Darf man im Dienste des Guten lügen?

In 1. Samuel 19 steht die Geschichte von Michal, die David durch eine Notlüge rettete. Diese Läge wird auf keine Weise getadelt oder von Gott bestraft. Heißt das etwa, dass das Böse (Saul und seine Leute) belogen werden darf wenn man damit Gutes erreichen will? In 1. Mose 31 lügt auch Rahel im Zusammenhang mit dem gestohlenen Hausgötzen. Kann es sein, dass Gott Lügen bei Ungläubigen nicht bestraft, weil sie keinen anderen Ausweg wissen? Bei Abraham und Pharao (1. Mose 12) hatte die Notlüge Folgen; weshalb in diesen Geschichten nicht?

Werden Notlügen toleriert?

Notlügen sind auch Lügen und widersprechen dem Wesen Gottes. Daher hat Gott dem Menschen verboten, seinen Nächsten zu belügen (2. Mose 20,16). Jede Lüge ist Sünde, und Sünde wird ohne Ausnahme von Gott verurteilt und bestraft. Wenn nun in 1. Samuel 19 nichts von Tadel oder Strafe steht, bedeutet das nicht, dass Gott Michals Lüge überging. Zu seiner Zeit und auf seine Art wird er die Lüge auch Michal vor Augen gestellt und sie deswegen getadelt haben. Gott wartet manchmal länger zu und lässt oft Sündiges gewähren. Das Sprichwort, nach dem Gottes Mühlen langsam, aber gerecht mahlen, ist wahr.

Der Prediger sagt: „Weil das Urteil über böse Taten nicht schnell vollzogen wird, darum ist das Herz der Menschenkinder in ihnen voll, Böses zu tun“ (8,11). Paulus sagt, dass auch bei erlösten Menschen die Sünden nicht immer sogleich ans Licht kommen und bestraft werden: „Von etlichen Menschen sind die Sünden vorher offenbar und gehen voraus zum Gericht; etlichen aber folgen sie auch nach“ (1. Timotheus 5,24). Dass die Sünden verborgen bleiben und Gott sie für eine Weile anstehen lässt, heißt nicht, dass Gott sie gutheißt und nicht spätestens am Tag des Gerichts ans Licht bringen würde, sei es bei Gläubigen (2. Korinther 5,10), oder sei es bei Ungläubigen (Offenbarung 20,11-15).

Aus dem Gang der Ereignisse in 1. Samuel 19 dürfen wir ferner nicht folgern, David hätte auf keine andere Weise gerettet werden können, Ist Gott nicht der Allmächtige? Versteht er es nicht, seine Heiligen zu bewahren, wenn man ihm vertraut, statt zu Lügen und Täuschungen Zuflucht zu nehmen? Dennoch erkennen wir etwa in der Geschichte Rahabs, dass Gott barmherzig ist. Er sah das Herz dieser heidnischen Frau, sie fürchtete den Gott Israels und glaubte an ihn. Darum wurde sie vom Gericht verschont (Hebräer 11,31). Sie wusste nun nicht besser, als die Nachsteller der beiden Gesandten Josuas mit einer Lüge abzuwimmeln. Das war sicher nicht richtig, und Gott wird auch das zu einem späteren Zeitpunkt mit ihr geklärt haben.

Ähnlich sieht er auch unser Herz, und wenn wir in verschiedenen Situationen versagen, wird er uns deswegen nicht verstoßen, aber er wird ganz sicher mit uns über jede Sünde sprechen, sei es schon in diesem Leben oder erst, wenn wir bei ihm sind. Er wird uns züchtigen und erziehen, damit wir immer mehr lernen, in allen Umständen ihm zu vertrauen.


Beantwortet von: Benedikt Peters
Quelle: Aus dem Buch 3 x 100 Fragen zur Bibel (Schwengeler Verlag, 2003)