DIE GUTE NACHRICHT NACH JOHANNES (Johannes-Evangelium)

JESUS, DAS EWIGE WORT; DER TÄUFER UND DIE ERSTEN JÜNGER (Kapitel 1)

Jesus Christus - Gottes Wort von Ewigkeit her

1 Am Anfang war das Wort . Das Wort war bei Gott, und in allem war es Gott gleich. 2 Von Anfang an war es bei Gott. 3 Alles wurde durch das Wort geschaffen; und ohne das Wort ist nichts entstanden. 4 In ihm war das Leben, und dieses Leben war das Licht für die Menschen. 5 Das Licht strahlt in der Dunkelheit, aber die Dunkelheit hat sich ihm verschlossen. 6 Es trat einer auf, den Gott gesandt hatte; er hieß Johannes. 7 Er sollte Zeuge sein für das Licht und alle darauf hinweisen, damit sie es erkennen und annehmen. 8 Er selbst war nicht das Licht; er sollte nur auf das Licht hinweisen. 9 Das wahre Licht, das in die Welt gekommen ist und nun allen Menschen leuchtet, ist Er, der das Wort ist. 10 Er, das Wort, war schon immer in der Welt, die Welt ist durch ihn geschaffen worden, und doch erkannte sie ihn nicht. 11 Er kam in seine eigene Schöpfung, doch seine Geschöpfe, die Menschen, wiesen ihn ab. 12 Aber allen, die ihn aufnahmen und ihm Glauben schenkten, verlieh er das Recht, Kinder Gottes zu werden. 13 - Das werden sie nicht durch natürliche Geburt oder menschliches Wollen und Machen, sondern weil Gott ihnen ein neues Leben gibt. - 14 Er, das Wort, wurde ein Mensch, ein wirklicher Mensch von Fleisch und Blut. Er lebte unter uns, und wir sahen seine Macht und Hoheit, die göttliche Hoheit, die ihm der Vater gegeben hat, ihm, seinem einzigen Sohn . Gottes ganze Güte und Treue ist uns in ihm begegnet. 15 Johannes trat als Zeuge für ihn auf und rief: »Das ist der, von dem ich sagte: 'Nach mir kommt einer, der über mir steht; denn bevor ich geboren wurde, war er schon da.'« 16 Aus seinem Reichtum hat er uns beschenkt, uns alle mit grenzenloser Güte überschüttet. 17 Durch Mose gab Gott uns das Gesetz , in Jesus Christus aber ist uns seine Güte und Treue begegnet. 18 Kein Mensch hat Gott jemals gesehen. Nur der Eine, der selbst Gott ist und mit dem Vater in engster Gemeinschaft steht, hat uns gesagt und gezeigt, wer Gott ist.

Die Zeugenaussage des Täufers

19 Die führenden Männer aus Jerusalem schickten Priester und Leviten zu Johannes. Die sollten ihn fragen: »Wer bist du?«
Da machte Johannes seine Zeugenaussage; 20 er wich der Antwort nicht aus, sondern bezeugte mit aller Deutlichkeit: »Ich bin nicht der versprochene Retter .« 21 »Wer bist du dann?« fragten sie ihn. »Bist du Elija?«
»Nein, der bin ich auch nicht.« »Bist du der erwartete Prophet ?«
»Nein.« 22 »Sag uns, wer du bist«, forderten sie. »Die Männer, die uns geschickt haben, verlangen eine Antwort von uns. Was sagst du selbst von dir?«
23 Johannes antwortete: »Der Prophet Jesaja hat von mir gesprochen. Ich bin die Stimme, die in der Wüste ruft: 'Macht den Weg bereit, auf dem der Herr kommt!'« 24 Unter den Abgesandten waren auch Pharisäer . 25 Sie fragten Johannes: »Wenn du weder der versprochene Retter bist noch Elija und auch nicht der Prophet, warum taufst du dann die Leute?«
26 Johannes antwortete: »Ich taufe nur mit Wasser. Aber mitten unter euch steht schon der, den ihr nicht kennt: 27 er, der nach mir kommt. Ich bin nicht gut genug, ihm die Schuhe aufzubinden.« 28 Das ereignete sich in Betanien auf der anderen Seite des Jordans, wo Johannes taufte.

Das Gotteslamm

29 Als Johannes am nächsten Tag Jesus auf sich zukommen sah, sagte er: »Seht dort das Opferlamm Gottes, das die Schuld der ganzen Welt wegnimmt. 30 Von ihm habe ich gesprochen, als ich sagte: 'Nach mir kommt einer, der über mir steht; denn bevor ich geboren wurde, war er schon da.' 31 Auch ich kannte ihn vorher nicht. Aber eben deshalb bin ich gekommen und habe mit Wasser getauft , damit er in Israel bekannt wird.« 32 Johannes machte dazu folgende Zeugenaussage: »Ich sah, daß der Geist Gottes wie eine Taube vom Himmel auf ihn kam und bei ihm blieb. 33 Vorher wußte ich nicht, daß er es war. Aber Gott, der mir den Auftrag gab, mit Wasser zu taufen, hatte zu mir gesagt: 'Wenn du einen siehst, auf den sich der Geist niederläßt und bei dem er bleibt, dann weißt du: Das ist der, der mit dem Heiligen Geist tauft.' 34 Das habe ich gesehen«, sagte Johannes, »und ich verbürge mich dafür, daß dieser der Sohn Gottes ist.«

Die ersten Jünger

35 Am nächsten Tag stand Johannes an derselben Stelle, und zwei von seinen Jüngern waren bei ihm. 36 Als er Jesus vorbeigehen sah, sagte er: »Seht dort das Opferlamm Gottes.« 37 Die beiden hörten es und gingen Jesus nach. 38 Jesus drehte sich um, sah, daß sie ihm folgten, und fragte: »Was sucht ihr?«
Sie antworteten: »Wo wohnst du, Rabbi ?« - Rabbi bedeutet Lehrer.
39 »Kommt, dann werdet ihr es sehen!« antwortete er. Sie gingen mit ihm, sahen, wo er wohnte, und verbrachten den Rest des Tages mit ihm. Es war ungefähr vier Uhr nachmittags. 40 Der eine von den beiden, die Johannes reden gehört hatten und Jesus gefolgt waren, war Andreas, der Bruder von Simon Petrus. 41 Als er bald darauf seinen Bruder Simon traf, sagte er zu ihm: »Wir haben den Messias gefunden, den versprochenen Retter.« 42 Dann brachte er ihn zu Jesus.
Jesus sah ihn an und sagte: »Du bist Simon, der Sohn von Johannes. Du wirst einmal Kephas genannt werden.« Kephas ist das hebräische Wort für Petrus (Fels).

Philippus und Natanaël

43 Am Tag darauf wollte Jesus nach Galiläa aufbrechen. Er traf Philippus und forderte ihn auf: »Komm, folge mir!« 44 Philippus stammte wie Andreas und Petrus aus Betsaida.
45 Philippus wiederum traf Natanaël und sagte zu ihm: »Wir haben den gefunden, über den Mose im Gesetz geschrieben hat und den die Propheten angekündigt haben. Es ist Jesus aus Nazaret, der Sohn Josefs.«
46 »Kann aus Nazaret etwas Gutes kommen?« fragte Natanaël.
Philippus antwortete: »Komm mit und überzeuge dich selbst!« 47 Als Jesus Natanaël kommen sah, sagte er: »Da kommt ein wahrer Israelit, ein Mann ohne Falschheit.«
48 Natanaël fragte ihn: »Woher kennst du mich?«
Jesus antwortete: »Bevor Philippus dich rief, habe ich dich unter dem Feigenbaum gesehen.«
49 Da sagte Natanaël: »Rabbi , du bist der Sohn Gottes! Du bist der König von Israel!« 50 Jesus sagte: »Glaubst du das jetzt, weil ich dir sagte, daß ich dich unter dem Feigenbaum sah? Du wirst noch viel größere Dinge erleben.«
51 Und er fuhr fort: »Amen , ich versichere euch: Ihr werdet den Himmel offen sehen und erleben, wie die Engel Gottes zum Menschensohn herab- und von ihm zum Himmel hinaufsteigen!«

DAS ÖFFENTLICHE WIRKEN VON JESUS (Kapitel 2-12)

Die Hochzeit in Kana

1 Am dritten Tag wurde in Kana in Galiläa eine Hochzeit gefeiert. Die Mutter von Jesus war dabei, 2 und auch Jesus war mit seinen Jüngern dazu eingeladen.
3 Als der Weinvorrat zu Ende war, sagte seine Mutter zu ihm: »Sie haben keinen Wein mehr!«
4 Jesus erwiderte ihr: »Frau, das ist meine Sache, nicht deine! Meine Stunde ist noch nicht gekommen.«
5 Da wandte sich seine Mutter an die Diener und sagte: »Tut alles, was er euch befiehlt!« 6 Im Haus standen sechs Wasserkrüge aus Stein, von denen jeder etwa hundert Liter faßte. Man brauchte sie wegen der Reinigung , die das Gesetz vorschreibt.
7 Jesus sagte zu den Dienern: »Füllt diese Krüge mit Wasser!« Sie füllten sie bis an den Rand. 8 Dann befahl er ihnen: »Jetzt nehmt eine Probe davon und bringt sie dem Mann, der für das Festessen verantwortlich ist.«
Sie brachten ihm eine Probe, 9 und er kostete das Wasser, das zu Wein geworden war. Er wußte nicht, woher dieser Wein kam; nur die Diener, die das Wasser geschöpft hatten, wußten es. Er rief den Bräutigam zu sich 10 und sagte: »Jeder bringt doch zuerst den guten Wein auf den Tisch, und wenn die Gäste schon reichlich getrunken haben, folgt der schlechtere. Aber du hast den guten Wein bis zuletzt aufgehoben!« 11 So vollbrachte Jesus in Kana in Galiläa sein erstes Wunderzeichen und offenbarte seine Herrlichkeit . Und seine Jünger kamen zum Glauben an ihn. 12 Danach ging er mit seiner Mutter, seinen Brüdern und seinen Jüngern nach Kafarnaum hinunter und blieb einige Tage dort.

Jesus im Tempel

13 Als das Passafest näherkam, ging Jesus hinauf nach Jerusalem. 14 Im Vorhof des Tempels sah er die Händler, die dort Rinder, Schafe und Tauben verkauften; auch die Geldwechsler saßen dort an ihren Tischen.
15 Da machte er sich aus Stricken eine Peitsche und trieb sie alle aus dem Tempelbezirk, mitsamt ihren Rindern und Schafen. Er fegte das Geld der Wechsler zu Boden und warf ihre Tische um. 16 Den Taubenverkäufern befahl er: »Schafft das hier weg! Macht aus dem Haus meines Vaters keine Markthalle!«
17 Seinen Jüngern kam das Wort aus den Heiligen Schriften in den Sinn: »Die Liebe zu deinem Haus wird mich noch umbringen.« 18 Die führenden Männer fragten ihn: »Woran können wir erkennen, daß du so etwas tun darfst? Gib uns ein Wunderzeichen als Beweis!«
19 Jesus antwortete ihnen: »Reißt diesen Tempel nieder, und in drei Tagen werde ich ihn wieder aufbauen!«
20 Sie hielten ihm entgegen: »Für den Bau dieses Tempels wurden sechsundvierzig Jahre gebraucht! Und du willst ihn in drei Tagen wieder aufbauen?«
21 Mit dem Tempel meinte Jesus aber seinen Leib. 22 Als er vom Tod auferstanden war, erinnerten sich seine Jünger an dieses Wort. Da glaubten sie den Heiligen Schriften und dem, was Jesus damals gesagt hatte.

Jesus kennt die Menschen

23 Während sich Jesus am Passafest in Jerusalem aufhielt, kamen viele zum Glauben an ihn, weil sie die Wunder sahen, die er tat. 24 Aber Jesus traute ihnen nicht und hielt sich ihnen gegenüber zurück, weil er sie alle durchschaute. 25 Über die Menschen brauchte ihm niemand etwas zu sagen, denn er kannte das menschliche Herz bis auf den Grund.

Jesus und Nikodemus

1 Einer von den Pharisäern war Nikodemus, ein Mitglied des jüdischen Rates . 2 Eines Nachts kam er zu Jesus und sagte zu ihm: »Rabbi , wir wissen, daß Gott dich gesandt und dich als Lehrer bestätigt hat. Nur mit Gottes Hilfe kann jemand solche Wunder vollbringen, wie du sie tust.«
3 Jesus antwortete: »Amen , ich versichere dir: Nur wer von oben her geboren wird, kann Gottes neue Welt zu sehen bekommen.« 4 »Wie kann ein Mensch geboren werden, der schon ein Greis ist?« fragte Nikodemus. »Er kann doch nicht noch einmal in den Mutterschoß zurückkehren und ein zweites Mal auf die Welt kommen!«
5 Jesus sagte: »Amen, ich versichere dir: Nur wer von Wasser und Geist geboren wird, kann in Gottes neue Welt hineinkommen. 6 Was Menschen zur Welt bringen, ist und bleibt von menschlicher Art. Von geistlicher Art kann nur sein, was vom Geist Gottes geboren wird. 7 Wundere dich also nicht, daß ich zu dir sagte: 'Ihr müßt alle von oben her geboren werden.' 8 Der Wind weht, wo es ihm gefällt. Du hörst ihn nur rauschen, aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er geht. So geheimnisvoll ist es auch, wenn ein Mensch vom Geist geboren wird.« 9 »Wie ist so etwas möglich?« fragte Nikodemus.
10 Jesus antwortete: »Du bist ein anerkannter Lehrer Israels und weißt das nicht? 11 Amen, ich versichere dir: Wir sprechen über Dinge, die wir kennen, und bezeugen das, was wir gesehen haben. Aber keiner von euch ist bereit, auf unsere Aussage zu hören. 12 Wenn ich zu euch über die irdischen Dinge rede und ihr mir nicht glaubt, wie werdet ihr mir dann glauben, wenn ich über die himmlischen Dinge mit euch rede?«

Ohne Glauben an Jesus kein Leben

13 Niemand ist in den Himmel hinaufgestiegen als nur der eine, der vom Himmel herabgekommen ist, der Menschensohn . 14 Mose richtete in der Wüste den Pfahl mit der bronzenen Schlange auf. Genauso muß auch der Menschensohn erhöht werden, 15 damit alle, die sich im Glauben ihm zuwenden, durch ihn ewiges Leben bekommen. 16 Gott hat die Menschen so sehr geliebt, daß er seinen einzigen Sohn hergab. Nun werden alle, die sich auf den Sohn Gottes verlassen, nicht zugrunde gehen, sondern ewig leben.
17 Gott sandte den Sohn nicht in die Welt, um die Menschen zu verurteilen, sondern um sie zu retten. 18 Wer sich an den Sohn Gottes hält, wird nicht verurteilt. Wer sich aber nicht an ihn hält, ist schon verurteilt, weil er Gottes einzigen Sohn nicht angenommen hat.
19 So geschieht die Verurteilung: Das Licht ist in die Welt gekommen, aber die Menschen liebten die Dunkelheit mehr als das Licht; denn ihre Taten waren schlecht. 20 Jeder, der Böses tut, haßt das Licht und bleibt im Dunkeln, damit seine schlechten Taten nicht offenbar werden. 21 Aber wer der Wahrheit gehorcht, kommt zum Licht; denn das Licht macht offenbar, daß er mit seinen Taten Gott gehorsam war.

Jesus und der Täufer

22 Danach ging Jesus mit seinen Jüngern in das Gebiet von Judäa . Dort verbrachte er einige Zeit mit ihnen und taufte . 23 Auch Johannes taufte in Änon, nicht weit von Salim, denn dort gab es reichlich Wasser. Immer noch kamen Leute zu ihm, und er taufte sie; 24 denn er war zu jener Zeit noch nicht im Gefängnis. 25 Einmal stritten sich einige Jünger von Johannes mit einem anderen Juden darüber, welche Taufe den höheren Rang habe. 26 Sie kamen deshalb zu Johannes und sagten zu ihm: »Rabbi , der Mann, der dich am anderen Jordanufer aufsuchte und auf den du als Zeuge hingewiesen hast, der tauft jetzt auch, und alle gehen zu ihm!« 27 Johannes antwortete: »Kein Mensch kann sich etwas nehmen, auch nicht das Geringste, wenn Gott es ihm nicht gegeben hat. 28 Ihr könnt selbst bestätigen, daß ich sagte: 'Ich bin nicht der versprochene Retter, sondern ich bin nur vor ihm hergesandt worden.' 29 Wer die Braut bekommt, ist der Bräutigam. Der Freund des Bräutigams steht dabei, und wenn er den Bräutigam jubeln hört, ist er voller Freude. Genauso geht es jetzt mir: An meiner Freude fehlt nichts mehr. 30 Sein Einfluß muß wachsen, meiner muß abnehmen.«

Gottes Sohn bringt das Leben

31 Er, der von oben kommt, steht über allen. Wer von der Erde stammt, gehört zur Erde und redet aus irdischer Sicht. Er aber, der vom Himmel kommt, 32 bezeugt das, was er dort gesehen und gehört hat. Doch keiner hört auf ihn.
33 Wer auf ihn hört, bestätigt damit, daß Gott die Wahrheit sagt. 34 Der von Gott Gesandte spricht ja die Worte Gottes, denn Gott gibt ihm seinen Geist in grenzenloser Fülle.
35 Der Vater liebt den Sohn und hat alles in seine Hand gegeben. 36 Wer sich an den Sohn hält, hat das ewige Leben. Wer nicht auf den Sohn hört, wird niemals das Leben finden; er wird dem Zorngericht Gottes nicht entgehen.

Jesus und die Frau aus Samarien

1 Jesus erfuhr, daß die Pharisäer auf ihn aufmerksam wurden, weil er mehr Anhänger gewann und taufte als Johannes. - 2 Er selbst taufte übrigens nicht; das taten seine Jünger ., 3 Deshalb verließ Jesus Judäa und ging zurück nach Galiläa .
4 Dabei mußte er durch Samarien ziehen. 5 Unterwegs kam er in die Nähe des Dorfes Sychar, das nicht weit von dem Feld entfernt liegt, das Jakob einst seinem Sohn Josef vererbt hatte. 6 Dort befand sich der Jakobsbrunnen. Jesus war von dem langen Weg müde geworden und setzte sich an den Brunnen. Es war gegen Mittag. 7 Da kam eine samaritische Frau zum Wasserholen. Jesus sagte zu ihr: »Gib mir einen Schluck Wasser!« 8 Seine Jünger waren ins Dorf gegangen, um etwas zu essen zu kaufen.
9 Die Frau antwortete: »Du bist ein Jude, und ich bin eine Samariterin. Wie kannst du mich da um etwas zu trinken bitten?« Die Juden vermeiden nämlich jeden Umgang mit Samaritern .
10 Jesus antwortete: »Wenn du wüßtest, was Gott den Menschen schenken will und wer es ist, der dich jetzt um Wasser bittet, dann hättest du ihn um Wasser gebeten, und er hätte dir lebendiges Wasser gegeben.« 11 »Herr, du hast doch keinen Eimer«, sagte die Frau, »und der Brunnen ist tief. Woher willst du dann das lebendige Wasser haben? 12 Unser Stammvater Jakob hat uns diesen Brunnen hinterlassen. Er selbst, seine Söhne und seine ganze Herde tranken daraus. Du willst doch nicht sagen, daß du mehr bist als Jakob?« 13 Jesus antwortete: »Wer dieses Wasser trinkt, wird wieder durstig. 14 Wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird in Ewigkeit keinen Durst mehr haben. Ich gebe ihm Wasser, das in ihm zu einer Quelle wird, die bis ins ewige Leben weitersprudelt.« 15 »Herr, gib mir von diesem Wasser«, bat die Frau, »dann werde ich keinen Durst mehr haben und muß nicht mehr hierher kommen, um Wasser zu schöpfen.«
16 Jesus sagte zu ihr: »Geh und bring deinen Mann her!«
17 »Ich habe keinen Mann«, sagte die Frau.
Jesus erwiderte: »Es stimmt, wenn du sagst: 'Ich habe keinen Mann.' 18 Fünfmal warst du verheiratet, und der, mit dem du jetzt zusammenlebst, ist nicht dein Mann. Da hast du die Wahrheit gesagt.« 19 »Herr, ich sehe, du bist ein Prophet «, sagte die Frau. 20 »Unsere Vorfahren verehrten Gott auf diesem Berg. Ihr Juden dagegen behauptet, daß Jerusalem der Ort ist, an dem Gott verehrt werden will.« 21 Jesus sagte zu ihr: »Glaube mir, Frau, es kommt die Zeit, in der ihr den Vater weder auf diesem Berg noch in Jerusalem anbeten werdet. 22 Ihr Samariter betet zu Gott, aber ihr kennt ihn nicht; doch wir kennen ihn, denn die Rettung für alle Menschen kommt von den Juden. 23-24 Aber die Stunde kommt, ja sie ist schon gekommen, da wird der Heilige Geist , der Gottes Wahrheit enthüllt, Menschen befähigen, den Vater an jedem Ort anzubeten. Gott ist ganz anders als diese Welt , er ist machtvoller Geist, und die ihn anbeten wollen, müssen vom Geist der Wahrheit erfüllt sein. Von solchen Menschen will der Vater angebetet werden.« 25 Die Frau sagte zu ihm: »Ich weiß, daß der Messias kommen wird, der versprochene Retter. Wenn er kommt, wird er uns alles sagen.«
26 Jesus antwortete: »Er spricht mit dir; ich bin es.« 27 In diesem Augenblick kehrten seine Jünger zurück. Sie wunderten sich, ihn im Gespräch mit einer Frau anzutreffen. Aber keiner fragte ihn: »Was willst du von ihr?« oder: »Worüber redest du mit ihr?« 28 Die Frau ließ ihren Wasserkrug stehen, ging ins Dorf und sagte zu den Leuten: 29 »Da ist einer, der mir alles gesagt hat, was ich getan habe. Kommt mit und seht ihn euch an! Ist er vielleicht der versprochene Retter?« 30 Da gingen sie alle hinaus zu Jesus. 31 Inzwischen forderten die Jünger ihn auf: »Rabbi , iß doch etwas!«
32 Aber er antwortete: »Ich lebe von einer Nahrung, die ihr nicht kennt.«
33 Da fragten sie einander: »Hat ihm vielleicht jemand etwas zu essen gebracht?« 34 Jesus sagte zu ihnen: »Meine Nahrung ist, daß ich dem gehorche, der mich gesandt hat, und sein Werk vollende. 35 Ihr denkt, wie es im Sprichwort heißt: 'Zwischen Saat und Ernte liegen vier Monate!' Aber ich sage euch: Macht die Augen auf und seht euch die Felder an! Das Korn ist schon reif für die Ernte. 36 Er, der sie einbringt, erhält schon jetzt seinen Lohn und sammelt Frucht für das ewige Leben. Er freut sich zur gleichen Zeit wie der, der gesät hat.
37 Aber das andere Sprichwort, das trifft zu: 'Einer sät und ein anderer erntet.' 38 Denn ich habe euch zum Ernten auf ein Feld geschickt, auf dem ihr nicht gearbeitet habt. Andere haben sich vor euch dort abgemüht, ihr braucht ihre Arbeit nur weiterzuführen.« 39 Viele Samariter in jenem Ort kamen zum Glauben an Jesus, weil die Frau bezeugt hatte: »Er hat mir alles gesagt, was ich getan habe.« 40 Als sie nun bei Jesus eintrafen, baten sie ihn zu bleiben, und er verbrachte zwei Tage bei ihnen.
41 Da kamen noch viel mehr von ihnen zum Glauben aufgrund seiner Worte. 42 Sie erklärten der Frau: »Jetzt glauben wir nicht länger wegen deiner Erzählung, sondern weil wir ihn selbst gehört haben. Wir wissen jetzt, daß er wirklich der Retter der Welt ist.«

Jesus heilt den Sohn eines königlichen Beamten

43 Nachdem Jesus zwei Tage dortgeblieben war, verließ er die Gegend und ging weiter nach Galiläa . 44 Er selbst hatte gesagt: »Kein Prophet gilt etwas in seiner Heimat.« 45 Als er nun nach Galiläa kam, nahmen ihn die Leute freundlich auf. Sie waren nämlich beim Passafest in Jerusalem gewesen und hatten alles gesehen, was er dort während der Feiertage getan hatte. 46 In Galiläa kam Jesus auch wieder nach Kana, wo er das Wasser zu Wein gemacht hatte. Damals lebte in Kafarnaum ein königlicher Beamter, dessen Sohn war krank. 47 Als er hörte, daß Jesus von Judäa nach Galiläa gekommen war, ging er zu ihm und bat ihn: »Komm doch nach Kafarnaum und mach meinen Sohn gesund; er liegt im Sterben.« 48 Jesus sagte zu ihm: »Ihr alle glaubt mir nur, wenn ihr Wunder und gewaltige Taten seht.«
49 Der Beamte bat ihn: »Herr, komm doch mit mir, bevor mein Kind stirbt!«
50 »Geh ruhig heim«, sagte Jesus zu ihm, »dein Sohn lebt!«
Er glaubte dem Wort, das Jesus zu ihm gesagt hatte, und ging. 51 Schon unterwegs kamen ihm seine Diener entgegen und berichteten: »Dein Sohn lebt!« 52 Er fragte sie, seit wann es ihm besser gehe, und sie antworteten: »Gestern mittag um ein Uhr hat das Fieber aufgehört.«
53 Da erkannte der Vater, daß es genau zu der Stunde geschehen war, als Jesus zu ihm sagte: »Dein Sohn lebt!« Er kam zum Glauben an Jesus, er und seine ganze Hausgemeinschaft. 54 Dieses zweite Wunderzeichen vollbrachte Jesus, als er von Judäa wieder nach Galiläa gekommen war.

Die Heilung am Teich Betesda

1 Bald darauf war ein jüdisches Fest, und Jesus ging hinauf nach Jerusalem. 2 Am Schaftor in Jerusalem befindet sich ein Teich mit fünf offenen Hallen. Auf hebräisch wird er Betesda genannt. 3 Eine große Anzahl von Kranken lag ständig in den Hallen: Blinde, Gelähmte und Menschen mit erstorbenen Gliedern. Sie warteten darauf, daß das Wasser Wellen schlug; 4 denn von Zeit zu Zeit kam ein Engel Gottes und brachte das Wasser in Bewegung. Wer als erster in das bewegte Wasser hineinging, wurde gesund, ganz gleich, welche Krankheit er hatte. 5 Unter ihnen war auch ein Mann, der seit achtunddreißig Jahren krank war. 6 Jesus sah ihn dort liegen. Er erkannte, daß der Mann schon lange unter seiner Krankheit litt, und fragte ihn: »Willst du gesund werden?«
7 Der Kranke antwortete: »Herr, ich habe keinen, der mir in den Teich hilft, wenn das Wasser sich bewegt. Wenn ich es allein versuche, ist immer schon jemand vor mir da.«
8 Jesus sagte zu ihm: »Steh auf, nimm deine Matte und geh!« 9 Im selben Augenblick wurde der Mann gesund. Er nahm seine Matte und konnte wieder gehen. Der Tag, an dem dies geschah, war ein Sabbat . 10 Einige von den führenden Männern sagten deshalb zu dem Geheilten: »Heute ist Sabbat, da darfst du deine Matte nicht tragen!«
11 Er antwortete: »Der Mann, der mich geheilt hat, sagte zu mir: 'Nimm deine Matte und geh!'«
12 Da fragten sie ihn: »Wer ist es, der dir so etwas befohlen hat?« 13 Aber er konnte keine Auskunft darüber geben; denn Jesus hatte den Ort wegen der vielen Menschen schon wieder verlassen. 14 Später traf Jesus ihn im Tempel und sagte: »Hör zu! Du bist jetzt gesund. Tu nichts Unrechtes mehr, sonst wird es dir noch schlimmer ergehen.«
15 Der Geheilte ging fort und berichtete den führenden Männern, daß es Jesus war, der ihn gesund gemacht hatte. 16 Da begannen sie, Jesus zu verfolgen, weil er an einem Sabbat geheilt hatte.
17 Jesus aber sagte zu ihnen: »Mein Vater ist ständig am Werk, und deshalb bin ich es auch.«
18 Daraufhin waren sie noch fester entschlossen, ihn zu töten. Denn Jesus setzte nicht nur die Sabbatvorschriften außer Kraft, er behauptete sogar, daß Gott sein Vater sei, und stellte sich so mit Gott auf eine Stufe.

Die Vollmacht des Sohnes

19 Jesus erwiderte auf ihre Vorwürfe: »Amen , ich versichere euch: Der Sohn kann nichts von sich aus tun; er kann nur tun, was er den Vater tun sieht. Was der Vater tut, genau das tut auch der Sohn.
20 Der Vater liebt den Sohn und zeigt ihm alles, was er selber tut. Er wird ihm noch größere Taten zeigen, so daß ihr staunen werdet. 21 Denn wie der Vater die Toten auferweckt und ihnen das Leben gibt, so gibt auch der Sohn das Leben, wem er will.
22 Auch seine ganze richterliche Macht hat der Vater dem Sohn übergeben; er selbst spricht über niemand das Urteil. 23 Denn alle sollen den Sohn ebenso ehren wie den Vater. Wer den Sohn nicht ehrt, ehrt auch den Vater nicht, der ihn gesandt hat. 24 Amen, ich versichere euch: Alle, die auf mein Wort hören und dem glauben, der mich gesandt hat, haben das ewige Leben. Sie kommen nicht mehr vor Gottes Gericht; sie haben den Tod schon hinter sich gelassen und das unvergängliche Leben erreicht.
25 Amen, ich versichere euch: Die Stunde kommt - ja, sie ist schon da -, daß die Toten die Stimme des Gottessohnes hören werden, und wer sie hört, wird leben. 26 Wie der Vater der Geber des Lebens ist, so hat er auch dem Sohn Macht verliehen, Leben zu geben. 27 Und er hat dem Sohn die Macht verliehen, Gericht zu halten, weil er der Menschensohn ist.
28 Wundert euch nicht darüber! Die Stunde kommt, da werden alle Toten in den Gräbern seine Stimme hören 29 und ihre Gräber verlassen. Alle, die Gutes getan haben, werden auferstehen, um das Leben zu empfangen, und die Böses getan haben, um verurteilt zu werden. 30 Ich kann nichts von mir aus tun, sondern entscheide als Richter so, wie ich den Vater entscheiden höre. Meine Entscheidung ist gerecht, denn ich setze nicht meinen eigenen Willen durch, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat.«

Zeugen für Jesus

31 »Wenn ich für mich selbst als Zeuge auftreten wollte, hätte meine Aussage keine Beweiskraft. 32 Es gibt einen anderen Zeugen, der für mich aussagt, und ich weiß, daß er die Wahrheit über mich sagt.
33 Ich meine damit nicht Johannes. Ihr habt Boten zu ihm geschickt, und er ist als Zeuge für die Wahrheit eingetreten. 34 Ich brauche aber keinen Menschen als Zeugen; auf Johannes verweise ich nur, weil ich möchte, daß ihr gerettet werdet. 35 Johannes war wie eine brennende Lampe, ihr aber wolltet nichts weiter, als eine Zeitlang an seinem Licht eure Freude haben. 36 Ich habe ein Zeugnis auf meiner Seite, das die Aussage von Johannes weit übertrifft: die Taten meines Vaters, die ich in seinem Auftrag vollenden soll. Sie sprechen für mich und bestätigen, daß mein Vater mich gesandt hat.
37 Der Vater selbst, der mich gesandt hat, hat mit diesen Taten für mich ausgesagt. Ihr habt seine Stimme niemals gehört und seine Gestalt nie gesehen. 38 Auch sein Wort in den Heiligen Schriften nützt euch nichts mehr - weil ihr dem, den er gesandt hat, keinen Glauben schenkt. 39 Ihr forscht doch in den Heiligen Schriften und seid überzeugt, in ihnen das ewige Leben zu finden - und gerade sie weisen auf mich hin. 40 Aber ihr seid nicht bereit, zu mir zu kommen und so das ewige Leben zu haben. 41 Ich bin nicht darauf aus, von Menschen geehrt zu werden. 42 Außerdem kenne ich euch; ich weiß, daß in euren Herzen keine Liebe zu Gott ist. 43 Ich bin im Auftrag meines Vaters gekommen, doch ihr weist mich ab. Wenn aber jemand in seinem eigenen Auftrag kommt, werdet ihr ihn aufnehmen. 44 Wie könntet ihr denn auch zum Glauben an mich kommen? Ihr legt ja nur Wert darauf, einer vom andern bestätigt zu werden. Aber die Anerkennung bei Gott, dem Einen, zu dem ihr euch bekennt, die sucht ihr nicht.
45 Ihr braucht aber nicht zu denken, daß ich euch bei meinem Vater verklagen werde. Mose klagt euch an, derselbe Mose, auf dessen Fürsprache ihr hofft. 46 Wenn ihr Mose wirklich glaubtet, dann würdet ihr auch mir glauben; denn er hat über mich geschrieben. 47 Da ihr aber seinen geschriebenen Worten nicht glaubt, wie könnt ihr dann meinen gesprochenen glauben?«

Jesus gibt fünftausend Menschen zu essen

1 Danach fuhr Jesus über den See von Galiläa , der auch See von Tiberias heißt. 2 Eine große Menge Menschen folgten ihm, weil sie seine Wunder an den Kranken gesehen hatten. 3 Jesus stieg auf einen Berg und setzte sich mit seinen Jüngern . 4 Es war kurz vor dem jüdischen Passafest . 5 Jesus blickte auf und sah die Menschenmenge auf sich zukommen. Er wandte sich an Philippus: »Wo können wir Brot kaufen, damit alle diese Leute zu essen bekommen?«
6 Das sagte er, um Philippus auf die Probe zu stellen; er selbst wußte schon, was er tun würde.
7 Philippus antwortete: »Wir müßten für über zweihundert Silberstücke Brot kaufen, wenn jeder auch nur eine Kleinigkeit bekommen sollte.«
8 Andreas, ein anderer Jünger, der Bruder von Simon Petrus, sagte: 9 »Hier ist ein Junge, der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische. Aber was hilft das bei so vielen Menschen?« 10 »Sorgt dafür, daß die Leute sich setzen«, sagte Jesus. Es gab viel Gras an dem Ort. Sie setzten sich; allein an Männern waren es ungefähr fünftausend. 11 Jesus nahm die Brote, sprach darüber das Dankgebet und verteilte sie an die Menge. Mit den Fischen tat er dasselbe, und alle hatten reichlich zu essen.
12 Als sie satt waren, sagte er zu seinen Jüngern: »Sammelt die Brotreste auf, damit nichts verdirbt.« 13 Sie taten es und füllten zwölf Körbe mit den Resten. Soviel war von den fünf Gerstenbroten übriggeblieben. 14 Als die Leute das Wunder sahen, das Jesus vollbracht hatte, sagten sie: »Das ist wirklich der Prophet , der in die Welt kommen soll!«
15 Jesus merkte, daß sie drauf und dran waren, ihn mit Gewalt zu ihrem König zu machen. Deshalb zog er sich wieder auf den Berg zurück, ganz für sich allein.

Jesus geht über das Wasser

16 Als es Abend geworden war, gingen seine Jünger zum See hinunter. 17 Sie stiegen in ein Boot, um über den See nach Kafarnaum zurückzufahren. Es wurde Nacht, und Jesus war immer noch nicht zu ihnen gekommen. 18 Das Wetter war sehr stürmisch, und das Wasser schlug hohe Wellen.
19 Die Jünger hatten eine Strecke von etwa fünf Kilometern zurückgelegt, da sahen sie plötzlich Jesus, wie er über das Wasser ging und sich ihrem Boot näherte. Die Angst packte sie.
20 Aber Jesus sagte: »Habt keine Angst, ich bin's!«
21 Sie wollten ihn zu sich ins Boot nehmen. Aber da waren sie auch schon am Ufer, dort, wo sie hinwollten.

Jesus ist das Brot, das Leben gibt

22 Die Volksmenge, die am anderen Ufer geblieben war, erinnerte sich am nächsten Tag, daß nur ein einziges Boot am Ufer gelegen hatte. Die Leute wußten, daß Jesus nicht ins Boot gestiegen war und seine Jünger ohne ihn abgefahren waren.
23 Es legten aber andere Boote, die von Tiberias kamen, nahe bei dem Ort an, wo der Herr das Dankgebet gesprochen und die Menge das Brot gegessen hatte. 24 Als die Leute nun sahen, daß Jesus nicht mehr da war und seine Jünger auch nicht, stiegen sie in diese Boote. Sie fuhren nach Kafarnaum und wollten Jesus dort suchen. 25 Sie fanden ihn tatsächlich auf der anderen Seite des Sees und fragten ihn: »Rabbi , wann bist du hierhergekommen?«
26 Jesus antwortete: »Amen , ich versichere euch: Ihr sucht mich nicht, weil ihr meine Wunder als Zeichen verstanden habt, sondern weil ihr von dem Brot gegessen habt und satt geworden seid. 27 Bemüht euch nicht um vergängliche Nahrung, sondern um wirkliche Nahrung, die für das ewige Leben vorhält. Diese Nahrung wird euch der Menschensohn geben, denn ihn hat Gott, der Vater, als seinen Gesandten bestätigt.« 28 Da fragten sie ihn: »Was müssen wir denn tun, um Gottes Willen zu erfüllen?«
29 Jesus antwortete: »Gott verlangt nur eins von euch: Ihr sollt den anerkennen, den er gesandt hat.«
30 Sie erwiderten: »Gib uns einen Beweis für deine Bevollmächtigung! Laß uns ein eindeutiges Wunderzeichen sehen, damit wir dir glauben. 31 Unsere Vorfahren aßen das Manna in der Wüste. In den Heiligen Schriften heißt es von Mose: 'Er gab ihnen Brot vom Himmel zu essen.'« 32 Jesus entgegnete: »Amen, ich versichere euch: Nicht Mose hat euch das Brot vom Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel. 33 Das wahre Brot Gottes ist das, das vom Himmel herabsteigt und der Welt das Leben gibt.« 34 »Herr«, sagten sie, »gib uns immer von diesem Brot!« 35 » Ich bin das Brot, das Leben schenkt«, sagte Jesus zu ihnen. »Wer zu mir kommt, wird nie mehr hungrig sein. Wer sich an mich hält, wird keinen Durst mehr haben.
36 Aber ich habe es euch bereits gesagt: Obwohl ihr meine Taten gesehen habt, schenkt ihr mir keinen Glauben. 37 Alle, die mein Vater mir gibt, werden zu mir kommen, und niemand, der zu mir kommt, wird von mir abgewiesen. 38 Ich bin vom Himmel gekommen, nicht um zu tun, was ich will, sondern um zu tun, was der will, der mich gesandt hat. 39 Und er will von mir, daß ich niemand von denen verliere, die er mir gegeben hat. Vielmehr soll ich sie alle am letzten Tag zum Leben erwecken. 40 Mein Vater will, daß alle, die den Sohn sehen und sich an ihn halten, ewig leben. Ich werde sie am letzten Tag vom Tod auferwecken.« 41 Die Zuhörenden murrten, weil er gesagt hatte: »Ich bin das Brot, das vom Himmel gekommen ist.« 42 Sie sagten: »Wir kennen doch seinen Vater und seine Mutter! Er ist doch Jesus, der Sohn Josefs! Wie kann er behaupten: 'Ich komme vom Himmel'«? 43 Jesus sagte zu ihnen: »Was murrt ihr? 44 Nur die können zu mir kommen, die der Vater, der mich gesandt hat, zu mir führt. Und ich werde alle, die zu mir kommen, am letzten Tag vom Tod auferwecken. 45 In den Schriften der Propheten heißt es: 'Alle werden von Gott unterwiesen sein.' Wer den Vater hört und von ihm lernt, kommt zu mir. 46 Nicht, daß je ein Mensch den Vater gesehen hätte. Nur der Eine, der von Gott gekommen ist, hat den Vater gesehen. 47 Amen, ich versichere euch: Wer sich an mich hält, hat das ewige Leben. 48 Ich bin das Brot, das Leben schenkt. 49 Eure Vorfahren aßen das Manna in der Wüste und sind trotzdem gestorben. 50 Hier aber ist das Brot, das vom Himmel herabkommt, damit, wer davon ißt, nicht stirbt. 51 Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel gekommen ist. Wer von diesem Brot ißt, wird ewig leben. Das Brot, das ich geben werde, ist mein Leib. Ich gebe ihn hin, damit die Menschen zum Leben gelangen können.« 52 Das löste unter den Zuhörern einen heftigen Streit aus. »Wie kann dieser Mensch uns seinen Leib, sein Fleisch, zu essen geben?« fragten sie. 53 Jesus sagte zu ihnen: »Amen, ich versichere euch: Ihr habt keinen Anteil am Leben, wenn ihr das Fleisch des Menschensohns nicht eßt und sein Blut nicht trinkt. 54 Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben, und ich werde ihn am letzten Tag vom Tod erwecken. 55 Denn mein Fleisch ist die wahre Nahrung, und mein Blut ist der wahre Trank. 56 Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, bleibt mit mir verbunden und ich mit ihm. 57 Der Vater, von dem das Leben kommt, hat mich gesandt, und ich lebe durch ihn. Genauso wird jeder, der mich ißt, durch mich leben.
58 Das also ist das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Es ist etwas ganz anderes als das Brot, das eure Vorfahren gegessen haben. Sie sind gestorben, wer aber dieses Brot ißt, wird ewig leben.« 59 Dies sagte Jesus in der Synagoge von Kafarnaum, so lehrte er dort die Menschen.

Worte, die zum ewigen Leben führen

60 Als sie das hörten, sagten viele, die sich Jesus angeschlossen hatten: »Was er da redet, geht zu weit! So etwas kann man nicht mit anhören!«
61 Jesus wußte schon von sich aus, daß sie murrten, und sagte zu ihnen: »Daran nehmt ihr Anstoß? 62 Wartet doch, bis ihr den Menschensohn dorthin zurückkehren seht, wo er vorher war! 63 Gottes Geist allein macht lebendig; alle menschlichen Möglichkeiten richten nichts aus. Die Worte, die ich zu euch gesprochen habe, sind von diesem Geist erfüllt und bringen das Leben. 64 Doch einige von euch haben keinen Glauben .«
Jesus kannte nämlich von Anfang an die, die ihn nicht annehmen würden, und wußte auch, wer ihn verraten würde. 65 Und er fügte hinzu: »Aus diesem Grund habe ich zu euch gesagt: Nur die können zu mir kommen, die der Vater dazu fähig macht.« 66 Als sie das hörten, wandten sich viele seiner Anhänger von ihm ab und wollten nicht länger mit ihm gehen.
67 Da fragte Jesus die Zwölf : »Und ihr, was habt ihr vor? Wollt ihr mich auch verlassen?«
68 Simon Petrus antwortete ihm: »Herr, zu wem sonst sollten wir gehen? Deine Worte bringen das ewige Leben. 69 Wir glauben und wissen, daß du der bist, in dem Gott uns begegnet.«
70 Jesus antwortete ihm: »Euch zwölf habe ich doch selber ausgewählt. Trotzdem ist einer von euch ein Teufel!« 71 Er meinte Judas, den Sohn von Simon Iskariot. Judas war es, der Jesus später verriet - einer aus dem Kreis der Zwölf.

Jesus und seine Brüder

1 Danach zog Jesus in Galiläa umher. Er hielt sich von Judäa fern, weil die führenden Männer dort ihn töten wollten.
2 Das jüdische Laubhüttenfest stand vor der Tür. 3 Da sagten seine Brüder zu ihm: »Du solltest nicht hier bleiben, sondern nach Judäa gehen, damit deine Anhänger dort die großen Taten zu sehen bekommen, die du tust. 4 Wenn jemand bekannt werden möchte, versteckt er sich nicht. Wenn du schon solche Taten vollbringst, dann sorge auch dafür, daß alle Welt davon erfährt!« 5 Denn nicht einmal seine Brüder schenkten ihm Glauben. 6 Jesus sagte zu ihnen: »Meine Zeit ist noch nicht da. Für euch dagegen paßt jede Zeit. 7 Euch kann die Welt nicht hassen; aber mich haßt sie, weil ich als Zeuge gegen sie bestätige, daß ihr Tun böse ist. 8 Zieht doch ihr zu diesem Fest hinauf! Ich gehe nicht zum Fest, weil meine Zeit noch nicht da ist.«
9 Das sagte er zu ihnen und blieb in Galiläa.

Jesus in Jerusalem

10 Nachdem seine Brüder zum Fest nach Jerusalem hinaufgegangen waren, kam Jesus nach; aber er zeigte sich nicht in der Öffentlichkeit.
11 Die führenden Männer suchten ihn unter den Festbesuchern. »Wo ist er?« fragten sie. 12 In der Volksmenge wurde viel über ihn geflüstert. »Der Mann ist gut«, meinten einige. Andere entgegneten: »Nein, er ist ein Volksverführer.« 13 Aber niemand sprach offen über ihn, weil sie Angst vor ihren führenden Männern hatten. 14 Die Hälfte der Festwoche war schon vorüber, da ging Jesus hinauf in den Tempel und lehrte das Volk. 15 Die Leute waren sehr erstaunt und sagten: »Er hat doch keinen Lehrer gehabt. Wie kommt es, daß er die Heiligen Schriften so gut kennt?«
16 Jesus ging darauf ein und sagte: »Meine Lehre habe ich nicht selbst ausgedacht. Ich habe sie von Gott, der mich gesandt hat. 17 Wer bereit ist, Gott zu gehorchen, wird merken, ob meine Lehre von Gott ist oder ob ich meine eigenen Gedanken vortrage. 18 Wer seine eigenen Gedanken vorträgt, dem geht es um die eigene Ehre. Wer aber die Ehre dessen sucht, der ihn gesandt hat, ist vertrauenswürdig. Man kann ihm keinen Betrug vorwerfen. 19 Mose hat euch doch das Gesetz gegeben. Aber niemand von euch hält sich daran. Ihr wollt mich sogar töten!« 20 Die Menge antwortete: »Du bist wohl von einem bösen Geist besessen! Wer will dich töten?«
21 Jesus antwortete: »Ich habe hier in Jerusalem eine einzige Tat vollbracht, und ihr nehmt alle Anstoß daran. 22 Ihr beschneidet eure Söhne, wenn es sein muß, auch am Sabbat , weil Mose angeordnet hat, daß eure Kinder am achten Tag beschnitten werden sollen. - Aber eigentlich haben schon die Stammväter die Beschneidung eingeführt und nicht erst Mose. - 23 Ein Junge wird also auch am Sabbat an einem Teil seines Körpers beschnitten, damit die Vorschriften Moses nicht verletzt werden. Wie könnt ihr euch dann über mich aufregen, weil ich am Sabbat einen ganzen Menschen gesund gemacht habe? 24 Urteilt nicht nach dem äußeren Eindruck, sondern wie es wirklich dem Gesetz entspricht!«

Ist er der versprochene Retter?

25 Einige Leute in Jerusalem sagten: »Seht euch das an! Ist das nicht der, den sie töten wollten? 26 Er redet in aller Öffentlichkeit, und keiner verbietet es ihm! Sollten die Ratsmitglieder zu der Überzeugung gekommen sein, daß er der versprochene Retter ist? 27 Aber wenn der Retter eines Tages auftritt, wird keiner wissen, woher er kommt. Und die Herkunft dieses Menschen kennen wir doch alle!« 28 Jesus aber, der gerade im Tempel lehrte, rief mit lauter Stimme: »Wißt ihr wirklich, wer ich bin und woher ich komme? Ich bin nicht im eigenen Auftrag gekommen. Aber der, der mich gesandt hat, ist glaubwürdig. Und den kennt ihr nicht. 29 Ich kenne ihn; denn ich komme von ihm, und er hat mich gesandt.« 30 Da wollten sie ihn festnehmen. Aber keiner konnte Hand an ihn legen, denn seine Stunde war noch nicht gekommen. 31 Viele in der Menge kamen zum Glauben an ihn und sagten: »Kann der versprochene Retter, wenn er kommt, mehr Wunderzeichen tun, als dieser Mann getan hat?«

Jesus kündigt seinen Weggang an

32 Die Pharisäer hörten, daß die Leute so über Jesus redeten. Auf ihre Veranlassung schickten die führenden Priester einige Gerichtspolizisten aus, die ihn verhaften sollten. 33 Jesus sagte: »Nur noch kurze Zeit bin ich bei euch, dann kehre ich zu dem zurück, der mich gesandt hat. 34 Ihr werdet mich suchen, aber nicht finden; denn wo ich dann bin, dorthin könnt ihr nicht kommen.« 35 Die Leute sagten unter sich: »Wohin wird er gehen, daß wir ihn nicht finden können? Will er ins Ausland reisen und dort den Nichtjuden seine Lehre vortragen? 36 Was soll das heißen, wenn er sagt: 'Ihr werdet mich suchen, aber nicht finden'? Und: 'Wo ich dann bin, dorthin könnt ihr nicht kommen'?«

Lebendiges Wasser im Überfluß

37 Am letzten Festtag, dem Höhepunkt des ganzen Festes, trat Jesus vor die Menge und rief: »Wer durstig ist, soll zu mir kommen und trinken - 38 jeder, der mir vertraut! Denn in den Heiligen Schriften heißt es: 'Aus seinem Innern wird lebendiges Wasser strömen.'«
39 Jesus meinte damit den Geist Gottes, den die erhalten sollten, die ihn im Glauben annehmen. Damals war der Geist noch nicht gekommen, weil Jesus noch nicht in Gottes Herrlichkeit aufgenommen war.

Meinungsverschiedenheiten

40 Als die Leute in der Menge dieses Wort von Jesus hörten, sagten einige: »Er ist wirklich der Prophet , der kommen soll!« 41 Andere meinten: »Er ist der versprochene Retter!« Wieder andere sagten: »Der Retter kommt doch nicht aus Galiläa ! 42 In den Heiligen Schriften steht, daß er von David abstammt und aus Betlehem kommt, dem Dorf, in dem David lebte.« 43 Die Menge war also geteilter Meinung über ihn. 44 Einige hätten ihn am liebsten festgenommen; aber niemand konnte Hand an ihn legen.

Der Unglaube der Verantwortlichen

45 Die Gerichtspolizisten kehrten wieder zurück. Die führenden Priester und die Pharisäer fragten sie: »Warum habt ihr ihn nicht mitgebracht?«
46 Die Männer antworteten: »So wie dieser Mensch hat noch keiner gesprochen.«
47 »Ihr habt euch also auch von ihm hinters Licht führen lassen!« sagten die Pharisäer. 48 »Gibt es denn unter den Mitgliedern des Rates oder den Pharisäern einen einzigen, der seinen Anspruch ernst nimmt? 49 Die Menge tut es. Sie kennt Gottes Gesetz nicht und steht deshalb unter seinem Fluch.« 50 Da sagte Nikodemus, der selbst Pharisäer und Ratsmitglied war und der Jesus früher einmal aufgesucht hatte: 51 »Ist es nach unserem Gesetz möglich, einen Menschen zu verurteilen, ohne daß wir ihn verhört haben? Erst muß doch festgestellt werden, ob er sich strafbar gemacht hat.«
52 »Du kommst anscheinend auch aus Galiläa «, erwiderten sie. »Lies die Heiligen Schriften genauer, dann wirst du sehen, daß der erwartete Prophet nicht aus Galiläa kommt.«

Jesus und die Ehebrecherin

53 Dann gingen sie alle nach Hause. 1 Jesus aber ging zum Ölberg . 2 Am nächsten Morgen kehrte er sehr früh zum Tempel zurück.
Alle Leute dort versammelten sich um ihn. Er setzte sich und sprach zu ihnen über den Willen Gottes.
3 Da führten die Gesetzeslehrer und Pharisäer eine Frau herbei, die beim Ehebruch ertappt worden war. Sie stellten sie in die Mitte 4 und sagten zu Jesus: »Lehrer , diese Frau wurde ertappt, als sie gerade Ehebruch beging. 5 Im Gesetz schreibt Mose uns vor, daß eine solche Frau gesteinigt werden muß. Was sagst du dazu?« 6 Mit dieser Frage wollten sie ihm eine Falle stellen, um ihn anklagen zu können. Aber Jesus bückte sich nur und schrieb mit dem Finger auf die Erde. 7 Als sie nicht aufhörten zu fragen, richtete er sich auf und sagte zu ihnen: »Wer von euch noch nie eine Sünde begangen hat, soll den ersten Stein auf sie werfen!« 8 Dann bückte er sich wieder und schrieb auf die Erde.
9 Als sie das hörten, zog sich einer nach dem andern zurück; die Älteren gingen zuerst. Zuletzt war Jesus allein mit der Frau, die immer noch dort stand. 10 Er richtete sich wieder auf und fragte sie: »Frau, wo sind sie geblieben? Ist keiner mehr da, um dich zu verurteilen?«
11 »Keiner, Herr«, antwortete sie.
Da sagte Jesus: »Ich verurteile dich auch nicht. Du kannst gehen; aber tu diese Sünde nicht mehr!«

Jesus ist das Licht der Welt

12 Jesus sprach weiter zu den Leuten: » Ich bin das Licht für die Welt. Wer mir folgt, tappt nicht mehr im Dunkeln, sondern hat das Licht und mit ihm das Leben.« 13 Die Pharisäer sagten zu ihm: »Jetzt trittst du als Zeuge in eigener Sache auf. Was du sagst, hat keine Beweiskraft!« 14 »Was ich sage, ist wahr«, entgegnete Jesus, »selbst wenn ich mein eigener Zeuge bin. Ich weiß nämlich, woher ich gekommen bin und wohin ich gehe. Ihr aber wißt nicht, woher ich komme und wohin ich gehe. 15 Ihr urteilt und verurteilt nach menschlichen Maßstäben; ich verurteile niemand.
16 Wenn ich aber ein Urteil fälle, dann ist es auf die Wahrheit gegründet und gültig; denn ich stehe damit nicht allein da. Es ist mein Urteil und das meines Vaters, der mich gesandt hat. 17 In eurem Gesetz heißt es, daß die übereinstimmende Aussage von zwei Zeugen gültig ist. 18 Ich bin mein eigener Zeuge, und auch der Vater, der mich gesandt hat, tritt für mich als Zeuge auf.«
19 »Wo ist denn dein Vater?« fragten sie ihn. Jesus antwortete: »Ihr kennt weder mich noch meinen Vater. Wenn ihr mich kennen würdet, würdet ihr auch meinen Vater kennen.« 20 Das alles sagte Jesus, als er im Tempel lehrte. Es geschah in der Halle, wo die Kästen für die Geldspenden aufgestellt waren. Und keiner konnte ihn festnehmen; denn seine Stunde war noch nicht gekommen.

Wo ich hingehe, dorthin könnt ihr nicht kommen

21 Jesus sagte noch einmal zu ihnen: »Ich werde fortgehen. Dann werdet ihr vergeblich nach mir suchen und in eurem Unglauben zugrunde gehen. Wo ich hingehe, dorthin könnt ihr nicht kommen.« 22 Die Leute meinten: »Wenn er sagt: 'Wo ich hingehe, dorthin könnt ihr nicht kommen' - heißt das, daß er Selbstmord begehen will?« 23 Jesus antwortete: »Ihr seid von hier unten, aber ich komme von oben. Ihr gehört zu dieser Welt , aber ich bin nicht von dieser Welt. 24 Ich habe es euch ja gesagt, daß ihr in eurem Unglauben zugrunde gehen werdet. Ich bin der, an dem sich alles entscheidet. Wenn ihr das nicht glauben wollt, werdet ihr in eurem Unglauben zugrunde gehen.« 25 »Du? Wer bist du denn?« fragten sie ihn.
Jesus antwortete: »Was rede ich überhaupt noch zu euch? 26 Ich hätte zwar vieles über euch zu sagen und allen Grund, euch zu verurteilen; aber der, der mich gesandt hat, steht zu seinen Zusagen; und ich sage der Welt nur das, was ich bei ihm gehört habe.«
27 Sie verstanden nicht, daß Jesus vom Vater sprach. 28 Deshalb sagte er zu ihnen: »Wenn ihr den Menschensohn erhöht habt, werdet ihr es begreifen: Ich bin der, an dem sich alles entscheidet. Dann werdet ihr auch erkennen, daß ich nichts von mir aus tue, sondern nur das sage, was der Vater mich gelehrt hat. 29 Er, der mich gesandt hat, steht mir zur Seite und läßt mich nicht allein; denn ich tue stets, was ihm gefällt.« 30 Als Jesus das sagte, kamen viele zum Glauben an ihn.

Freiheit oder Sklaverei

31 Jesus sagte zu den Juden, die zum Glauben an ihn gekommen waren: »Wenn ihr bei dem bleibt, was ich euch gesagt habe, und euer Leben darauf gründet, seid ihr wirklich meine Jünger . 32 Dann werdet ihr die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.« 33 »Wir stammen von Abraham ab«, antworteten sie ihm, »und wir haben nie jemand als Sklaven gedient. Was meinst du, wenn du sagst: 'Ihr werdet frei werden'?« 34 Jesus sagte zu ihnen: »Amen , ich versichere euch: Wer sündigt, ist ein Sklave der Sünde. 35 Ein Sklave gehört nicht für immer zur Familie. Nur der Sohn gehört für immer dazu. 36 Wenn der Sohn euch frei macht, dann seid ihr wirklich frei.
37 Ich weiß wohl, daß ihr von Abraham abstammt. Trotzdem versucht ihr, mich zu töten, weil ihr mein Wort nicht in euch wohnen und wirken laßt. 38 Ich rede von dem, was mein Vater mir gezeigt hat. Ihr aber tut, was euer Vater euch gesagt hat.« 39 Sie wandten ein: »Unser Vater ist Abraham!«
Jesus erwiderte: »Wenn ihr wirklich Abrahams Kinder wärt, würdet ihr in seinem Sinne handeln. 40 Alles, was ich getan habe, war, euch die Wahrheit weiterzugeben, wie ich sie von Gott gehört habe. Ihr aber versucht, mich zu töten. So etwas hat Abraham nicht getan. 41 Ihr handelt wie euer wirklicher Vater!« »Wir sind nicht im Ehebruch gezeugt«, erwiderten sie. »Wir haben nur den einen Vater: Gott.«
42 Jesus sagte zu ihnen: »Wäre Gott wirklich euer Vater, dann würdet ihr mich lieben. Denn ich bin von Gott zu euch gekommen. Ich kam nicht in eigenem Auftrag, sondern er hat mich gesandt.
43 Warum versteht ihr denn nicht, was ich sage? Weil ihr unfähig seid, mein Wort aufzunehmen. 44 Ihr seid Kinder des Teufels, der ist euer Vater, und ihr wollt nur ausführen, wonach ihm der Sinn steht. Er ist von Anfang an ein Mörder gewesen und hat niemals etwas mit der Wahrheit zu tun gehabt, weil es in ihm keine Wahrheit gibt. Wenn er lügt, so entspricht das seinem Wesen; denn er ist ein Lügner, und alle Lüge stammt von ihm. 45 Gerade weil ich die Wahrheit sage, glaubt ihr mir nicht.
46 Wer von euch kann mir eine Sünde nachweisen? Wenn ich die Wahrheit sage, warum glaubt ihr mir dann nicht? 47 Wer Gott zum Vater hat, hört, was Gott sagt. Aber ihr hört es nicht, weil ihr ihn nicht zum Vater habt.«

Jesus und Abraham

48 Die Juden erwiderten: »Wir haben doch recht! Du bist ein Samariter und bist von einem bösen Geist besessen.«
49 »Ich bin nicht besessen«, sagte Jesus, »ich erweise nur meinem Vater Ehre; aber ihr verachtet mich. 50 Ich selbst suche keine Ehre für mich. Ein anderer sucht sie, und er ist der Richter. 51 Amen , ich versichere euch: Wer sich nach meinem Wort richtet, wird in Ewigkeit nicht sterben.« 52 Da sagten sie: »Jetzt sind wir sicher, daß ein böser Geist aus dir spricht. Abraham ist gestorben, die Propheten sind gestorben, und du sagst: 'Wer sich nach meinem Wort richtet, wird in Ewigkeit nicht sterben.' 53 Unser Vater Abraham ist tot. Du willst doch nicht etwa behaupten, daß du mehr bist als Abraham? Auch die Propheten sind gestorben. Für wen hältst du dich eigentlich?« 54 Jesus antwortete: »Wenn ich mich selbst ehren wollte, hätte diese Ehre keinen Wert. Mein Vater ehrt mich, von dem ihr sagt, er sei euer Gott. 55 Ihr habt ihn nie wirklich erkannt, ich aber kenne ihn. Ich wäre ein Lügner wie ihr, wenn ich behauptete, ihn nicht zu kennen. Ich kenne ihn und gehorche seinem Wort. 56 Euer Vater Abraham jubelte darüber, daß er mein Kommen erleben sollte. Er erlebte es und war glücklich!« 57 Da sagten sie zu ihm: »Du bist noch keine fünfzig Jahre alt und willst Abraham gesehen haben?«
58 Jesus erwiderte: »Amen, ich versichere euch: Ich bin - bevor Abraham überhaupt geboren wurde«.
59 Da hoben sie Steine auf und wollten ihn töten. Aber Jesus brachte sich in Sicherheit und verließ den Tempel.

Jesus heilt einen Blindgeborenen

1 Im Vorbeigehen sah Jesus einen Mann, der von Geburt blind war. 2 Die Jünger fragten Jesus: »Rabbi , wer ist schuld, daß er blind geboren wurde? Wer hat hier gesündigt, er selbst oder seine Eltern?«
3 Jesus antwortete: »Weder er ist schuld noch seine Eltern. Er ist blind, damit Gottes Macht an ihm sichtbar wird. 4 Solange es Tag ist, müssen wir die Taten Gottes vollbringen, der mich gesandt hat. Es kommt eine Nacht, in der niemand mehr wirken kann. 5 Solange ich in der Welt bin, bin ich das Licht der Welt.« 6 Als Jesus dies gesagt hatte, spuckte er auf den Boden und rührte einen Brei mit seinem Speichel an. Er strich den Brei auf die Augen des Mannes 7 und befahl ihm: »Geh zum Teich Schiloach und wasche dir das Gesicht.«
Schiloach bedeutet: der Gesandte. Der Mann ging dorthin und wusch sein Gesicht. Als er zurückkam, konnte er sehen. 8 Da sagten seine Nachbarn und die Leute, die ihn vorher als Bettler gekannt hatten: »Ist das nicht der Mann, der immer an der Straße saß und bettelte?« 9 Einige meinten: »Das ist er.« Andere sagten: »Nein, er ist es nicht; er sieht ihm nur ähnlich.«
Der Mann selbst bestätigte: »Ich bin es!«
10 »Wieso kannst du auf einmal sehen?« fragten sie ihn.
11 Er antwortete: »Der Mann, der Jesus heißt, machte einen Brei, strich ihn auf meine Augen und sagte: 'Geh zum Teich Schiloach und wasche dein Gesicht.' Ich ging hin, und als ich mich gewaschen hatte, konnte ich sehen.«
12 »Wo ist er?« fragten sie ihn.
Er antwortete: »Ich weiß es nicht.«

Die Pharisäer verhören den Geheilten

13 Sie brachten den Mann, der blind gewesen war, vor die Pharisäer . 14 Der Tag, an dem Jesus den Brei gemacht und den Blinden geheilt hatte, war ein Sabbat . 15 Auch die Pharisäer fragten ihn, wie er sehend geworden sei.
Er erzählte ihnen: »Der Mann strich einen Brei auf meine Augen, ich wusch mein Gesicht, und jetzt kann ich sehen.«
16 Einige von den Pharisäern sagten: »Wenn er das getan hat, kann er nicht von Gott kommen, weil er die Sabbatvorschriften nicht einhält.« Andere aber sagten: »Wie kann jemand ein Sünder sein, der solche Wunder vollbringt?« Die Meinungen waren geteilt. 17 Da befragten sie den Geheilten noch einmal: »Was hältst denn du von ihm? Du bist doch der, den er sehend gemacht hat.«
»Er ist ein Prophet !«, antwortete der Mann.
18 Die Pharisäer wollten ihm aber nicht glauben, daß er blind gewesen war und nun sehen konnte. Sie riefen seine Eltern 19 und verhörten sie: »Ist das euer Sohn? Besteht ihr darauf, daß er blind geboren wurde? Wie ist es dann möglich, daß er jetzt sehen kann?«
20 Die Eltern antworteten: »Wir wissen, daß er unser Sohn ist und blind geboren wurde. 21 Aber wir haben keine Ahnung, auf welche Weise er sehend wurde oder wer ihn sehend gemacht hat. Fragt ihn selbst! Er ist alt genug, um selbst zu antworten.«
22 Sie sagten das, weil sie vor den führenden Männern Angst hatten. Diese hatten nämlich beschlossen, alle aus der Synagogengemeinde auszuschließen, die sich zu Jesus als dem versprochenen Retter bekennen würden. 23 Aus diesem Grund sagten seine Eltern: »Er ist alt genug. Fragt ihn selbst!« 24 Die Pharisäer ließen den Blindgeborenen ein zweites Mal rufen und forderten ihn auf: »Gib Gott die Ehre! Wir wissen, daß dieser Mensch ein Sünder ist!«
25 »Ob er ein Sünder ist oder nicht, das weiß ich nicht«, entgegnete der Mann, »aber eins weiß ich: Ich war blind, und jetzt kann ich sehen.«
26 »Was hat er mit dir gemacht?« fragten sie. »Wie hat er dich sehend gemacht?«
27 »Das habe ich euch schon erzählt«, sagte er, »aber ihr habt ja nicht zugehört. Warum wollt ihr es noch einmal hören? Möchtet ihr vielleicht auch seine Jünger werden?« 28 Da beschimpften sie ihn und sagten: » Du bist ein Jünger dieses Menschen! Wir aber sind Jünger von Mose. 29 Wir wissen, daß Gott zu Mose gesprochen hat. Aber von diesem Menschen wissen wir nicht einmal, woher er kommt.« 30 Der Geheilte antwortete: »Das ist wirklich seltsam! Ihr wißt nicht, woher er kommt, und mich hat er sehend gemacht! 31 Wir wissen doch alle, daß Gott das Gebet von Sündern nicht hört. Er hört nur auf die, die ihn ehren und seinen Willen befolgen. 32 Seit die Welt besteht, hat noch niemand von einem Menschen berichtet, der einen Blindgeborenen sehend gemacht hat. 33 Käme dieser Mann nicht von Gott, so wäre er dazu nicht fähig gewesen.«
34 Sie erwiderten: »Du bist ja schon von deiner Geburt her ein ausgemachter Sünder, und dann willst du uns belehren?«
Und sie warfen ihn hinaus.

Die Blindheit der Pharisäer

35 Als Jesus hörte, daß sie ihn aus der Synagogengemeinde ausgeschlossen hatten, suchte er ihn auf und fragte ihn: »Willst du ganz zum Menschensohn gehören?«
36 Der Mann antwortete: »Herr, wenn du mir sagst, wer es ist, will ich es tun.«
37 Jesus sagte: »Er steht vor dir und spricht mit dir.«
38 »Herr, ich will dir allein gehören!« sagte der Mann und warf sich vor Jesus nieder. 39 Jesus sagte: »Ich bin in diese Welt gekommen, damit die Blinden sehend und die Sehenden blind werden. Darin vollzieht sich das Gericht.«
40 Einige Pharisäer , die in der Nähe standen, hörten das und sagten: »Soll das etwa heißen, daß wir auch blind sind?«
41 Jesus antwortete: »Wenn ihr blind wärt, würde euch keine Schuld angerechnet. Weil ihr aber sagt: 'Wir können sehen', bleibt eure Schuld bestehen.«

Vom Hirten und seinen Schafen

10  1 Jesus sagte: »Amen , ich versichere euch: Wer den Schafstall nicht durch die Tür betritt, sondern auf einem anderen Weg eindringt, ist ein Räuber und ein Dieb.
2 Der Schafhirt geht durch die Tür hinein; 3 der Wächter am Eingang öffnet ihm. Die Schafe erkennen seine Stimme; er ruft die, die ihm gehören, einzeln beim Namen und führt sie ins Freie. 4 Wenn sie alle draußen sind, geht er vor ihnen her, und sie folgen ihm, weil sie seine Stimme kennen. 5 Einem anderen Menschen werden sie niemals folgen. Im Gegenteil: sie werden vor ihm davonlaufen, weil sie seine Stimme nicht kennen.« 6 Dieses Gleichnis erzählte Jesus, aber seine Zuhörer verstanden nicht, was er ihnen damit sagen wollte.

Jesus - die Tür

7 Darum begann Jesus noch einmal: »Amen , ich versichere euch: Ich bin die Tür zu den Schafen. 8 Alle, die vor mir gekommen sind, sind Räuber und Diebe, doch die Schafe haben nicht auf sie gehört.
9 Ich bin die Tür für die Schafe. Wer durch mich hineingeht, wird gerettet. Er wird ein- und ausgehen und Weideland finden. 10 Der Dieb kommt nur, um die Schafe zu stehlen, zu schlachten und ins Verderben zu stürzen. Ich aber bin gekommen, um ihnen das Leben zu geben, Leben im Überfluß.«

Jesus - der gute Hirt

11 » Ich bin der gute Hirt. Ein guter Hirt ist bereit, für seine Schafe zu sterben.
12 Einer, dem die Schafe nicht selbst gehören, ist kein richtiger Hirt. Darum läßt er sie im Stich, wenn er den Wolf kommen sieht, und läuft davon. Dann stürzt sich der Wolf auf die Schafe und jagt die Herde auseinander. 13 Wer die Schafe nur gegen Lohn hütet, läuft davon; denn die Schafe sind ihm gleichgültig.
14 Ich bin der gute Hirt. Ich kenne meine Schafe, und sie kennen mich, 15 so wie der Vater mich kennt und ich ihn kenne. Ich bin bereit, für sie zu sterben. 16 Ich habe noch andere Schafe, die nicht zu diesem Schafstall gehören; auch die muß ich herbeibringen. Sie werden auf meine Stimme hören, und alle werden in einer Herde unter einem Hirten vereint sein. 17 Der Vater liebt mich, weil ich bereit bin, mein Leben zu opfern, um es aufs neue zu erhalten. 18 Niemand kann mir das Leben nehmen. Ich gebe es aus freiem Entschluß. Es steht in meiner Macht, es zu geben, und auch in meiner Macht, es wieder an mich zu nehmen. Damit erfülle ich den Auftrag meines Vaters.« 19 Wegen dieser Rede waren die Leute wieder geteilter Meinung über Jesus. 20 Viele von ihnen sagten: »Er ist von einem bösen Geist besessen. Er ist verrückt! Warum hört ihr ihm überhaupt zu?« 21 Aber andere meinten: »So redet kein Besessener!« Kann ein böser Geist etwa blinde Menschen sehend machen?«

Jesus wird abgelehnt

22 Es war im Winter, als in Jerusalem das Fest zur Erinnerung an die Wiedereinweihung des Tempels gefeiert wurde. 23 Jesus ging im Tempel in der Salomohalle umher. 24 Da umringten ihn die Leute und fragten: »Wie lange willst du uns noch hinhalten? Sag es uns frei heraus: Bist du der versprochene Retter?« 25 Jesus antwortete: »Ich habe es euch schon gesagt, aber ihr wollt mir nicht glauben. Die Taten, die ich im Auftrag meines Vaters vollbringe, sprechen für mich. 26 Aber ihr gehört nicht zu meinen Schafen, darum glaubt ihr mir nicht.
27 Meine Schafe hören auf mich. Ich kenne sie, und sie folgen mir. 28 Ich gebe ihnen das ewige Leben, und sie werden niemals umkommen. Niemand kann sie mir aus den Händen reißen, 29 weil niemand sie aus den Händen meines Vaters reißen kann. Er schützt die, die er mir gegeben hat; denn er ist mächtiger als alle. 30 Der Vater und ich sind untrennbar eins.« 31 Da hoben die Leute wieder Steine auf, um ihn zu töten. 32 Jesus aber sagte zu ihnen: »Viele gute Taten habe ich vor euren Augen getan, die meine Verbundenheit mit dem Vater bezeugen. Für welche davon wollt ihr mich steinigen ?«
33 Sie gaben ihm zur Antwort: »Wir steinigen dich nicht wegen einer guten Tat, sondern weil du ein Gotteslästerer bist. Du bist nur ein Mensch und gibst dich als Gott aus.« 34 Jesus antwortete: »In eurem eigenen Gesetz heißt es doch: 'Ich habe zu euch gesagt: Ihr seid Götter.' 35 Und was in den Heiligen Schriften steht, ist unumstößlich, das wissen wir.
Gott nannte also die, an die er sein Wort richtete, Götter. 36 Mich aber hat der Vater bevollmächtigt und in die Welt gesandt. Wie könnt ihr da behaupten, ich lästere Gott, wenn ich sage, daß ich sein Sohn bin?
37 Wenn das, was ich tue, nicht die Taten meines Vaters sind, braucht ihr mir nicht zu glauben. 38 Sind sie es aber, dann solltet ihr wenigstens diesen Taten glauben, wenn ihr mir selbst schon nicht glauben wollt. An ihnen müßte euch doch aufgehen, daß der Vater in mir lebt und ich im Vater lebe.« 39 Von neuem versuchten sie, Jesus festzunehmen, aber er entkam ihnen. 40 Er überquerte den Jordan und ging an die Stelle zurück, wo Johannes früher getauft hatte. Er blieb dort, 41 und viele kamen zu ihm und sagten: »Johannes hat keine Wunder getan; aber alles, was er über diesen Menschen gesagt hat, entspricht der Wahrheit.«
42 Viele von denen, die dort waren, kamen zum Glauben an ihn.

Lazarus stirbt

11  1 Lazarus aus Betanien war krank geworden - aus dem Dorf, in dem Maria und ihre Schwester Marta wohnten. 2 Maria war es, die später die Füße des Herrn mit dem kostbaren Öl übergossen und dann mit ihrem Haar getrocknet hat; deren Bruder war der erkrankte Lazarus.
3 Da ließen die Schwestern Jesus mitteilen: »Herr, dein Freund ist krank.«
4 Als Jesus das hörte, sagte er: »Diese Krankheit führt nicht zum Tod. Sie dient dazu, die Herrlichkeit Gottes offenbar zu machen; denn durch sie wird der Sohn Gottes zu seiner Herrlichkeit gelangen.« 5 Jesus liebte Marta und ihre Schwester und Lazarus. 6 Aber als er die Nachricht erhielt, daß Lazarus krank sei, blieb er noch zwei Tage an demselben Ort. 7 Erst dann sagte er zu seinen Jüngern : »Wir gehen nach Judäa zurück!«
8 Sie antworteten: »Rabbi , kürzlich erst hätten dich die Leute dort beinahe gesteinigt . Und nun willst du zu ihnen zurückkehren?«
9 Jesus sagte: »Der Tag hat zwölf Stunden. Wenn jemand am hellen Tag wandert, stolpert er nicht, weil er das Tageslicht sieht. 10 Lauft ihr aber in der Nacht umher, so stolpert ihr, weil das Licht nicht mehr bei euch ist.« 11 Danach sagte Jesus zu seinen Jüngern: »Unser Freund Lazarus ist eingeschlafen. Aber ich werde hingehen und ihn aufwecken.«
12 Sie antworteten: »Herr, wenn er schläft, dann geht's ihm bald besser.«
13 Jesus hatte jedoch von seinem Tod gesprochen; sie aber meinten, er rede nur vom Schlaf. 14 Da sagte Jesus ihnen ganz offen: »Lazarus ist tot. 15 Und euretwegen bin ich froh, daß ich nicht bei ihm war. So wird euer Glaube gefestigt. Aber gehen wir jetzt zu ihm!«
16 Thomas, der auch Zwilling genannt wird, sagte zu den anderen Jüngern: »Auf, gehen wir mit Jesus und sterben mit ihm!«

Jesus ist das Leben. Lazarus wird vom Tod auferweckt

17 Als Jesus nach Betanien kam, lag Lazarus schon vier Tage im Grab.
18 Das Dorf war keine drei Kilometer von Jerusalem entfernt, 19 und viele Leute aus der Stadt hatten Marta und Maria aufgesucht, um sie zu trösten.
20 Als Marta hörte, daß Jesus kam, ging sie ihm entgegen vor das Dorf, aber Maria blieb im Haus. 21 Marta sagte zu Jesus: »Herr, wenn du hier gewesen wärst, hätte mein Bruder nicht sterben müssen. 22 Aber ich weiß, daß Gott dir auch jetzt keine Bitte abschlägt.«
23 »Dein Bruder wird auferstehen«, sagte Jesus zu Marta.
24 »Ich weiß«, erwiderte sie, »er wird auferstehen, wenn alle Toten lebendig werden, am letzten Tag.« 25 Jesus sagte zu ihr: » Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer mich annimmt, wird leben, auch wenn er stirbt, 26 und wer lebt und sich auf mich verläßt, wird niemals sterben. Glaubst du mir das?«
27 Sie antwortete: »Ja, Herr, ich glaube, daß du der versprochene Retter bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommen soll.« 28 Nach diesen Worten ging Marta zu ihrer Schwester zurück, nahm sie beiseite und sagte zu ihr: »Unser Lehrer ist hier und will dich sehen!« 29 Als Maria das hörte, stand sie schnell auf und lief zu ihm hinaus.
30 Jesus selbst war noch nicht in das Dorf hineingegangen. Er war immer noch an der Stelle, wo Marta ihn getroffen hatte. 31 Die Leute aus Jerusalem, die bei Maria im Haus waren, um sie zu trösten, sahen, wie sie aufsprang und hinauseilte. Sie meinten, Maria wolle zum Grab gehen, um dort zu weinen, und folgten ihr.
32 Als Maria zu Jesus kam und ihn sah, warf sie sich vor ihm nieder. »Herr, wenn du hier gewesen wärst, hätte mein Bruder nicht sterben müssen«, sagte sie zu ihm. 33 Jesus sah sie weinen; auch die Leute, die mit ihr gekommen waren, weinten. Da wurde er zornig und war sehr erregt. 34 »Wo habt ihr ihn hingelegt?« fragte er.
»Komm und sieh es selbst, Herr!« sagten sie.
35 Jesus fing an zu weinen. 36 Da sagten die Leute: »Er muß ihn sehr geliebt haben!« 37 Aber einige meinten: »Den Blinden hat er sehend gemacht. Hätte er nicht verhindern können, daß Lazarus stirbt?« 38 Aufs neue wurde Jesus zornig. Er ging zum Grab. Es bestand aus einer Höhle, deren Zugang mit einem Stein verschlossen war.
39 »Nehmt den Stein weg!« befahl er.
Marta, die Schwester des Toten, wandte ein: »Herr, der Geruch! Er liegt doch schon vier Tage im Grab.«
40 Jesus sagte zu ihr: »Ich habe dir doch gesagt, daß du die Herrlichkeit Gottes sehen wirst, wenn du nur Glauben hast.« 41 Da nahmen sie den Stein weg. Jesus blickte zum Himmel auf und sagte: »Vater, ich danke dir, daß du meine Bitte erfüllst. 42 Ich weiß, daß du mich immer erhörst. Aber wegen der Menschenmenge, die hier steht, spreche ich es aus - damit sie glauben, daß du mich gesandt hast.«
43 Nach diesen Worten rief er laut: »Lazarus, komm heraus!« 44 Der Tote kam heraus; seine Hände und Füße waren mit Binden umwickelt, und sein Gesicht war mit einem Tuch verhüllt.
Jesus sagte: »Nehmt ihm das alles ab und laßt ihn nach Hause gehen!«

Einer soll für das Volk sterben

45 Viele Leute aus der Stadt, die zu Maria gekommen waren und alles miterlebt hatten, kamen zum Glauben an Jesus. 46 Aber einige von ihnen gingen zu den Pharisäern und berichteten ihnen, was er getan hatte.
47 Da beriefen die führenden Priester mit den Pharisäern eine Sitzung des Rates ein und sagten: »Was sollen wir machen? Dieser Mann tut viele Wunder. 48 Wenn wir ihn so weitermachen lassen, werden sich ihm noch alle anschließen. Dann werden die Römer einschreiten und uns auch noch den Rest an Verfügungsgewalt über Tempel und Volk entziehen.« 49 Kajaphas, einer von ihnen, der in jenem Jahr der Oberste Priester war, sagte: »Ihr begreift rein gar nichts! 50 Seht ihr nicht, daß es euer Vorteil ist, wenn einer für alle stirbt und nicht das ganze Volk vernichtet wird?«
51 Das sagte er aber nicht aus sich selbst, sondern als der Oberste Priester in jenem Jahr sprach er aus prophetischer Eingebung, und so sagte er voraus, daß Jesus für das jüdische Volk sterben werde - 52 und nicht nur für dieses Volk, sondern auch, um die in aller Welt verstreut lebenden Kinder Gottes zusammenzuführen. 53 Von diesem Tag an waren die führenden Männer fest entschlossen, Jesus zu töten. 54 Er zeigte sich deshalb nicht mehr in der Öffentlichkeit, sondern ging von dort weg in die Gegend am Rand der Wüste, in eine Ortschaft namens Efraïm. Dort blieb er mit seinen Jüngern . 55 Es war kurz vor dem jüdischen Passafest , und viele Bewohner aus dem ganzen Land zogen nach Jerusalem hinauf. Sie wollten sich vor dem Fest nach den vorgeschriebenen Regeln reinigen . 56 Sie suchten Jesus überall, und als sie im Tempel beisammenstanden, fragten sie einander: »Was meint ihr? Zum Fest wird er doch sicher kommen!«
57 Die führenden Priester und Pharisäer hatten aber angeordnet: »Jeder, der seinen Aufenthaltsort kennt, soll es melden!« Denn sie wollten ihn verhaften.

Eine Frau ehrt Jesus vor seinem Sterben

12  1 Sechs Tage vor dem Passafest kam Jesus wieder nach Betanien, dem Ort, wo Lazarus wohnte, den er vom Tod auferweckt hatte. 2 Die Geschwister hatten Jesus zu Ehren ein Festessen vorbereitet. Marta trug auf, während Lazarus mit Jesus und den anderen zu Tisch lag . 3 Maria aber nahm eine Flasche mit reinem, kostbarem Nardenöl, goß es Jesus über die Füße und trocknete diese mit ihrem Haar. Das ganze Haus duftete nach dem Öl. 4 Judas Iskariot, einer von den Jüngern , der Jesus später verriet, sagte: 5 »Warum wurde dieses Öl nicht für dreihundert Silberstücke verkauft und das Geld an die Armen verteilt?« 6 Er sagte das nicht etwa, weil er ein Herz für die Armen hatte, sondern weil er ein Dieb war. Er verwaltete die gemeinsame Kasse und griff oft zur eigenen Verwendung hinein. 7 Jesus sagte: »Laß sie in Ruhe! Nach Gottes Willen hat sie dieses Öl für den Tag meines Begräbnisses aufbewahrt.« 8 Und an alle Jünger gewandt, fügte er hinzu: »Arme wird es immer bei euch geben, aber mich habt ihr nicht mehr lange bei euch.«

Lazarus in Gefahr

9 Die große Menge der Leute in Jerusalem hatte inzwischen gehört, daß Jesus in Betanien sei, und sie gingen dorthin. Sie kamen nicht nur seinetwegen, sondern auch weil sie Lazarus sehen wollten, den Jesus vom Tod auferweckt hatte.
10 Da beschlossen die führenden Priester , auch Lazarus zu töten; 11 denn seinetwegen gingen viele Juden dorthin und kamen zum Glauben an Jesus.

Jesus zieht in Jerusalem ein

12 Am nächsten Tag hörte die große Menge, die zum Passafest gekommen war, Jesus sei auf dem Weg nach Jerusalem. 13 Da nahmen sie Palmzweige, zogen ihm entgegen vor die Stadt und riefen laut: »Gepriesen sei Gott! Heil dem, der in seinem Auftrag kommt! Heil dem König Israels!«
14 Jesus aber fand einen jungen Esel und setzte sich darauf, so wie es schon in den Heiligen Schriften heißt: 15 »Fürchte dich nicht, du Zionsstadt ! Sieh, dein König kommt! Er reitet auf einem jungen Esel.« 16 Damals verstanden seine Jünger dies alles noch nicht; aber als Jesus in Gottes Herrlichkeit aufgenommen war, wurde ihnen bewußt, daß dieses Schriftwort sich auf ihn bezog und daß die Volksmenge ihn dementsprechend empfangen hatte. 17 Als Jesus Lazarus aus dem Grab gerufen und vom Tod auferweckt hatte, waren viele dabeigewesen und hatten es als Zeugen weitererzählt. 18 Aus diesem Grund kam ihm jetzt eine so große Menschenmenge entgegen. Sie alle hatten von dem Wunder gehört, das er vollbracht hatte.
19 Die Pharisäer aber sagten zueinander: »Da seht ihr doch, daß wir so nicht weiterkommen! Alle Welt läuft ihm nach!«

Vertreter der nichtjüdischen Welt suchen Jesus

20 Unter denen, die zum Fest nach Jerusalem gekommen waren, um Gott anzubeten, befanden sich auch einige Nichtjuden. 21 Sie gingen zu Philippus, der aus Betsaida in Galiläa stammte, und sagten zu ihm: »Herr, wir möchten gerne Jesus kennenlernen.«
22 Philippus sagte es Andreas, und die beiden gingen zu Jesus. 23 Er antwortete ihnen: »Die Stunde ist gekommen! Jetzt wird die Herrlichkeit des Menschensohns sichtbar werden.
24 Amen , ich versichere euch: Das Weizenkorn muß in die Erde fallen und sterben, sonst bleibt es allein. Aber wenn es stirbt, bringt es viel Frucht.
25 Wer sein Leben liebt, wird es verlieren. Wer aber sein Leben in dieser Welt geringachtet, wird es für das ewige Leben bewahren. 26 Wer mir dienen will, muß mir auf meinem Weg folgen, und wo ich bin, werden dann auch die sein, die mir gedient haben. Sie alle werden von meinem Vater geehrt werden.«

Jesus spricht von seinem Tod

27 »Mir ist jetzt sehr bange. Was soll ich tun? Soll ich sagen: 'Vater, laß diese Stunde an mir vorbeigehen'? Aber ich bin ja in diese Stunde gekommen, um sie durchzustehen. 28 Vater, bring du deinen Namen jetzt zu Ehren!« Da sagte eine Stimme vom Himmel: »Das habe ich bisher getan, ich werde es auch jetzt tun.«
29 Die Menge, die dort stand, hörte die Stimme, und einige sagten: »Es hat gedonnert!« Andere meinten: »Ein Engel hat mit ihm gesprochen.«
30 Aber Jesus sagte zu ihnen: »Diese Stimme wollte nicht mir etwas sagen, sondern euch. 31 Jetzt wird Gericht gehalten über diese Welt . Jetzt wird der Herrscher dieser Welt gestürzt. 32 Ich aber werde von der Erde erhöht werden, und dann werde ich alle zu mir ziehen. 33 Mit diesem Wort deutete er an, welche Todesart er erleiden würde. 34 Die Menge wandte ein: »Das Gesetz sagt uns, daß der versprochene Retter für immer bleibt. Wie kannst du dann sagen, daß der Menschensohn erhöht werden muß? Wer ist überhaupt dieser Menschensohn?«
35 Jesus antwortete: »Das Licht wird noch kurze Zeit unter euch sein. Geht euren Weg, solange es hell ist, damit die Dunkelheit euch nicht überfällt! Wer im Dunkeln geht, weiß nicht, wohin der Weg führt. 12,36a Haltet euch an das Licht, solange ihr es habt! Dann werdet ihr Menschen, die ganz vom Licht erfüllt sind.«

Die Menge lehnt Jesus ab

Nachdem Jesus das gesagt hatte, ging er fort und verbarg sich vor ihnen. 37 Obwohl er sich durch so große Wunderzeichen vor ihnen ausgewiesen hatte, schenkten sie ihm keinen Glauben.
38 Aber es sollte so kommen, wie es der Prophet Jesaja vorausgesagt hatte: »Herr, wer hat unserer Botschaft geglaubt? Wem ist die Macht des Herrn sichtbar geworden?« 39 Sie konnten nicht glauben, weil Jesaja auch das vorausgesagt hat: 40 »Gott hat ihre Augen geblendet und ihre Herzen verschlossen. So kommt es, daß sie mit ihren Augen nicht sehen und mit ihrem Verstand nichts begreifen und nicht zu mir, dem Herrn, kommen, damit ich sie heile.« 41 Jesaja sprach hier von Jesus. Er konnte das sagen, weil er dessen Herrlichkeit geschaut hatte. 42 Es gab sogar unter den Ratsmitgliedern viele, die zum Glauben an Jesus gekommen waren, aber wegen der Pharisäer bekannten sie sich nicht öffentlich dazu; denn sie wollten nicht aus der Synagogengemeinde ausgeschlossen werden. 43 Der Beifall von Menschen war ihnen wichtiger als die Anerkennung von Gott.

Jesus ruft zur Entscheidung auf

44 Jesus rief laut: »Wer mich annimmt, nimmt nicht mich an, sondern den, der mich gesandt hat. 45 Wer mich sieht, sieht den, der mich gesandt hat. 46 Ich bin als Licht in die Welt gekommen, damit alle, die mich annehmen, nicht im Dunkeln bleiben.
47 Wer hört, was ich sage, und sich nicht danach richtet, den verurteile ich nicht; denn ich bin nicht als Richter in die Welt gekommen, sondern als Retter. 48 Wer mich ablehnt und nicht annimmt, was ich sage, hat seinen Richter schon gefunden: die Worte, die ich gesprochen habe, werden ihn am letzten Tag verurteilen.
49 Was ich euch gesagt habe, stammt nicht von mir; der Vater, der mich gesandt hat, hat mir aufgetragen, was ich zu sagen und zu reden habe. 50 Und ich weiß, daß das, was er mir aufgetragen hat, euch ewiges Leben bringt. Für alle meine Worte gilt also: Ich sage euch genau das, was der Vater mir gesagt hat.«

DIE ABSCHIEDSREDEN AN DIE JÜNGER (Kapitel 13-17)

Jesus wäscht seinen Jüngern die Füße

13  1 Das Passafest stand bevor. Jesus wußte, daß für ihn die Stunde gekommen war, diese Welt zu verlassen und zum Vater zu gehen. Er hatte die Menschen, die in der Welt zu ihm gehörten, immer geliebt. Jetzt gab er ihnen einen letzten und äußersten Beweis seiner Liebe. 2 Jesus aß mit seinen Jüngern zu Abend. Der Teufel hatte Judas, dem Sohn von Simon Iskariot, schon den Gedanken eingegeben, Jesus zu verraten. 3 Jesus wußte, daß der Vater ihm alles in die Hand gegeben hatte. Er wußte, daß er von Gott gekommen war und bald wieder zu Gott zurückkehren würde. 4 Da stand er vom Tisch auf, legte sein Obergewand ab, band sich ein Tuch um 5 und goß Wasser in eine Schüssel. Dann fing er an, seinen Jüngern die Füße zu waschen und sie mit dem Tuch abzutrocknen. 6 Als er zu Simon Petrus kam, sagte der: »Du, Herr, willst mir die Füße waschen?«
7 Jesus antwortete ihm: »Was ich tue, kannst du jetzt noch nicht verstehen, aber später wirst du es begreifen.« 8 Petrus widersetzte sich: »Niemals sollst du mir die Füße waschen!«
Jesus antwortete: »Wenn ich dir nicht die Füße wasche, hast du keinen Anteil an mir und an dem, was ich bringe.«
9 Da sagte Simon Petrus: »Herr, dann nicht nur die Füße, sondern auch die Hände und den Kopf!«
10 Jesus erwiderte: »Wer vorher gebadet hat, ist am ganzen Körper rein und braucht sich nur noch die Füße zu waschen. Ihr seid alle rein - bis auf einen.« 11 Jesus wußte, wer ihn verraten würde. Deshalb sagte er: »Ihr seid alle rein, bis auf einen.« 12 Nachdem Jesus ihnen die Füße gewaschen hatte, zog er sein Oberkleid wieder an und kehrte zu seinem Platz am Tisch zurück.
»Begreift ihr, was ich eben getan habe?« fragte er sie. 13 »Ihr nennt mich Lehrer und Herr. Ihr habt recht, das bin ich. 14 Ich bin euer Herr und Lehrer, und doch habe ich euch soeben die Füße gewaschen. So sollt auch ihr euch gegenseitig die Füße waschen. 15 Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.
16 Amen , ich versichere euch: Ein Diener ist nicht größer als sein Herr und ein Bote nicht größer als sein Auftraggeber. 17 Das wißt ihr jetzt; Freude ohne Ende ist euch gewiß, wenn ihr auch danach handelt! 18 Ich meine nicht euch alle. Ich weiß, wen ich erwählt habe; aber was die Heiligen Schriften vorausgesagt haben, muß eintreffen: 'Einer, der mein Brot ißt, tritt nach mir.' 19 Ich sage euch dies jetzt, bevor es eintrifft, damit ihr nicht an mir irre werdet, wenn es dann so kommt, sondern im Glauben daran festhaltet: Ich bin der, an dem sich alles entscheidet.
20 Amen, ich versichere euch: Wer einen Menschen aufnimmt, den ich gesandt habe, nimmt mich auf. Und wer mich aufnimmt, nimmt den auf, der mich gesandt hat.«

Jesus und sein Verräter

21 Als Jesus das gesagt hatte, wurde er sehr traurig und sagte ihnen ganz offen: »Amen , ich versichere euch: Einer von euch wird mich verraten.«
22 Seine Jünger sahen sich ratlos an und fragten sich, wen er meinte. 23 Der Jünger, den Jesus besonders liebhatte, saß neben ihm. 24 Simon Petrus gab ihm durch ein Zeichen zu verstehen: »Frag du ihn, von wem er spricht!« 25 Da rückte er näher an Jesus heran und fragte: »Herr, wer ist es?«
26 Jesus sagte zu ihm: »Ich werde ein Stück Brot in die Schüssel tauchen, und wem ich es gebe, der ist es.« Er nahm ein Stück Brot, tauchte es ein und gab es Judas, dem Sohn von Simon Iskariot. 27 Sobald Judas das Brot genommen hatte, nahm der Satan ihn in Besitz. Jesus sagte zu ihm: »Beeile dich und tu, was du tun mußt!«
28 Keiner von den übrigen am Tisch begriff, was Jesus ihm da gesagt hatte. 29 Weil Judas das Geld verwaltete, dachten manche, Jesus habe ihn beauftragt, die nötigen Einkäufe für das Fest zu machen, oder er habe ihn angewiesen, den Armen etwas zu geben.
30 Nachdem Judas das Stück Brot gegessen hatte, ging er sofort hinaus. Es war Nacht.

Das neue Gebot

31 Als Judas gegangen war, sagte Jesus: »Jetzt gelangt der Menschensohn zu seiner Herrlichkeit, und durch ihn wird die Herrlichkeit Gottes offenbar. 32 Wenn aber der Menschensohn die Herrlichkeit Gottes sichtbar gemacht hat, dann wird Gott ihm dafür auch seine eigene Herrlichkeit schenken. Und das wird bald geschehen. 33 Ich bin nicht mehr lange bei euch, meine Kinder. Ihr werdet mich suchen; aber ich muß euch jetzt dasselbe sagen, was ich früher schon den anderen gesagt habe: Wo ich hingehe, dorthin könnt ihr nicht kommen. 34 Ich gebe euch jetzt ein neues Gebot: Ihr sollt einander lieben! Genauso wie ich euch geliebt habe, sollt ihr einander lieben! 35 An eurer Liebe zueinander werden alle erkennen, daß ihr meine Jünger seid.«

Jesus und Petrus

36 »Herr, wohin willst du gehen?« fragte ihn Simon Petrus.
Jesus antwortete: »Wo ich hingehe, dorthin kannst du mir jetzt nicht folgen, aber später wirst du nachkommen.«
37 »Herr, warum kann ich jetzt nicht mitkommen?« fragte Petrus. »Ich bin bereit, für dich zu sterben!«
38 »Für mich sterben?« erwiderte Jesus. »Amen , ich versichere dir: Bevor der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen und behaupten, daß du mich nicht kennst.«

Jesus ist der Weg zum Vater

14  1 Dann sagte Jesus zu allen: »Erschreckt nicht, habt keine Angst! Vertraut auf Gott, und vertraut auch auf mich!
2 Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen, und ich gehe jetzt hin, um dort einen Platz für euch bereitzumachen. Sonst hätte ich euch doch nicht mit der Ankündigung beunruhigt, daß ich weggehe. 3 Und wenn ich gegangen bin und euch den Platz bereitet habe, dann werde ich zurückkommen und euch zu mir nehmen, damit auch ihr seid, wo ich bin.
4 Den Weg zu dem Ort, an den ich gehe, den kennt ihr ja.« 5 Thomas sagte zu ihm: »Herr, wir wissen nicht einmal, wohin du gehst! Wie sollen wir dann den Weg dorthin kennen?« 6 Jesus antwortete: »Ich bin der Weg, denn ich bin die Wahrheit und das Leben. Einen anderen Weg zum Vater gibt es nicht. 7 Wenn ihr mich kennt, werdet ihr auch meinen Vater kennen. Schon jetzt kennt ihr ihn und habt ihn gesehen.« 8 Philippus sagte zu ihm: »Herr, zeige uns den Vater! Mehr brauchen wir nicht.« 9 Jesus antwortete: »Nun bin ich so lange mit euch zusammengewesen, Philippus, und du kennst mich immer noch nicht? Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen. Wie kannst du dann sagen: 'Zeige uns den Vater'? 10 Glaubst du nicht, daß du in mir dem Vater begegnest?
Was ich zu euch gesprochen habe, das stammt nicht von mir. Der Vater, der immer in mir ist, vollbringt durch mich seine Taten. 11 Glaubt mir: Ich lebe im Vater und der Vater in mir. Wenn ihr mir nicht auf mein Wort hin glaubt, dann glaubt mir wegen dieser Taten.
12 Amen , ich versichere euch: Wer im Glauben mit mir verbunden bleibt, wird die gleichen Taten vollbringen, die ich tue. Ja, er wird noch größere Taten vollbringen, denn ich gehe zum Vater.
13 Wenn ihr dann in meinem Namen, unter Berufung auf mich, um irgend etwas bittet, werde ich es tun. So wird durch den Sohn die Herrlichkeit des Vaters offenbar werden. 14 Ja, wenn ihr mich um etwas bittet und euch dabei auf mich beruft, werde ich eure Bitte erfüllen.«

Jesus verspricht den Heiligen Geist

15 »Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote befolgen. 16 Und ich werde den Vater bitten, daß er euch an meiner Stelle einen anderen Helfer gibt, der für immer bei euch bleibt, 17 den Geist der Wahrheit . Die Welt kann ihn nicht bekommen, weil sie ihn nicht sehen kann und nichts von ihm versteht. Aber ihr kennt ihn, denn er wird bei euch bleiben und in euch leben. 18 Ich lasse euch nicht wie Waisenkinder allein; ich komme wieder zu euch. 19 Es dauert noch eine kurze Zeit, dann wird die Welt mich nicht mehr sehen. Aber ihr werdet mich dann sehen, und ihr werdet leben, weil ich lebe.
20 Wenn dieser Tag kommt, werdet ihr erkennen, daß ich in meinem Vater lebe und daß ihr in mir lebt und ich in euch. 21 Wer meine Gebote annimmt und sie befolgt, der liebt mich wirklich. Und wer mich liebt, den wird mein Vater lieben. Auch ich werde ihn lieben und ihm meine Herrlichkeit offenbaren.« 22 Judas - nicht der Judas Iskariot - sagte: »Warum willst du deine Herrlichkeit nur uns zeigen und nicht der Welt?« 23 Jesus antwortete ihm: »Wer mich liebt, wird sich nach meinem Wort richten; dann wird ihn mein Vater lieben, und wir werden zu ihm kommen und bei ihm wohnen. 24 Wer mich nicht liebt, richtet sich nicht nach meinen Worten - und dabei kommen doch die Worte, die ihr gehört habt, nicht von mir, sondern von meinem Vater, der mich gesandt hat. 25 Ich habe euch dies gesagt, solange ich noch bei euch bin. 26 Der Vater wird euch in meinem Namen den Helfer senden, der an meine Stelle tritt, den Heiligen Geist . Der wird euch alles weitere lehren und euch an alles erinnern, was ich selbst schon gesagt habe. 27 Zum Abschied gebe ich euch den Frieden , meinen Frieden, nicht den Frieden, den die Welt gibt. Erschreckt nicht, habt keine Angst! 28 Ihr habt gehört, wie ich zu euch sagte: 'Ich verlasse euch und werde wieder zu euch kommen.' Wenn ihr mich wirklich liebtet, würdet ihr euch freuen, daß ich zum Vater gehe; denn er ist größer als ich.
29 Ich habe euch das alles im voraus gesagt, damit euer Glaube fest bleibt, wenn es dann eintrifft. 30 Ich werde nicht mehr viel mit euch reden, weil der Herrscher dieser Welt schon auf dem Weg ist. Er hat keine Macht über mich, 31 aber die Welt soll erkennen, daß ich den Vater liebe. Darum handle ich so, wie es mir mein Vater aufgetragen hat. Und nun steht auf! Wir wollen gehen!«

Jesus ist der wahre Weinstock

15  1 » Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater ist der Weinbauer. 2 Er entfernt jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt; aber die fruchttragenden Reben reinigt er, damit sie noch mehr Frucht bringen. 3 Ihr seid schon rein geworden durch das Wort, das ich euch verkündet habe. 4 Bleibt mit mir vereint, dann werde auch ich mit euch vereint bleiben. Nur wenn ihr mit mir vereint bleibt, könnt ihr Frucht bringen, genauso wie eine Rebe nur Frucht bringen kann, wenn sie am Weinstock bleibt. 5 Ich bin der Weinstock, und ihr seid die Reben. Wer mit mir verbunden bleibt, so wie ich mit ihm, bringt reiche Frucht. Denn ohne mich könnt ihr nichts ausrichten. 6 Wer nicht mit mir vereint bleibt, wird wie eine abgeschnittene Rebe fortgeworfen und vertrocknet. Solche Reben werden gesammelt und ins Feuer geworfen, wo sie verbrennen.
7 Wenn ihr mit mir vereint bleibt und meine Worte in euch lebendig sind, könnt ihr den Vater um alles bitten, was ihr wollt, und ihr werdet es bekommen. 8 Die Herrlichkeit meines Vaters wird ja dadurch sichtbar, daß ihr reiche Frucht bringt und euch so als meine Jünger erweist. 9 So wie der Vater mich liebt, habe ich euch meine Liebe erwiesen. Bleibt in dieser Liebe! 10 Wenn ihr meine Gebote befolgt, dann bleibt ihr in meiner Liebe, so wie ich die Gebote meines Vaters befolgt habe und in seiner Liebe bleibe. 11 Ich habe euch dies gesagt, damit meine Freude euch erfüllt und an eurer Freude nichts mehr fehlt. 12 Dies ist mein Gebot: Ihr sollt einander so lieben, wie ich euch geliebt habe. 13 Niemand liebt mehr als einer, der sein Leben für seine Freunde opfert. 14 Ihr seid meine Freunde, wenn ihr mein Gebot befolgt.
15 Ich nenne euch nicht mehr Diener; denn ein Diener weiß nicht, was sein Herr tut. Vielmehr nenne ich euch Freunde; denn ich habe euch alles gesagt, was ich von meinem Vater gehört habe. 16 Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt. Ich habe euch dazu bestimmt, reiche Frucht zu bringen, Frucht, die Bestand hat. Darum gilt auch: Alles, was ihr vom Vater in meinem Namen, unter Berufung auf mich, erbittet, wird er euch geben.
17 Dieses eine Gebot gebe ich euch: Ihr sollt einander lieben!«

Der Haß der Welt

18 »Wenn die Welt euch haßt, dann denkt daran, daß sie mich zuerst gehaßt hat. 19 Die Welt würde euch als ihre Kinder lieben, wenn ihr zu ihr gehören würdet. Aber ich habe euch aus der Welt herausgerufen, und ihr gehört nicht zu ihr. Aus diesem Grund haßt euch die Welt.
20 Denkt an das, was ich euch gesagt habe: Kein Diener ist größer als sein Herr. Wie sie mich verfolgt haben, werden sie auch euch verfolgen. Und soviel oder sowenig sie sich nach meinem Wort gerichtet haben, werden sie sich auch nach dem euren richten. 21 Das alles werden sie euch antun, weil ihr euch zu mir bekennt. Sie kennen nämlich den nicht, der mich gesandt hat. 22 Sie hätten keine Schuld, wenn ich nicht gekommen wäre und zu ihnen gesprochen hätte. So aber haben sie keine Entschuldigung mehr. 23 Wer mich haßt, der haßt auch meinen Vater. 24 Sie hätten keine Schuld, wenn ich nicht Taten unter ihnen vollbracht hätte, die noch kein Mensch getan hat. Doch sie haben diese Taten gesehen und hassen mich trotzdem, mich und meinen Vater. 25 Aber das muß so sein, damit in Erfüllung geht, was in ihrem Gesetz steht: 'Ohne jeden Grund haben sie mich gehaßt.' 26 Der Helfer wird kommen, der an meine Stelle tritt. Es ist der Geist der Wahrheit , der vom Vater kommt. Ich werde ihn zu euch senden, wenn ich beim Vater bin, und er wird als Zeuge über mich aussagen. 27 Und auch ihr werdet meine Zeugen sein, denn ihr seid von Anfang an bei mir gewesen. 16  1 Ich habe euch dies gesagt, damit ihr nicht an mir irre werdet. 2 Sie werden euch aus den Synagogengemeinden ausschließen. Es wird sogar soweit kommen, daß alle, die euch töten, es als einen Opferdienst zur Ehre Gottes verstehen. 3 Das alles werden sie euch antun, weil sie weder mich noch den Vater erkannt haben. 16,4a Aber ich habe es euch gesagt. Wenn es eintrifft, werdet ihr an meine Worte denken.«

Die Aufgabe des Heiligen Geistes

»Ich habe euch dies alles zu Anfang nicht gesagt, weil ich ja bei euch war. 5 Jetzt gehe ich zu dem, der mich gesandt hat. Doch niemand von euch fragt mich, wohin ich gehe. 6 Ihr seid nur traurig, weil ich euch dies alles gesagt habe. 7 Aber glaubt mir, es ist gut für euch, daß ich fortgehe; denn sonst wird der Helfer nicht zu euch kommen. Wenn ich aber fortgehe, dann werde ich ihn zu euch senden, und er wird meine Stelle einnehmen. 8 Wenn er kommt, wird er gegen die Welt auftreten. Er wird den Menschen zeigen, was Sünde ist und was Gerechtigkeit und was Gericht. 9 Die Sünde besteht darin, daß sie mich ablehnen. 10 Die Gerechtigkeit besteht darin, daß Gott mir recht gibt; denn ich gehe zum Vater, und ihr werdet mich nicht mehr sehen. 11 Das Gericht aber besteht darin, daß der Herrscher dieser Welt schon verurteilt ist. 12 Ich hätte euch noch vieles zu sagen, doch das würde euch jetzt überfordern. 13 Aber wenn der Helfer kommt, der Geist der Wahrheit , wird er euch anleiten, in der vollen Wahrheit zu leben.
Was er euch sagen wird, hat er nicht von sich selbst, sondern er wird euch nur sagen, was er hört. Er wird euch jeweils vorbereiten auf das, was auf euch zukommt. 14 Er wird meine Herrlichkeit sichtbar machen; denn was er an euch weitergibt, hat er von mir. 15 Alles, was der Vater hat, gehört auch mir. Darum habe ich gesagt: Was der Geist an euch weitergibt, hat er von mir.«

Abschied und Wiedersehen

16 »Es dauert noch eine kurze Zeit, und ihr werdet mich nicht mehr sehen. Dann wird wieder eine kurze Zeit vergehen, und ihr werdet mich wiedersehen.« 17 Unter seinen Jüngern erhob sich die Frage: »Wie sollen wir das verstehen - und das andere Wort: 'Ich gehe zum Vater'? 18 Was bedeutet 'eine kurze Zeit'? Wir verstehen nicht, was er sagt.«
19 Jesus wußte schon, daß sie ihn fragen wollten. Darum sagte er zu ihnen: »Ich habe gesagt: 'Es dauert noch eine kurze Zeit, und ihr werdet mich nicht mehr sehen. Dann wird wieder eine kurze Zeit vergehen, und ihr werdet mich wiedersehen.' Darüber macht ihr euch nun Gedanken?
20 Amen , ich versichere euch: Ihr werdet jammern und weinen, und die Welt wird sich freuen. Ihr werdet traurig sein; doch ich sage euch: Eure Trauer wird sich in Freude verwandeln. 21 Wenn eine Frau ein Kind zur Welt bringt, leidet sie Angst und Schmerzen; aber wenn das Kind geboren ist, denkt sie nicht mehr daran, was sie ausgestanden hat, und ist nur noch glücklich, daß ein Mensch zur Welt gekommen ist. 22 So wird es auch mit euch sein: Jetzt seid ihr voll Angst und Trauer. Aber ich werde euch wiedersehen. Dann wird euer Herz voll Freude sein, und diese Freude kann euch niemand nehmen. 23 Wenn dieser Tag kommt, werdet ihr mich nichts mehr fragen. Amen, ich versichere euch: Der Vater wird euch dann alles geben, worum ihr ihn bittet, weil ihr es in meinem Namen tut und euch auf mich beruft. 24 Bisher habt ihr nichts in meinem Namen erbeten. Bittet, und ihr werdet es bekommen, damit eure Freude vollkommen und ungetrübt ist.«

Der Sieg über die Welt

25 »Ich habe euch dies alles in Andeutungen gesagt, die euch rätselhaft erscheinen müssen. Die Stunde kommt, daß ich nicht mehr in Rätseln zu euch rede, sondern offen und unverhüllt zu euch über den Vater spreche. 26 Dann werdet ihr ihn unter Berufung auf mich bitten. Ich sage aber nicht, daß ich dann den Vater für euch bitten werde; 27 denn der Vater liebt euch. Er liebt euch, weil ihr mich liebt und nicht daran zweifelt, daß ich von Gott gekommen bin. 28 Ich bin vom Vater in die Welt gekommen. Jetzt verlasse ich die Welt wieder und gehe zum Vater.« 29 Da sagten seine Jünger zu ihm: »Nun sprichst du offen zu uns, nicht mehr in Rätseln. 30 Jetzt haben wir verstanden, daß du alles weißt. Du weißt schon vorher, was man dich fragen möchte. Darum glauben wir, daß du von Gott gekommen bist.«
31 Jesus erwiderte: »Ihr meint, ihr glaubt? Jetzt schon? 32 Die Stunde kommt, ja, sie ist schon da, daß man euch auseinandertreiben wird. Jeder wird nur noch an sich denken, und mich werdet ihr allein lassen. Trotzdem bin ich nicht allein, weil mein Vater bei mir ist. 33 Dies alles habe ich euch gesagt, damit ihr in meinem Frieden geborgen seid. In der Welt wird man euch hart zusetzen, aber verliert nicht den Mut: Ich habe die Welt besiegt!«

Jesus betet für seine Jünger

17  1 Als Jesus diese Rede beendet hatte, blickte er zum Himmel auf und sagte: »Vater, die Stunde ist gekommen! Setze deinen Sohn in seine Herrlichkeit ein, damit der Sohn deine Herrlichkeit offenbar machen kann. 2 Du hast ihm ja die Macht über alle Menschen gegeben, damit er denen, die du ihm anvertraut hast, ewiges Leben schenkt. 3 Und das ewige Leben besteht darin, dich zu erkennen, den einzig wahren Gott, und den, den du gesandt hast, Jesus Christus.
4 Ich habe deine Herrlichkeit auf der Erde sichtbar gemacht; denn ich habe die Aufgabe erfüllt, die du mir übertragen hast. 5 Vater, gib mir nun wieder die Herrlichkeit, die ich schon bei dir hatte, bevor die Welt geschaffen wurde! 6 Ich habe dich den Menschen bekanntgemacht, die du aus der Welt ausgesondert und mir anvertraut hast. Dir haben sie schon immer gehört, und du hast sie mir gegeben. Sie haben sich nach deinem Wort gerichtet 7 und wissen jetzt, daß alles, was du mir gegeben hast, von dir stammt. 8 Ich habe ihnen die Worte weitergesagt, die du mir gegeben hast, und sie haben sie aufgenommen. Sie haben erkannt, daß ich wirklich von dir komme, und sind zum Glauben gekommen, daß du mich gesandt hast. 9 Für sie bete ich. Ich bete nicht für die Welt , sondern für die Menschen, die du mir gegeben hast; denn sie gehören dir. 10 Alles, was mir gehört, gehört auch dir, und dein Eigentum ist auch mein Eigentum. Durch sie wird meine Herrlichkeit sichtbar. 11 Ich bin jetzt auf dem Weg zu dir. Ich bleibe nicht länger in der Welt, aber sie bleiben in der Welt.
Heiliger Vater, bewahre sie in deiner göttlichen Gegenwart, die ich ihnen vermitteln durfte, damit sie eins sind, so wie du und ich eins sind. 12 Solange ich bei ihnen war, habe ich sie in deiner göttlichen Gegenwart beschützt und bewahrt. Keiner von ihnen ist verlorengegangen, nur der eine, der verlorengehen mußte, damit die Voraussage der Heiligen Schriften in Erfüllung ging. 13 Und jetzt bin ich auf dem Weg zu dir. Ich sage dies alles, solange ich noch bei ihnen in der Welt bin, damit meine Freude ihnen in ganzer Fülle zuteil wird. 14 Ich habe ihnen dein Wort weitergesagt. Deshalb haßt sie die Welt, denn sie gehören nicht zu ihr, ebenso wie ich nicht zu ihr gehöre.
15 Ich bitte dich nicht, sie aus der Welt wegzunehmen, aber sie vor dem Bösen in Schutz zu nehmen. 16 Sie gehören nicht zu dieser Welt, so wie ich nicht zu ihr gehöre. 17 Laß sie in deiner göttlichen Wirklichkeit leben und weihe sie dadurch zum Dienst. Dein Wort erschließt diese Wirklichkeit. 18 Ich sende sie in die Welt, wie du mich in die Welt gesandt hast. 19 Ich weihe mein Leben für sie zum Opfer, damit sie in deiner göttlichen Wirklichkeit leben und zum Dienst geweiht sind. 20 Ich bete nicht nur für sie, sondern auch für alle, die durch ihr Wort von mir hören und zum Glauben an mich kommen werden. 21 Ich bete darum, daß sie alle eins seien, so wie du in mir bist, Vater, und ich in dir. So wie wir sollen auch sie in uns eins sein, damit die Welt glaubt, daß du mich gesandt hast. 22 Ich habe ihnen die gleiche Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast, damit sie eins sind, so wie du und ich. 23 Ich lebe in ihnen, und du lebst in mir; so sollen auch sie vollkommen eins sein, damit die Welt erkennt, daß du mich gesandt hast und daß du sie, die zu mir gehören, ebenso liebst wie mich. 24 Vater, du hast sie mir gegeben, und ich will, daß sie mit mir dort sind, wo ich bin. Sie sollen meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast, weil du mich schon liebtest, bevor die Welt geschaffen wurde.
25 Vater, du bist gerecht. Die Welt hat dich nicht erkannt; aber ich kenne dich, und diese hier haben erkannt, daß du mich gesandt hast. 26 Ich habe ihnen gezeigt, wer du bist, und werde es weiter tun. So wird die Liebe, die du zu mir hast, auch sie erfüllen, und ich werde in ihnen leben.«

LEIDEN, TOD UND AUFERSTEHUNG VON JESUS (Kapitel 18-20)

Jesus wird verhaftet

18  1 Nachdem Jesus dies gesagt hatte, brach er mit seinen Jüngern auf. Sie überquerten den Kidronbach. Auf der anderen Seite befand sich ein Garten, und Jesus ging mit seinen Jüngern hinein. 2 Der Verräter Judas kannte diesen Ort gut, denn Jesus war dort oft mit seinen Jüngern zusammengewesen. 3 Er nahm also die Soldaten der römischen Besatzung und einige Gerichtspolizisten , die von den führenden Priestern und den Pharisäern mitgeschickt wurden, und kam dorthin. Die Männer waren bewaffnet und trugen Fackeln und Laternen. 4 Im vollen Wissen um alles, was nun mit ihm geschehen würde, ging Jesus hinaus aus dem Garten, ihnen entgegen, und fragte sie: »Wen sucht ihr?«
5 »Jesus von Nazaret!« antworteten sie.
» Ich bin es!« sagte Jesus. Der Verräter Judas stand bei ihnen.
6 Als Jesus zu ihnen sagte: » Ich bin es«, wichen sie zurück und fielen zu Boden. 7 Jesus fragte sie noch einmal: »Wen sucht ihr?«
»Jesus von Nazaret!« antworteten sie.
8 »Ich habe euch gesagt, ich bin es«, sagte Jesus. »Wenn ihr also mich sucht, dann laßt diese hier gehen.« 9 So bestätigte sich, was Jesus früher gesagt hatte: »Von denen, die du mir gegeben hast, Vater, habe ich keinen verloren.« 10 Simon Petrus hatte ein Schwert. Er zog es, holte gegen den Bevollmächtigten des Obersten Priesters aus und schlug ihm das rechte Ohr ab. Der Bevollmächtigte hieß Malchus.
11 Jesus sagte zu Petrus: »Steck dein Schwert weg! Diesen Kelch hat mein Vater für mich bestimmt. Muß ich ihn dann nicht trinken?«

Jesus wird Hannas vorgeführt

12 Die römischen Soldaten mit ihrem Kommandanten und die Gerichtspolizisten verhafteten Jesus, fesselten ihn 13 und brachten ihn zuerst zu Hannas. Hannas war der Schwiegervater von Kajaphas, der in jenem Jahr das Amt des Obersten Priesters ausübte. 14 Kajaphas war es, der den Ratsmitgliedern klargemacht hatte, daß es von Vorteil sei, wenn ein einziger für das ganze Volk sterbe.

Petrus verleugnet Jesus

15 Simon Petrus und ein anderer Jünger folgten Jesus. Der andere Jünger war mit dem Obersten Priester gut bekannt, deshalb konnte er mit Jesus bis in den Innenhof des Hauses gehen.
16 Petrus blieb draußen am Tor stehen. Der andere Jünger, der Bekannte des Obersten Priesters, kam wieder zurück, verhandelte mit der Pförtnerin und nahm dann Petrus mit hinein.
17 Die Pförtnerin fragte Petrus: »Bist du nicht auch ein Jünger von diesem Menschen?«
»Nein, das bin ich nicht«, antwortete Petrus. 18 Es war kalt. Die Diener des Obersten Priesters und die Gerichtspolizisten hatten deshalb einen Stoß Holzkohlen angezündet, standen um das Feuer herum und wärmten sich.
Petrus ging hin, stellte sich zu ihnen und wärmte sich auch.

Hannas verhört Jesus

19 Der Oberste Priester fragte Jesus nach seinen Jüngern und nach seiner Lehre.
20 Jesus antwortete: »Ich habe immer offen vor aller Welt gesprochen. Ich habe in den Synagogen und im Tempel gelehrt, wo sich alle Juden treffen, und habe niemals etwas im geheimen gesagt. 21 Warum fragst du dann mich? Frag doch die Leute, die meine Worte gehört haben! Sie wissen es.« 22 Als Jesus das sagte, schlug ihn einer der Gerichtspolizisten ins Gesicht und sagte: »Wie kannst du es wagen, so mit dem Obersten Priester zu sprechen?«
23 Jesus erwiderte ihm: »Wenn ich etwas Unrechtes gesagt habe, dann weise es mir nach! Bin ich aber im Recht, warum schlägst du mich?« 24 Hannas schickte darauf Jesus in Fesseln zum Obersten Priester Kajaphas.

Petrus verleugnet Jesus noch einmal

25 Simon Petrus stand noch immer beim Feuer und wärmte sich. Da sagten die anderen zu ihm: »Bist du nicht auch einer von seinen Jüngern ?«
Petrus erwiderte: »Nein, ich bin es nicht!«
26 Ein Diener des Obersten Priesters , ein Verwandter des Mannes, dem Petrus das Ohr abgeschlagen hatte, sagte: »Ich habe dich doch mit eigenen Augen bei ihm in dem Garten gesehen!«
27 Wieder stritt Petrus es ab, und in diesem Augenblick krähte ein Hahn.

Jesus vor Pilatus

28 Die führenden Priester brachten Jesus am frühen Morgen von Kajaphas zum Palast des römischen Statthalters . Sie selbst gingen nicht in den Palast hinein, weil sie nicht unrein werden wollten. Sonst hätten sie nicht am Passamahl teilnehmen können.
29 Pilatus kam zu ihnen heraus und fragte: »Welche Anklage erhebt ihr gegen diesen Mann?«
30 Sie antworteten: »Wenn er kein Verbrecher wäre, hätten wir ihn dir nicht übergeben.«
31 »Nehmt ihr ihn doch«, sagte Pilatus, »und verurteilt ihn nach eurem eigenen Gesetz !«
»Wir dürfen ja niemand hinrichten!« erwiderten sie. 32 So ging in Erfüllung, was Jesus gesagt hatte, als er von der Art seines Todes sprach. 33 Pilatus ging in den Palast zurück und ließ Jesus vorführen. »Bist du der König der Juden?« fragte er ihn.
34 Jesus antwortete: »Bist du selbst auf diese Frage gekommen, oder haben dir andere von mir erzählt?«
35 Pilatus erwiderte: »Bin ich etwa ein Jude? Dein eigenes Volk und die führenden Priester haben dich mir übergeben. Was hast du getan?« 36 Jesus sagte: »Mein Königtum stammt nicht von dieser Welt . Sonst hätten meine Leute dafür gekämpft, daß ich den Juden nicht in die Hände falle. Nein, mein Königtum ist von ganz anderer Art!«
37 Da fragte Pilatus ihn: »Du bist also doch ein König?«
Jesus antwortete: »Ja, ich bin ein König. Ich wurde geboren und bin in die Welt gekommen, um die Wahrheit offenbar zu machen und als Zeuge für sie einzutreten. Wem es um die Wahrheit geht, der hört auf mich.«
18,38a »Wahrheit«, meinte Pilatus, »was ist das?«

Das Todesurteil

Pilatus ging wieder zu den führenden Priestern hinaus und sagte zu ihnen: »Ich sehe keinen Grund, ihn zu verurteilen. 39 Es ist aber üblich, daß ich euch jedes Jahr zum Passafest einen Gefangenen freilasse. Soll ich euch den König der Juden freigeben?« 40 Sie schrien: »Nein, den nicht! Wir wollen Barabbas!« Barabbas aber war ein Straßenräuber. 19  1 Da ließ Pilatus Jesus abführen und auspeitschen . 2 Die Soldaten flochten aus Dornenzweigen eine Krone und setzten sie Jesus auf. Sie hängten ihm einen purpurfarbenen Mantel um, 3 traten vor ihn hin und riefen: »Hoch lebe der König der Juden!« Dabei schlugen sie ihm ins Gesicht. 4 Darauf ging Pilatus noch einmal zu ihnen hinaus und sagte: »Ich bringe ihn euch hier heraus, damit ihr seht, daß ich keinen Grund zu seiner Verurteilung finden kann.«
5 Als Jesus herauskam, trug er die Dornenkrone und den purpurfarbenen Mantel. Pilatus sagte zu ihnen: »Da, seht ihn euch an, den Menschen!« 6 Als die führenden Priester und die Gerichtspolizisten ihn sahen, schrien sie im Chor: »Kreuzigen ! Kreuzigen!«
Pilatus sagte zu ihnen: »Nehmt ihn doch und kreuzigt ihn selbst! Ich finde keinen Grund, ihn zu verurteilen.«
7 Sie hielten ihm entgegen: »Wir haben ein Gesetz, und nach diesem Gesetz muß er sterben, denn er hat sich zu Gottes Sohn erklärt.« 8 Als Pilatus das hörte, bekam er noch mehr Angst. 9 Er ging in den Palast zurück und fragte Jesus: »Woher kommst du?«
Aber Jesus antwortete ihm nicht.
10 Pilatus sagte zu ihm: »Willst du nicht mit mir reden? Vergiß nicht, daß ich die Macht habe, dich freizugeben, aber auch die Macht, dich ans Kreuz zu bringen!« 11 Jesus antwortete: »Du hättest keine Macht über mich, wenn Gott es nicht zugelassen hätte. Darum liegt die größere Schuld bei denen, die mich dir ausgeliefert haben.«
12 Wegen dieser Worte versuchte Pilatus noch einmal, ihn freizulassen. Aber die Wortführer der Juden schrien: »Wenn du ihn freiläßt, bist du kein Freund des Kaisers! Wer sich als König ausgibt, stellt sich gegen den Kaiser!« 13 Als Pilatus das hörte, ließ er Jesus herausführen. Er setzte sich auf den Richterstuhl an der Stelle, die Steinpflaster heißt, auf hebräisch : Gabbata. 14 Es war der Tag vor dem Passafest, etwa zwölf Uhr mittags.
Pilatus sagte zu den anwesenden Juden: »Da habt ihr euren König!«
15 Sie schrien: »Weg mit ihm! Ans Kreuz!«
Pilatus fragte sie: »Euren König soll ich kreuzigen lassen?«
Die führenden Priester antworteten: »Unser einziger König ist der Kaiser in Rom!« 19,16a Da lieferte Pilatus ihnen Jesus aus und gab ihn frei zur Kreuzigung.

Jesus am Kreuz

Die Soldaten übernahmen Jesus. 17 Er trug selber sein Kreuz aus der Stadt hinaus, bis zum sogenannten Schädelplatz - auf hebräisch heißt er Golgota. 18 Dort nagelten sie Jesus ans Kreuz und mit ihm noch zwei andere, den einen links, den anderen rechts und Jesus in der Mitte. 19 Pilatus ließ ein Schild am Kreuz anbringen; darauf stand: »Jesus von Nazaret, der König der Juden«. 20 Der Ort, wo Jesus gekreuzigt wurde, war nicht weit von der Stadt entfernt, deshalb lasen viele Juden diese Aufschrift. Sie war in hebräischer, lateinischer und griechischer Sprache abgefaßt.
21 Die führenden Priester sagten zu Pilatus: »Schreib nicht: 'Der König der Juden', sondern daß dieser Mann behauptet hat: 'Ich bin der König der Juden.'«
22 Pilatus sagte: »Was ich geschrieben habe, habe ich geschrieben.« 23 Nachdem die Soldaten Jesus ans Kreuz genagelt hatten, nahmen sie seine Kleider und teilten sie in vier Teile. Jeder erhielt einen Teil. Das Untergewand aber war in einem Stück gewebt und hatte keine Naht. 24 Die Soldaten sagten zueinander: »Wir wollen es nicht zerreißen; das Los soll entscheiden, wer es bekommt.« So traf ein, was in den Heiligen Schriften vorausgesagt war: »Sie haben meine Kleider unter sich verteilt. Mein Gewand haben sie verlost.« Genau das taten die Soldaten. 25 Nahe bei dem Kreuz, an dem Jesus hing, standen seine Mutter und deren Schwester sowie Maria, die Frau von Klopas, und Maria aus Magdala. 26 Jesus sah seine Mutter dort stehen und neben ihr den Jünger , den er besonders liebhatte. Da sagte er zu seiner Mutter: »Frau, er ist jetzt dein Sohn!« 27 Und zu dem Jünger sagte er: »Sie ist jetzt deine Mutter!« Von da an nahm der Jünger sie bei sich auf.

Jesus stirbt

28 Jesus wußte, daß nun alles zu Ende gebracht war. Aber damit die Voraussagen der Heiligen Schriften vollends ganz in Erfüllung gingen, sagte er: »Ich habe Durst!«
29 In der Nähe stand ein Gefäß mit Essig . Die Soldaten tauchten einen Schwamm hinein, steckten ihn auf einen Ysopstengel und hielten ihn Jesus an die Lippen.
30 Jesus nahm davon und sagte: »Jetzt ist alles vollendet.« Dann ließ er den Kopf sinken und gab sein Leben in die Hände des Vaters zurück.

Jesus wird die Seite durchstochen

31 Es war Freitag, der Vorbereitungstag für den Sabbat . Die führenden Priester wollten nicht, daß die Gekreuzigten den Sabbat über am Kreuz hängen blieben. Darum baten sie Pilatus, ihnen die Beine brechen und die Toten dann wegschaffen zu lassen. Der kommende Sabbat war außerdem ein ganz besonders hoher Feiertag.
32 Die Soldaten gingen hin und brachen die Beine der beiden Männer, die mit Jesus zusammen gekreuzigt worden waren. 33 Als sie zu Jesus kamen, merkten sie, daß er schon tot war. Darum brachen sie seine Beine nicht. 34 Aber einer der Soldaten stach ihm mit seinem Speer in die Seite. Da kam Blut und Wasser heraus. 35 Der Jünger , der dies gesehen hat, hat es bezeugt. Was er sagt, ist wahr, und er weiß, daß er die Wahrheit sagt. Deshalb könnt auch ihr euren Glauben darauf gründen. 36 Das geschah, damit eintraf, was in den Heiligen Schriften vorausgesagt war: »Sie werden ihm keinen Knochen brechen.« 37 Und an einer anderen Stelle heißt es: »Sie werden auf den blicken, den sie durchbohrt haben.«

Jesus wird ins Grab gelegt

38 Als das geschehen war, bat Josef aus Arimathäa Pilatus um die Erlaubnis, den Leichnam vom Kreuz abnehmen zu dürfen. Josef war ein Jünger von Jesus, aber nur heimlich, weil er vor den führenden Männern Angst hatte. Pilatus überließ ihm den Toten, und Josef ging und nahm ihn vom Kreuz ab.
39 Auch Nikodemus, der Jesus anfangs einmal bei Nacht aufgesucht hatte, kam dazu; er brachte ungefähr hundert Pfund Myrrhenharz mit Aloë . 40 Die beiden nahmen den Leichnam von Jesus und wickelten ihn mit den Duftstoffen in Leinenbinden, wie es der jüdischen Begräbnissitte entspricht. 41 Nahe bei der Stelle, wo Jesus gekreuzigt worden war, befand sich ein Garten. Darin war eine neue Grabkammer, in der noch niemand gelegen hatte. 42 Dort hinein legten sie Jesus, weil es für die Juden der Vorbereitungstag auf den Sabbat war und das Grab in der Nähe lag.

Das leere Grab

20  1 Am Tag nach dem Sabbat kam Maria aus Magdala in aller Frühe zum Grab, als es noch dunkel war. Sie sah, daß der Stein vom Eingang des Grabes entfernt war. 2 Da lief sie zu Simon Petrus und zu dem Jünger , den Jesus besonders liebhatte, und berichtete ihnen: »Sie haben den Herrn aus dem Grab genommen, und wir wissen nicht, wohin sie ihn gelegt haben!« 3 Petrus und der andere Jünger machten sich auf den Weg zum Grab. 4 Sie liefen miteinander los, aber der andere Jünger lief schneller als Petrus und war als erster am Grab. 5 Er beugte sich vor und sah die Leinenbinden liegen, aber er ging nicht hinein.
6 Als Simon Petrus nachkam, ging er sofort in die Grabkammer. Er sah die Leinenbinden 7 und das Tuch, mit dem sie Jesus das Gesicht bedeckt hatten. Dieses Tuch lag nicht bei den Binden, sondern war getrennt davon zusammengelegt.
8 Nun ging auch der andere Jünger hinein, der zuerst am Grab angekommen war. Er sah alles und kam zum Glauben. 9 Denn sie hatten die Heiligen Schriften noch nicht verstanden, in denen doch steht, daß Jesus vom Tod auferstehen muß.
10 Danach gingen die beiden Jünger nach Hause zurück.

Jesus zeigt sich Maria aus Magdala

11 Maria stand noch draußen vor dem Grab und weinte. Dabei beugte sie sich vor und schaute hinein. 12 Da sah sie zwei weißgekleidete Engel . Sie saßen an der Stelle, wo Jesus gelegen hatte, einer am Kopfende und einer am Fußende.
13 »Frau, warum weinst du?« fragten die Engel.
Maria antwortete: »Sie haben meinen Herrn fortgetragen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben!« 14 Als sie sich umdrehte, sah sie Jesus dastehen. Aber sie wußte nicht, daß es Jesus war. 15 Er fragte sie: »Frau, warum weinst du? Wen suchst du?«
Sie dachte, er sei der Gärtner, und sagte zu ihm: »Herr, wenn du ihn fortgenommen hast, dann sag mir, wo du ihn hingelegt hast. Ich will hingehen und ihn holen.«
16 »Maria!« sagte Jesus zu ihr.
Sie wandte sich ihm zu und sagte: »Rabbuni !« Das ist hebräisch und heißt: Mein Lehrer! 17 Jesus sagte zu ihr: »Halte mich nicht fest! Ich bin noch nicht zum Vater zurückgekehrt. Aber geh zu meinen Brüdern und sag ihnen von mir: 'Ich kehre zurück zu meinem Vater und eurem Vater, zu meinem Gott und eurem Gott.'«
18 Maria aus Magdala ging zu den Jüngern und verkündete: »Ich habe den Herrn gesehen!« Und sie richtete ihnen aus, was er ihr aufgetragen hatte.

Jesus zeigt sich seinen Jüngern

19 Es war Abend geworden an jenem Sonntag . Die Jünger waren beisammen und hatten aus Angst vor den führenden Juden die Türen abgeschlossen. Da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte: »Frieden sei mit euch!«
20 Dann zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Als die Jünger den Herrn sahen, kam große Freude über sie. 21 Noch einmal sagte Jesus zu ihnen: »Frieden sei mit euch! Wie der Vater mich gesandt hat, so sende ich nun euch.«
22 Dann hauchte er sie an und sagte: »Empfangt den Heiligen Geist ! 23 Wenn ihr jemand die Vergebung seiner Schuld zusprecht, ist die Schuld auch von Gott vergeben. Wenn ihr die Vergebung verweigert, bleibt die Schuld bestehen.«

Jesus zeigt sich Thomas

24 Als Jesus kam, war Thomas, genannt der Zwilling, einer aus dem Kreis der Zwölf, nicht dabeigewesen. 25 Die anderen Jünger erzählten ihm: »Wir haben den Herrn gesehen!«
Thomas sagte zu ihnen: »Niemals werde ich das glauben! Da müßte ich erst die Spuren von den Nägeln an seinen Händen sehen und sie mit meinem Finger fühlen und meine Hand in seine Seitenwunde legen,,sonst nicht!« 26 Eine Woche später waren die Jünger wieder im Haus versammelt, und Thomas war bei ihnen. Die Türen waren abgeschlossen. Jesus kam, trat in ihre Mitte und sagte: »Frieden sei mit euch!«
27 Dann wandte er sich an Thomas und sagte: »Leg deinen Finger hierher und sieh dir meine Hände an! Streck deine Hand aus und lege sie in meine Seitenwunde! Hör auf zu zweifeln und glaube !« 28 Da antwortete Thomas: »Mein Herr und mein Gott!«
29 Jesus sagte zu ihm: »Du glaubst, weil du mich gesehen hast. Freuen dürfen sich alle, die mich nicht sehen und trotzdem glauben!«

Der Zweck dieses Buches

30 Jesus tat vor den Augen seiner Jünger noch viele andere Wunderzeichen , die nicht in diesem Buch stehen. 31 Was aber in diesem Buch steht, wurde aufgeschrieben, damit ihr festbleibt in dem Glauben, daß Jesus der versprochene Retter ist, der Sohn Gottes. Wenn ihr das tut, habt ihr durch ihn das Leben.

EIN NACHTRAG: PETRUS UND DER LIEBLINGSJÜNGER (Kapitel 21)

Jesus zeigt sich sieben Jüngern am See von Tiberias

21  1 Später zeigte sich Jesus seinen Jüngern noch einmal am See von Tiberias. Das geschah so:
2 Einige von ihnen waren dort am See beisammen - Simon Petrus, Thomas, der auch Zwilling genannt wurde, Natanaël aus Kana in Galiläa , die Söhne von Zebedäus und zwei andere Jünger.
3 Simon Petrus sagte zu den anderen: »Ich gehe fischen!«
»Wir kommen mit«, sagten sie. Gemeinsam gingen sie zum See und stiegen ins Boot; aber während der ganzen Nacht fingen sie nichts. 4 Es wurde schon Morgen, da stand Jesus am Ufer. Die Jünger wußten aber nicht, daß es Jesus war. 5 Er redete sie an: »Kinder, habt ihr nicht ein paar Fische?«
»Nein, keinen einzigen!« antworteten sie.
6 Er sagte zu ihnen: »Werft euer Netz an der rechten Bootsseite aus! Dort werdet ihr welche finden.«
Sie warfen das Netz aus und fingen so viele Fische, daß sie das Netz nicht ins Boot ziehen konnten. 7 Der Jünger, den Jesus besonders liebhatte, sagte zu Petrus: »Es ist der Herr!«
Als Simon Petrus das hörte, warf er sich das Obergewand über, band es hoch und sprang ins Wasser. Er hatte es nämlich zum Arbeiten abgelegt. 8 Die anderen Jünger ruderten das Boot an Land - es waren noch etwa hundert Meter - und zogen das Netz mit den Fischen hinter sich her. 9 Als sie an Land gingen, sahen sie ein Holzkohlenfeuer mit Fischen darauf, auch Brot lag dabei. 10 Jesus sagte zu ihnen: »Bringt ein paar von den Fischen, die ihr gerade gefangen habt!«
11 Simon Petrus ging zum Boot und zog das Netz an Land. Es war voll von großen Fischen, genau hundertdreiundfünfzig. Aber das Netz riß nicht, obwohl es so viele waren.
12 Jesus sagte zu ihnen: »Kommt her und eßt!«
Keiner von den Jüngern wagte zu fragen: »Wer bist du?« Sie wußten, daß es der Herr war.
13 Jesus trat zu ihnen, nahm das Brot und verteilte es unter sie, ebenso die Fische. 14 Dies war das dritte Mal, daß sich Jesus seinen Jüngern zeigte, seit er vom Tod auferstanden war.

Jesus und Petrus

15 Nachdem sie gegessen hatten, sagte Jesus zu Simon Petrus: »Simon, Sohn von Johannes, liebst du mich mehr, als die hier mich lieben?«
Petrus antwortete: »Ja, Herr, du weißt, daß ich dich liebe.«
Jesus sagte zu ihm: »Sorge für meine Lämmer!« 16 Ein zweites Mal sagte Jesus zu ihm: »Simon, Sohn von Johannes, liebst du mich?«
»Ja, Herr, du weißt, daß ich dich liebe«, antwortete er.
Jesus sagte zu ihm: »Leite meine Schafe!« 17 Ein drittes Mal fragte Jesus: »Simon, Sohn von Johannes, liebst du mich?«
Petrus wurde traurig, weil er ihn ein drittes Mal fragte: »Liebst du mich?« Er sagte zu ihm: »Herr, du weißt alles, du weißt auch, daß ich dich liebe.«
Jesus sagte zu ihm: »Sorge für meine Schafe! 18 Amen , ich versichere dir: Als du jung warst, hast du deinen Gürtel selbst umgebunden und bist gegangen, wohin du wolltest; aber wenn du einmal alt bist, wirst du deine Hände ausstrecken, und ein anderer wird dich binden und dich dorthin bringen, wohin du nicht willst.« 19 Mit diesen Worten deutete Jesus an, mit welchem Tod Petrus einst Gott ehren werde. Dann sagte Jesus zu ihm: »Komm, folge mir!«

Petrus und der andere Jünger

20 Petrus drehte sich um und sah hinter sich den Jünger , den Jesus besonders liebhatte. Es war derselbe, der während des letzten Mahles neben Jesus gesessen und ihn gefragt hatte: »Herr, wer wird dich verraten?«
21 Als Petrus ihn sah, fragte er Jesus: »Herr, was geschieht denn mit dem?«
22 Jesus antwortete ihm: »Wenn ich will, daß er so lange lebt, bis ich wiederkomme, was geht das dich an? Du sollst mir folgen!« 23 Deswegen verbreitete sich in der Gemeinde das Gerücht, daß der andere Jünger nicht sterben werde. Aber Jesus hatte nicht gesagt, daß er nicht sterben werde, sondern: »Wenn ich will, daß er so lange lebt, bis ich wiederkomme, was geht dich das an?«

Schlußwort zum gesamten Buch

24 Dieser Jünger ist es, der alles bezeugt, was in diesem Buch steht. Er selbst hat es niedergeschrieben, und wir wissen, daß er die Wahrheit sagt.
25 Es gibt noch vieles andere, was Jesus getan hat. Wenn alles einzeln aufgeschrieben würde - ich denke, die ganze Welt könnte die Bücher nicht fassen, die dann geschrieben werden müßten.

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