begegnung mit den Juden der Stadt

16 In Rom bekam Paulus die Erlaubnis, sich eine Privatunterkunft zu suchen. Er hatte nur einen Soldaten als Wache. 17 Nach drei Tagen lud er die führenden Juden der Stadt ein. Als sie alle versammelt waren, sagte er: »Liebe Brüder! Obwohl ich nichts gegen unser Volk oder das Gesetz unserer Vorfahren getan habe, wurde ich in Jerusalem festgenommen und an die Römer ausgeliefert. 18 Die Römer haben mich verhört und wollten mich freilassen, weil sie keinen Grund fanden, mich zum Tod zu verurteilen. 19 Doch weil die Juden dagegen protestierten, blieb mir nur der Ausweg, an den Kaiser zu appellieren. Ich hatte dabei aber nicht die Absicht, mein Volk anzuklagen. 20 Das wollte ich euch sagen, und darum habe ich euch hergebeten. Ich bin gefangen, weil ich das verkünde, worauf ganz Israel hofft.« 21 Sie antworteten ihm: »Uns hat niemand aus Judäa über dich geschrieben; es ist auch kein Bruder gekommen, der uns offiziell oder privat etwas Belastendes über dich mitgeteilt hätte. 22 Wir würden aber gern deine Ansichten hören, denn wir haben erfahren, daß die Glaubensrichtung, zu der du gehörst, überall auf Widerspruch stößt.« 23 So verabredeten sie sich für ein andermal. Am festgesetzten Tag kamen noch mehr von ihnen zu Paulus in seine Unterkunft. Er erklärte und bezeugte ihnen, daß Gott angefangen hat, seine Herrschaft aufzurichten. Er wies sie auf die Ankündigungen im Gesetz Moses und in den Schriften der Propheten hin, um sie für Jesus zu gewinnen - den ganzen Tag über, vom Morgen bis zum Abend. 24 Die einen ließen sich von seinen Worten überzeugen, die andern schenkten ihm keinen Glauben. 25 Sie konnten sich darüber nicht einig werden, und so gingen sie weg. Paulus sagte noch zu ihnen: »Ich sehe, es ist wahr, was der Heilige Geist durch den Propheten Jesaja zu euren Vorfahren gesagt hat:
26 'Geh zu diesem Volk und sage: Hört nur zu, ihr versteht doch nichts; seht hin, soviel ihr wollt, ihr erkennt doch nichts! 27 Denn dieses Volk ist im Innersten verstockt. Sie halten sich die Ohren zu und schließen die Augen, damit sie nur ja nicht sehen, hören und begreifen, sagt Gott. Sonst würden sie zu mir umkehren, und ich könnte sie heilen.'« 28 Paulus fügte hinzu: »Ich muß euch sagen, Gott hat dieses Heil jetzt den anderen Völkern angeboten. Und die werden hören!« 29 Als Paulus das gesagt hatte, gingen die Juden weg und stritten heftig miteinander.

Paulus verkündet die Botschaft Gottes ungehindert in der Hauptstadt der Welt

30 Volle zwei Jahre lang blieb Paulus in seiner Mietwohnung und konnte dort alle empfangen, die ihn aufsuchen wollten. 31 Ihnen allen verkündete er, wie Gott jetzt seine Herrschaft aufrichtet, und lehrte sie alles über Jesus Christus, den Herrn - frei und offen und völlig ungehindert.

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