DIE GUTE NACHRICHT NACH LUKAS (Lukas-Evangelium)

VORWORT (1,1-4)

Lukas schreibt an Theophilus

1 Schon viele haben versucht, die Ereignisse zusammenhängend darzustellen, die Gott unter uns geschehen ließ und mit denen er seine Zusagen eingelöst hat.
2 Diese Ereignisse sind uns überliefert in den Berichten der Augenzeugen, die von Anfang an alles miterlebt hatten und die den Auftrag erhielten, die Botschaft Gottes weiterzugeben.
3 So habe auch ich mich dazu entschlossen, all diesen Überlieferungen bis hin zu den ersten Anfängen sorgfältig nachzugehen und sie für dich, verehrter Theophilus, in der rechten Ordnung und Abfolge niederzuschreiben.
4 Du sollst dadurch die Zuverlässigkeit der Lehre erkennen, in der du unterwiesen wurdest.

GEBURT UND KINDHEIT VON JOHANNES DEM TÄUFER UND JESUS (1,5-2,52)

Die Geburt des Täufers Johannes wird angekündigt

5 Zu der Zeit, als König Herodes über das jüdische Land herrschte, lebte ein Priester namens Zacharias, der zur Priestergruppe Abija gehörte. Auch seine Frau stammte aus einer Priesterfamilie; sie hieß Elisabet. 6 Beide führten ein Leben, das Gott gefiel; sie richteten sich in allem nach den Geboten und Anweisungen des Herrn. 7 Sie waren aber kinderlos, denn Elisabet konnte keine Kinder bekommen; außerdem waren sie auch schon sehr alt. 8 Einmal hatte Zacharias wieder Dienst am Tempel in Jerusalem, weil die Priestergruppe, zu der er gehörte, gerade an der Reihe war. 9 Es war unter den Priestern üblich, die einzelnen Dienste durch das Los zu verteilen. An einem bestimmten Tag fiel Zacharias die Aufgabe zu, das Räucheropfer darzubringen. So ging er in das Innere des Tempels, 10 während das ganze versammelte Volk draußen betete. 11 Da erschien ihm plötzlich der Engel des Herrn. Der Engel stand an der rechten Seite des Altars, auf dem der Weihrauch verbrannt wurde. 12 Als Zacharias ihn sah, erschrak er und bekam große Angst. 13 Aber der Engel sagte zu ihm:
»Hab keine Angst, Zacharias! Gott hat dein Gebet erhört. Deine Frau Elisabet wird dir einen Sohn gebären, den sollst du Johannes nennen.
14 Dann wirst du voll Freude und Jubel sein, und noch viele andere werden sich freuen über seine Geburt. 15 Denn er ist vom Herrn zu großen Taten berufen.
Er wird weder Wein noch Bier trinken. Schon im Mutterleib wird der Geist Gottes ihn erfüllen, 16 und er wird viele aus dem Volk Israel zum Herrn, ihrem Gott, zurückführen.
17 Er wird dem Herrn als Bote vorausgehen, im gleichen Geist und mit der gleichen Kraft wie der Prophet Elija. Seine Aufgabe wird es sein, das Herz der Eltern den Kindern zuzuwenden und alle Ungehorsamen auf den rechten Weg zurückzubringen. So wird er dem Herrn ein Volk zuführen, das auf sein Kommen vorbereitet ist.« 18 Zacharias sagte zu dem Engel: »Woran soll ich erkennen, daß es wirklich so kommen wird? Ich bin doch ein alter Mann, und meine Frau ist auch schon in vorgeschrittenen Jahren.«
19 Der Engel antwortete: »Ich bin Gabriel , der vor Gottes Thron steht. Gott hat mich zu dir gesandt, um dir diese gute Nachricht zu bringen. 20 Was ich gesagt habe, wird zur gegebenen Zeit eintreffen. Aber weil du mir nicht geglaubt hast, wirst du so lange stumm sein und nicht mehr sprechen können, bis es eingetroffen ist.« 21 Das Volk wartete draußen auf Zacharias und wunderte sich, daß er so lange im Tempel blieb. 22 Als er schließlich herauskam, konnte er nicht zu ihnen sprechen. Da merkten sie, daß er im Tempel eine Erscheinung gehabt hatte. Er gab ihnen Zeichen mit der Hand und blieb auch weiterhin stumm. 23 Als seine Dienstwoche im Tempel beendet war, ging Zacharias nach Hause. 24 Bald darauf wurde seine Frau Elisabet schwanger und zog sich fünf Monate lang völlig zurück. Sie sagte: 25 »Gott hat meinen Kummer gesehen und die Schande der Kinderlosigkeit von mir genommen.«

Die Geburt des Retters Jesus wird angekündigt

26 Als Elisabet im sechsten Monat war, sandte Gott den Engel Gabriel nach Nazaret in Galiläa 27 zu einem jungen Mädchen mit Namen Maria. Sie war noch unberührt und war verlobt mit einem Mann namens Josef, einem Nachkommen Davids. 28 Der Engel kam zu ihr und sagte: »Sei gegrüßt, Maria, der Herr ist mit dir; er hat dich zu Großem ausersehen!«
29 Maria erschrak über diesen Gruß und überlegte, was er bedeuten sollte.
30 Da sagte der Engel zu ihr: »Hab keine Angst, du hast Gnade bei Gott gefunden! 31 Du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären. Dem sollst du den Namen Jesus geben. 32 Er wird groß sein und wird 'Sohn des Höchsten' genannt werden. Gott, der Herr, wird ihn auf den Thron seines Vorfahren David erheben, 33 und er wird für immer über die Nachkommen Jakobs regieren. Seine Herrschaft wird nie zu Ende gehen.« 34 Maria fragte den Engel: »Wie soll das zugehen? Ich bin doch mit keinem Mann zusammen!«
35 Er antwortete: »Gottes Geist wird über dich kommen, seine Kraft wird das Wunder vollbringen. Deshalb wird auch das Kind, das du zur Welt bringst, heilig und Sohn Gottes genannt werden.
36 Auch Elisabet, deine Verwandte, bekommt einen Sohn - trotz ihres Alters. Sie ist bereits im sechsten Monat, und es hieß doch von ihr, sie könne keine Kinder bekommen. 37 Für Gott ist nichts unmöglich.« 38 Da sagte Maria: »Ich gehöre dem Herrn, ich stehe ihm ganz zur Verfügung. Es soll an mir geschehen, was du gesagt hast.«
Darauf verließ sie der Engel.

Maria besucht Elisabet

39 Bald danach machte sich Maria auf den Weg und eilte zu einer Stadt im Bergland von Judäa. 40 Dort ging sie in das Haus von Zacharias und begrüßte Elisabet.
41 Als Elisabet ihren Gruß hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leib. Da wurde sie vom Geist Gottes erfüllt 42 und rief laut:
»Gesegnet bist du von Gott, auserwählt unter allen Frauen, und gesegnet ist die Frucht deines Leibes! 43 Wie komme ich zu der Ehre, daß die Mutter meines Herrn mich besucht? 44 Ja, das bist du; denn in dem Augenblick, als dein Gruß an mein Ohr drang, machte das Kind einen Freudensprung in meinem Leib. 45 Du darfst dich freuen, denn du hast geglaubt, daß sich erfüllen wird, was der Herr dir ankündigen ließ.«

Maria preist Gott (Der Lobgesang Marias: Magnificat)

46 Maria aber sprach: »Mein Herz preist den Herrn, 47 alles in mir jubelt vor Freude über Gott, meinen Retter! 48 Ich bin nur seine geringste Dienerin, und doch hat er sich mir zugewandt. Jetzt werden die Menschen mich glücklich preisen in allen kommenden Generationen; 49 denn Gott hat Großes an mir getan, er, der mächtig und heilig ist. 50 Sein Erbarmen hört niemals auf; er schenkt es allen, die ihn ehren, von einer Generation zur andern. 51 Jetzt hebt er seinen gewaltigen Arm und fegt die Stolzen weg samt ihren Plänen. 52 Jetzt stürzt er die Mächtigen vom Thron und richtet die Unterdrückten auf. 53 Den Hungernden gibt er reichlich zu essen und schickt die Reichen mit leeren Händen fort. 54 Er hat an seinen Diener Israel gedacht und sich über sein Volk erbarmt. 55 Wie er es unsern Vorfahren versprochen hatte, Abraham und seinen Nachkommen für alle Zeiten.« 56 Maria blieb etwa drei Monate bei Elisabet und kehrte dann wieder nach Hause zurück.

Der Täufer Johannes wird geboren

57 Als für Elisabet die Zeit der Entbindung gekommen war, gebar sie einen Sohn. 58 Die Nachbarn und Nachbarinnen und die Verwandten hörten es und freuten sich mit, daß Gott so großes Erbarmen mit ihr gehabt hatte. 59 Als das Kind acht Tage alt war und beschnitten werden sollte, kamen sie alle dazu. Sie wollten es nach seinem Vater Zacharias nennen.
60 Aber die Mutter sagte: »Nein, er soll Johannes heißen!«
61 Sie wandten ein: »Warum denn? In deiner ganzen Verwandtschaft gibt es keinen, der so heißt.«
62 Sie fragten den Vater durch Zeichen, wie der Sohn heißen solle. 63 Zacharias ließ sich eine Schreibtafel geben und schrieb: »Er heißt Johannes.« Und sie wunderten sich alle. 64 Im selben Augenblick konnte Zacharias wieder sprechen, und sofort fing er an, Gott zu preisen. 65 Da ergriff alle Nachbarn ehrfürchtiges Staunen, und im ganzen Bergland von Judäa sprachen die Leute über das, was geschehen war. 66 Alle, die davon hörten, dachten darüber nach und fragten sich: »Was wird aus dem Kind einmal werden?« Denn es war offensichtlich, daß der Herr etwas Besonderes mit Johannes vorhatte.

Dank für die bevorstehende Rettung. Vorblick auf den Auftrag von Johannes (Der Lobgesang von Zacharias: Benedictus)

67 Erfüllt vom Geist Gottes sprach der Vater des Kindes prophetische Worte: 68 »Gepriesen sei der Herr, der Gott Israels; denn er ist uns zu Hilfe gekommen und hat sein Volk befreit! 69 Einen starken Retter hat er uns gesandt, einen Nachkommen seines Dieners David ! 70 So hatte er es schon vor langer Zeit durch seine heiligen Propheten angekündigt: 71 Er wollte uns retten vor unseren Feinden, aus der Gewalt all derer, die uns hassen. 72 Unseren Vorfahren wollte er die Güte erweisen, nie seinen heiligen Bund zu vergessen, den er mit ihnen geschlossen hatte. 73 Schon unserem Ahnherrn Abraham hat er mit einem Eid versprochen, 74-75 uns aus der Macht der Feinde zu befreien, damit wir keine Furcht mehr haben müssen und unser Leben lang ihm dienen können als Menschen, die ganz ihrem Gott gehören und tun, was er von ihnen verlangt. 76 Und du, mein Kind - ein Prophet des Höchsten wirst du sein; du wirst dem Herrn vorausgehen, um den Weg für ihn zu bahnen. 77 Du wirst dem Volk des Herrn verkünden, daß nun die versprochene Rettung kommt, weil Gott ihnen ihre Schuld vergeben will. 78 Unser Gott ist voll Liebe und Erbarmen; er schickt uns den Retter, das Licht, das von oben kommt. 79 Dieses Licht leuchtet allen, die im Dunkeln sind, die im finsteren Land des Todes leben; es wird uns führen und leiten, daß wir den Weg des Friedens finden.«

Das Leben des Täufers Johannes bis zu seinem Auftreten

80 Johannes wuchs heran und nahm zu an Verstand. Später zog er sich in die Wüste zurück bis zu dem Tag, an dem er unter dem Volk Israel offen mit seinem Auftrag hervortreten sollte.

Jesus, der Retter, wird geboren

1 Zu jener Zeit ordnete Kaiser Augustus an, daß alle Menschen in seinem Reich gezählt und für die Steuer erfaßt werden sollten. 2 Diese Zählung war die erste und wurde durchgeführt, als Quirinius Statthalter der Provinz Syrien war. 3 Und alle gingen hin, um sich einschreiben zu lassen, jeder in die Heimatstadt seiner Vorfahren. 4 Auch Josef machte sich auf den Weg. Aus Galiläa , aus der Stadt Nazaret, ging er nach Judäa in die Stadt Davids, nach Betlehem. Denn er stammte aus der Familie von König David.
5 Dorthin ging er, um sich einschreiben zu lassen, zusammen mit Maria, seiner Verlobten ; die war schwanger. 6 Während sie dort waren, geschah es, daß für Maria die Zeit der Entbindung kam. 7 Sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen, wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Futterkrippe im Stall. Denn in der Herberge hatten sie keinen Platz gefunden. 8 In jener Gegend waren Hirten auf freiem Feld, die hielten Wache bei ihren Herden in der Nacht. 9 Da trat der Engel des Herrn zu ihnen, und die Herrlichkeit des Herrn umstrahlte sie, und sie fürchteten sich sehr.
10 Aber der Engel sagte zu ihnen: »Habt keine Angst! Ich habe eine große Freudenbotschaft für euch und für das ganze Volk. 11 Heute ist euch der Retter geboren worden, in der Stadt Davids: Christus , der Herr! 12 Und dies ist das Zeichen, an dem ihr ihn erkennt: Ihr werdet ein neugeborenes Kind finden, das liegt in Windeln gewickelt in einer Futterkrippe.« 13 Und plötzlich war bei dem Engel ein ganzes Heer von Engeln, all die vielen, die im Himmel Gott dienen; die priesen Gott und riefen: 14 »Groß ist von jetzt an Gottes Herrlichkeit im Himmel; denn sein Frieden ist herabgekommen auf die Erde zu den Menschen, die er erwählt hat und liebt!« 15 Als die Engel in den Himmel zurückgekehrt waren, sagten die Hirten zueinander: »Kommt, wir gehen nach Betlehem und sehen uns an, was da geschehen ist, was Gott uns bekanntgemacht hat!«
16 Sie liefen hin, kamen zum Stall und fanden Maria und Josef und bei ihnen das Kind in der Futterkrippe. 17 Als sie es sahen, berichteten sie, was ihnen der Engel von diesem Kind gesagt hatte. 18 Und alle, die dabei waren, staunten über das, was ihnen die Hirten erzählten. 19 Maria aber bewahrte all das Gehörte in ihrem Herzen und dachte immer wieder darüber nach. 20 Die Hirten kehrten zu ihren Herden zurück und priesen Gott und dankten ihm für das, was sie gehört und gesehen hatten. Es war alles genauso gewesen, wie der Engel es ihnen verkündet hatte.

Jesus erhält seinen Namen und wird im Tempel Gott geweiht

21 Nach acht Tagen war es Zeit, das Kind beschneiden zu lassen. Es bekam den Namen Jesus - so wie es der Engel des Herrn angeordnet hatte, noch ehe Maria das Kind empfing. 22 Vierzig Tage nach der Geburt war die Zeit der Unreinheit für Mutter und Kind vorüber, die im Gesetz Moses festgelegt ist. Da brachten die Eltern das Kind in den Tempel nach Jerusalem, um es Gott zu weihen . 23 Denn im Gesetz des Herrn heißt es: »Wenn das erste Kind, das eine Frau zur Welt bringt, ein Sohn ist, soll es Gott gehören.«
24 Zugleich brachten sie das Reinigungsopfer , wie es im Gesetz des Herrn vorgeschrieben ist: ein Paar Turteltauben oder zwei junge Tauben.

Simeon und Hanna erkennen den Retter und machen ihn bekannt (Der Lobgesang Simeons: Nunc dimittis)

25 Damals lebte in Jerusalem ein Mann namens Simeon. Er war fromm, hielt sich treu an Gottes Gesetz und wartete auf die Rettung Israels. Er war vom Geist Gottes erfüllt, 26 und der hatte ihm die Gewißheit gegeben, er werde nicht sterben, bevor er den von Gott versprochenen Retter mit eigenen Augen gesehen habe. 27 Simeon folgte einer Eingebung des Heiligen Geistes und ging in den Tempel . Als die Eltern das Kind Jesus dorthin brachten und es Gott weihen wollten, wie es nach dem Gesetz üblich war, 28 nahm Simeon das Kind auf die Arme, pries Gott und sagte: 29 »Herr, nun kann ich in Frieden sterben, denn du hast dein Versprechen eingelöst! 30-31 Mit eigenen Augen habe ich es gesehen: Du hast dein rettendes Werk begonnen, und alle Welt wird es erfahren. 32 Allen Völkern sendest du das Licht, und dein Volk Israel bringst du zu Ehren.« 33 Der Vater von Jesus und seine Mutter wunderten sich über das, was Simeon von dem Kind sagte. 34-35 Simeon segnete sie und sagte zur Mutter Maria: »Dieses Kind ist von Gott dazu bestimmt, viele in Israel zu Fall zu bringen und viele aufzurichten. Es wird ein Zeichen Gottes sein, gegen das sich viele auflehnen werden, damit so ihre innersten Gedanken an den Tag kommen. Dich aber wird der Kummer um dein Kind wie ein scharfes Schwert durchbohren.« 36 In Jerusalem lebte auch eine Prophetin namens Hanna, eine Tochter Penuëls aus dem Stamm Ascher. Sie war schon sehr alt. Sieben Jahre war sie verheiratet gewesen, 37 und seit vierundachtzig Jahren war sie Witwe. Sie verließ den Tempel nicht mehr und diente Gott Tag und Nacht mit Fasten und Beten. 38 Auch sie kam jetzt hinzu und pries Gott. Sie sprach über das Kind zu allen, die auf die Rettung Jerusalems warteten.

Die Rückkehr nach Nazaret

39 Als Maria und Josef alles getan hatten, was das Gesetz des Herrn vorschreibt, kehrten sie mit Jesus nach Galiläa in ihre Heimatstadt Nazaret zurück. 40 Das Kind wuchs heran und wurde kräftig. Es hatte ein ungewöhnliches Verständnis für den Willen Gottes, und Gottes Liebe ruhte sichtbar auf ihm.

Gottes Sohn, der kommende Lehrer Israels (Der zwölfjährige Jesus im Tempel)

41 Die Eltern von Jesus gingen jedes Jahr zum Passafest nach Jerusalem. 42 Als Jesus zwölf Jahre alt war, nahmen sie ihn zum erstenmal mit.
43 Nach den Festtagen machten die Eltern sich wieder auf den Heimweg, während der junge Jesus in Jerusalem blieb. Seine Eltern wußten aber nichts davon. 44 Sie dachten, er sei irgendwo unter den Pilgern. Sie wanderten den ganzen Tag und suchten ihn dann abends unter ihren Verwandten und Bekannten. 45 Als sie ihn nicht fanden, kehrten sie am folgenden Tag nach Jerusalem zurück und suchten ihn dort.
46 Endlich am dritten Tag entdeckten sie ihn im Tempel . Er saß mitten unter den Gesetzeslehrern , hörte ihnen zu und diskutierte mit ihnen. 47 Alle, die dabei waren, staunten über sein Verständnis und seine Antworten. 48 Seine Eltern waren ganz außer sich, als sie ihn hier fanden. Die Mutter sagte zu ihm: »Kind, warum machst du uns solchen Kummer? Dein Vater und ich haben dich überall gesucht und große Angst um dich ausgestanden.«
49 Jesus antwortete: »Warum habt ihr mich denn gesucht? Habt ihr nicht gewußt, daß ich im Haus meines Vaters sein muß?«
50 Aber sie verstanden nicht, was er damit meinte. 51 Jesus kehrte mit seinen Eltern nach Nazaret zurück und gehorchte ihnen willig. Seine Mutter aber bewahrte das alles in ihrem Herzen.
52 Jesus nahm weiter zu an Jahren wie an Verständnis, und Gott und die Menschen hatten ihre Freude an ihm.

VORBEREITUNGEN FÜR DAS AUFTRETEN VON JESUS (3,1-4,13)

Johannes der Täufer tritt auf

1 Es war im fünfzehnten Regierungsjahr des Kaisers Tiberius. Pontius Pilatus war Statthalter von Judäa, Herodes Antipas regierte in Galiläa, sein Bruder Philippus in Ituräa und Trachonitis, Lysanias regierte in Abilene. 2 Die Obersten Priester waren Hannas und Kajaphas. Johannes, der Sohn von Zacharias, hielt sich noch in der Wüste auf. Dort erging an ihn der Ruf Gottes. 3 Da machte er sich auf, durchzog die ganze Gegend am Jordan und verkündete: »Kehrt um und laßt euch taufen , denn Gott will euch eure Schuld vergeben!« 4 Schon im Buch des Propheten Jesaja steht: »In der Wüste ruft einer: 'Macht den Weg bereit, auf dem der Herr kommt! Ebnet ihm die Straßen! 5 Füllt alle Täler auf, tragt Berge und Hügel ab, beseitigt die Windungen, und räumt die Hindernisse aus dem Weg! 6 Dann wird alle Welt sehen, wie Gott die Rettung bringt.'«

Der Täufer fordert radikale Umkehr

7 Die Menschen kamen in Scharen zu Johannes, um sich von ihm taufen zu lassen. Er hielt ihnen vor: »Ihr Schlangenbrut, wer hat euch gesagt, daß ihr dem bevorstehenden Gericht Gottes entgeht? 8 Zeigt durch eure Taten, daß ihr es mit der Umkehr ernst meint!
Ihr bildet euch ein, daß euch nichts geschehen kann, weil Abraham euer Stammvater ist. Aber das sage ich euch: Gott kann Abraham aus diesen Steinen hier neue Nachkommen schaffen!
9 Die Axt ist auch schon angelegt, um die Bäume an der Wurzel abzuschlagen. Jeder Baum, der keine guten Früchte bringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen.« 10 Die Menschen fragten Johannes: »Was sollen wir denn tun?« 11 Seine Antwort war: »Wer zwei Hemden hat, soll dem eins geben, der keines hat. Und wer etwas zu essen hat, soll es mit jemand teilen, der hungert.«
12 Auch Zolleinnehmer kamen und wollten sich taufen lassen; sie fragten ihn: »Lehrer , was sollen wir tun?« 13 Seine Antwort war: »Verlangt nicht mehr, als festgesetzt ist!«
14 Auch Soldaten fragten ihn: »Was sollen denn wir tun?« Die Antwort war: »Beraubt und erpreßt niemand, sondern gebt euch mit eurem Sold zufrieden!«

Der Täufer weist auf Christus hin

15 Das Volk war voll Erwartung und fragte sich, ob Johannes vielleicht der versprochene Retter sei. 16 Da erklärte er allen:
»Ich taufe euch mit Wasser. Es kommt aber der, der mächtiger ist als ich. Ich bin nicht einmal gut genug, ihm die Schuhe aufzubinden. Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit dem Feuer des Gerichts taufen.
17 Er hat die Worfschaufel in seiner Hand, um die Spreu vom Weizen zu scheiden und den Weizen in seine Scheune zu bringen. Die Spreu wird er in einem Feuer verbrennen, das nie mehr ausgeht.« 18 Mit diesen und vielen anderen Worten rüttelte Johannes das Volk auf und verkündete ihm die Gute Nachricht vom Kommen des versprochenen Retters.

Das Wirken des Täufers geht zu Ende

19 Johannes tadelte auch den Fürsten Herodes, weil er Herodias, die Frau seines Bruders, geheiratet und auch sonst viel Unrecht getan hatte. 20 Deswegen ließ Herodes ihn ins Gefängnis werfen und lud zu allem anderen auch noch diese Schuld auf sich.

Jesus läßt sich taufen

21 Zusammen mit dem ganzen Volk hatte auch Jesus sich taufen lassen. Gleich darauf, während er betete, öffnete sich der Himmel. 22 Der Heilige Geist kam sichtbar auf ihn herab, anzusehen wie eine Taube. Und eine Stimme sagte vom Himmel her: »Du bist mein Sohn , dir gilt meine Liebe, dich habe ich erwählt.«

Jesus - Ziel und Erfüllung der Geschichte Israels und der Menschheit

23 Als Jesus sein Werk begann, war er etwa dreißig Jahre alt. Er galt als Sohn Josefs. Josef war ein Sohn Elis; 24 seine weiteren Vorfahren waren: Mattat, Levi, Melchi, Jannai, Josef, 25 Mattitja, Amos, Nahum, Hesli, Naggai, 26 Mahat, Mattitja, Schimi, Josech, Joda, 27 Johanan, Resa, Serubbabel, Schealtiël, Neri, 28 Melchi, Addi, Kosam, Elmadam, Er, 29 Joschua, Eliëser, Jorim, Mattat, Levi, 30 Simeon, Juda, Josef, Jonam, Eljakim, 31 Melea, Menna, Mattata, Natan, David, 32 Isai, Obed, Boas, Salmon, Nachschon, 33 Amminadab, Admin, Arni, Hezron, Perez, Juda, 34 Jakob, Isaak, Abraham, Terach, Nahor, 35 Serug, Regu, Peleg, Eber, Schelach, 36 Kenan, Arpachschad, Sem, Noach, Lamech, 37 Metuschelach, Henoch, Jered, Mahalalel, Kenan, 38 Enosch, Set, Adam - und Adam stammte von Gott.

Jesus wird auf die Probe gestellt

1-2 Vom Heiligen Geist erfüllt, ging Jesus vom Jordan weg. Vierzig Tage lang wurde er vom Geist in der Wüste umhergetrieben und vom Teufel auf die Probe gestellt. Die ganze Zeit hindurch aß er nichts, so daß er schließlich sehr hungrig war.
3 Da sagte der Teufel zu ihm: »Wenn du Gottes Sohn bist, dann befiehl doch diesem Stein hier, daß er zu Brot wird!«
4 Jesus antwortete: »In den Heiligen Schriften steht: 'Der Mensch lebt nicht nur von Brot.'« 5 Darauf führte ihn der Teufel hinauf und zeigte ihm auf einen Blick alle Reiche der Welt 6 und sagte: »Ich will dir die Macht über alle diese Reiche in ihrer ganzen Größe und Pracht geben. Sie ist mir übertragen worden, und ich kann sie weitergeben, an wen ich will. 7 Alles soll dir gehören, wenn du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest.«
8 Aber Jesus sagte: »In den Heiligen Schriften heißt es: 'Vor dem Herrn, deinem Gott, wirf dich nieder, ihn sollst du anbeten und niemand sonst!'« 9 Dann führte ihn der Teufel nach Jerusalem, stellte ihn auf den höchsten Punkt des Tempels und sagte: »Wenn du Gottes Sohn bist, dann spring doch hinunter; 10 denn in den Heiligen Schriften steht: 'Deinetwegen wird Gott seine Engel schicken, daß sie dich beschützen.' 11 Und: 'Sie werden dich auf Händen tragen, damit du dich an keinem Stein stößt.'«
12 Jesus antwortete ihm: »Es heißt in den Heiligen Schriften auch: 'Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht herausfordern.'« 13 Als der Teufel mit all dem Jesus nicht zu Fall bringen konnte, ließ er ihn vorläufig in Ruhe.

JESUS IN GALILÄA (4,14-9,50)

Jesus beginnt sein Wirken in Galiläa

14 Erfüllt mit der Kraft des Heiligen Geistes kehrte Jesus nach Galiläa zurück. Die Kunde von ihm verbreitete sich in der ganzen Gegend. 15 Er lehrte in den Synagogen , und alle sprachen mit höchster Achtung von ihm.

Jesus wird in Nazaret abgelehnt

16 So kam Jesus Jesus kam auch nach Nazaret, wo er aufgewachsen war. Am Sabbat ging er wie immer in die Synagoge . Er stand auf, um aus den Heiligen Schriften vorzulesen, 17 und der Synagogendiener reichte ihm die Buchrolle mit den Worten des Propheten Jesaja . Jesus rollte sie auf und wählte die Stelle aus, an der es heißt: 18 »Der Geist des Herrn hat von mir Besitz ergriffen, weil der Herr mich gesalbt und bevollmächtigt hat. Er hat mich gesandt, den Armen gute Nachricht zu bringen, den Gefangenen zu verkünden, daß sie frei sein sollen, und den Blinden, daß sie sehen werden. Den Mißhandelten soll ich die Freiheit bringen, 19 und das Jahr ausrufen, in dem der Herr sich seinem Volk gnädig zuwendet.« 20 Jesus rollte das Buch wieder zusammen, gab es dem Synagogendiener zurück und setzte sich. Alle in der Synagoge blickten gespannt auf ihn.
21 Er begann und sagte: »Heute, da ihr dieses Prophetenwort aus meinem Mund hört, ist es unter euch in Erfüllung gegangen.« 22 Alle spendeten seiner Rede Beifall und staunten über die Botschaft von Gottes rettender Gnade. Aber sie wunderten sich, so etwas aus seinem Mund zu hören, und sagten zueinander: »Ist das nicht der Sohn Josefs?« 23 Da sagte Jesus zu ihnen: »Sicher werdet ihr mir jetzt mit dem Sprichwort kommen: 'Arzt, hilf dir selbst! Wenn du in Kafarnaum so große Dinge getan hast, wie wir gehört haben, dann tu sie auch hier in deiner Vaterstadt!' 24 Aber ich versichere euch: Kein Prophet gilt etwas in seiner Heimat.
25 Ja, ich muß euch noch mehr sagen: Zur Zeit des Propheten Elija lebten viele Witwen in Israel, damals, als es dreieinhalb Jahre lang nicht regnete und im ganzen Land große Hungersnot herrschte. 26 Trotzdem wurde Elija zu keiner von ihnen geschickt, sondern zu einer Witwe in Sarepta im Gebiet von Sidon. 27 Und zur Zeit des Propheten Elischa gab es viele Aussätzige in Israel; aber keiner von ihnen wurde geheilt, nur der Syrer Naaman.« 28 Als die Menschen in der Synagoge das hörten, wurden sie wütend. 29 Sie sprangen auf und trieben Jesus aus der Stadt hinaus, bis an den Rand des Berges, auf dem Nazaret liegt. Dort wollten sie ihn hinunterstürzen.
30 Aber Jesus ging mitten durch die Menge hindurch und zog weiter.

Jesus zeigt seine Macht

31 Jesus ging hinunter nach Kafarnaum, einer Stadt in Galiläa . Dort sprach er jeweils am Sabbat in der Synagoge , 32 und die Menschen waren sehr beeindruckt; denn er redete wie einer, den Gott dazu ermächtigt hat. 33 In der Synagoge war ein Mann, der von einem bösen Geist besessen war. Der schrie laut: 34 »Laß uns in Ruhe, Jesus von Nazaret! Was hast du bei uns zu suchen? Du bist doch nur gekommen, um uns zu vernichten! Ich weiß genau, wer du bist: Du bist der, der an Gottes Heiligkeit teilhat!«
35 Drohend sagte Jesus zu dem bösen Geist: »Schweig und fahr aus von diesem Menschen!« Da schleuderte der Geist den Mann in die Mitte der Synagoge und fuhr aus, ohne ihm einen Schaden zuzufügen. 36 Die Leute erschraken alle und sagten zueinander: »Was für eine Wortgewalt! Mit Vollmacht und Kraft gibt er den bösen Geistern einen Befehl, und sie fahren aus!«
37 So kam es, daß man bald in der ganzen Gegend von Jesus sprach.

Jesus heilt die Schwiegermutter von Petrus und viele andere Menschen

38 Jesus verließ die Synagoge und ging in das Haus Simons. Dessen Schwiegermutter lag mit hohem Fieber im Bett, und die Leute im Haus baten Jesus, ihr zu helfen. 39 Jesus trat zu ihr hin, bedrohte das Fieber, und es verschwand. Sofort stand sie auf und bereitete für alle das Essen. 40 Als die Sonne unterging, brachten alle Leute ihre Kranken zu Jesus, Männer und Frauen mit den verschiedensten Leiden. Jedem einzelnen legte Jesus die Hände auf und heilte sie. 41 Von vielen Besessenen fuhren böse Geister aus, die schrien: »Du bist der Sohn Gottes!« Aber Jesus drohte ihnen und ließ sie nicht weiterreden; denn sie wußten, daß er der versprochene Retter war.

Jesus verkündet die Botschaft überall im jüdischen Land

42 Am nächsten Morgen verließ Jesus die Stadt und zog sich an eine abgelegene Stelle zurück. Aber die Leute suchten nach ihm, bis sie ihn fanden; sie wollten ihn festhalten und nicht weggehen lassen.
43 Doch er sagte zu ihnen: »Ich muß auch den anderen Städten die Gute Nachricht verkünden, daß Gott seine Herrschaft aufrichtet; denn dazu hat Gott mich gesandt.« 44 Von da an verkündete Jesus die Gute Nachricht überall in den Synagogen des jüdischen Landes.

Die ersten Jünger

1 Eines Tages stand Jesus am Ufer des Sees von Gennesaret . Die Menschen drängten sich um ihn und wollten Gottes Botschaft hören. 2 Da sah er zwei Boote am Ufer liegen. Die Fischer waren ausgestiegen und reinigten ihre Netze. 3 Er stieg in das eine, das Simon gehörte, und bat ihn, ein Stück vom Ufer abzustoßen. Dann setzte er sich und sprach vom Boot aus zu der Menschenmenge. 4 Als er seine Rede beendet hatte, sagte er zu Simon: »Fahr hinaus auf den See und wirf mit deinen Leuten die Netze zum Fang aus!«
5 Simon erwiderte: »Herr, wir haben uns die ganze Nacht abgemüht und nichts gefangen. Aber weil du es sagst, will ich die Netze noch einmal auswerfen.«
6 Sie taten es und fingen so viele Fische, daß die Netze zu reißen begannen. 7 Sie mußten die Fischer im anderen Boot zur Hilfe herbeiwinken. Schließlich waren beide Boote so überladen, daß sie fast untergingen. 8 Als Simon Petrus das sah, warf er sich vor Jesus nieder und bat: »Herr, geh fort von mir! Ich bin ein sündiger Mensch!«
9 Denn ihn und alle anderen, die bei ihm im Boot waren, hatte die Furcht gepackt, weil sie einen so gewaltigen Fang gemacht hatten. 10 So ging es auch denen aus dem anderen Boot, Jakobus und Johannes, den Söhnen von Zebedäus, die mit Simon zusammenarbeiteten.
Jesus aber sagte zu Simon: »Hab keine Angst! Von jetzt an wirst du Menschen fischen!«
11 Da zogen sie die Boote an Land, ließen alles zurück und folgten Jesus.

Jesus heilt einen Aussätzigen

12 In einer der Ortschaften traf Jesus einen Mann, der am ganzen Körper den Aussatz hatte. Als er Jesus sah, warf er sich vor ihm nieder, das Gesicht zur Erde, und flehte ihn an: »Herr, wenn du willst, kannst du mich gesund machen!«
13 Jesus streckte die Hand aus und berührte ihn. »Ich will«, sagte er, »sei gesund!« Im selben Augenblick verschwand der Aussatz. 14 Jesus befahl ihm, niemand etwas zu sagen. »Sondern geh zum Priester«, sagte er, »laß dir von ihm deine Heilung bestätigen und bring die Opfer , die Mose zur Wiederherstellung der Reinheit vorgeschrieben hat. So sollen alle erfahren, daß du geheilt worden bist.« 15 Darauf verbreitete sich die Nachricht von Jesus noch mehr. Scharenweise kamen die Menschen, um ihn zu hören und sich von ihren Krankheiten heilen zu lassen. 16 Aber Jesus zog sich zurück und hielt sich in einsamen Gegenden auf, um zu beten.

Jesus heilt einen Gelähmten

17 Während dieser Zeit geschah einmal folgendes: Jesus sprach gerade zu den Menschen, und vor ihm saßen Pharisäer und Gesetzeslehrer , die aus allen Ortschaften Galiläas und Judäas und sogar aus Jerusalem gekommen waren. In Jesus war Gottes Kraft am Werk und trieb ihn dazu, Kranke zu heilen. 18 Da brachten einige Männer einen Gelähmten auf einer Tragbahre herbei. Sie wollten ihn in das Haus hineintragen und vor Jesus niederlegen. 19 Aber wegen der Menschenmenge konnten sie nicht bis zu Jesus durchkommen. So stiegen sie auf das Dach, deckten einige Ziegel ab und ließen die Bahre mit dem Kranken mitten in der Menge genau vor Jesus nieder.
20 Als Jesus sah, wie groß ihr Vertrauen war, sagte er zu dem Kranken: »Du Mensch, deine Schuld ist dir vergeben!« 21 Die Gesetzeslehrer und Pharisäer dachten: »Was maßt der sich an, daß er eine solche Gotteslästerung auszusprechen wagt! Nur Gott kann den Menschen ihre Schuld vergeben, sonst niemand!«
22 Aber Jesus wußte, was sie dachten, und fragte sie: »Was macht ihr euch da für Gedanken? 23 Was ist leichter - zu sagen: 'Deine Schuld ist dir vergeben', oder: 'Steh auf und geh umher'? 24 Aber ihr sollt sehen, daß der Menschensohn die Vollmacht hat, hier auf der Erde Schuld zu vergeben!«
Und er sagte zu dem Gelähmten: »Ich befehle dir: Steh auf, nimm deine Tragbahre und geh nach Hause!«
25 Sofort stand der Mann vor aller Augen auf, nahm die Bahre, auf der er gelegen hatte, und ging nach Hause. Dabei pries er Gott. 26 Eine große Erregung erfaßte alle, die versammelt waren, und auch sie priesen Gott. Von Furcht erfüllt, sagten sie: »Unglaubliche Dinge haben wir heute erlebt!«

Jesus beruft Levi und ißt mit den Zolleinnehmern

27 Als Jesus danach die Stadt verließ, sah er einen Zolleinnehmer an der Zollstelle sitzen. Er hieß Levi. Jesus sagte zu ihm: »Komm, folge mir!« 28 Und Levi ließ alles zurück, stand auf und folgte Jesus. 29 Später gab Levi für Jesus ein großes Festessen in seinem Haus. Daran nahmen viele seiner bisherigen Kollegen und andere Bekannte teil. 30 Die Pharisäer , besonders die Gesetzeslehrer unter ihnen, murrten darüber und sagten zu den Jüngern : »Warum eßt und trinkt ihr mit den Zolleinnehmern und ähnlichem Volk?«
31 Aber Jesus antwortete ihnen: »Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken. 32 Ich bin nicht gekommen, solche Menschen in Gottes neue Welt einzuladen, bei denen alles in Ordnung ist, sondern solche, die Gott den Rücken gekehrt haben. Sie soll ich dazu aufrufen, ihr Leben zu ändern.«

Die Hochzeit hat begonnen

33 Darauf hielten die Pharisäer und ihre Gesetzeslehrer Jesus vor: »Die Jünger des Täufers Johannes fasten oft und verrichten Gebete, so wie es auch unsere Jünger tun. Aber deine Jünger essen und trinken!«
34 Jesus antwortete: »Ihr könnt doch nicht verlangen, daß die Hochzeitsgäste fasten, solange der Bräutigam da ist! 35 Die Zeit kommt früh genug, daß der Bräutigam ihnen entrissen wird; dann werden sie fasten.« 36 Jesus erklärte ihnen das Verhalten seiner Jünger noch weiter in Bildern; er sagte: »Niemand schneidet ein Stück von einem neuen Kleid ab, um damit ein altes zu flicken. Sonst hat er das neue Kleid zerschnitten, und zu dem alten paßt der Flicken von dem neuen gar nicht.
37 Auch füllt niemand neuen Wein, der noch gärt, in alte Schläuche. Sonst sprengt der neue Wein die alten Schläuche; der Wein fließt aus, und auch die Schläuche sind hin. 38 Nein, neuer Wein gehört in neue Schläuche!
39 Aber niemand, der alten Wein getrunken hat, wird danach neuen haben wollen. Denn er wird sagen: 'Der alte ist besser.'«

Jesus und der Sabbat

1 An einem Sabbat ging Jesus durch die Felder. Seine Jünger rissen Ähren ab, zerrieben sie in der Hand und aßen die Körner.
2 Da sagten einige von den Pharisäern : »Warum tut ihr da etwas, was nach dem Gesetz am Sabbat verboten ist?«
3 Jesus antwortete ihnen: »Habt ihr denn nicht gelesen, was David tat, als er und seine Männer hungrig waren? 4 Er ging in das Haus Gottes, nahm die geweihten Brote , aß davon und gab auch seinen Begleitern zu essen, obwohl nach dem Gesetz nur Priester davon essen dürfen.« 5 Und Jesus fügte hinzu: »Der Menschensohn ist Herr über den Sabbat; er hat zu bestimmen, was an diesem Tag getan werden darf.«

Jesus heilt am Sabbat

6 An einem anderen Sabbat ging Jesus in die Synagoge und sprach zu den Menschen. Dort war ein Mann, dessen rechte Hand war abgestorben. 7 Die Gesetzeslehrer und die Pharisäer suchten einen Anlaß, Jesus anzuzeigen; sie beobachteten deshalb genau, ob er am Sabbat heilen würde. 8 Aber Jesus kannte ihre Gedanken. Er sagte zu dem Mann mit der abgestorbenen Hand: »Steh auf und stell dich in die Mitte!« Der Mann stand auf und trat vor.
9 Dann sagte Jesus zu den Gesetzeslehrern und den Pharisäern: »Ich frage euch, was darf man nach dem Gesetz am Sabbat tun? Gutes oder Böses? Einem Menschen das Leben retten oder ihn umkommen lassen?«
10 Er schaute sie alle der Reihe nach an und sagte zu dem Mann: »Streck deine Hand aus!« Er tat es, und sie wurde wieder gesund. 11 Die Gesetzeslehrer und die Pharisäer packte eine unsinnige Wut, und sie berieten miteinander, was sie gegen Jesus unternehmen könnten.

Jesus wählt die zwölf Apostel aus

12 Damals geschah folgendes: Jesus ging auf einen Berg, um zu beten. Die ganze Nacht hindurch sprach er im Gebet mit Gott.
13 Als es Tag wurde, rief er seine Jünger zu sich und wählte aus ihnen zwölf aus, die er auch Apostel nannte. 14-16 Es waren: Simon, dem er den Namen Petrus gab, und dessen Bruder Andreas; dazu Jakobus, Johannes, Philippus, Bartholomäus, Matthäus, Thomas, Jakobus, der Sohn von Alphäus, Simon, genannt der Zelot , Judas, der Sohn von Jakobus, und Judas Iskariot, der Jesus später verriet.

DIE PREDIGT AM BERG (6,17-49)

Die Schar der Zuhörenden: die Apostel, die Jünger und das Volk

17 Jesus stieg mit den Aposteln den Berg hinunter. Auf einem ebenen Platz hatte sich eine große Menge seiner Jünger versammelt, Männer und Frauen, und dazu noch viele Menschen aus dem ganzen jüdischen Land und aus Jerusalem und aus dem Küstengebiet von Tyrus und Sidon.
18 Sie wollten ihn hören und sich von ihren Krankheiten heilen lassen. Menschen, die von bösen Geistern besessen waren, wurden von ihnen befreit. 19 Alle wollten Jesus berühren, denn es ging heilende Kraft von ihm aus und machte sie alle gesund.

Wer sich freuen darf ... Seligpreisungen und Weherufe

20 Jesus blickte auf die große Schar seiner Jünger , die Männer und Frauen, und sagte: »Freut euch, ihr Armen! Ihr werdet mit Gott leben in seiner neuen Welt. 21 Freut euch, die ihr jetzt Hunger habt! Gott wird euch satt machen. Freut euch, die ihr jetzt weint! Bald werdet ihr lachen. 22 Freuen dürft ihr euch, wenn euch die Leute hassen, ja, wenn sie euch aus ihrer Gemeinschaft ausstoßen und beschimpfen und verleumden, weil ihr euch zum Menschensohn bekennt! 23 Freut euch und springt vor Freude, wenn das geschieht; denn Gott wird euch reich belohnen. Mit den Propheten haben es die Vorfahren dieser Leute auch so gemacht. 24 Aber weh euch, ihr Reichen! Ihr habt euren Anteil schon kassiert. 25 Weh euch, die ihr jetzt satt seid! Ihr werdet hungern. Weh euch, die ihr jetzt lacht! Ihr werdet weinen und klagen. 26 Weh euch, wenn euch alle Leute loben; denn genauso haben es ihre Vorfahren mit den falschen Propheten gemacht.«

Die Feinde lieben

27 »Euch, die ihr mir zuhört, sage ich: Liebt eure Feinde; tut denen Gutes, die euch hassen; 28 segnet die, die euch verfluchen, und betet für alle, die euch schlecht behandeln.
29 Wenn dich jemand auf die Backe schlägt, dann halte ihm auch die andere Backe hin. Wenn dir jemand den Mantel wegnimmt, dann gib ihm noch das Hemd dazu.
30 Wenn jemand dich um etwas bittet, dann gib es ihm; und wenn jemand dir etwas wegnimmt, dann fordere es nicht zurück.
31 Behandelt die Menschen so, wie ihr selbst von ihnen behandelt sein wollt. 32 Warum erwartet ihr von Gott eine Belohnung, wenn ihr nur die liebt, die euch auch lieben? Das tun sogar die Menschen, die nicht nach dem Willen Gottes fragen. 33 Warum erwartet ihr von Gott eine Belohnung, wenn ihr nur die gut behandelt, die euch auch gut behandeln? Das tun auch die hartgesottensten Sünder. 34 Warum erwartet ihr von Gott eine Belohnung, wenn ihr nur denen etwas leiht, von denen ihr wißt, daß sie es euch zurückgeben werden? Ausleihen, um es auf Heller und Pfennig zurückzubekommen, das tun auch die Sünder gegenüber ihresgleichen!
35 Nein, eure Feinde sollt ihr lieben! Tut Gutes und leiht, ohne etwas zurückzuerwarten! Dann bekommt ihr reichen Lohn: Ihr werdet zu Kindern des Höchsten. Denn auch er ist gut zu den undankbaren und schlechten Menschen.«

Niemand verurteilen

36 »Werdet barmherzig, so wie euer Vater barmherzig ist!
37 Verurteilt nicht andere, dann wird Gott auch euch nicht verurteilen. Sitzt über niemand zu Gericht, dann wird Gott auch über euch nicht zu Gericht sitzen.
Verzeiht, dann wird Gott euch verzeihen. 38 Schenkt, dann wird Gott euch schenken; ja, er wird euch so überreich beschenken, daß ihr gar nicht alles fassen könnt. Darum gebraucht anderen gegenüber ein reichliches Maß; denn Gott wird bei euch dasselbe Maß verwenden.«

Gegen blinde und überhebliche Besserwisserei

39 Jesus machte ihnen auch in Bildern deutlich, wovor sie sich hüten sollen; er sagte:
»Kein Blinder kann einen Blinden führen, sonst fallen beide in die Grube. 40 Kein Schüler steht über seinem Lehrer. Und wenn er ausgelernt hat, soll er wie sein Lehrer sein. 41 Warum kümmerst du dich um den Splitter im Auge deines Bruders oder deiner Schwester und bemerkst nicht den Balken in deinem eigenen? 42 Wie kannst du zu deinem Bruder oder deiner Schwester sagen: 'Komm her, Bruder; komm her, Schwester; ich will dir den Splitter aus dem Auge ziehen', und merkst gar nicht, daß du selbst einen ganzen Balken im Auge hast? Scheinheilig bist du! Zieh doch erst den Balken aus deinem eigenen Auge, dann kannst du dich um den Splitter in einem anderen Auge kümmern!«

Der Baum und die Früchte

43 »Ein gesunder Baum trägt keine schlechten Früchte, und ein kranker Baum trägt keine guten. 44 An den Früchten ist zu erkennen, was jeder Baum wert ist. Von Disteln kann man ja auch keine Feigen pflücken und von Dornengestrüpp keine Weintrauben ernten.
45 Ein guter Mensch bringt Gutes hervor, weil er im Herzen gut ist. Aber ein schlechter Mensch kann nur Böses hervorbringen, weil er von Grund auf böse ist. Denn wovon das Herz voll ist, davon redet der Mund!«

Das Gleichnis vom Hausbau

46 »Was nennt ihr mich immerzu 'Herr', wenn ihr doch nicht tut, was ich sage?
47 Wer zu mir kommt und meine Worte hört und sich nach ihnen richtet - ich werde euch zeigen, wem er gleicht: 48 Er gleicht einem Menschen, der ein Haus baute und dabei tief grub und die Fundamente auf Felsgrund legte. Als das Hochwasser kam, prallten die Fluten gegen das Haus, aber es blieb stehen, weil es so fest gebaut war.
49 Wer dagegen meine Worte hört und sich nicht nach ihnen richtet, ist wie ein Mensch, der sein Haus einfach auf das Erdreich stellte, ohne ein Fundament. Als die Fluten dagegen prallten, fiel es sofort in sich zusammen, und alles lag in Trümmern.«

Der Hauptmann von Kafarnaum

1 Nachdem Jesus das alles vor den Ohren des versammelten Volkes gesagt und seine Rede beendet hatte, ging er nach Kafarnaum. 2 Dort In Kafarnaum lebte ein Hauptmann , ein Nichtjude. Er hatte einen Diener, den er sehr schätzte; der war schwer krank und lag im Sterben.
3 Als der Hauptmann von Jesus hörte, schickte er einige von den jüdischen Ortsvorstehern zu ihm. Sie sollten ihn bitten, zu kommen und seinem Diener das Leben zu retten.
4 Die Männer kamen zu Jesus und baten ihn dringend: »Der Mann ist es wert, daß du ihm hilfst. 5 Er liebt unser Volk. Er hat uns sogar die Synagoge gebaut.« 6 Jesus ging mit ihnen. Als er nicht mehr weit vom Haus entfernt war, schickte der Hauptmann ihm Freunde entgegen und ließ ihm ausrichten: »Herr, bemühe dich doch nicht! Ich weiß, daß ich dir, einem Juden, nicht zumuten kann, mein Haus zu betreten. 7 Deshalb hielt ich mich auch nicht für würdig, selbst zu dir zu kommen. Sag nur ein Wort, und mein Diener wird gesund! 8 Auch ich unterstehe höherem Befehl und kann meinen Soldaten Befehle erteilen. Wenn ich zu einem sage: 'Geh!', dann geht er; wenn ich zu einem andern sage: 'Komm!', dann kommt er; und wenn ich meinem Diener befehle: 'Tu das!', dann tut er's.« 9 Als Jesus das hörte, wunderte er sich über ihn. Er drehte sich um und sagte zu der Menge, die ihm folgte: »Wahrhaftig, solch ein Vertrauen habe ich nicht einmal in Israel gefunden!« 10 Als die Boten des Hauptmanns in das Haus zurückkamen, war der Diener gesund.

Jesus macht einen Toten lebendig

11 Bald darauf ging Jesus nach Naïn. Seine Jünger, die Männer und Frauen , und noch viele Leute folgten ihm. 12 Als sie in die Nähe des Stadttores kamen, wurde gerade ein Toter zur Bestattung hinausgetragen. Es war der Sohn einer Witwe, ihr einziger. Zahlreiche Bewohner der Stadt begleiteten die Mutter.
13 Als der Herr die Witwe sah, ergriff ihn das Mitleid, und er sagte zu ihr: »Weine nicht!«
14 Dann trat er näher und berührte die Bahre; die Träger blieben stehen. Er sagte zu dem Toten: »Du junger Mann, ich befehle dir: Steh auf!«
15 Da richtete der Tote sich auf und fing an zu reden, und Jesus gab ihn seiner Mutter zurück. 16 Alle wurden von Furcht gepackt; sie priesen Gott und riefen: »Ein großer Prophet ist unter uns aufgetreten! Gott selbst ist seinem Volk zu Hilfe gekommen!«
17 Die Kunde von dem, was Jesus getan hatte, verbreitete sich im ganzen jüdischen Land und in allen angrenzenden Gebieten.

Die Anfrage des Täufers Johannes

18 Johannes hörte durch seine Jünger von all diesen Ereignissen. Er rief zwei von ihnen zu sich 19 und schickte sie zum Herrn mit der Frage: »Bist du wirklich der, der kommen soll, oder müssen wir auf einen anderen warten?«
20 Die beiden kamen zu Jesus und sagten zu ihm: »Der Täufer Johannes hat uns zu dir geschickt, um dich zu fragen: 'Bist du wirklich der, der kommen soll, oder müssen wir auf einen anderen warten?'« 21 Jesus heilte damals gerade viele Leute von Krankheiten und schlimmen Leiden; er befreite Menschen von bösen Geistern und gab vielen Blinden das Augenlicht.
22 Er antwortete den Boten: »Geht zurück zu Johannes und berichtet ihm, was ihr hier gesehen und gehört habt: Blinde sehen, Gelähmte gehen, Aussätzige werden gesund, Taube hören, Tote stehen auf, und den Armen wird die Gute Nachricht verkündet. 23 Freuen darf sich, wer an mir nicht irre wird!«

Jesus spricht über den Täufer

24 Als die Boten des Täufers wieder weggegangen waren, fing Jesus an, zu der Menge über Johannes zu sprechen:
»Als ihr zu ihm in die Wüste hinausgezogen seid, was habt ihr da erwartet? Etwa ein Schilfrohr, das jedem Windzug nachgibt? 25 Oder was sonst wolltet ihr sehen? Einen Menschen in vornehmer Kleidung? Leute mit prächtigen Kleidern, die im Luxus leben, wohnen in Palästen!
26 Also, was habt ihr erwartet? Einen Propheten ? Ich versichere euch: Ihr habt mehr gesehen als einen Propheten! 27 Johannes ist der, von dem es in den Heiligen Schriften heißt: 'Ich sende meinen Boten vor dir her, sagt Gott, damit er den Weg für dich bahnt.' 28 Ich versichere euch: Johannes ist der Bedeutendste unter allen, die je von einer Frau geboren wurden. Aber der Geringste, der miterlebt, wie Gott jetzt seine Herrschaft aufrichtet, ist größer als er.
29 Das ganze Volk, das Johannes zuhörte, sogar die Zolleinnehmer , unterwarfen sich dem Urteil Gottes und ließen sich von Johannes taufen. 30 Nur die Pharisäer und die Gesetzeslehrer mißachteten die Rettung, die Gott ihnen zugedacht hatte, und lehnten es ab, sich von Johannes taufen zu lassen. 31 Mit wem soll ich die Menschen von heute vergleichen? Was für ein Bild paßt auf sie? 32 Sie sind wie die Kinder, die auf dem Marktplatz herumsitzen und sich gegenseitig vorwerfen: 'Wir haben euch Hochzeitslieder gespielt, aber ihr habt nicht getanzt!' - 'Wir haben euch Trauerlieder gesungen, aber ihr habt nicht geweint!'
33 Der Täufer Johannes ist gekommen, aß kein Brot und trank keinen Wein, und ihr sagt: 'Er ist von einem bösen Geist besessen.' 34 Der Menschensohn ist gekommen, ißt und trinkt, und ihr sagt: 'Seht ihn euch an, diesen Vielfraß und Säufer, diesen Kumpan der Zolleinnehmer und Sünder!'
35 Aber die Weisheit Gottes wird bestätigt durch alle, die für sie offen sind.«

Jesus, der Pharisäer und die Prostituierte

36 Ein Pharisäer hatte Jesus zum Essen eingeladen. Jesus ging in sein Haus und legte sich zu Tisch.
37 In derselben Stadt lebte eine Frau, die als Prostituierte bekannt war. Als sie hörte, daß Jesus bei dem Pharisäer eingeladen war, kam sie mit einem Fläschchen voll kostbarem Salböl. 38 Weinend trat sie an das Fußende des Polsters, auf dem Jesus lag, und ihre Tränen fielen auf seine Füße. Mit ihren Haaren trocknete sie ihm die Füße ab, bedeckte sie mit Küssen und salbte sie mit dem Öl. 39 Als der Pharisäer, der Jesus eingeladen hatte, das sah, sagte er sich: »Wenn dieser Mann wirklich ein Prophet wäre, wüßte er, was für eine das ist, von der er sich da anfassen läßt! Er müßte wissen, daß sie eine Hure ist.«
40 Da sprach Jesus ihn an: »Simon, ich muß dir etwas sagen!«
Simon sagte: »Lehrer , bitte sprich!« 41 Jesus begann: »Zwei Männer hatten Schulden bei einem Geldverleiher, der eine schuldete ihm fünfhundert Silberstücke, der andere fünfzig. 42 Weil keiner von ihnen zahlen konnte, erließ er beiden ihre Schulden. Welcher von ihnen wird wohl dankbarer sein?«
43 Simon antwortete: »Ich nehme an: der, der ihm mehr geschuldet hat.« »Du hast recht«, sagte Jesus.
44 Dann wies er auf die Frau und sagte zu Simon: »Sieh diese Frau an! Ich kam in dein Haus, und du hast mir kein Wasser für die Füße gereicht; sie aber hat mir die Füße mit Tränen gewaschen und mit ihren Haaren abgetrocknet. 45 Du gabst mir keinen Kuß zur Begrüßung, sie aber hat nicht aufgehört, mir die Füße zu küssen, seit ich hier bin. 46 Du hast meinen Kopf nicht mit Öl gesalbt, sie aber hat mir die Füße mit kostbarem Öl eingerieben.
47 Darum sage ich dir: Ihre große Schuld ist ihr vergeben worden. Eben deshalb hat sie mir soviel Liebe erwiesen. Wem wenig vergeben wird, der zeigt auch nur wenig Liebe.« 48 Dann sagte Jesus zu der Frau: »Deine Schuld ist dir vergeben!«
49 Die anderen Gäste fragten einander: »Was ist das für ein Mensch, daß er sogar Sünden vergibt?«
50 Jesus aber sagte zu der Frau: »Dein Vertrauen hat dich gerettet. Geh in Frieden !«

Verkündigung in ganz Galiläa. Jesus und seine ständige Begleitung

1 In der nun folgenden Zeit zog Jesus von Stadt zu Stadt und von Dorf zu Dorf. Überall verkündete er die Gute Nachricht , daß Gott jetzt seine Herrschaft aufrichten und sein Werk vollenden werde.
Dabei begleiteten ihn ständig die Zwölf 2 und einige Frauen, die er von bösen Geistern befreit und von Krankheiten geheilt hatte. Es waren Maria aus Magdala, aus der er sieben böse Geister ausgetrieben hatte, 3 Johanna, die Frau von Chuzas, einem Beamten in der Verwaltung des Fürsten Herodes, sowie Susanna; dazu kamen noch viele andere Frauen. Sie alle sorgten aus ihren eigenen Mitteln für Jesus und den Kreis der Zwölf.

Das Gleichnis von der Aussaat

4 Eine große Menschenmenge sammelte sich um Jesus, aus allen Orten strömten die Leute zu ihm. Da erzählte er ihnen ein Gleichnis :
5 »Ein Bauer ging aufs Feld, um seinen Samen zu säen. Als er die Körner ausstreute, fiel ein Teil von ihnen auf den Weg. Dort wurden sie zertreten und von den Vögeln aufgepickt. 6 Andere Körner fielen auf felsigen Boden. Sie gingen auf, vertrockneten dann aber, weil sie nicht genug Feuchtigkeit hatten. 7 Wieder andere Körner fielen mitten in Dornengestrüpp, das wuchs mit auf und erstickte das Korn. 8 Andere Körner schließlich fielen auf guten Boden, gingen auf und brachten hundertfache Frucht.« Darauf rief Jesus: »Wer Ohren hat, soll gut zuhören!«

Jesus erklärt das Gleichnis von der Aussaat

9 Die Jünger fragten Jesus, was dieses Gleichnis bedeute. 10 Jesus antwortete: »Euch hat Gott die Geheimnisse seines Planes erkennen lassen, nach dem er schon begonnen hat, seine Herrschaft in der Welt aufzurichten; die anderen bekommen davon nur in Gleichnissen zu hören. Sie sollen sehen und doch nichts erkennen, sie sollen hören und doch nichts verstehen. 11 Das Gleichnis will folgendes sagen:
Der Samen ist die Botschaft Gottes. 12 Bei manchen, die sie hören, geht es wie bei dem Samen, der auf den Weg fällt. Der Teufel kommt und nimmt weg, was in ihr Herz gesät worden ist. Er will nicht, daß sie die Botschaft annehmen und gerettet werden.
13 Bei anderen ist es wie bei dem Samen, der auf felsigen Boden fällt. Sie hören die Botschaft und nehmen sie mit Freuden an. Aber sie sind Menschen ohne Wurzel: Eine Zeitlang halten sie sich an die Botschaft; aber wenn sie auf die Probe gestellt werden, fallen sie ab.
14 Wieder bei anderen ist es wie bei dem Samen, der in das Dornengestrüpp fällt. Sie hören zwar die Botschaft, aber dann gehen sie davon und ersticken in ihren Alltagssorgen, in Reichtum und Vergnügungen und bringen keine Frucht.
15 Bei anderen schließlich ist es wie bei dem Samen, der auf guten Boden fällt. Sie nehmen die Botschaft mit gutem und willigem Herzen an, bewahren sie und bringen durch Standhaftigkeit Frucht.«

Zuhören und weitersagen

16 »Niemand zündet eine Lampe an und deckt sie dann mit einem Topf zu oder stellt sie unters Bett. Im Gegenteil, sie wird auf einen Lampenständer gestellt, damit alle, die das Haus betreten, das Licht sehen können.
17 So verhält es sich auch mit der Botschaft Gottes: Es gibt nichts Verborgenes an ihr, das nicht ans Licht kommen wird; nichts Geheimes, das nicht bekannt und öffentlich verkündet werden wird. 18 Gebt also acht, daß ihr richtig zuhört! Denn wer viel hat, dem wird noch mehr gegeben werden, und wer wenig hat, dem wird auch noch das wenige genommen werden, das er zu haben meint.«

Die Angehörigen von Jesus

19 Die Mutter und die Brüder von Jesus wollten ihn besuchen, konnten aber wegen der Menge nicht bis zu ihm durchkommen. 20 Es wurde ihm ausgerichtet: »Deine Mutter und deine Brüder stehen da hinten und wollen dich besuchen.«
21 Aber Jesus sagte: »Meine Mutter und meine Brüder sind die, die Gottes Botschaft hören und danach handeln.«

Im Sturm auf die Probe gestellt

22 Während dieser Zeit geschah es einmal, daß Jesus mit seinen Jüngern in ein Boot stieg und zu ihnen sagte: »Wir fahren ans andere Ufer!« So fuhren sie ab.
23 Unterwegs schlief Jesus ein. Plötzlich kam ein Sturm auf, ein Fallwind von den Bergen. Das Wasser schlug ins Boot, und sie waren in großer Gefahr.
24 Die Jünger gingen zu Jesus, weckten ihn und riefen: »Herr, Herr, wir gehen unter!« Jesus stand auf und sprach ein Machtwort zu dem Wind und den Wellen. Da hörten sie auf zu toben, und es wurde ganz still.
25 Zu den Jüngern aber sagte er: »Wo ist euer Vertrauen?«
Sie waren erschrocken und sehr erstaunt und sagten zueinander: »Wer ist das nur, daß er sogar dem Wind und den Wellen befiehlt, und sie gehorchen ihm!«

Der Besessene von Gerasa

26 Sie fuhren weiter und erreichten das Gebiet von Gerasa, das Galiläa gegenüber am anderen Seeufer liegt. 27 Als Jesus aus dem Boot stieg, lief ihm ein Mann aus jener Stadt entgegen. Er war von bösen Geistern besessen. Kleider trug er schon lange nicht mehr; er war auch nicht im Haus festzuhalten, sondern lebte in den Grabhöhlen.
28 Als er Jesus sah, schrie er auf, warf sich vor ihm zu Boden und rief: »Was hast du bei mir zu suchen, Jesus, du Sohn des höchsten Gottes? Bitte, quäle mich nicht!« 29 Jesus hatte nämlich dem bösen Geist befohlen, aus dem Besessenen auszufahren. Dieser Geist hatte den Mann schon lange in seiner Gewalt. Man hatte den Besessenen zwar immer wieder wie einen Gefangenen an Händen und Füßen gefesselt, aber jedesmal hatte er die Ketten zerrissen und war von dem bösen Geist in die Wildnis getrieben worden. 30 Jesus fragte ihn: »Wie heißt du?«
Er antwortete: »Legion .« Es waren nämlich viele böse Geister in den Mann gefahren. 31 Die baten Jesus, er solle sie nicht in den Abgrund verbannen.
32 In der Nähe weidete eine große Schweineherde auf dem Berg, und die bösen Geister baten ihn, in die Schweine fahren zu dürfen. Jesus erlaubte es ihnen. 33 Da kamen sie heraus aus dem Mann und fuhren in die Schweine, und die Herde raste das steile Ufer hinab in den See und ertrank. 34 Als die Schweinehirten das sahen, liefen sie davon und erzählten in der Stadt und in den Dörfern, was geschehen war. 35 Die Leute wollten es selbst sehen. Sie kamen zu Jesus und fanden den Mann, aus dem die bösen Geister ausgefahren waren, zu seinen Füßen sitzen. Er war ordentlich angezogen und bei klarem Verstand. Da befiel sie große Furcht.
36 Die Augenzeugen erzählten ihnen, wie der Besessene geheilt worden war. 37 Darauf bat die gesamte Bevölkerung von Gerasa und Umgebung, Jesus möge ihr Gebiet verlassen; so sehr fürchteten sie sich. Da stieg er ins Boot, um zurückzufahren. 38 Der Mann, aus dem die bösen Geister ausgefahren waren, bat Jesus, mit ihm gehen zu dürfen. Aber Jesus schickte ihn weg und sagte: 39 »Geh nach Hause und erzähl, was Gott für dich getan hat!« Der Mann zog durch die ganze Stadt und machte überall bekannt, was Jesus für ihn getan hatte.

Jesus heilt eine kranke Frau und erweckt ein Mädchen vom Tod

40 Als Jesus ans andere Seeufer zurückkam, empfing ihn die Volksmenge voll Freude; alle hatten auf ihn gewartet. 41 Da trat ein Mann namens Jaïrus auf ihn zu. Er war der Synagogenvorsteher am Ort. Er warf sich vor Jesus nieder und bat ihn, doch in sein Haus zu kommen; 42 seine etwa zwölfjährige Tochter, sein einziges Kind, lag nämlich im Sterben. Unterwegs umdrängten die Leute Jesus so, daß sie ihn fast erdrückten. 43 Es war auch eine Frau dabei, die seit zwölf Jahren an Blutungen litt. Niemand hatte ihr bisher helfen können, obwohl sie ihr ganzes Vermögen an Ärzte ausgegeben hatte. 44 Sie drängte sich von hinten an Jesus heran und berührte eine Quaste seines Gewandes. Sofort hörte die Blutung auf.
45 Jesus fragte: »Wer hat mich berührt?« Niemand wollte es gewesen sein, und Petrus sagte: »Herr, die Leute umringen dich so und erdrücken dich fast!«
46 Aber Jesus erwiderte: »Jemand hat mich berührt. Ich spürte, wie heilende Kraft von mir ausging.« 47 Als die Frau merkte, daß ihr Tun nicht verborgen geblieben war, trat sie zitternd vor und warf sich vor Jesus nieder. Vor dem ganzen Volk erklärte sie, warum sie ihn angefaßt hatte und daß sie im selben Augenblick geheilt worden war.
48 Jesus sagte zu ihr: »Meine Tochter, dein Vertrauen hat dir geholfen. Geh in Frieden !« 49 Während Jesus noch sprach, kam ein Bote aus dem Haus des Synagogenvorstehers und sagte zu Jaïrus: »Deine Tochter ist gestorben. Bemühe den Lehrer nicht weiter!«
50 Jesus hörte es und sagte zu Jaïrus: »Hab keine Angst! Faß nur Vertrauen, dann wird sie gerettet!« 51 Als er zum Haus kam, ließ er nur Petrus, Johannes und Jakobus mit hineingehen und dazu den Vater des Kindes und die Mutter.
52 Drinnen weinten alle und trauerten um das Mädchen. Jesus sagte: »Weint nicht! Es ist nicht tot, es schläft nur.« 53 Da lachten sie ihn aus, denn sie wußten, es war tot.
54 Aber Jesus nahm es bei der Hand und rief: »Mädchen, steh auf!« 55 Da kehrte wieder Leben in das Mädchen zurück und es stand sofort auf; und Jesus ließ ihm etwas zu essen geben.
56 Die Eltern waren fassungslos. Jesus aber befahl ihnen, es niemand weiterzusagen.

Die Aussendung der Zwölf

1 Jesus rief die Zwölf zusammen und gab ihnen Kraft und Vollmacht, alle bösen Geister auszutreiben und Krankheiten zu heilen. 2 Er sandte sie aus mit dem Auftrag, das Kommen der Herrschaft Gottes zu verkünden und die Kranken gesund zu machen.
3 Er sagte zu ihnen: »Nehmt nichts auf den Weg mit, keinen Wanderstock, keine Vorratstasche, kein Brot, kein Geld und auch kein zweites Hemd! 4 Wenn jemand euch aufnimmt, dann bleibt in seinem Haus, bis ihr von dort weiterzieht. 5 Wo sie euch nicht aufnehmen wollen, da verlaßt den Ort und schüttelt den Staub von den Füßen, damit die Bewohner gewarnt sind.« 6 Die Zwölf machten sich auf den Weg und wanderten durch die Dörfer. Sie verkündeten überall die Gute Nachricht und heilten die Kranken.

Herodes ist ratlos

7 Herodes Antipas, der Fürst in jenem Teil des Landes, hörte von all diesen Vorgängen. Er wußte nicht, was er davon halten sollte. Denn manche Leute sagten: »Der Täufer Johannes ist vom Tod auferweckt worden.« 8 Andere meinten, Elija sei aus dem Himmel zurückgekommen, und wieder andere, einer der alten Propheten sei auferstanden.
9 Herodes aber sagte: »Johannes habe ich doch selber den Kopf abschlagen lassen. Wer ist dann der, von dem ich solche Dinge höre?« Darum wollte Herodes Jesus kennenlernen.

Jesus gibt fünftausend Menschen zu essen

10 Die Apostel kamen zurück und berichteten Jesus, was sie getan hatten. Darauf zog er sich mit ihnen in Richtung Betsaida zurück. 11 Sobald die Leute das merkten, folgten sie ihm. Jesus wies sie nicht ab, sondern sprach zu ihnen über das Kommen der Herrschaft Gottes und heilte alle, die Hilfe brauchten. 12 Darüber wurde es Abend, und die Zwölf kamen und sagten zu ihm: »Schick doch die Leute weg! Sie sollen in die Dörfer und Höfe ringsum gehen, damit sie dort übernachten können und etwas zu essen bekommen. Hier sind wir ja in einer ganz einsamen Gegend.«
13 Aber Jesus sagte zu ihnen: »Gebt doch ihr ihnen zu essen!«
Sie antworteten: »Wir haben nur fünf Brote und zwei Fische; wir müßten erst losgehen und für dieses ganze Volk zu essen kaufen!« 14 Es waren nämlich an die fünftausend Männer versammelt. Jesus sagte zu seinen Jüngern : »Sorgt dafür, daß die Leute sich hinsetzen, in Tischgemeinschaften von je etwa fünfzig.« 15 Die Jünger taten es, und alle setzten sich.
16 Dann nahm Jesus die fünf Brote und die zwei Fische, sah zum Himmel auf und sprach das Segensgebet darüber. Er brach die Brote in Stücke, zerteilte auch die Fische und gab alles den Jüngern, damit sie es an die Menge austeilten.
17 Und die Leute aßen und wurden alle satt. Was sie an Brotstücken übrigließen, wurde eingesammelt: Es waren zwölf volle Körbe.

Petrus spricht aus, wer Jesus ist, und Jesus kündigt zum erstenmal seinen Tod an

18 Einmal hatte sich Jesus zum Gebet zurückgezogen, und nur seine Jünger waren bei ihm. Da fragte er sie: »Für wen halten mich eigentlich die Leute?«
19 Die Jünger gaben zur Antwort: »Einige halten dich für den wieder auferstandenen Täufer Johannes, andere für den wiedergekommenen Elija , und wieder andere meinen, einer der alten Propheten sei auferstanden.« 20 »Und ihr«, wollte Jesus wissen, »für wen haltet ihr mich?«
Petrus antwortete: »Für Christus , den von Gott versprochenen Retter!« 21 Da verbot er ihnen streng, es irgend jemand zu sagen, 22 und fügte hinzu: »Der Menschensohn muß vieles erleiden und muß von den Ratsältesten , den führenden Priestern und den Gesetzeslehrern verworfen werden, er muß getötet und am dritten Tag auferweckt werden.«

Jesus folgen heißt ihm das Kreuz nachtragen

23 Dann wandte sich Jesus an alle und sagte: »Wer mir folgen will, muß sich und seine Wünsche aufgeben, muß Tag für Tag sein Kreuz auf sich nehmen und auf meinem Weg hinter mir hergehen.
24 Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren. Wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, gerade der wird es retten. 25 Was hat ein Mensch davon, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber zuletzt sich selbst verliert oder sich doch schweren Schaden zufügt?
26 Wenn jemand nicht den Mut hat, sich zu mir und meiner Botschaft zu bekennen, dann wird auch der Menschensohn keinen Mut haben, sich zu ihm zu bekennen, wenn er in seiner Herrlichkeit kommt und in der Herrlichkeit des Vaters und der heiligen Engel . 27 Doch ich versichere euch: Einige von euch, die jetzt hier stehen, werden noch zu ihren Lebzeiten sehen, wie Gottes Herrschaft sich durchsetzt!«

Drei Jünger sehen Jesus in Herrlichkeit (Die »Verklärung«)

28 Etwa acht Tage, nachdem Jesus das gesagt hatte, nahm er Petrus, Johannes und Jakobus mit sich und stieg auf einen Berg, um zu beten.
29 Während er betete, veränderte sich sein Gesicht, und seine Kleider wurden leuchtend weiß. 30 Und dann standen auf einmal zwei Männer neben ihm und redeten mit ihm. Es waren Mose und Elija. 31 Sie erschienen in himmlischem Glanz und sprachen mit ihm über das Ende, das er nach Gottes Plan in Jerusalem nehmen sollte. 32 Petrus und die zwei anderen Jünger waren in tiefen Schlaf gefallen. Als sie aufwachten, sahen sie Jesus in seinem himmlischen Glanz und die zwei Männer, die bei ihm standen. 33 Als die beiden von Jesus weggehen wollten, sagte Petrus zu Jesus: »Wie gut, daß wir hier sind, Herr! Wir wollen drei Zelte aufschlagen, eins für dich, eins für Mose und eins für Elija. - Er wußte nicht, was er da redete. 34 Noch während Petrus das sagte, kam eine Wolke und warf ihren Schatten auf Jesus und auf Mose und Elija. Die drei wurden ganz eingehüllt von der Wolke, und die Jünger bekamen Angst. 35 Eine Stimme aus der Wolke sagte: »Dies ist mein Sohn , ihn habe ich erwählt; auf ihn sollt ihr hören!«
36 Nachdem die Stimme das gesagt hatte, war nur noch Jesus allein zu sehen. Die drei Jünger behielten dies alles für sich und erzählten damals niemand, was sie gesehen hatten.

Jesus heilt ein besessenes Kind. Die Hilflosigkeit der Jünger

37 Als Jesus mit den drei Jüngern am nächsten Tag den Berg hinunterstieg, kamen ihm viele Menschen entgegen. 38 Aus der Menge rief ein Mann ihm zu: »Lehrer , ich bitte dich, sieh nach meinem Sohn! Er ist mein einziges Kind. 39 Ein böser Geist packt ihn, läßt ihn plötzlich aufschreien, zerrt ihn hin und her, bis ihm der Schaum vor dem Mund steht, und läßt ihn kaum wieder los; er richtet ihn noch zugrunde. 40 Ich habe deine Jünger gebeten, den bösen Geist auszutreiben, aber sie konnten es nicht.« 41 Jesus antwortete: »Was seid ihr doch für eine verkehrte Generation, die Gott nichts zutraut! Wie lange soll ich noch bei euch aushalten und euch ertragen? Bring deinen Sohn hierher!«
42 Als der Junge kam, riß ihn der böse Geist zu Boden und zerrte ihn hin und her. Jesus sprach ein Machtwort zu dem bösen Geist, machte den Jungen gesund und gab ihn seinem Vater zurück. 9,43a Da erschraken alle sehr über die Macht und Größe Gottes.

Jesus kündigt zum zweitenmal seinen Tod an

Während die Menge staunte über all das, was Jesus tat, sagte er zu seinen Jüngern : 44 »Merkt euch gut, was ich sage: Bald wird der Menschensohn den Menschen ausgeliefert werden.«
45 Aber sie verstanden nicht, was er damit sagen wollte. Gott hatte es ihnen verborgen; sie sollten es noch nicht begreifen. Doch sie fürchteten sich auch, Jesus danach zu fragen.

Wer ist der Größte?

46 Unter den Jüngern kam die Frage auf, wer von ihnen der Größte sei.
47 Jesus kannte ihre Gedanken. Er nahm ein Kind, stellte es neben sich 48 und sagte zu ihnen: »Wer dieses Kind in meinem Namen aufnimmt, nimmt mich auf. Und wer mich aufnimmt, nimmt den auf, der mich gesandt hat. Also: Wer unter euch den geringsten Platz einnimmt, ist wirklich groß.«

Wer nicht gegen euch ist, ist für euch

49 Darauf sagte Johannes zu Jesus: »Herr, wir haben einen Mann gesehen, der hat deinen Namen dazu benutzt, böse Geister auszutreiben. Wir haben versucht, ihn daran zu hindern, weil er sich dir nicht anschließt so wie wir.«
50 »Laßt ihn doch!« sagte Jesus. »Wer nicht gegen euch ist, der ist für euch.«

JESUS AUF DEM WEG NACH JERUSALEM (9,51-19,27)

Jesus macht sich auf den Weg und wird abgewiesen

51 Als die von Gott bestimmte Zeit da war und der Tag näher kam, an dem Jesus in den Himmel aufgenommen werden sollte, machte er sich stark und faßte den Entschluß, nach Jerusalem zu gehen. 52 Jesus schickte Boten vor sich her. Die kamen in ein Dorf in Samarien und wollten eine Unterkunft für ihn bereitmachen. 53 Aber die Dorfbewohner weigerten sich, Jesus aufzunehmen, weil er auf dem Weg nach Jerusalem war.
54 Als seine Jünger Jakobus und Johannes das hörten, sagten sie zu Jesus: »Herr, sollen wir befehlen, daß Feuer vom Himmel fällt und sie vernichtet?«
55 Jesus wandte sich nach ihnen um und wies sie zurecht. Er sagte: »Ihr wißt nicht, was für ein Geist da aus euch spricht! 56 Der Menschensohn ist nicht gekommen, um Menschenleben zu vernichten, sondern um sie zu retten!« 56 So zogen sie in ein anderes Dorf.

Jüngerschaft ohne Wenn und Aber

57 Unterwegs sagte jemand zu Jesus: »Ich bin bereit, dir zu folgen, ganz gleich, wohin du gehst!« 58 Jesus antwortete ihm: »Die Füchse haben ihren Bau und die Vögel ihr Nest; aber der Menschensohn hat keinen Platz, wo er sich hinlegen und ausruhen kann.« 59 Zu einem anderen sagte Jesus: »Komm, folge mir!« Er aber antwortete: »Herr, erlaube mir, daß ich erst noch hingehe und meinen Vater begrabe.« 60 Jesus sagte zu ihm: »Überlaß es den Toten, ihre Toten zu begraben! Du aber geh hin und verkünde, daß Gott jetzt seine Herrschaft aufrichten will!« 61 Ein anderer sagte: »Herr, ich will ja gerne mit dir gehen, aber laß mich erst noch von meiner Familie Abschied nehmen!« 62 Jesus sagte zu ihm: »Wer seine Hand an den Pflug legt und zurückschaut, den kann Gott nicht gebrauchen, wenn er jetzt seine Herrschaft aufrichten will.«

Die Aussendung der Siebzig

10  1 Danach bestimmte der Herr weitere siebzig Boten und sandte sie zu zweien aus. Sie sollten vor ihm her in alle Städte und Ortschaften gehen, durch die er kommen würde.
2 Er sagte zu ihnen: »Hier wartet eine reiche Ernte, aber es gibt nicht genug Menschen, die helfen, sie einzubringen. Bittet den Herrn, dem diese Ernte gehört, daß er die nötigen Leute schickt!«
3 Und nun geht! Ich sende euch wie Lämmer mitten unter Wölfe. 4 Nehmt keinen Geldbeutel mit, keine Vorratstasche und keine Schuhe. Und bleibt unterwegs nicht stehen, um jemand zu begrüßen. 5 Wenn ihr in ein Haus kommt, sagt zuerst: 'Frieden sei mit diesem Haus!' 6 Wenn dort jemand wohnt, der für diesen Frieden bereit ist, wird euer Wunsch an ihm in Erfüllung gehen; andernfalls bleibt er wirkungslos. 7 Bleibt in diesem Haus und eßt und trinkt, was euch angeboten wird; denn wer arbeitet, hat ein Anrecht auf Lohn. Geht nicht von einem Haus zum andern. 8 Wenn ihr in eine Stadt kommt und sie euch aufnehmen, dann eßt, was euch angeboten wird. 9 Heilt die Kranken in der Stadt und sagt den Leuten: 'Gott richtet jetzt seine Herrschaft bei euch auf!'
10 Aber wenn ihr in eine Stadt kommt und niemand euch aufnehmen will, dann geht hinaus auf die Straßen der Stadt und ruft: 11 'Sogar den Staub eurer Stadt, der sich an unsere Füße geheftet hat, wischen wir ab und lassen ihn euch da. Aber das sollt ihr wissen: Gott richtet jetzt seine Herrschaft auf!'
12 Ich sage euch: Am Tag des Gerichts wird es den Menschen von Sodom besser ergehen als den Leuten einer solchen Stadt.«

Wer nicht hören will ...

13 »Weh dir, Chorazin! Weh dir, Betsaida! Wenn in Tyrus und Sidon die Wunder geschehen wären, die bei euch geschehen sind, die Leute dort hätten schon längst den Sack umgebunden, sich Asche auf den Kopf gestreut und ihr Leben geändert. 14 Am Tag des Gerichts wird es den Bewohnern von Tyrus und Sidon besser ergehen als euch!
15 Und du, Kafarnaum, meinst du, du wirst in den Himmel erhoben werden? In den tiefsten Abgrund wirst du gestürzt! 16 Wer auf euch hört, hört auf mich. Wer euch abweist, weist mich ab. Wer aber mich abweist, weist den ab, der mich gesandt hat.«

Die Rückkehr der Siebzig

17 Die Siebzig kamen zurück und berichteten voller Freude: »Herr, sogar die bösen Geister gehorchen uns, wenn wir uns auf deinen Namen berufen!« 18 Jesus sagte zu ihnen: »Ich sah den Satan wie einen Blitz vom Himmel fallen. 19 Ja, es ist wahr: Ich habe euch Vollmacht gegeben, auf Schlangen und Skorpione zu treten und die ganze Macht des Feindes zunichte zu machen. Er wird euch nicht das Geringste antun können. 20 Aber nicht darüber sollt ihr euch freuen, daß euch die bösen Geister gehorchen. Freut euch lieber darüber, daß eure Namen bei Gott aufgeschrieben sind!«

Grund zu Freude und Jubel

21 Damals wurde Jesus vom Geist Gottes mit jubelnder Freude erfüllt und rief: »Vater, Herr über Himmel und Erde, du hast angefangen, deine Herrschaft aufzurichten. Das hast du den Klugen und Gelehrten verborgen, aber den Unwissenden hast du es offenbar gemacht. Dafür preise ich dich! Ja, Vater, so wolltest du es haben! 22 Mein Vater hat mir alle Macht übergeben. Niemand kennt den Sohn , nur der Vater, und niemand den Vater, nur der Sohn - und die, denen der Sohn ihn offenbaren will.« 23 Dann wandte sich Jesus zu seinen Jüngern, den Männern und Frauen, und sagte: »Ihr dürft euch freuen, daß Gott euch die Augen gab, zu sehen und zu verstehen, was hier geschieht. 24 Ich sage euch: Viele Propheten und Könige wollten sehen, was ihr jetzt seht, aber sie haben es nicht gesehen. Sie wollten hören, was ihr jetzt hört, aber sie haben es nicht gehört.«

Das wichtigste Gebot

25 Da kam ein Gesetzeslehrer und wollte Jesus auf die Probe stellen; er fragte ihn: »Lehrer , was muß ich tun, um das ewige Leben zu bekommen?«
26 Jesus antwortete: »Was steht denn im Gesetz ? Was liest du dort?«
27 Der Gesetzeslehrer antwortete: »Liebe den Herrn, deinen Gott, von ganzem Herzen, mit ganzem Willen und mit aller deiner Kraft und deinem ganzen Verstand! Und: Liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst!«
28 »Du hast richtig geantwortet«, sagte Jesus. »Handle so, dann wirst du leben.«

Das Beispiel des barmherzigen Samariters

29 Aber dem Gesetzeslehrer war das zu einfach, und er fragte weiter: »Wer ist denn mein Mitmensch?« 30 Jesus nahm die Frage auf und erzählte die folgende Geschichte:
»Ein Mann ging von Jerusalem nach Jericho hinab. Unterwegs überfielen ihn Räuber. Sie nahmen ihm alles weg, schlugen ihn zusammen und ließen ihn halbtot liegen.
31 Nun kam zufällig ein Priester denselben Weg. Er sah den Mann liegen und ging vorbei. 32 Genauso machte es ein Levit , als er an die Stelle kam: Er sah ihn liegen und ging vorbei. 33 Schließlich kam ein Reisender aus Samarien . Als er den Überfallenen sah, ergriff ihn das Mitleid. 34 Er ging zu ihm hin, behandelte seine Wunden mit Öl und Wein und verband sie. Dann setzte er ihn auf sein eigenes Reittier und brachte ihn in das nächste Gasthaus, wo er sich weiter um ihn kümmerte.
35 Am anderen Tag zog er seinen Geldbeutel heraus, gab dem Wirt zwei Silberstücke und sagte: 'Pflege ihn! Wenn du noch mehr brauchst, will ich es dir bezahlen, wenn ich zurückkomme.'« 36 »Was meinst du?« fragte Jesus. »Wer von den dreien hat an dem Überfallenen als Mitmensch gehandelt?« 37 Der Gesetzeslehrer antwortete: »Der ihm geholfen hat!«
Jesus erwiderte: »Dann geh und mach du es ebenso!«

Jesus bei Maria und Marta

38 Als Jesus mit seinen Jüngern weiterzog, kam er in ein Dorf. Dort nahm ihn eine Frau namens Marta gastlich auf.
39 Sie hatte eine Schwester mit Namen Maria, die setzte sich zu Füßen des Herrn nieder und hörte ihm zu. 40 Marta dagegen war überbeschäftigt mit der Vorbereitung des Essens.
Schließlich trat Marta vor Jesus hin und sagte: »Herr, kümmert es dich nicht, daß mich meine Schwester die ganze Arbeit allein tun läßt? Sag ihr doch, daß sie mir helfen soll!« 41 Der Herr antwortete ihr: »Marta, Marta, du machst dir so viele Sorgen und verlierst dich an vielerlei, 42 aber nur eines ist notwendig. Maria hat die gute Wahl getroffen; sie hat sich für das unverlierbar Gute entschieden, das ihr nicht genommen werden kann.«

Über das Beten

11  1 Einmal hatte sich Jesus zum Gebet zurückgezogen. Als er es beendet hatte, bat ihn einer der Jünger : »Herr, sag uns doch, wie wir beten sollen! Johannes hat es seine Jünger auch gelehrt.«
2 Jesus antwortete: »Das soll euer Gebet sein: Vater! Mach deinen Namen groß in der Welt! Komm und richte deine Herrschaft auf! 3 Gib uns jeden Tag, was wir zum Leben brauchen. 4 Vergib uns unsere Verfehlungen, denn auch wir vergeben allen, die an uns schuldig geworden sind. Und laß uns nicht in die Gefahr kommen, dir untreu zu werden.« 5 Dann sagte Jesus zu seinen Jüngern: »Stellt euch vor, einer von euch geht mitten in der Nacht zu seinem Freund und bittet ihn: 'Lieber Freund, leih mir doch drei Brote! 6 Ich habe gerade Besuch von auswärts bekommen und kann ihm nichts anbieten.'
7 Würde da der Freund im Haus wohl rufen: 'Laß mich in Ruhe! Die Tür ist schon zugeschlossen, und meine Kinder liegen bei mir im Bett. Ich kann nicht aufstehen und dir etwas geben'?
8 Ich sage euch, wenn er auch nicht gerade aus Freundschaft aufsteht und es ihm gibt, so wird er es doch wegen der Unverschämtheit jenes Menschen tun und ihm alles geben, was er braucht. 9 Deshalb sage ich euch: Bittet, und ihr werdet bekommen! Sucht, und ihr werdet finden! Klopft an, und es wird euch geöffnet! 10 Denn wer bittet, der bekommt; wer sucht, der findet; und wer anklopft, dem wird geöffnet.
11 Ist unter euch ein Vater, der seinem Kind eine Schlange geben würde, wenn es um einen Fisch bittet? 12 Oder einen Skorpion, wenn es um ein Ei bittet? 13 So schlecht ihr auch seid, ihr wißt doch, was euren Kindern guttut, und gebt es ihnen. Wieviel mehr wird der Vater im Himmel denen den Heiligen Geist geben, die ihn darum bitten.«

Steht Jesus mit dem Teufel im Bund?

14 Jesus heilte einen Stummen, der von einem bösen Geist besessen war. Als der böse Geist von ihm ausgefahren war, konnte der Mann wieder sprechen. Die Menge staunte, 15 aber einige sagten: »Er kann die bösen Geister nur austreiben, weil Beelzebul , der oberste aller bösen Geister, ihm die Macht dazu gibt.« 16 Andere wollten Jesus auf die Probe stellen und verlangten von ihm ein Zeichen vom Himmel als Beweis dafür, daß er wirklich von Gott beauftragt sei.
17 Jesus wußte, was sie dachten, und sagte zu ihnen: »Jeder Staat, dessen Machthaber einander befehden, muß untergehen, und alle Häuser sinken in Trümmer. 18 Wenn nun der Satan mit sich im Streit läge - und das behauptet ihr ja, wenn ihr sagt, ich würde die bösen Geister mit Hilfe von Beelzebul austreiben -, wie könnte da seine Herrschaft bestehen?
19 Und wenn ich die bösen Geister austreibe, weil ich mit Beelzebul im Bund stehe, wer gibt dann euren Leuten die Macht, sie auszutreiben? Eure eigenen Leute werden es sein, die euch das Urteil sprechen! 20 Nein, ich treibe die bösen Geister mit dem Finger Gottes aus, und daran könnt ihr sehen, daß Gott schon angefangen hat, mitten unter euch seine Herrschaft aufzurichten. 21 Solange ein Starker, mit Waffen gut ausgerüstet, seinen Palast bewacht, ist sein Besitz in Sicherheit. 22 Sobald aber ein Stärkerer kommt, der ihn besiegt, nimmt der ihm alle Waffen weg, auf die er sich verließ, und verteilt die Beute, die er bei sich aufgehäuft hat.
23 Wer nicht für mich ist, der ist gegen mich, und wer mir nicht sammeln hilft, der zerstreut.«

Warnung vor den Folgen eines Rückfalls

24 »Wenn ein böser Geist einen Menschen verläßt, irrt er durch Wüsten und sucht nach einer Bleibe. Wenn er keine findet, sagt er sich: 'Ich gehe lieber wieder in meine alte Behausung!' 25 Er kehrt zurück und findet alles sauber und aufgeräumt.
26 Darauf geht er hin und sucht sich sieben andere böse Geister, die noch schlimmer sind als er selbst, und sie kommen und wohnen dort. So ist dieser Mensch am Ende schlimmer dran als am Anfang.«

Wer sich freuen darf ...

27 Als Jesus das sagte, rief eine Frau aus der Menge: »Die Frau darf sich freuen, die dich geboren und aufgezogen hat!«
28 Aber Jesus erwiderte: »Mehr noch dürfen die sich freuen, die Gottes Wort hören und danach leben!«

Jesus verweigert den gewünschten Beweis

29 Als immer mehr Menschen bei Jesus zusammenströmten, sagte er: »Diese Generation ist eine böse Generation. Sie verlangt einen Beweis, aber es wird ihr keiner gegeben werden. Ausgenommen das Wunder, das an Jona geschah - den Beweis wird sie bekommen! 30 Wie nämlich Jona für die Leute von Ninive zu einem 'Beweis' wurde, so wird es der Menschensohn für diese Generation werden. 31 Am Tag des Gerichts wird die Königin aus dem Süden aufstehen und die Menschen dieser Generation schuldig sprechen; denn sie kam vom Ende der Welt, um die weisen Lehren Salomos zu hören. Und hier steht ein Größerer als Salomo!
32 Am Tag des Gerichts werden die Bewohner von Ninive aufstehen und diese Generation schuldig sprechen; denn als Jona sie warnte, haben sie ihr Leben geändert. Und hier steht ein Größerer als Jona!«

Jesus als das Licht sehen, empfangen und festhalten

33 »Niemand zündet eine Lampe an, um sie dann zu verstecken oder unter einen Topf zu stellen. Im Gegenteil, sie kommt auf den Lampenständer, damit alle, die das Haus betreten, das Licht sehen können. 34 Dein Auge vermittelt dir das Licht. Ist dein Auge gut, so bist du ganz von Licht durchdrungen; ist es schlecht, so bist du voller Finsternis. 35 Gib also acht, daß das Licht in dir nicht Finsternis ist!
36 Wenn du nun ganz vom Licht durchdrungen bist und nichts mehr an dir finster ist, dann wirst du ganz und gar im Licht sein - so wie du es bist, wenn der Lichtstrahl der Lampe dich trifft.«

Weherufe über die Pharisäer und die Gesetzeslehrer

37 Jesus hatte gerade aufgehört zu sprechen, da lud ihn ein Pharisäer zum Essen ein. Jesus ging zu ihm ins Haus und setzte sich zu Tisch.
38 Der Pharisäer war überrascht, als er sah, daß Jesus sich vor dem Essen die Hände nicht wusch.
39 Da sagte der Herr zu ihm: »So seid ihr Pharisäer! Ihr reinigt sogar noch das Äußere von Becher und Schüssel. Aber ihr selbst seid in eurem Innern voll von Raub und Schlechtigkeit. 40 Was seid ihr doch unverständig! Hat Gott, der das Äußere gemacht hat, nicht auch das Innere gemacht? 41 Gebt den Armen, was in den Schüsseln ist, und alles ist euch rein ! 42 Weh euch Pharisäern! Ihr gebt Gott den zehnten Teil von allem, sogar noch von Gewürzen wie Minze und Raute und von jedem Gartenkraut. Aber ihr kümmert euch nicht um das Recht eurer Mitmenschen und die Liebe zu Gott. Dies solltet ihr tun, ohne das andere zu vernachlässigen! 43 Weh euch Pharisäern! Ihr liebt die Ehrenplätze im Gottesdienst und laßt euch auf der Straße gern respektvoll grüßen. 44 Weh euch! Ihr seid wie unkenntlich gewordene Gräber, über die die Menschen nichtsahnend hinweggehen und dadurch unrein werden.« 45 Einer der Gesetzeslehrer sagte: »Lehrer , damit beleidigst du auch uns!«
46 Jesus antwortete: »Weh auch euch Gesetzeslehrern! Ihr ladet den Menschen kaum tragbare Lasten auf, macht aber selbst keinen Finger krumm, um sie zu tragen. 47 Weh euch! Ihr baut wunderschöne Grabmäler für die Propheten , die von euren Vorfahren umgebracht worden sind. 48 Damit bezeugt ihr öffentlich, daß ihr mit den Taten eurer Vorfahren einverstanden seid: Sie haben die Propheten umgebracht, und ihr baut die Grabmäler. 49 Deshalb hat die Weisheit Gottes ja auch über euch gesagt: 'Ich werde ihnen Propheten und Apostel senden; sie aber werden einige von ihnen töten und die anderen verfolgen. 50 So kommt es dahin, daß diese Generation zur Rechenschaft gezogen wird für die Ermordung aller Propheten seit der Erschaffung der Welt, 51 von Abel bis hin zu Secharja, der zwischen Brandopferaltar und Tempelhaus umgebracht worden ist.'
Ich versichere euch: Diese Generation wird für das alles zur Rechenschaft gezogen werden. 52 Weh euch, ihr Gesetzeslehrer! Ihr habt den Schlüssel weggenommen, der die Tür zur Erkenntnis öffnet. Ihr selbst seid nicht hineingegangen, und ihr habt alle gehindert, die hineinwollten.« 53 Nachdem Jesus das Haus verlassen hatte, ließen die Gesetzeslehrer und die Pharisäer ihn nicht mehr aus den Augen und achteten genau auf alles, was er sagte. 54 Sie lauerten darauf, eine verfängliche Äußerung aus seinem Mund zu hören.

Warnung vor Scheinheiligkeit

12  1 Inzwischen waren Tausende von Menschen zusammengekommen, so viele, daß sie einander auf die Füße traten. Jesus wandte sich zuerst seinen Jüngern zu, den Männern und Frauen; er sagte zu ihnen: »Nehmt euch in acht vor dem Sauerteig der Pharisäer - ich meine: Laßt euch nicht von ihrer Scheinheiligkeit anstecken! 2 Was verhüllt ist, wird offenbar werden, und was niemand weiß, wird allen bekannt werden. 3 Deshalb laßt auch ihr euch warnen: Was ihr in der Dunkelheit gesagt habt, werden alle am hellen Tag zu hören bekommen. Was ihr jemand hinter verschlossener Tür ins Ohr geflüstert habt, wird laut in der Öffentlichkeit ausgerufen werden.«

Aufforderung zu furchtlosem Bekennen

4 »Euch, meinen Freunden, den Männern und Frauen, sage ich: Fürchtet euch nicht vor Menschen! Sie können nur den Leib töten, aber darüber hinaus können sie euch nichts anhaben. 5 Ich will euch sagen, wen ihr fürchten sollt: Fürchtet den, der nicht nur töten kann, sondern auch noch die Macht hat, euch ins ewige Verderben zu schicken. Ja, ich sage euch, den sollt ihr fürchten!
6 Kauft man nicht fünf Spatzen für zwei Groschen? Und doch kümmert sich Gott um jeden einzelnen von ihnen. 7 Doch bei euch ist sogar jedes Haar auf dem Kopf gezählt. Habt keine Angst: Ihr seid Gott mehr wert als ein ganzer Schwarm Spatzen! 8 Ich sage euch: Wer sich vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem wird sich auch der Menschensohn am Gerichtstag bekennen vor den Engeln Gottes. 9 Wer mich aber vor den Menschen nicht kennen will, den wird auch der Menschensohn nicht kennen am Gerichtstag vor den Engeln Gottes.
10 Wer den Menschensohn beschimpft, kann Vergebung finden. Wer aber den Heiligen Geist beleidigt, wird keine Vergebung finden. 11 Wenn sie euch vor die Synagogengerichte schleppen und vor andere Richter und Machthaber, dann macht euch keine Sorgen darüber, wie ihr euch verteidigen oder was ihr sagen sollt. 12 Denn der Heilige Geist wird euch in dem Augenblick eingeben, was ihr sagen müßt.«

Gegen die Sorge um Reichtum und Lebenssicherung

13 Ein Mann in der Menge wandte sich an Jesus: »Lehrer , sag doch meinem Bruder, er soll mit mir das Erbe teilen, das unser Vater uns hinterlassen hat!«
14 Jesus antwortete ihm: »Freund, ich bin nicht zum Richter für eure Erbstreitigkeiten bestellt!«
15 Dann sagte er zu allen: »Gebt acht! Hütet euch vor jeder Art von Habgier! Denn der Mensch gewinnt sein Leben nicht aus seinem Besitz, auch wenn der noch so groß ist.« 16 Jesus erzählte ihnen dazu eine Geschichte:
»Ein reicher Grundbesitzer hatte eine besonders gute Ernte gehabt. 17 'Was soll ich jetzt tun?' überlegte er. 'Ich weiß gar nicht, wo ich das alles unterbringen soll! 18 Ich hab's', sagte er, 'ich reiße meine Scheunen ab und baue größere! Dann kann ich das ganze Getreide und alle meine Vorräte dort unterbringen 19 und kann zu mir selbst sagen: Gut gemacht! Jetzt bist du auf viele Jahre versorgt. Gönne dir Ruhe, iß und trink nach Herzenslust und genieße das Leben!'
20 Aber Gott sagte zu ihm: 'Du Narr, noch in dieser Nacht werde ich dein Leben von dir zurückfordern! Wem gehört dann dein Besitz?'« 21 Und Jesus schloß: »So steht es mit allen, die für sich selber Besitz aufhäufen, aber bei Gott nichts besitzen.«

Die vielen Sorgen und die einzige Sorge

22 Dann sagte Jesus zu seinen Jüngern, den Männern und Frauen: »Darum sage ich euch: Macht euch keine Sorgen um euer Leben, ob ihr etwas zu essen habt, und um euren Leib, ob ihr etwas anzuziehen habt! 23 Das Leben ist mehr als Essen und Trinken, und der Leib ist mehr als die Kleidung! 24 Seht euch die Raben an! Sie säen nicht und ernten nicht, sie haben weder Scheune noch Vorratskammer. Aber Gott sorgt für sie. Und ihr seid ihm doch viel mehr wert als die Vögel!
25 Wer von euch kann durch Sorgen sein Leben auch nur um einen Tag verlängern? 26 Wenn ihr nicht einmal so eine Kleinigkeit zustande bringt, warum quält ihr euch dann mit Sorgen um all die anderen Dinge? 27 Seht euch die Blumen auf den Feldern an, wie sie wachsen! Sie arbeiten nicht und machen sich keine Kleider, doch ich sage euch: Nicht einmal Salomo bei all seinem Reichtum war so prächtig gekleidet wie irgendeine von ihnen. 28 Wenn Gott sogar die Feldblumen so ausstattet, die heute blühen und morgen verbrannt werden, dann wird er sich erst recht um euch kümmern. Habt doch mehr Vertrauen! 29 Zerbrecht euch also nicht den Kopf darüber, was ihr essen und trinken werdet. 30 Mit all dem plagen sich Menschen, die Gott nicht kennen. Euer Vater weiß, was ihr braucht. 31 Sorgt euch nur darum, daß ihr euch seiner Herrschaft unterstellt, dann wird er euch schon mit dem anderen versorgen. 32 Sei ohne Angst, du kleine Herde! Euer Vater ist entschlossen, euch seine neue Welt zu schenken!«

Reichtum bei Gott

33 »Verkauft euren Besitz und schenkt das Geld den Armen! Verschafft euch Geldbeutel, die kein Loch bekommen, und sammelt Reichtümer bei Gott, die euch nicht zwischen den Fingern zerrinnen und nicht von Dieben gestohlen und von Motten zerfressen werden. 34 Denn euer Herz wird immer dort sein, wo ihr eure Schätze habt.«

Bereit für Gottes neue Welt und das Kommen des Menschensohnes

35 »Haltet euch bereit, und laßt eure Lampen nicht verlöschen! 36 Seid wie Diener und Dienerinnen, die auf ihren Herrn warten, der auf einer Hochzeit ist. Wenn er dann spät zurückkommt und an die Tür klopft, können sie ihm sofort aufmachen.
37 Sie dürfen sich freuen, wenn der Herr sie bei seiner Ankunft wach und dienstbereit findet. Ich versichere euch: Er wird sich die Schürze umbinden, sie zu Tisch bitten und sie selber bedienen.
38 Vielleicht kommt er erst um Mitternacht oder sogar noch später. Freude ohne Ende ist ihnen gewiß, wenn er sie dann wachend antrifft! 39 Macht euch das eine klar: Wenn ein Hausherr im voraus wüßte, zu welcher Stunde der Dieb kommt, würde er den Einbruch verhindern. 40 So müßt auch ihr jederzeit bereit sein; denn der Menschensohn wird zu einer Stunde kommen, wenn ihr es nicht erwartet.«

Die besondere Verantwortung der Apostel

41 Petrus fragte: »Herr, bezieht sich der Vergleich mit dem Hausherrn auf alle oder nur auf uns Apostel ?« 42 Der Herr antwortete: »Wer ist denn wohl der treue und kluge Verwalter, dem sein Herr den Auftrag geben wird, die Dienerschaft zu beaufsichtigen und jedem pünktlich die Tagesration auszuteilen? 43 Er darf sich freuen, wenn sein Herr zurückkehrt und ihn bei seiner Arbeit findet. 44 Ich versichere euch: Sein Herr wird ihm die Verantwortung für alle seine Güter übertragen. 45 Wenn er sich aber sagt: 'So bald kommt mein Herr nicht zurück' und anfängt, die Diener und Dienerinnen zu schlagen, üppig zu essen und sich zu betrinken, 46 dann wird sein Herr an einem Tag und zu einer Stunde zurückkehren, wenn er überhaupt nicht damit rechnet. Er wird ihn in Stücke hauen und ihn dorthin bringen lassen, wo die Treulosen ihre Strafe verbüßen. 47 Der Diener, der die Anweisungen seines Herrn kennt und sie nicht bereitwillig befolgt, wird hart bestraft. 48 Ein Diener, der den Willen seines Herrn nicht kennt und etwas tut, wofür er Strafe verdient hätte, wird besser davonkommen. Wem viel gegeben worden ist, von dem wird auch viel verlangt. Je mehr einem Menschen anvertraut wird, desto mehr wird von ihm gefordert.«

Zeit der Entscheidung, Zeit der Entzweiung

49 »Ich bin gekommen, um auf der Erde ein Feuer zu entzünden, und ich wollte, es stünde schon in hellen Flammen. 50 Aber ich muß noch eine Taufe auf mich nehmen - hätte ich sie doch schon hinter mir! 51 Meint ihr, ich sei gekommen, um Frieden in die Welt zu bringen? Nein, nicht Frieden, sage ich euch, sondern Entzweiung. 52 Denn so wird es von nun an zugehen: Wenn fünf Menschen in einer Familie zusammenleben, werden drei gegen zwei stehen und zwei gegen drei. 53 Der Vater wird gegen den Sohn sein und der Sohn gegen den Vater. Die Mutter wird gegen die Tochter sein und die Tochter gegen die Mutter. Die Schwiegermutter wird gegen die Schwiegertochter sein und die Schwiegertochter gegen die Schwiegermutter.«

Letzte Gelegenheit, sein Leben in Ordnung zu bringen

54 Jesus wandte sich wieder der Volksmenge zu und sagte: »Wenn ihr eine Wolke im Westen aufsteigen seht, sagt ihr gleich: 'Es wird regnen', und dann regnet es auch. 55 Wenn ihr merkt, daß Südwind weht, sagt ihr: 'Es wird heiß werden', und so geschieht es auch.
56 Ihr Scheinheiligen! Das Aussehen von Himmel und Erde könnt ihr beurteilen und schließt daraus, wie das Wetter wird. Warum versteht ihr dann nicht, was die Ereignisse dieser Zeit ankündigen? 57 Könnt ihr denn nicht von selbst erkennen, worauf es jetzt ankommt? 58 Es ist, wie wenn du von deinem Gläubiger vor Gericht geschleppt wirst. Dann gibst du dir doch auch Mühe, die Sache mit ihm in Ordnung zu bringen, solange du noch mit ihm auf dem Weg bist. Wenn du erst einmal vor Gericht stehst, wird dich der Richter dem Gefängniswärter übergeben, und der bringt dich ins Gefängnis. 59 Ich sage dir: Dort kommst du erst wieder heraus, wenn du deine Schuld bis auf den letzten Pfennig bezahlt hast!«

Wenn ihr euch nicht ändert ...

13  1 Um diese Zeit kamen einige Leute zu Jesus und erzählten ihm von den Männern aus Galiläa , die Pilatus töten ließ, als sie gerade im Tempel Opfer darbrachten; ihr Blut vermischte sich mit dem Blut ihrer Opfertiere.
2 Jesus sagte zu ihnen: »Meint ihr etwa, daß sie einen so schrecklichen Tod fanden, weil sie schlimmere Sünder waren als die anderen Leute in Galiläa? 3 Nein, ich sage euch: Wenn ihr euch nicht ändert, werdet ihr alle genauso umkommen!
4 Oder denkt an die achtzehn, die der Turm am Teich Schiloach unter sich begrub! Meint ihr, daß sie schlechter waren als die übrigen Einwohner Jerusalems? 5 Nein, ich sage euch: Ihr werdet alle genauso umkommen, wenn ihr euch nicht ändert!«

Der unfruchtbare Feigenbaum

6 Dann erzählte ihnen Jesus folgendes Gleichnis :
»Ein Mann hatte in seinem Weinberg einen Feigenbaum gepflanzt. Er kam und suchte Früchte an ihm und fand keine. 7 Da sagte er zu seinem Weingärtner: 'Hör zu: Drei Jahre sind es nun schon, daß ich herkomme und an diesem Feigenbaum nach Früchten suche und keine finde. Also hau ihn um, was soll er für nichts und wieder nichts den Boden aussaugen!' 8 Aber der Weingärtner sagte: 'Herr, laß ihn doch dieses Jahr noch stehen! Ich will den Boden rundherum gut auflockern und düngen. 9 Vielleicht trägt der Baum dann im nächsten Jahr Früchte. Wenn nicht, dann laß ihn umhauen!'«

Jesus heilt eine Frau am Sabbat

10 Einmal sprach Jesus am Sabbat in einer Synagoge . 11 Nun war dort eine Frau, die schon achtzehn Jahre lang von einem bösen Geist geplagt wurde, der sie krank machte. Sie war verkrümmt und konnte sich nicht mehr aufrichten.
12 Als Jesus sie sah, rief er sie zu sich und sagte zu ihr: »Frau, du sollst deine Krankheit los sein!« 13 Und er legte ihr die Hände auf. Sofort richtete sie sich auf und pries Gott. 14 Da griff der Synagogenvorsteher ein. Er ärgerte sich, daß Jesus die Frau ausgerechnet am Sabbat geheilt hatte, und sagte zu der Menge: »Die Woche hat sechs Tage zum Arbeiten. Also kommt an einem Werktag, um euch heilen zu lassen, aber nicht am Sabbat.« 15 Der Herr erwiderte ihm: »Ihr Scheinheiligen! Jeder von euch bindet doch am Sabbat seinen Ochsen oder Esel von der Futterkrippe los und führt ihn zur Tränke. 16 Aber diese Frau hier, die eine Tochter Abrahams ist - achtzehn Jahre lang hielt sie der Satan gebunden, und sie sollte nicht an einem Sabbat von dieser Fessel befreit werden dürfen?«
17 Als Jesus das sagte, mußten alle seine Gegner sich geschlagen geben. Aber die ganze große Menge freute sich über all die wunderbaren Taten, die Jesus vollbrachte.

Senfkorn und Sauerteig: Der entscheidende Anfang ist gemacht

18 Dann sagte Jesus: »Wie geht es zu, wenn Gott seine Herrschaft aufrichtet? Womit kann ich das vergleichen?
19 Es ist wie bei dem Senfkorn, das jemand in seinem Garten in die Erde steckte. Es ging auf und wuchs und wurde zu einem Baum, und die Vögel bauten ihre Nester in seinen Zweigen.« 20 Noch einmal fragte Jesus: »Womit kann ich das vergleichen, wenn Gott seine Herrschaft aufrichtet?
21 Es ist wie mit dem Sauerteig : Eine Frau mengte eine Handvoll davon unter eine riesige Menge Mehl, und er machte den ganzen Teig sauer.«

Die enge Tür - die verschlossene Tür: Aufruf zu rechtzeitigem Handeln

22 Jesus zog weiter auf dem Weg nach Jerusalem. Unterwegs sprach er in Städten und Dörfern.
23 Einmal fragte ihn jemand: »Herr, werden nur wenige gerettet?« Jesus antwortete: 24 »Die Tür zu Gottes neuer Welt ist eng; kämpft darum, daß ihr Einlaß findet! Denn viele, sage ich euch, werden sich am Ende darum bemühen, aber es nicht mehr schaffen.
25 Wenn der Hausherr aufsteht und die Tür abschließt, werdet ihr draußen stehen und klopfen und rufen: 'Herr, mach uns auf!' Doch er wird euch antworten: 'Ich weiß nicht, wo ihr herkommt!' 26 Dann werdet ihr sagen: 'Wir haben doch mit dir zusammen gegessen und getrunken, und du hast auf den Straßen unserer Stadt gelehrt.'
27 Aber er wird euch antworten: 'Ich weiß nicht, wo ihr herkommt. Ihr habt es allesamt versäumt, das Rechte zu tun, geht mir aus den Augen!'
28 Da werdet ihr dann jammern und mit den Zähnen knirschen, wenn ihr Abraham , Isaak, Jakob und alle Propheten in Gottes neuer Welt seht, doch ihr selbst seid ausgeschlossen. 29 Aus Ost und West, aus Nord und Süd werden die Menschen kommen und in Gottes neuer Welt zu Tisch sitzen. 30 Seid darauf gefaßt: Es gibt solche, die jetzt noch zu den Letzten zählen; die werden dann die Ersten sein. Und andere zählen jetzt zu den Ersten, die werden dann die Letzten sein.«

Jesus muß bis nach Jerusalem kommen

31 Da kamen einige Pharisäer zu Jesus und warnten ihn: »Verlaß diese Gegend und geh anderswo hin; Herodes will dich töten!«
32 Jesus antwortete: »Geht und sagt diesem Fuchs: 'Ich treibe böse Geister aus und heile Kranke heute und morgen; erst am dritten Tag werde ich am Ziel sein. 33 Aber heute und morgen und auch am Tag danach muß ich meinen Weg noch fortsetzen; denn es ist undenkbar, daß ein Prophet außerhalb von Jerusalem umgebracht wird.'«

Klage über Jerusalem

34 »Jerusalem, Jerusalem, du tötest die Propheten und steinigst die Boten, die Gott zu dir schickt! Wie oft wollte ich deine Bewohner um mich scharen, wie eine Henne ihre Küken unter die Flügel nimmt! Aber ihr habt nicht gewollt.
35 Deshalb wird Gott euren Tempel verlassen. Ich sage euch, ihr werdet mich erst wiedersehen, wenn ihr rufen werdet: 'Heil dem, der im Auftrag des Herrn kommt!'« Jesus zu Tisch mit Pharisäern (14,1-24)

Kritik an der Gesetzesauslegung der Pharisäer: Heilung am Sabbat

14  1 An einem Sabbat ging Jesus zum Essen in das Haus eines der führenden Pharisäer , und die dort versammelten Männer beobachteten ihn genau.
2 Auf einmal stand vor Jesus ein Mann, der an Wassersucht litt. 3 Jesus fragte die Gesetzeslehrer und Pharisäer: »Ist es nach dem Gesetz Gottes erlaubt, am Sabbat Kranke zu heilen oder nicht?«
4 Sie gaben ihm keine Antwort. Da berührte Jesus den Kranken, machte ihn gesund und ließ ihn gehen. 5 Dann sagte er zu den Anwesenden: »Wenn einem von euch ein Kind in den Brunnen fällt oder auch nur ein Rind, holt er es dann nicht auf der Stelle heraus, auch wenn es gerade Sabbat ist?«
6 Sie wußten nicht, was sie dagegen vorbringen sollten.

Kritik an ihrer Selbsteinschätzung: Wer bekommt die Ehrenplätze?

7 Jesus hatte beobachtet, wie die zum Essen Geladenen die Ehrenplätze für sich aussuchten. Das nahm er zum Anlaß, sie in einem Bild darauf hinzuweisen, welche Regeln an Gottes Tisch gelten. 8 »Wenn dich jemand zu einem Hochzeitsmahl einlädt, dann setz dich nicht gleich auf den Ehrenplatz. Es könnte ja sein, daß eine noch vornehmere Person eingeladen ist. 9 Der Gastgeber, der euch beide geladen hat, müßte dann kommen und dich auffordern, den Ehrenplatz abzutreten. Dann müßtest du beschämt auf dem untersten Platz sitzen.
10 Setz dich lieber auf den letzten Platz, wenn du eingeladen bist. Wenn dann der Gastgeber kommt, wird er zu dir sagen: 'Lieber Freund, komm, nimm weiter oben Platz!' So wirst du vor allen geehrt, die mit dir eingeladen sind.
11 Wenn du dich selbst groß machst, wird Gott dich demütigen. Wenn du dich selbst geringachtest, wird Gott dich zu Ehren bringen.«

Kritik an ihrem berechnenden Wesen: Wer ist einzuladen?

12 Dann wandte sich Jesus an den Gastgeber: »Wenn du ein Essen gibst, am Mittag oder am Abend, dann lade nicht deine Freunde ein, deine Brüder und Verwandten oder die reichen Nachbarn. Sie laden dich dann nur wieder ein, und du hast deinen Lohn gehabt.
13 Nein, wenn du ein Essen gibst, dann lade Arme, Verkrüppelte, Gelähmte und Blinde ein! 14 Dann darfst du dich freuen, weil sie es dir nicht vergelten können; denn Gott selbst wird es dir vergelten, wenn er die vom Tod erweckt, die getan haben, was ihm gefällt.«

Warnung, Gottes Einladung auszuschlagen: Gleichnis vom großen Festmahl

15 Einer von den Gästen griff dieses Wort auf und sagte zu Jesus: »Ja, freuen dürfen sich alle, die mit zu Tisch sitzen werden in Gottes neuer Welt!« 16 Doch Jesus antwortete ihm mit einem Gleichnis ; er sagte:
»Ein Mann hatte viele Leute zu einem großen Essen eingeladen. 17 Als die Stunde für das Mahl da war, schickte er seinen Diener, um die Gäste zu bitten: 'Kommt! Alles ist hergerichtet!' 18 Aber einer nach dem andern begann, sich zu entschuldigen.
Der erste erklärte: 'Ich habe ein Stück Land gekauft, das muß ich mir jetzt unbedingt ansehen; bitte, entschuldige mich.'
19 Ein anderer sagte: 'Ich habe fünf Ochsengespanne gekauft und will gerade sehen, ob sie etwas taugen; bitte, entschuldige mich.'
20 Ein dritter sagte: 'Ich habe eben erst geheiratet, darum kann ich nicht kommen.' 21 Der Diener kam zurück und berichtete alles seinem Herrn. Da wurde der Herr zornig und befahl ihm: 'Lauf schnell auf die Straßen und Gassen der Stadt und hol die Armen, Verkrüppelten, Blinden und Gelähmten her!' 22 Der Diener kam zurück und meldete: 'Herr, ich habe deinen Befehl ausgeführt, aber es ist immer noch Platz da.'
23 Der Herr sagte zu ihm: 'Dann geh auf die Landstraßen und an die Zäune draußen vor der Stadt, wo die Landstreicher sich treffen, und dränge die Leute hereinzukommen, damit mein Haus voll wird!'« 24 Jesus schloß: »Das sollt ihr wissen: Von den zuerst geladenen Gästen kommt mir niemand an meinen Tisch!«

Was Jesus von denen verlangt, die ihm folgen wollen

25 Als Jesus wieder unterwegs war, zog eine große Menge Menschen hinter ihm her. Er wandte sich nach ihnen um und sagte: 26 »Wer sich mir anschließen will, muß bereit sein, mit Vater und Mutter zu brechen, ebenso mit Frau und Kindern, mit Brüdern und Schwestern; er muß bereit sein, sogar das eigene Leben aufzugeben. Sonst kann er nicht mein Jünger sein. 27 Wer nicht sein Kreuz trägt und mir auf meinem Weg folgt, kann nicht mein Jünger sein. 28 Wenn jemand von euch ein Haus bauen will, setzt er sich doch auch zuerst hin und überschlägt die Kosten. Er muß ja sehen, ob sein Geld dafür reicht. 29 Sonst hat er vielleicht das Fundament gelegt und kann nicht mehr weiterbauen. Alle, die das sehen, werden ihn dann auslachen und werden sagen: 30 'Dieser Mensch wollte ein Haus bauen, aber er kann es nicht vollenden.' 31 Oder wenn ein König gegen einen anderen König Krieg führen will, wird er sich auch zuerst überlegen, ob er mit zehntausend Mann stark genug ist, sich den zwanzigtausend des anderen entgegenzustellen. 32 Wenn nicht, tut er besser daran, dem Gegner Unterhändler entgegenzuschicken, solange er noch weit weg ist, und die Friedensbedingungen zu erkunden.« 33 Jesus schloß: »Niemand von euch kann mein Jünger sein, wenn er nicht zuvor alles aufgibt, was er hat.«

Ein ernstes Wort an die Jünger

34 »Salz ist etwas Gutes; wenn es aber seine Kraft verliert, wie kann es sie wiederbekommen? 35 Selbst für den Acker oder den Misthaufen taugt es nicht mehr und wird weggeworfen. Wer Ohren hat, soll gut zuhören!«

Das verlorene Schaf

15  1 Eines Tages waren wieder einmal alle Zolleinnehmer und all die anderen, die einen ebenso schlechten Ruf hatten, bei Jesus versammelt und wollten ihn hören. 2 Die Pharisäer und die Gesetzeslehrer murrten und sagten: »Er läßt das Gesindel zu sich! Er ißt sogar mit ihnen!« 3 Da erzählte ihnen Jesus folgendes Gleichnis :
4 »Stellt euch vor, einer von euch hat hundert Schafe, und eines davon verläuft sich. Läßt er dann nicht die neunundneunzig allein in der Steppe weitergrasen und sucht das verlorene so lange, bis er es findet? 5 Und wenn er es gefunden hat, dann freut er sich, nimmt es auf die Schultern 6 und trägt es nach Hause. Dort ruft er seine Freunde und Nachbarn zusammen und sagt zu ihnen: 'Freut euch mit mir, ich habe mein verlorenes Schaf wiedergefunden!'
7 Ich sage euch: Genauso ist bei Gott im Himmel mehr Freude über einen Sünder, der ein neues Leben anfängt, als über neunundneunzig andere, die das nicht nötig haben.«

Das verlorene Geldstück

8 »Oder stellt euch vor, eine Frau hat zehn Silberstücke und verliert eins davon. Zündet sie da nicht eine Lampe an, fegt das ganze Haus und sucht in allen Ecken, bis sie das Geldstück gefunden hat? 9 Und wenn sie es gefunden hat, ruft sie ihre Freundinnen und Nachbarinnen zusammen und sagt zu ihnen: 'Freut euch mit mir, ich habe mein verlorenes Silberstück wiedergefunden!'
10 Ich sage euch: Genauso freuen sich die Engel Gottes über einen einzigen Sünder, der ein neues Leben anfängt.«

Der Vater und seine zwei Söhne

11 Jesus erzählte weiter:
»Ein Mann hatte zwei Söhne. 12 Der jüngere sagte: 'Vater, gib mir den Teil der Erbschaft, der mir zusteht!' Da teilte der Vater seinen Besitz unter die beiden auf.
13 Nach ein paar Tagen machte der jüngere Sohn seinen ganzen Anteil zu Geld und zog weit weg in die Fremde. Dort lebte er in Saus und Braus und verjubelte alles.
14 Als er nichts mehr hatte, brach in jenem Land eine große Hungersnot aus; da ging es ihm schlecht. 15 Er hängte sich an einen Bürger des Landes, der schickte ihn aufs Feld zum Schweinehüten. 16 Er war so hungrig, daß er auch mit dem Schweinefutter zufrieden gewesen wäre; aber er bekam nichts davon. 17 Endlich ging er in sich und sagte: 'Mein Vater hat so viele Arbeiter, die bekommen alle mehr, als sie essen können, und ich komme hier um vor Hunger. 18 Ich will zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich bin vor Gott und vor dir schuldig geworden; 19 ich bin es nicht mehr wert, dein Sohn zu sein. Nimm mich als einen deiner Arbeiter in Dienst!' 20 So machte er sich auf den Weg zu seinem Vater.
Er war noch ein gutes Stück vom Haus entfernt, da sah ihn schon sein Vater kommen, und das Mitleid ergriff ihn. Er lief ihm entgegen, fiel ihm um den Hals und überhäufte ihn mit Küssen.
21 'Vater', sagte der Sohn, 'ich bin vor Gott und vor dir schuldig geworden, ich bin es nicht mehr wert, dein Sohn zu sein!' 22 Aber der Vater rief seinen Dienern zu: 'Schnell, holt das beste Kleid für ihn, steckt ihm einen Ring an den Finger und bringt ihm Schuhe! 23 Holt das Mastkalb und schlachtet es! Wir wollen ein Fest feiern und uns freuen! 24 Denn mein Sohn hier war tot, jetzt lebt er wieder. Er war verloren, jetzt ist er wiedergefunden.' Und sie begannen zu feiern. 25 Der ältere Sohn war noch auf dem Feld. Als er zurückkam und sich dem Haus näherte, hörte er das Singen und Tanzen. 26 Er rief einen der Diener herbei und fragte ihn, was denn da los sei. 27 Der sagte: 'Dein Bruder ist zurückgekommen, und dein Vater hat das Mastkalb schlachten lassen, weil er ihn gesund wiederhat.' 28 Der ältere Sohn wurde zornig und wollte nicht ins Haus gehen. Da kam der Vater heraus und redete ihm gut zu. 29 Aber der Sohn sagte zu ihm: 'Du weißt doch: All die Jahre habe ich wie ein Sklave für dich geschuftet, nie war ich dir ungehorsam. Was habe ich dafür bekommen? Mir hast du nie auch nur einen Ziegenbock gegeben, damit ich mit meinen Freunden feiern konnte. 30 Aber der da, dein Sohn, hat dein Geld mit Huren durchgebracht; und jetzt kommt er nach Hause, da schlachtest du gleich das Mastkalb für ihn.' 31 'Mein Sohn', sagte der Vater, 'du bist immer bei mir, und dir gehört alles, was ich habe. 32 Wir konnten doch gar nicht anders als feiern und uns freuen! Denn dein Bruder war tot, jetzt ist er wieder am Leben. Er war verloren, und jetzt ist er wiedergefunden.'«

Vom Umgang mit Geld: Die Geschichte vom untreuen Verwalter

16  1 Dann wandte sich Jesus seinen Jüngern zu, den Männern und Frauen, und erzählte ihnen folgende Geschichte:
»Ein reicher Mann hatte einen Verwalter, der ihn betrog. Als sein Herr davon erfuhr, 2 ließ er ihn rufen und stellte ihn zur Rede: 'Was muß ich von dir hören? Leg die Abrechnung vor, du kannst nicht länger mein Verwalter sein!' 3 Da sagte sich der Mann: 'Was soll ich machen, wenn mein Herr mir die Stelle wegnimmt? Für schwere Arbeiten bin ich zu schwach, und zu betteln schäme ich mich. 4 Ich weiß, was ich tun werde: Ich muß mir Freunde verschaffen, die mich aufnehmen, wenn ich hier entlassen werde.'
5 So rief er nacheinander alle zu sich, die bei seinem Herrn Schulden hatten. Er fragte den ersten: 'Wieviel schuldest du meinem Herrn?'
6 'Hundert Fässer Olivenöl', war die Antwort.
'Hier ist dein Schuldschein', sagte der Verwalter; 'setz dich hin und schreib fünfzig!'
7 Einen anderen fragte er: 'Wie steht es bei dir, wieviel Schulden hast du?'
'Hundert Sack Weizen', war die Antwort.
'Hier ist dein Schuldschein, schreib achtzig!'« 8 Jesus, der Herr, lobte den betrügerischen Verwalter wegen seines klugen Vorgehens. Denn in der Tat: Die Menschen dieser Welt sind, wenn es ums Überleben geht, viel klüger als die Menschen des Lichtes.
9 »Ich sage euch«, forderte Jesus seine Jünger auf, »nutzt das leidige Geld dazu, durch Wohltaten Freunde zu gewinnen. Wenn es mit euch und eurem Geld zu Ende geht, werden sie euch dafür eine Wohnung bei Gott verschaffen.«

Vom Umgang mit Geld: Zuverlässigkeit, wie Jesus sie versteht

10 Jesus fuhr fort: »Wer in kleinen Dingen zuverlässig ist, wird es auch in großen sein, und wer in kleinen unzuverlässig ist, ist es auch in großen.
11 Wenn ihr also im Umgang mit dem leidigen Geld nicht zuverlässig seid, wird euch niemand das wirklich Wertvolle anvertrauen. 12 Wenn ihr mit dem nicht umgehen könnt, was euch gar nicht gehört, wie soll Gott euch dann schenken, was er euch als Eigentum zugedacht hat? 13 Kein Diener kann zwei Herren zugleich dienen. Er wird den einen vernachlässigen und den anderen bevorzugen. Er wird dem einen treu sein und den anderen hintergehen. Ihr könnt nicht beiden zugleich dienen: Gott und dem Geld.«

Vom Umgang mit Geld: Der Spott der Pharisäer

14 Das alles hatten die Pharisäer mit angehört. Weil sie geldgierig waren, lachten sie über Jesus. 15 Er aber sagte zu ihnen: »Vor den Menschen stellt ihr euch so hin, als führtet ihr ein Leben, das Gott gefällt; aber Gott sieht euch ins Herz. Was bei den Menschen Eindruck macht, das verabscheut Gott.«

Das Gesetz Moses und die neue Zeit. Am Beispiel der Ehe ...

16 »Bisher gab es nur das Gesetz und die Weisungen der Propheten . Diese Zeit ist mit dem Täufer Johannes abgeschlossen. Seitdem wird die Gute Nachricht verkündet, daß Gott seine Herrschaft aufrichtet, und alle drängen herbei und wollen in die neue Welt Gottes eingelassen werden.
17 Doch eher werden Himmel und Erde vergehen, als daß auch nur ein Komma im Gesetz ungültig wird. 18 Das bedeutet zum Beispiel: Wer sich von seiner Frau trennt und eine andere heiratet, begeht Ehebruch. Und wer eine Geschiedene heiratet, wird zum Ehebrecher.«

... und am Beispiel des Besitzes (Der reiche Mann und der arme Lazarus)

19 Jesus sagte: »Es war einmal ein reicher Mann, der immer die teuerste Kleidung trug und Tag für Tag im Luxus lebte.
20 Vor seinem Haustor lag ein Armer, der hieß Lazarus. Sein Körper war ganz mit Geschwüren bedeckt. 21 Er wartete darauf, daß von den Mahlzeiten des Reichen ein paar kümmerliche Reste für ihn abfielen. Er konnte sich nicht einmal gegen die Hunde wehren, die seine Wunden beleckten. 22 Der Arme starb, und die Engel trugen ihn an den Ort, wo das ewige Freudenmahl gefeiert wird; dort erhielt er den Ehrenplatz an der Seite Abrahams.
Auch der Reiche starb und wurde begraben. 23 In der Totenwelt litt er große Qualen. Als er aufblickte, sah er in weiter Ferne Abraham, und Lazarus auf dem Platz neben ihm. 24 Da rief er laut: 'Vater Abraham, hab Erbarmen mit mir! Schick mir doch Lazarus! Er soll seine Fingerspitze ins Wasser tauchen und meine Zunge ein wenig kühlen, denn das Feuer hier brennt entsetzlich.' 25 Aber Abraham sagte: 'Mein Sohn, denk daran, daß du schon zu Lebzeiten das dir zugemessene Glück erhalten hast, Lazarus aber nur Unglück. Dafür kann er sich nun hier freuen, während du Qualen leidest. 26 Außerdem liegt zwischen uns und euch ein riesiger Graben. Selbst wenn jemand wollte, könnte er nicht zu euch kommen, genauso wie keiner von dort zu uns gelangen kann.' 27 Da bat der reiche Mann: 'Vater Abraham, dann schick Lazarus doch wenigstens in mein Elternhaus! 28 Ich habe noch fünf Brüder. Er soll sie warnen, damit sie nicht auch an diesen schrecklichen Ort kommen!'
29 Doch Abraham sagte: 'Deine Brüder haben das Gesetz Moses und die Weisungen der Propheten . Sie brauchen nur darauf zu hören.'
30 Der Reiche erwiderte: 'Vater Abraham, das genügt nicht! Aber wenn einer von den Toten zu ihnen käme, dann würden sie ihr Leben ändern.'
31 Abraham sagte: 'Wenn sie auf Mose und die Propheten nicht hören, dann lassen sie sich auch nicht überzeugen, wenn jemand vom Tod aufersteht.'«

Vom gegenseitigen Verhalten in der Jüngergemeinschaft

17  1 Jesus wandte sich wieder seinen Jüngern zu, den Männern und Frauen; er sagte zu ihnen:
»Es ist unvermeidlich, daß Dinge geschehen, durch die Menschen an Gott irre werden. Aber wehe dem Menschen, der daran mitschuldig wird! 2 Es wäre besser für ihn, er würde mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer geworfen, als daß er auch nur einen dieser kleinen, unbedeutenden Menschen, die mir vertrauen, an Gott irre werden läßt. 3 Seid wachsam gegen euch selbst! Wenn dein Bruder - und das gilt entsprechend für die Schwester - ein Unrecht begangen hat, dann stell ihn zur Rede, und wenn er es bereut, dann verzeih ihm. 4 Selbst wenn er siebenmal am Tag an dir schuldig wird, sollst du ihm verzeihen, wenn er kommt und sagt: 'Es tut mir leid!'«

Von der Macht des Gottvertrauens

5 Die Apostel sagten zum Herrn: »Stärke doch unser Vertrauen zu Gott!«
6 Der Herr antwortete: »Wenn euer Vertrauen auch nur so groß wäre wie ein Senfkorn, dann könntet ihr zu dem Maulbeerbaum dort sagen: 'Zieh deine Wurzeln aus der Erde und verpflanze dich ins Meer!', und er würde euch gehorchen.«

Kein Anspruch auf besondere Anerkennung

7 »Stellt euch vor, jemand von euch hat einen Sklaven und der kommt vom Pflügen oder Schafehüten nach Hause. Wird er wohl gleich als erstes zu ihm sagen: 'Bitte, komm und setz dich zu Tisch'?
8 Gewiß nicht! Er wird ihm sagen: 'Mach mir das Essen fertig, binde dir die Schürze um, und bediene mich bei Tisch! Wenn ich fertig bin, kannst du auch essen und trinken.'
9 Wird er sich etwa bei dem Sklaven bedanken, weil der getan hat, was ihm befohlen war? 10 So ist es auch mit euch. Wenn ihr alles getan habt, was Gott euch befohlen hat, dann sagt: 'Wir sind Diener, weiter nichts; wir haben nur getan, was uns aufgetragen war.'«

Der dankbare Samariter

11 Auf dem Weg nach Jerusalem zog Jesus durch das Grenzgebiet von Samarien und Galiläa. 12 Als er in ein Dorf ging, kamen ihm zehn Aussätzige entgegen. Sie blieben in gehörigem Abstand stehen 13 und riefen laut: »Jesus! Herr! Hab Erbarmen mit uns!«
14 Jesus sah sie und befahl ihnen: »Geht zu den Priestern und laßt euch eure Heilung bestätigen!« Und als sie unterwegs waren, wurden sie tatsächlich gesund.
15 Einer aus der Gruppe kam zurück, als er es merkte. Laut pries er Gott, 16 warf sich vor Jesus nieder, das Gesicht zur Erde, und dankte ihm. Und das war ein Samariter . 17 Jesus sagte: »Sind nicht alle zehn gesund geworden? Wo sind dann die anderen neun? 18 Ist keiner zurückgekommen, um Gott die Ehre zu erweisen, nur dieser Fremde hier?«
19 Dann sagte er zu dem Mann: »Steh auf und geh nach Hause, dein Vertrauen hat dich gerettet.«

Wann richtet Gott seine Herrschaft auf?

20 Einige Pharisäer fragten Jesus, wann die Herrschaft Gottes anbrechen werde.
Jesus antwortete: »Ihr dürft nicht nach Vorzeichen ausschauen 21 und an allen möglichen Orten nach ihr suchen! Denn schon jetzt, mitten unter euch, richtet Gott seine Herrschaft auf!«

Vom Kommen des Menschensohnes

22 Dann sagte Jesus zu den Jüngern, den Männern und Frauen: »Es wird die Zeit kommen, wo ihr euch danach sehnt, auch nur einen Tag unter der Herrschaft des Menschensohnes zu erleben. Aber es wird euch nicht vergönnt sein.
23 Sie werden zu euch sagen: 'Schaut doch hierher!' oder: 'Schaut dorthin!' Aber geht nicht hin und gebt nichts darauf. 24 Wenn sein Tag da ist, wird der Menschensohn kommen wie ein Blitz, der mit einem Schlag den ganzen Horizont ringsum erhellt.
25 Aber zuvor muß er noch vieles erleiden und von den Menschen dieser Generation verworfen werden. 26 Wenn der Menschensohn kommt, wird es genauso sein wie zur Zeit Noachs : 27 Die Menschen aßen und tranken und heirateten, wie sie es gewohnt waren - bis zu dem Tag, an dem Noach in die Arche ging. Dann kam die Flut und vernichtete sie alle.
28 Und es wird auch genauso sein wie in den Tagen Lots : Sie aßen und tranken, sie kauften und verkauften, bestellten das Land und bauten Häuser, wie sie es gewohnt waren. 29 An dem Tag aber, an dem Lot die Stadt Sodom verließ, fiel Feuer und Schwefel vom Himmel und vernichtete sie alle. 30 Ganz genauso wird es an dem Tag sein, an dem der Menschensohn erscheint. 31 Wer an jenem Tag gerade auf dem Dach ist und seine Sachen unten im Haus liegen hat, soll keine Zeit damit verlieren, erst noch hineinzugehen, um sie zu holen. Und wer gerade auf dem Feld ist, soll nicht einmal mehr zurückschauen, um sein Haus noch einmal zu sehen. 32 Denkt an Lots Frau! 33 Wer sein Leben retten will, wird es verlieren, und wer es verliert, wird es retten. 34 Ich sage euch: Von zwei Männern, die in jener Nacht auf einem Bett schlafen, wird der eine angenommen, der andere zurückgelassen. 35 Von zwei Frauen, die zusammen Korn mahlen, wird die eine angenommen, die andere zurückgelassen.« 36 Von zwei Männern, die auf dem Feld arbeiten, wird der eine angenommen, der andere zurückgelassen. 37 Die Jünger fragten: »Wo wird das geschehen, Herr?«
Jesus antwortete ihnen: »Wo Aas liegt, da sammeln sich die Geier.«

Das Gleichnis vom Richter und der Witwe

18  1 Mit einem Gleichnis zeigte Jesus seinen Jüngern, den Männern und Frauen, daß sie immer beten müssen und darin nicht nachlassen dürfen. Er erzählte:
2 »In einer Stadt lebte ein Richter, der nicht nach Gott fragte und alle Menschen verachtete. 3 In der gleichen Stadt lebte auch eine Witwe. Sie kam immer wieder zu ihm gelaufen und bat ihn: 'Verhilf mir zu meinem Recht!'
4 Lange Zeit wollte der Richter nicht, doch schließlich sagte er sich: 'Es ist mir zwar völlig gleichgültig, was Gott und Menschen von mir halten; 5 aber weil die Frau mir lästig wird, will ich dafür sorgen, daß sie ihr Recht bekommt. Sonst kratzt sie mir noch die Augen aus.'« 6 Und der Herr fuhr fort: »Habt ihr gehört, was dieser korrupte Richter sagt? 7 Wird dann nicht Gott erst recht seinen Erwählten zu ihrem Recht verhelfen, wenn sie Tag und Nacht zu ihm schreien? Wird er sie etwa lange warten lassen? 8 Ich sage euch: Er wird ihnen sehr schnell ihr Recht verschaffen.
Aber wird der Menschensohn , wenn er kommt, auf der Erde überhaupt noch Menschen finden, die in Treue auf ihn warten?«

Die Beispielgeschichte von dem Pharisäer und dem Zolleinnehmer

9 Dann wandte sich Jesus einigen Leuten zu, die voller Selbstvertrauen meinten, in Gottes Augen untadelig dazustehen, und deshalb für alle anderen nur Verachtung übrig hatten. Er erzählte ihnen folgende Geschichte: 10 »Zwei Männer gingen hinauf in den Tempel , um zu beten, ein Pharisäer und ein Zolleinnehmer .
11 Der Pharisäer stellte sich vorne hin und betete leise bei sich: 'Gott, ich danke dir, daß ich nicht so bin wie die anderen Menschen, alle diese Räuber, Betrüger und Ehebrecher, oder auch wie dieser Zolleinnehmer hier! 12 Ich faste zwei Tage in der Woche und gebe dir den vorgeschriebenen Zehnten sogar noch von dem, was ich bei anderen einkaufe!' 13 Der Zolleinnehmer aber stand ganz hinten und getraute sich nicht einmal, zum Himmel aufzublicken. Er schlug sich zerknirscht an die Brust und sagte: 'Gott, hab Erbarmen mit mir, ich bin ein sündiger Mensch!'« 14 Jesus schloß: »Ich sage euch, der Zolleinnehmer ging aus dem Tempel in sein Haus hinunter als einer, den Gott für gerecht erklärt hatte - ganz im Unterschied zu dem Pharisäer. Denn wenn ihr euch selbst groß macht, wird Gott euch demütigen. Und wenn ihr euch selbst geringachtet, wird Gott euch zu Ehren bringen.«

Jesus und die Kinder

15 Einige Leute wollten auch ihre kleinen Kinder zu Jesus bringen, damit er sie berühre. Als die Jünger es sahen, fuhren sie die Leute an und wollten sie wegschicken.
16 Doch Jesus rief die Kinder zu sich und sagte: »Laßt die Kinder zu mir kommen und hindert sie nicht, denn für Menschen wie sie steht Gottes neue Welt offen. 17 Ich versichere euch: Wer sich Gottes neue Welt nicht schenken läßt wie ein Kind, wird niemals hineinkommen.«

Die Gefahr des Reichtums

18 Ein einflußreicher Mann fragte Jesus: »Guter Lehrer , was muß ich tun, um das ewige Leben zu bekommen?«
19 Jesus antwortete: »Warum nennst du mich gut? Nur einer ist gut, Gott! 20 Und seine Gebote kennst du doch: Du sollst nicht die Ehe brechen, nicht morden, nicht stehlen, nichts Unwahres über deinen Mitmenschen sagen; ehre deinen Vater und deine Mutter!« 21 »Diese Gebote habe ich von Jugend an alle befolgt«, erwiderte der Mann.
22 Als Jesus das hörte, sagte er zu ihm: »Eines fehlt dir noch: Verkauf alles, was du hast, und verteil das Geld an die Armen, so wirst du bei Gott einen unverlierbaren Besitz haben. Und dann komm und folge mir!«
23 Als der Mann das hörte, wurde er sehr traurig, denn er war überaus reich. 24 Jesus sah ihn so dastehen und sagte: »Wie schwer haben es doch die Besitzenden, in die neue Welt Gottes zu kommen! 25 Eher kommt ein Kamel durch ein Nadelöhr als ein Reicher in Gottes neue Welt.«
26 Als die Leute das hörten, fragten sie Jesus: »Wer kann dann überhaupt gerettet werden?«
27 Er antwortete: »Was für die Menschen unmöglich ist, das ist für Gott möglich.«

Der Lohn für die, die alles aufgegeben haben

28 Da sagte Petrus: »Du weißt, wir haben unser Eigentum aufgegeben und sind dir gefolgt.« 29 Jesus wandte sich seinen Jüngern zu und sagte: »Ich versichere euch: Niemand bleibt unbelohnt, der irgendetwas aufgibt, um die Gute Nachricht verkünden zu können, daß Gott jetzt seine Herrschaft aufrichtet. Wer dafür etwas zurückläßt - Haus, Frau, Geschwister oder Eltern oder Kinder -, 30 wird schon in dieser Welt ein Vielfaches davon wiederbekommen und in der kommenden Welt das ewige Leben.«

Jesus kündigt zum drittenmal seinen Tod an

31 Jesus nahm die Zwölf beiseite und sagte zu ihnen: »Hört zu! Wir gehen nach Jerusalem. Dort wird alles in Erfüllung gehen, was die Propheten über den Menschensohn geschrieben haben: 32 Er wird den Fremden ausgeliefert werden, die Gott nicht kennen. Er wird verspottet und beleidigt und angespuckt werden. 33 Sie werden ihn auspeitschen und töten, doch am dritten Tag wird er auferstehen.« 34 Die Zwölf verstanden kein Wort. Was Jesus sagte, blieb ihnen verborgen; sie wußten nicht, wovon er sprach.

Jesus heilt einen Blinden

35 Als Jesus in die Nähe von Jericho kam, saß dort ein Blinder am Straßenrand und bettelte. 36 Er hörte die Menge vorbeiziehen und fragte, was da los sei. 37 Er erfuhr, daß Jesus aus Nazaret vorbeikomme. 38 Da rief er laut: »Jesus, Sohn Davids ! Hab Erbarmen mit mir!«
39 Die Leute, die Jesus vorausgingen, fuhren ihn an, er solle still sein; aber er schrie nur noch lauter: »Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir!« 40 Jesus blieb stehen und ließ ihn zu sich holen. Als er herangekommen war, fragte ihn Jesus: 41 »Was soll ich für dich tun?«
Er antwortete: »Herr, ich möchte wieder sehen können!«
42 Jesus sagte: »Du sollst sehen können! Dein Vertrauen hat dich gerettet.«
43 Sofort konnte der Blinde sehen. Er pries Gott und folgte Jesus. Und das ganze Volk, das dabei war, rühmte Gott.

Jesus und Zachäus

19  1 Jesus ging nach Jericho hinein und zog durch die Stadt.
2 In Jericho lebte ein Mann namens Zachäus. Er war der oberste Zolleinnehmer in der Stadt und war sehr reich. 3 Er wollte unbedingt sehen, wer dieser Jesus sei. Aber er war klein, und die Menschenmenge versperrte ihm die Sicht. 4 So lief er voraus und kletterte auf einen Maulbeerfeigenbaum , um Jesus sehen zu können; denn dort mußte er vorbeikommen. 5 Als Jesus an die Stelle kam, schaute er hinauf und redete ihn an: »Zachäus, komm schnell herunter, ich muß heute dein Gast sein!«
6 Zachäus stieg schnell vom Baum und nahm Jesus voller Freude bei sich auf. 7 Alle sahen es und murrten; sie sagten: »Bei einem ausgemachten Sünder ist er eingekehrt!«
8 Aber Zachäus wandte sich an den Herrn und sagte zu ihm: »Herr, ich verspreche dir, ich werde die Hälfte meines Besitzes den Armen geben. Und wenn ich jemand zuviel abgenommen habe, will ich es ihm vierfach zurückgeben.« 9 Darauf sagte Jesus zu ihm: »Heute ist dir und deiner ganzen Hausgemeinschaft die Rettung zuteil geworden! Auch du bist ja ein Sohn Abrahams . 10 Der Menschensohn ist gekommen, um die Verlorenen zu suchen und zu retten.«

Jesus kündigt seinen Weggang und seine Wiederkunft an (Das Gleichnis vom anvertrauten Geld)

11 Alle Leute hatten gehört, was Jesus zu Zachäus sagte. Deshalb, und weil Jesus nun auch schon nahe bei Jerusalem war, meinten sie, die neue Welt Gottes werde in allernächster Zukunft anbrechen. Darum fügte Jesus noch ein Gleichnis hinzu. 12 Er sagte:
»Ein Mann von königlicher Herkunft reiste in ein fernes Land. Dort wollte er sich zum König über sein eigenes Volk und Land einsetzen lassen und danach zurückkehren.
13 Bevor er abreiste, rief er zehn seiner Diener, gab jedem ein Pfund Silberstücke und sagte zu ihnen: 'Treibt Handel damit und macht etwas daraus, bis ich komme!'
14 Aber seine Landsleute konnten ihn nicht leiden. Deshalb schickten sie Boten hinter ihm her, die erklären sollten: 'Wir wollen diesen Mann nicht als König haben!' 15 Als er nun König geworden war, kam er zurück und ließ die Diener rufen, denen er das Geld anvertraut hatte. Er wollte sehen, was sie damit erwirtschaftet hatten.
16 Der erste kam und berichtete: 'Herr, dein Pfund Silberstücke hat zehn weitere Pfund eingebracht.'
17 'Sehr gut', sagte sein Herr, 'du bist ein tüchtiger Diener. Weil du in so kleinen Dingen zuverlässig warst, mache ich dich zum Herrn über zehn Städte.' 18 Der zweite kam und berichtete: 'Herr, dein Pfund Silberstücke hat fünf weitere Pfund eingebracht.'
19 Der Herr sagte zu ihm: 'Dich mache ich zum Herrn über fünf Städte.' 20 Ein dritter aber kam und sagte: 'Herr, hier hast du dein Pfund Silberstücke zurück. Ich habe es im Tuch verwahrt und immer bei mir getragen. 21 Ich hatte Angst vor dir, weil du ein strenger Mann bist. Du hebst Geld ab, das du nicht eingezahlt hast, und du erntest, was du nicht gesät hast.' 22 Zu ihm sagte der Herr: 'Du Nichtsnutz, du hast dir selbst das Urteil gesprochen. Du wußtest also, daß ich ein strenger Mann bin, daß ich abhebe, was ich nicht eingezahlt habe, und ernte, was ich nicht gesät habe. 23 Warum hast du dann mein Geld nicht wenigstens auf die Bank gebracht? Dort hätte ich es bei meiner Rückkehr mit Zinsen wiederbekommen.' 24 Dann sagte er zu den Umstehenden: 'Nehmt ihm sein Pfund ab und gebt es dem, der die zehn erwirtschaftet hat.'
25 Sie wandten ein: 'Herr, der hat doch schon zehn!'
26 Aber der König erwiderte: 'Ich sage euch, wer viel hat, soll noch mehr bekommen. Wer aber wenig hat, dem wird auch noch das Letzte weggenommen werden.
27 Nun aber zu meinen Feinden, die mich nicht als König haben wollten! Bringt sie her und macht sie vor meinen Augen nieder!'«

AUSEINANDERSETZUNGEN IN JERUSALEM (19,28-21,4)

Jesus kommt nach Jerusalem

28 Nachdem Jesus dieses Gleichnis erzählt hatte, zog er weiter, hinauf nach Jerusalem.
29 In der Nähe der Ortschaften Betfage und Betanien am Ölberg schickte er zwei seiner Jünger fort 30 mit dem Auftrag: »Geht in das Dorf da drüben! Am Ortseingang werdet ihr einen jungen Esel angebunden finden, auf dem noch nie ein Mensch geritten ist. Bindet ihn los und bringt ihn her! 31 Und wenn euch jemand fragt: 'Warum bindet ihr den Esel los?', dann antwortet: 'Der Herr braucht ihn.'« 32 Die beiden gingen hin und fanden alles so, wie Jesus es ihnen gesagt hatte. 33 Als sie den Esel losbanden, fragten die Besitzer: »Warum bindet ihr den Esel los?«
34 »Der Herr braucht ihn«, antworteten sie 35 und brachten ihn zu Jesus. Sie legten ihre Kleider über das Tier und ließen Jesus aufsteigen. 36 Während er einherritt, breiteten die anderen Jünger ihre Kleider als Teppich auf die Straße. 37 Als Jesus dann an die Stelle kam, wo der Weg den Ölberg hinunterführt nach Jerusalem, brach die ganze Menge der Jünger, die Männer und Frauen, in lauten Jubel aus. Sie priesen Gott für all die Wunder, die sie miterlebt hatten. 38 Sie riefen: »Heil dem König, der im Auftrag des Herrn kommt! Gott hat Frieden bereitet im Himmel! Ihm in der Höhe gehört alle Ehre!« 39 Ein paar Pharisäer riefen aus der Menge: »Lehrer , bring doch deine Jünger zur Vernunft!«
40 Jesus antwortete: »Ich sage euch, wenn sie schweigen, dann werden die Steine schreien!«

Jesus weint über Jerusalem

41 Als Jesus sich der Stadt näherte und sie vor sich liegen sah, weinte er 42 und sagte: »Wenn doch auch du heute erkannt hättest, was dir Frieden bringt! Aber Gott hat dich blind dafür gemacht.
43 Darum kommt jetzt über dich eine Zeit, da werden deine Feinde einen Wall rings um dich aufwerfen, dich belagern und von allen Seiten einschließen. 44 Sie werden dich und deine Bewohner völlig vernichten und keinen Stein auf dem andern lassen. Denn du hast den Tag nicht erkannt, an dem Gott dir zu Hilfe kommen wollte.«

Jesus im Tempel

45 Jesus ging in den Tempel und fing an, die Händler hinauszujagen. 46 Dazu sagte er ihnen: »In den Heiligen Schriften steht, daß Gott erklärt hat: 'Mein Tempel soll eine Stätte sein, an der die Menschen zu mir beten können!' Ihr aber habt eine Räuberhöhle daraus gemacht!« 47 Jesus lehrte jeden Tag im Tempel. Die führenden Priester , die Gesetzeslehrer und auch die Ältesten des Volkes suchten nach einer Möglichkeit, ihn zu töten; 48 aber sie wußten nicht, wie sie es anfangen sollten. Denn das Volk war dauernd um ihn und wollte sich keines seiner Worte entgehen lassen.

Die Frage nach dem Auftraggeber

20  1 Eines Tages lehrte Jesus wieder im Tempel und verkündete dem Volk die Gute Nachricht . Da kamen die führenden Priester , die Gesetzeslehrer und auch die Ratsältesten 2 und fragten: »Sag uns, woher nimmst du das Recht, hier so aufzutreten? Wer hat dir die Vollmacht dazu gegeben?« 3 Jesus antwortete ihnen: »Auch ich will euch eine Frage stellen. Sagt mir: 4 Woher hatte der Täufer Johannes den Auftrag zu taufen? Von Gott oder von Menschen?«
5 Sie überlegten: »Wenn wir sagen 'Von Gott', dann wird er fragen: Warum habt ihr dann Johannes nicht geglaubt? 6 Wenn wir aber sagen 'Von Menschen', dann wird uns das Volk steinigen , denn alle sind überzeugt, daß Johannes ein Prophet war.«
7 So sagten sie zu Jesus, daß sie es nicht wüßten. 8 »Gut«, erwiderte Jesus, »dann sage ich euch auch nicht, wer mich bevollmächtigt hat.«

Das Gleichnis von den bösen Weinbergspächtern

9 Darauf wandte sich Jesus wieder dem Volk zu und erzählte ihm dieses Gleichnis :
»Ein Mann legte einen Weinberg an. Den verpachtete er und verreiste dann für längere Zeit.
10 Zum gegebenen Zeitpunkt schickte er einen Boten zu den Pächtern, um seinen Anteil am Ertrag des Weinbergs abholen zu lassen. Aber die Pächter verprügelten den Boten und ließen ihn unverrichteter Dinge abziehen.
11 Der Besitzer schickte einen zweiten, aber auch den verprügelten sie, behandelten ihn auf die schimpflichste Weise und schickten ihn mit leeren Händen weg.
12 Er sandte auch noch einen dritten. Den schlugen die Pächter blutig und jagten ihn ebenfalls davon. 13 Da sagte der Besitzer des Weinbergs: 'Was soll ich tun? Ich werde meinen Sohn schicken, dem meine ganze Liebe gilt; vor dem werden sie wohl Respekt haben.'
14 Aber als die Pächter ihn kommen sahen, sagten sie zueinander: 'Das ist der Erbe! Wir bringen ihn um, dann gehört seine Erbschaft, der Weinberg, uns.' 15 So stießen sie ihn aus dem Weinberg hinaus und töteten ihn. Was wird nun der Besitzer des Weinbergs mit ihnen machen? 16 Er wird kommen und diese bösen Pächter töten und wird den Weinberg anderen anvertrauen.« Als die Leute das hörten, sagten sie: »Das darf nicht geschehen!«
17 Jesus schaute sie an und sagte: »Was bedeutet denn dieses Wort in den Heiligen Schriften : 'Der Stein, den die Bauleute als wertlos weggeworfen haben, ist zum Eckstein geworden'? 18 Wer auf diesen Stein stürzt, wird zerschmettert, und auf wen er fällt, den zermalmt er!« 19 Die Gesetzeslehrer und die führenden Priester hätten Jesus am liebsten auf der Stelle festgenommen; denn sie merkten, daß das Gleichnis auf sie gemünzt war. Aber sie hatten Angst vor dem Volk.

Die Frage nach der Steuer für den Kaiser

20 Die Gesetzeslehrer und die führenden Priester ließen Jesus jetzt nicht mehr aus den Augen. Sie schickten Spitzel zu ihm, die so tun sollten, als ob es ihnen nur um die gewissenhafte Befolgung des Gesetzes ginge. Die sollten Jesus bei einem verfänglichen Wort ertappen, damit sie ihn an den römischen Statthalter ausliefern könnten.
21 Diese Leute legten Jesus die Frage vor: »Lehrer , wir wissen, daß du die richtige Lehre hast. Du läßt dich auch nicht von Menschen beeinflussen, selbst wenn sie noch so mächtig sind, sondern sagst uns klar und deutlich, wie wir nach Gottes Willen leben sollen. 22 Sag uns: Ist es uns nach dem Gesetz Gottes erlaubt, dem römischen Kaiser Steuer zu zahlen, oder nicht?« 23 Jesus durchschaute ihre Hinterlist und sagte zu ihnen: 24 »Zeigt mir eine Silbermünze her! Wessen Bild und Name ist denn hier aufgeprägt?«
»Das Bild und der Name des Kaisers«, antworteten sie.
25 Da sagte Jesus: »Dann gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört - aber gebt Gott, was Gott gehört!« 26 So konnten sie ihn vor dem Volk nicht zu einer verfänglichen Aussage verleiten. Sie waren von seiner Antwort so überrascht, daß sie nichts mehr zu sagen wußten.

Werden die Toten auferstehen?

27 Dann kamen einige Sadduzäer zu Jesus. Die Sadduzäer bestreiten, daß die Toten auferstehen werden.
28 »Lehrer «, sagten sie, »Mose hat uns die Vorschrift gegeben: 'Wenn ein Mann stirbt und er hat eine Frau, ist aber kinderlos, dann muß sein Bruder die Witwe heiraten und dem Verstorbenen Nachkommen verschaffen.'
29 Nun gab es einmal sieben Brüder. Der älteste heiratete und starb kinderlos. 30 Darauf heiratete der zweite die Witwe, 31 darauf der dritte. Und so alle sieben: Sie heirateten die Frau, hinterließen keine Kinder und starben.
32 Zuletzt starb auch die Frau.
33 Wie ist das nun mit dieser Frau bei der Auferstehung der Toten? Wem von den Männern soll sie dann gehören? Sie war ja mit allen sieben verheiratet!« 34 Jesus antwortete: »Heiraten ist eine Sache für diese gegenwärtige Welt. 35 Die Menschen aber, die Gott auferstehen läßt und die in seiner kommenden Welt leben dürfen, werden nicht mehr heiraten. 36 Sie können dann ja auch nicht mehr sterben und brauchen nicht mehr für Nachkommen zu sorgen. Weil sie vom Tod auferstanden sind, sind sie wie die Engel: Sie sind Söhne und Töchter Gottes! 37 Daß Gott aber wirklich die Toten auferwecken wird, das hat Mose schon bei der Begegnung am Dornbusch deutlich zu verstehen gegeben, als er den Herrn dort den 'Gott Abrahams, den Gott Isaaks und den Gott Jakobs' nannte. 38 Gott ist doch kein Gott von Toten, sondern von Lebenden! Für ihn sind alle lebendig.« 39 Einige Gesetzeslehrer sagten dazu: »Lehrer, das war eine gute Antwort.« 40 Die Sadduzäer wagten es nämlich nicht mehr, ihm noch irgendeine weitere Frage zu stellen.

Davids Sohn oder Davids Herr?

41 Nun wandte Jesus sich an sie alle und fragte: »Wie läßt sich behaupten, der versprochene Retter müsse ein Sohn Davids sein? 42 David selbst sagt doch im Buch der Psalmen: 'Gott, der Herr, sagte zu meinem Herrn: Setze dich an meine rechte Seite! 43 Ich will dir deine Feinde unterwerfen, sie als Schemel unter deine Füße legen.' 44 David nennt ihn also 'Herr' - wie kann er dann sein Sohn sein?«

Jesus warnt vor den Gesetzeslehrern

45 Vor dem ganzen versammelten Volk warnte Jesus seine Jünger, die Männer und Frauen:
46 »Nehmt euch in acht vor den Gesetzeslehrern ! Sie zeigen sich gern in ihren Talaren und fühlen sich geschmeichelt, wenn sie auf der Straße respektvoll gegrüßt werden. Beim Gottesdienst sitzen sie in der vordersten Reihe, und bei Festmählern nehmen sie die Ehrenplätze ein. 47 Sie sprechen lange Gebete, um einen guten Eindruck zu machen; in Wahrheit aber sind sie Betrüger, die schutzlose Witwen um ihren Besitz bringen. Sie werden einmal besonders streng bestraft werden.«

Das Opfer der Witwe

21  1 Jesus blickte auf und sah, wie reiche Leute ihre Geldspenden in den Opferkasten warfen. 2 Er sah auch eine arme Witwe, die steckte zwei kleine Kupfermünzen hinein.
3 Da sagte er: »Ich versichere euch: Diese arme Witwe hat mehr gegeben als alle anderen. 4 Die haben alle nur etwas von ihrem Überfluß abgegeben. Sie aber hat alles hergegeben, was sie selbst dringend zum Leben gebraucht hätte.«

ÜBER DEN UNTERGANG JERUSALEMS UND DAS ENDE DER WELT (21,5-38)

Ankündigung der Zerstörung des Tempels

5 Einige Leute dort im Tempel unterhielten sich über den Bau - über die herrlichen Steine und die Ausstattung mit kostbaren Weihegeschenken. 6 Da sagte Jesus: »Alles, was ihr da seht, wird bis auf den Grund zerstört werden. Es kommt die Zeit, daß kein Stein auf dem andern bleiben wird.«

Die Zerstörung des Tempels bedeutet noch nicht das Ende der Welt

7 Da fragten sie ihn: »Lehrer , wann wird das geschehen, und woran können wir erkennen, daß es soweit ist?«
8 Jesus antwortete: »Seid auf der Hut und laßt euch nicht täuschen! Viele werden unter meinem Namen auftreten und von sich behaupten: ' Ich bin es! Jetzt ist es soweit!' Lauft ihnen nicht nach! 9 Erschreckt auch nicht, wenn ihr von Krieg und Aufruhr hört. Das muß so kommen, aber dann kommt noch nicht sofort das Ende.«

Vorzeichen des Weltendes

10 Dann sagte er zu ihnen: »Ein Volk wird gegen das andere kämpfen, ein Staat den andern angreifen. 11 Schwere Erdbeben wird es geben und in vielen Ländern Hungersnöte und Seuchen. Noch Schrecklicheres wird geschehen, und am Himmel werden gewaltige Zeichen zu sehen sein.«

Ein Wort an die Jüngergemeinschaft

12 »Aber bevor dies alles geschieht, werden sie euch verfolgen und festnehmen. Weil ihr zu mir gehört, werdet ihr an die Synagogengerichte ausgeliefert und ins Gefängnis geworfen werden. Vor Könige und Statthalter werden sie euch stellen.
13 Das wird euch Gelegenheit bieten, als Zeugen für mich auszusagen. 14 Verzichtet aber bewußt darauf, im voraus festzulegen, wie ihr eure Sache vertreten wollt! 15 Ich selbst werde euch Worte eingeben, die keiner von euren Gegnern zu widerlegen weiß; ich werde euch eine Weisheit schenken, der niemand widerstehen kann.
16 Sogar eure Eltern werden euch ausliefern, eure Geschwister, Verwandten und Freunde. Einige von euch werden getötet werden. 17 Alle Menschen werden euch hassen, weil ihr euch zu mir bekennt. 18 Aber nicht ein Haar von eurem Kopf wird verlorengehen. 19 Haltet durch, dann werdet ihr das wahre Leben gewinnen!«

Über die Zerstörung Jerusalems

20 »Wenn ihr Jerusalem von feindlichen Heeren eingeschlossen seht, dann seid gewiß: Seine Zerstörung steht bevor. 21 Dann sollen die Bewohner Judäas in die Berge fliehen! Wer in der Stadt ist, soll sie schnell verlassen, und die Leute vom Land sollen nicht in die Stadt gehen! 22 Denn dann kommen die Tage der Vergeltung, an denen alles in Erfüllung geht, was in den Heiligen Schriften vorausgesagt ist. 23 Weh den Frauen, die dann gerade ein Kind erwarten oder einen Säugling stillen. Denn das ganze Land wird in schreckliche Not kommen, weil Gott über dieses Volk Gericht hält. 24 Die Menschen werden mit dem Schwert erschlagen oder als Gefangene in die ganze Welt verschleppt werden. Jerusalem wird von den Völkern, die Gott nicht kennen, verwüstet werden und wird in Trümmern liegen, bis auch deren Zeit abgelaufen ist.«

Der Weltrichter kommt

25 »Unheilkündende Zeichen werden zu sehen sein an der Sonne, am Mond und an den Sternen, und auf der Erde werden die Völker zittern und nicht mehr aus und ein wissen vor dem tobenden Meer und seinen Wellen. 26 Die Menschen werden halbtot vor Angst darauf warten, was für Katastrophen die Erde noch heimsuchen werden. Denn die ganze Ordnung des Himmels wird zusammenbrechen.
27 Dann kommt der Menschensohn auf einer Wolke mit göttlicher Macht und Herrlichkeit, und alle werden ihn sehen. 28 Wenn ihr die ersten Anzeichen von alldem bemerkt, dann richtet euch auf und erhebt freudig den Kopf: Bald werdet ihr gerettet!«

Das Gleichnis vom Feigenbaum

29 Jesus gebrauchte einen Vergleich; er sagte: »Seht den Feigenbaum an oder die anderen Bäume! 30 Wenn die ersten Blätter herauskommen, dann erkennt ihr daran, daß der Sommer bald da ist. 31 So ist es auch, wenn ihr diese Anzeichen seht. Dann wißt ihr, daß die neue Welt Gottes anbricht.
32 Ich versichere euch: Diese Generation wird das alles noch erleben. 33 Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte vergehen nicht; sie bleiben gültig für immer und ewig.«

Wach bleiben!

34 »Seht euch vor! Laßt euch nicht vom Rausch umnebeln oder von den Alltagssorgen gefangennehmen! Sonst werdet ihr von jenem Tag unvorbereitet überrascht wie von einer Falle, die zuschlägt. 35 Denn er kommt plötzlich über alle, die auf der Erde leben.
36 Bleibt wach und hört nicht auf zu beten, damit ihr alles, was noch kommen wird, durchstehen und zuversichtlich vor den Menschensohn treten könnt!«

Jesus, der Lehrer des Volkes

37 Jeden Tag lehrte Jesus im Tempel . Am Abend ging er dann auf den Ölberg und blieb die Nacht über dort. 38 Früh am Morgen war schon wieder das ganze Volk im Tempel versammelt und wollte ihn hören.

LEIDEN, TOD UND AUFERSTEHUNG VON JESUS (Kapitel 22-24)

Pläne gegen Jesus

22  1 Es war kurz vor dem Fest der Ungesäuerten Brote , dem Passafest . 2 Die führenden Priester und die Gesetzeslehrer suchten nach einer Möglichkeit, Jesus zu beseitigen, aber so, daß es kein Aufsehen erregte; denn sie hatten Angst vor dem Volk.

Judas wird zum Verräter

3 Da fuhr der Satan in Judas, der auch Iskariot genannt wird. Judas war einer aus dem Kreis der Zwölf . 4 Er ging zu den führenden Priestern und den Hauptleuten der Tempelwache und besprach mit ihnen, wie er ihnen Jesus in die Hände spielen könnte.
5 Sie freuten sich und boten ihm eine Geldsumme an. 6 Judas war einverstanden. Er suchte von da an eine günstige Gelegenheit, Jesus zu verraten, ohne daß das Volk etwas merkte.

Vorbereitungen zum Passamahl

7 Es kam nun der Tag, von dem an ungesäuertes Brot gegessen wurde und an dem die Passalämmer geschlachtet werden mußten. 8 Jesus gab Petrus und Johannes den Auftrag: »Geht und bereitet das Passamahl für uns vor!«
9 »Wo willst du es vorbereitet haben?« fragten sie.
10 Er sagte: »Hört zu! Wenn ihr in die Stadt kommt, werdet ihr einen Mann treffen, der einen Wasserkrug trägt. Folgt ihm in das Haus, in das er geht, 11 und sagt zum Hausherrn dort: 'Unser Lehrer läßt dich fragen: Welchen Raum kannst du zur Verfügung stellen, daß ich dort mit meinen Jüngern das Passamahl feiere?' 12 Er wird euch ein großes Zimmer im Obergeschoß zeigen, das mit Polstern ausgestattet ist. Dort bereitet alles vor.« 13 Die beiden gingen und fanden alles so, wie Jesus es ihnen gesagt hatte, und sie bereiteten das Passamahl vor.

Jesus feiert mit den Aposteln das Abschiedsmahl

14 Als die Stunde gekommen war, setzte sich Jesus zu Tisch und die Apostel mit ihm. 15 Er sagte: »Ich habe mich sehr danach gesehnt, dieses Passamahl mit euch zu feiern, bevor ich leiden muß. 16 Denn ich sage euch: Ich werde es erst wieder feiern, wenn das, worauf jedes Passamahl hinweist, in der neuen Welt Gottes zur Erfüllung gekommen ist.« 17 Dann nahm er den Becher mit Wein, sprach darüber das Dankgebet und sagte: »Nehmt diesen Becher und teilt ihn unter euch! 18 Denn ich sage euch: Ich werde erst wieder Wein trinken, wenn die neue Welt Gottes da ist.« 19 Dann nahm Jesus ein Brot, sprach darüber das Dankgebet, brach es in Stücke und gab es ihnen mit den Worten: »Das ist mein Leib, der für euch geopfert wird. Tut das immer wieder, damit unter euch gegenwärtig ist, was ich für euch getan habe!« 20 Ebenso nahm er nach dem Essen den Becher mit Wein und sagte: »Dieser Becher ist Gottes neuer Bund , der in Kraft gesetzt wird durch mein Blut, das für euch vergossen wird. 21 Aber ihr müßt wissen: Der Verräter sitzt hier mit mir am gleichen Tisch. 22 Der Menschensohn muß zwar den Weg gehen, der ihm bestimmt ist; aber wehe dem Menschen, der ihn verrät.«
23 Da fingen sie an, einander zu fragen, wer von ihnen es wohl sei, der so etwas tun würde.

Wer ist der Größte?

24 Es kam unter ihnen auch ein Streit darüber auf, wer von ihnen als der Größte zu gelten habe.
25 Da sagte Jesus zu ihnen: »Die Könige der Welt unterdrücken ihre Völker, und die Tyrannen lassen sich 'Wohltäter des Volkes' nennen. 26 Bei euch muß es anders sein! Der Größte unter euch muß wie der Geringste werden und der Führende wie einer, der dient. 27 Wer ist denn größer: wer am Tisch sitzt oder wer bedient? Natürlich der am Tisch! Aber ich bin unter euch wie der Diener. 28 Ihr habt mit mir durchgehalten in allen Prüfungen, die ich zu bestehen hatte. 29 Dafür werde ich euch an der Herrschaft beteiligen, die mein Vater mir übertragen hat. 30 Wenn ich meine Herrschaft angetreten habe, werdet ihr an meinem Tisch essen und trinken und über die zwölf Stämme Israels herrschen.«

Jesus und Simon Petrus

31 »Simon, Simon! Paß gut auf! Gott hat dem Satan erlaubt, euch auf die Probe zu stellen und die Spreu vom Weizen zu scheiden. 32 Aber ich habe für dich gebetet, daß dein Glaube an mich nicht aufhört. Wenn du dann wieder zu mir zurückgefunden hast, mußt du deine Brüder und Schwestern im Glauben an mich stärken!« 33 Petrus antwortete: »Herr, ich bin bereit, mit dir ins Gefängnis zu gehen, ja mit dir zu sterben!«
34 Jesus antwortete: »Ich sage dir, Petrus, noch ehe heute der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen und behaupten, daß du mich nicht kennst.«

Von jetzt ab wird für die Jünger alles anders

35 Dann fragte Jesus die Apostel : »Als ich euch ohne Geldbeutel, Vorratstasche und Schuhe auf den Weg schickte, habt ihr da an irgend etwas Mangel gehabt?«
»Nein, an nichts«, sagten sie. 36 Jesus erwiderte: »Von jetzt ab gilt etwas anderes: Wer einen Geldbeutel hat, soll ihn mitnehmen, und wer eine Vorratstasche hat, ebenso! Wer nichts hat als sein Obergewand , soll es verkaufen und sich ein Schwert dafür beschaffen. 37 Denn ich sage euch, es muß an mir in Erfüllung gehen, was in den Heiligen Schriften steht: 'Er wurde unter die Verbrecher gezählt.' Mit mir geht es jetzt zu Ende.« 38 Die Apostel sagten: »Herr, da haben wir zwei Schwerter!«
Jesus antwortete: »Ihr versteht mich nicht.«

Jesus betet im Garten Getsemani

39 Jesus ging wie gewohnt zum Ölberg , und seine Jünger folgten ihm. 40 Als er dort war, sagte er zu ihnen: »Betet darum, daß ihr in der kommenden Prüfung nicht versagt.«
41 Dann ging er allein weiter. Einen Steinwurf von ihnen entfernt kniete er nieder und betete: 42 »Vater, wenn es dein Wille ist, dann erspare es mir, diesen Kelch trinken zu müssen. Aber dein Wille soll geschehen, nicht der meine!«
43 Da erschien ihm ein Engel vom Himmel und gab ihm Kraft. 44 In seiner Todesangst betete Jesus noch angespannter, und sein Schweiß tropfte wie Blut auf den Boden. 45 Als er sich vom Gebet erhob und wieder zu den Jüngern kam, schliefen sie; so erschöpft waren sie vor Kummer. 46 »Wie könnt ihr schlafen?« sagte er zu ihnen. »Steht auf und betet, damit ihr in der kommenden Prüfung nicht versagt!«

Jesus wird verhaftet

47 Noch während Jesus das sagte, kam ein Trupp von Männern, voran Judas, einer von den Zwölf . Er ging auf Jesus zu und wollte ihm den Begrüßungskuß geben. 48 Aber Jesus sagte zu ihm: »Judas, mit einem Kuß willst du den Menschensohn verraten?« 49 Da merkten auch die Jünger , was bevorstand, und fragten: »Herr, sollen wir mit dem Schwert zuschlagen?« 50 Und einer von ihnen hieb auf den Bevollmächtigten des Obersten Priesters ein und schlug ihm das rechte Ohr ab.
51 Aber Jesus sagte: »Halt! Hört auf!« Er berührte das Ohr und heilte den Mann. 52 Dann wandte er sich an die führenden Priester , die Hauptleute der Tempelwache und die Ratsältesten , die ihn festnehmen wollten: »Warum rückt ihr hier mit Schwertern und Knüppeln an; bin ich denn ein Verbrecher? 53 Täglich war ich bei euch im Tempel , und ihr seid nicht gegen mich vorgegangen. Aber jetzt ist eure Stunde gekommen. Jetzt haben die dunklen Mächte Gewalt über mich.«

Petrus verleugnet Jesus

54 Sie nahmen Jesus fest, führten ihn ab und brachten ihn in das Haus des Obersten Priesters . Petrus folgte ihnen in weitem Abstand. 55 Im Hof war ein Feuer angezündet. Viele saßen darum herum, und Petrus setzte sich mitten unter sie.
56 Eine Dienerin bemerkte ihn im Schein des Feuers, sah ihn genauer an und sagte: »Der da war auch mit ihm zusammen!«
57 Aber Petrus stritt es ab: »Frau, ich kenne ihn überhaupt nicht!« 58 Bald darauf wurde ein Mann auf ihn aufmerksam und sagte: »Du gehörst doch auch zu denen!«
Aber Petrus widersprach: »Mensch, ich habe nichts mit ihnen zu tun!« 59 Etwa eine Stunde später bestand ein anderer darauf und sagte: »Kein Zweifel, der war auch mit ihm zusammen, er ist doch auch aus Galiläa .«
60 Aber Petrus stritt es ab: »Mensch, ich weiß überhaupt nicht, wovon du sprichst!«
Und sofort, während er noch redete, krähte ein Hahn. 61 Der Herr drehte sich um und sah Petrus an. Da fiel Petrus ein, was er zu ihm gesagt hatte: »Bevor heute der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen und behaupten, daß du mich nicht kennst.«
62 Und er ging hinaus und begann, bitter zu weinen.

Jesus wird verspottet und geschlagen

63 Die Männer, die Jesus bewachten, trieben ihren Spott mit ihm. 64 Sie warfen ihm ein Tuch über den Kopf, so daß er nichts sehen konnte; dann schlugen sie ihn und riefen: »Du bist doch ein Prophet! Sag uns: Wer war es, der dich gerade schlug?« 65 Und noch viele andere Schmähungen mußte er sich gefallen lassen.

Jesus vor dem jüdischen Rat

66 Als es Tag wurde, versammelten sich die Ältesten des Volkes, dazu die führenden Priester und die Gesetzeslehrer , und ließen Jesus vor ihre Ratsversammlung bringen. 67 Sie forderten ihn auf: »Wenn du Christus bist, der versprochene Retter, dann sag es uns!« Jesus antwortete: »Wenn ich es euch sage, werdet ihr mir nicht glauben, 68 und wenn ich euch etwas frage, werdet ihr keine Antwort geben. 69 Aber von nun an wird der Menschensohn an der rechten Seite des allmächtigen Gottes sitzen!« 70 Da riefen sie alle: »Dann bist du also der Sohn Gottes?« Er antwortete: »Ihr sagt es: Ich bin's.«
71 Darauf erklärten sie: »Was brauchen wir noch eine Zeugenaussage? Wir haben es selbst aus seinem Mund gehört!«

Jesus vor Pilatus

23  1 Alle standen auf und brachten Jesus zu Pilatus. 2 Dort erhoben sie Anklage gegen ihn; sie sagten: »Wir haben festgestellt, daß dieser Mann unser Volk aufhetzt! Er sagt, wir sollen keine Steuern mehr an den Kaiser zahlen, und er sei Christus, der König, den Gott uns als Retter zu schicken versprach.« 3 Pilatus fragte ihn: »Bist du der König der Juden?«
»Du sagst es«, gab Jesus zur Antwort.
4 Pilatus aber erklärte den führenden Priestern und der versammelten Volksmenge: »Ich sehe keinen Grund, diesen Menschen zu verurteilen.«
5 Aber sie drängten weiter: »Mit seiner Lehre wiegelt er das Volk auf im ganzen jüdischen Land. Angefangen hat er in Galiläa , und jetzt ist er bis hierher gekommen.«

Jesus vor Herodes Antipas

6 Als Pilatus das Wort »Galiläa« hörte, fragte er, ob der Mann aus Galiläa sei. 7 Es wurde ihm bestätigt, daß Jesus aus dem Herrschaftsbereich von Herodes stamme. Da ließ Pilatus ihn zu Herodes bringen, der zu dieser Zeit ebenfalls in Jerusalem war. 8 Herodes freute sich sehr, als er Jesus sah; denn er wollte ihn schon lange einmal kennenlernen. Er hatte viel von ihm gehört und hoffte nun, selbst eines seiner Wunder mitzuerleben. 9 Er stellte ihm viele Fragen, aber Jesus gab keine Antwort.
10 Die führenden Priester und die Gesetzeslehrer stellten sich hin und brachten schwere Beschuldigungen gegen Jesus vor. 11 Aber Herodes und seine Soldaten hatten nur Spott für ihn übrig. Zum Hohn ließ Herodes ihm ein Prachtgewand anziehen und schickte ihn in diesem Aufzug zu Pilatus zurück. 12 Herodes und Pilatus hatten sich früher gehaßt, aber an diesem Tag wurden sie Freunde.

Pilatus erklärt Jesus für unschuldig

13 Pilatus ließ die führenden Priester, die anderen Mitglieder des jüdischen Rates und das Volk zusammenrufen 14 und erklärte vor ihnen allen: »Ihr habt mir diesen Menschen gebracht und behauptet, er wiegle das Volk auf. Nun, ich habe ihn in eurem Beisein verhört und von den Anklagen, die ihr gegen ihn vorgebracht habt, keine einzige bestätigt gefunden. 15 Aber auch Herodes hat nichts herausgefunden; er hat ihn ja zu uns zurückgeschickt. Ich stelle also fest: Dieser Mensch hat nichts getan, worauf die Todesstrafe steht. 16 Deshalb lasse ich ihn jetzt auspeitschen und gebe ihn frei.« 17 Weil es so üblich war, mußte Pilatus ihnen an jedem Passafest einen Gefangenen freigeben.

Das Todesurteil

18 Aber sie alle miteinander schrien laut: »Weg mit ihm! Gib uns Barabbas frei!«
19 Barabbas hatte sich an einem Aufruhr in der Stadt beteiligt und einen Mord begangen; deshalb saß er im Gefängnis.
20 Pilatus wollte dagegen Jesus freilassen und redete auf die Leute ein. 21 Doch alle schrien: »Ans Kreuz mit ihm, ans Kreuz!« 22 Pilatus versuchte es ein drittes Mal und sagte zu ihnen: »Was hat er denn verbrochen? Ich habe bei ihm kein Vergehen entdeckt, auf dem die Todesstrafe steht. Deshalb lasse ich ihn jetzt auspeitschen und gebe ihn frei.«
23 Sie aber setzten ihm weiter zu und forderten mit lautem Geschrei, daß Jesus gekreuzigt werden müsse.
Und ihr Geschrei zeigte Wirkung. 24 Pilatus entschied, daß sie ihren Willen haben sollten. 25 Den, der wegen Aufruhr und Mord im Gefängnis saß und um den sie gebeten hatten, ließ er frei, Jesus aber gab er ihrem Willen preis.

Jesus auf dem Weg zur Hinrichtung

26 Sie führten Jesus zur Hinrichtung. Unterwegs hielten die Soldaten einen Mann aus Zyrene mit Namen Simon an, der gerade vom Feld in die Stadt zurückkam. Ihm luden sie das Kreuz auf, damit er es hinter Jesus hertrage. 27 Eine große Volksmenge folgte Jesus, darunter auch viele Frauen, die sich auf die Brüste schlugen und laut weinten.
28 Aber er drehte sich zu ihnen um und sagte: »Ihr Frauen von Jerusalem! Klagt nicht um mich! Klagt um euch selbst und um eure Kinder! 29 Denn bald kommt die Zeit, daß die Menschen sagen werden: 'Glücklich die Frauen, die keine Kinder bekommen können! Glücklich der Schoß, der nie geboren hat, und die Brüste, die nie gestillt haben!' 30 Die Leute werden dann zu den Bergen sagen: 'Stürzt auf uns!' und zu den Hügeln: 'Begrabt uns!' 31 Denn wenn schon das grüne Holz vom Feuer erfaßt wird, wie wird es dann erst dem dürren ergehen?« 32 Zusammen mit Jesus wurden auch zwei Verbrecher zur Hinrichtung geführt.

Jesus am Kreuz

33 Als sie zu der Stelle kamen, die »Schädel« genannt wird, nagelten die Soldaten Jesus ans Kreuz , und mit ihm die beiden Verbrecher, den einen links von Jesus, den anderen rechts.
34 Jesus sagte: »Vater, vergib ihnen! Sie wissen nicht, was sie tun.« Dann losten die Soldaten untereinander seine Kleider aus. 35 Das Volk stand dabei und sah bei der Hinrichtung zu. Die Ratsmitglieder verhöhnten Jesus: »Anderen hat er geholfen; jetzt soll er sich selbst helfen, wenn er wirklich der ist, den Gott uns zum Retter bestimmt hat!«
36 Auch die Soldaten machten sich lustig über ihn. Sie gingen zu ihm hin, reichten ihm Essig 37 und sagten: »Hilf dir selbst, wenn du wirklich der König der Juden bist!« 38 Über seinem Kopf hatten sie eine Aufschrift angebracht: »Dies ist der König der Juden.« 39 Einer der Verbrecher, die mit ihm gekreuzigt worden waren, beschimpfte ihn: »Bist du denn nicht der versprochene Retter? Dann hilf dir selbst und uns!«
40 Aber der andere wies ihn zurecht und sagte: »Nimmst du Gott immer noch nicht ernst? Du bist doch genauso zum Tod verurteilt wie er, 41 aber du bist es mit Recht. Wir beide leiden hier die Strafe, die wir verdient haben. Aber der da hat nichts Unrechtes getan!«
42 Und zu Jesus sagte er: »Denk an mich, Jesus, wenn du deine Herrschaft antrittst!«
43 Jesus antwortete ihm: »Ich versichere dir, du wirst noch heute mit mir im Paradies sein.«

Jesus stirbt

44-45 Es war schon etwa zwölf Uhr mittags, da verfinsterte sich die Sonne, und es wurde dunkel im ganzen Land bis um drei Uhr. Dann riß der Vorhang vor dem Allerheiligsten im Tempel mitten durch, 46 und Jesus rief laut: »Vater, ich gebe mein Leben in deine Hände!« Mit diesen Worten starb er.
47 Als der römische Hauptmann, der die Aufsicht hatte, dies alles geschehen sah, pries er Gott und sagte: »Wahrhaftig, dieser Mensch war unschuldig, er war ein Gerechter!« 48 Auch all die Leute, die nur aus Schaulust zusammengelaufen waren, schlugen sich an die Brust und kehrten betroffen in die Stadt zurück, nachdem sie gesehen hatten, was da geschah.
49 Alle Freunde von Jesus aber standen weit entfernt, auch die Frauen, die seit der Zeit seines Wirkens in Galiläa mit Jesus gezogen waren. Die Frauen sahen dies alles mit an.

Jesus wird ins Grab gelegt

50 Es war auch ein Mann da namens Josef. Obwohl Mitglied des jüdischen Rates , war er ein vorbildlicher und gerechter Mensch; 51 er hatte den Beschlüssen und dem Vorgehen der anderen Ratsmitglieder nicht zugestimmt. Er stammte aus der jüdischen Stadt Arimathäa und lebte in der Erwartung, daß Gott seine Herrschaft aufrichten und sein Werk vollenden werde.
52 Dieser Mann nun ging zu Pilatus und bat ihn um den Leichnam von Jesus. 53 Dann nahm er den Toten vom Kreuz, hüllte ihn in ein Leinentuch und legte ihn in ein Grab, das in einen Felsen gehauen war. Noch nie war jemand darin bestattet worden. 54 Das geschah am Freitag, unmittelbar vor Beginn des Sabbats . 55 Die Frauen, die zusammen mit Jesus aus Galiläa gekommen waren, folgten Josef. Sie sahen das Grab und waren dabei, als der Leichnam von Jesus hineingelegt wurde. 56 Dann kehrten sie in die Stadt zurück und beschafften sich wohlriechende Salböle. Doch den Sabbat verbrachten sie in Ruhe, wie das Gesetz es vorschreibt.

Die Frauen am leeren Grab

24  1 Am Sonntagmorgen dann, in aller Frühe, nahmen die Frauen die wohlriechenden Öle, die sie sich beschafft hatten, und gingen zum Grab. 2 Da sahen sie, daß der Stein vom Grabeingang weggerollt war. 3 Sie gingen hinein, doch der Leichnam von Jesus, dem Herrn, war nicht mehr da.
4 Während sie noch ratlos dastanden, traten plötzlich zwei Männer in strahlend hellem Gewand zu ihnen. 5 Die Frauen fürchteten sich und wagten sie nicht anzusehen; sie blickten zu Boden.
Die beiden sagten zu ihnen: »Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? 6 Er ist nicht hier; Gott hat ihn vom Tod auferweckt! Erinnert euch an das, was er euch schon in Galiläa gesagt hat: 7 'Der Menschensohn muß den Menschen, den Sündern, ausgeliefert und ans Kreuz genagelt werden und am dritten Tag vom Tod auferstehen.'« 8 Da erinnerten sich die Frauen an seine Worte. 9 Sie verließen das Grab und gingen zu den Elf und allen übrigen, die bei ihnen waren, und berichteten ihnen alles. 24,10a Es waren Maria aus Magdala und Johanna und Maria, die Mutter von Jakobus, sowie die anderen Frauen, die mit ihnen am Grab gewesen waren.

Petrus am leeren Grab

Als die Frauen den Aposteln sagten, was sie erlebt hatten, 11 hielten die es für leeres Gerede und wollten ihnen nicht glauben. 12 Nur Petrus stand auf und lief zum Grab. Er schaute hinein und sah dort nichts als die Leinenbinden liegen. Darauf ging er wieder zurück und fragte sich verwundert, was da wohl geschehen war.

Jesus begleitet zwei Jünger auf dem Weg nach Emmaus

13 Am selben Tag gingen zwei, die zu den Jüngern von Jesus gehört hatten, nach dem Dorf Emmaus , das zwölf Kilometer von Jerusalem entfernt lag. 14 Unterwegs unterhielten sie sich über alles, was geschehen war.
15 Als sie so miteinander sprachen und alles hin und her überlegten, kam Jesus selbst hinzu und ging mit ihnen. 16 Aber sie erkannten ihn nicht; sie waren wie mit Blindheit geschlagen. 17 Jesus fragte sie: »Worüber redet ihr denn so erregt unterwegs?«
Da blieben sie stehen und blickten ganz traurig drein, 18 und der eine - er hieß Kleopas - sagte: »Du bist wohl der einzige in Jerusalem, der nicht weiß, was dort in diesen Tagen geschehen ist?« 19 »Was denn?« fragte Jesus.
»Das mit Jesus von Nazaret«, sagten sie. »Er war ein Prophet ; in Worten und Taten hat er vor Gott und dem ganzen Volk seine Macht erwiesen. 20 Unsere führenden Priester und die anderen Ratsmitglieder haben ihn zum Tod verurteilt und ihn ans Kreuz nageln lassen. 21 Und wir hatten doch gehofft, er sei der erwartete Retter, der Israel befreien soll!
Aber zu alledem ist heute auch schon der dritte Tag, seitdem dies geschehen ist! 22 Und dann haben uns auch noch einige Frauen, die zu uns gehören, in Schrecken versetzt. Sie waren heute früh zu seinem Grab gegangen 23 und fanden seinen Leichnam nicht mehr dort. Sie kamen zurück und erzählten, sie hätten Engel gesehen, die hätten ihnen gesagt, daß er lebt.
24 Einige von uns sind gleich zum Grab gelaufen und haben alles so gefunden, wie es die Frauen erzählten. Nur ihn selbst sahen sie nicht.« 25 Da sagte Jesus zu ihnen: »Was seid ihr doch schwer von Begriff! Warum rafft ihr euch nicht endlich auf zu glauben, was die Propheten gesagt haben? 26 Mußte der versprochene Retter nicht dies alles erleiden und auf diesem Weg zu seiner Herrschaft gelangen?«
27 Und Jesus erklärte ihnen die Worte, die sich auf ihn bezogen, von den Büchern Moses und der Propheten angefangen durch die ganzen Heiligen Schriften .

Jesus gibt sich den beiden Jüngern zu erkennen

28 Inzwischen waren sie in die Nähe von Emmaus gekommen. Jesus tat so, als wollte er weitergehen. 29 Aber sie ließen es nicht zu und sagten: »Bleib doch bei uns! Es geht schon auf den Abend zu, gleich wird es dunkel!« Da folgte er ihrer Einladung und blieb bei ihnen.
30 Als er dann mit ihnen zu Tisch saß, nahm er das Brot, sprach das Segensgebet darüber, brach es in Stücke und gab es ihnen. 31 Da gingen ihnen die Augen auf, und sie erkannten ihn. Aber im selben Augenblick verschwand er vor ihnen. 32 Sie sagten zueinander: »Brannte es nicht wie ein Feuer in unserem Herzen, als er unterwegs mit uns sprach und uns den Sinn der Heiligen Schriften aufschloß?« 33 Und sie machten sich sofort auf den Rückweg nach Jerusalem.
Als sie dort ankamen, waren die Elf mit allen übrigen versammelt 34 und riefen ihnen zu: »Der Herr ist wirklich auferweckt worden! Er hat sich Simon gezeigt!«
35 Da erzählten sie ihnen, was sie selbst unterwegs erlebt hatten und wie sie den Herrn erkannten, als er das Brot brach und an sie austeilte.

Jesus zeigt sich dem ganzen Jüngerkreis in Jerusalem

36 Während die beiden noch erzählten, stand plötzlich der Herr selbst mitten unter ihnen. Er grüßte sie: »Frieden sei mit euch!«
37 Sie erschraken und fürchteten sich; denn sie meinten, einen Geist zu sehen.
38 Aber er sagte: »Warum seid ihr so erschrocken? Warum kommen euch solche Gedanken? 39 Schaut mich doch an, meine Hände, meine Füße, dann erkennt ihr, daß ich es wirklich bin! Faßt mich an und überzeugt euch; ein Geist hat doch nicht Fleisch und Knochen wie ich!« 40 Während er das sagte, zeigte er ihnen seine Hände und seine Füße.
41 Als sie es in ihrer Freude und Verwunderung noch immer nicht fassen konnten, fragte er: »Habt ihr etwas zu essen hier?« 42 Da gaben sie ihm ein Stück gebratenen Fisch, 43 und er nahm es und aß es vor ihren Augen.

Die letzten Worte von Jesus

44 Dann sagte er zu ihnen: »Als ich noch mit euch zusammen war, habe ich euch gesagt: 'Alles, was im Gesetz , in den Schriften der Propheten und in den Psalmen über mich steht, muß in Erfüllung gehen.'« 45 Und er half ihnen, die Heiligen Schriften richtig zu verstehen.
46 »Hier steht es geschrieben«, erklärte er ihnen: »Der versprochene Retter muß leiden und sterben und am dritten Tag vom Tod auferstehen. 47 Und den Menschen aller Völker muß verkündet werden, daß ihnen um seinetwillen Umkehr zu Gott und Vergebung der Schuld angeboten wird. In Jerusalem muß der Anfang gemacht werden. 48 Ihr seid Zeugen geworden von allem, was geschehen ist, und sollt es überall bezeugen!
49 Ich aber werde den Geist , den mein Vater versprochen hat, zu euch senden. Wartet hier in der Stadt, bis das eintritt und ihr mit der Kraft von oben gestärkt werdet.«

Jesus nimmt Abschied

50 Darauf führte Jesus sie aus der Stadt hinaus nach Betanien. Dort erhob er die Hände, um sie zu segnen. 51 Und während er sie segnete, entfernte er sich von ihnen und wurde zum Himmel emporgehoben.
52 Sie aber warfen sich vor ihm nieder. Dann kehrten sie voller Freude nach Jerusalem zurück. 53 Sie verbrachten ihre ganze Zeit im Tempel und priesen Gott.

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